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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 16101 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern (Drucksache 13/7792) 16101 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufbau Ost braucht langen Atem (Drucksache 13/7789) 16101 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 16101 C Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Brandenburg) 16103 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16104 C Jürgen Türk F.D.P 16106 B Dr. Christa Luft PDS 16107 C, 16114 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 16109 B Ernst Schwanhold SPD . . . . 16111 A, 16115 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU . 16112 D, 16116 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 16115 D Wolfgang Ilte SPD 16116 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . . . 16117 B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 16119 B Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 16121 C Wolfgang Ilte SPD 16122 A Tagesordnungspunkt 11: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1997 - Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksachen 13/ 6868 und 13/6869 [Materialband]) . . 16123 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregireung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Drucksachen 13/6618, 13/7429) . 16123 C c) Große Anfrage der Abgeordneten Matthias Weisheit, Horst Sielaff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Forschung und Forschungsförderung des Bundes im Bereich Ernährung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Holzwirtschaft sowie der Entwicklung ländlicher Räume (Drucksachen 13/2503, 13/3337) . . . 16123 D d) Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zusammenarbeit in der internationalen Agrarforschung verbessern (Drucksache 13/7678) 16123 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias Weisheit, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rahmenkonzept für die Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2906, 13/4997) . . . 16124 A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Bahr, Ilse Janz, Christel Deichmann sowie weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD: Künftige Ressortforschung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/4452, 13/5944) 16124 A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Fortsetzung der Garantiemengenregelung Milch und Stärkung der Position der milcherzeugenden Betriebe - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Produzierende Milcherzeuger stärken (Drucksachen 13/7180, 13/4905, 13/ 5751, 13/7742) 16124 A Jochen Borchert, Bundesminister BML 16124 C Horst Sielaff SPD 16127 C Günther Bredehorn F.D.P. . . 16128 C, 16140A Egon Susset CDU/CSU 16130 A Horst Sielaff SPD 16130 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16133 A Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 16134 C, 16138 B Günther Bredehorn F.D.P. 16135 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16135 B Dr. Günther Maleuda PDS 16137 A Albert Deß CDU/CSU 16139 A Reinhold Hemker SPD 16141 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16143 A Ulrich Heinrich F D P. 16144 A Jella Teuchner SPD 16145 C Ulrich Junghanns CDU/CSU 16147 AZusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 13/7848) . . 16149 C Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof (Drucksache 13/7849) 16149 C Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Gudrun Schaich-Walch, Wolf-Michael Catenhusen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marina Steindor und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten (Drucksache 13/7801) 16149 D Nächste Sitzung 16150 C Berichtigung 16150 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16151* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch SPD 16151* D Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16153* A Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . . 16153* C Wolfgang Bierstedt PDS 16153* D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 16154* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 16155* A 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 178. Sitzung, Seite 15 995 A, 4. Zeile von oben: Statt „unverstärkt" ist „und verstärkt" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 6. 6. 97 Berger, Hans SPD 6. 6. 97 Blunck, Lilo SPD 6. 6. 97 Böttcher, Maritta PDS 6. 6. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 6. 6. 97 Dreßler, Rudolf SPD 6. 6. 97 Formanski, Norbert SPD 6. 6. 97 Fuchs (Köln), Anke SPD 6. 6. 97 Gansel, Norbert SPD 6. 6. 97 Göllner, Uwe SPD 6. 6. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 6. 6. 97 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 6. 97 Jung (Limburg), CDU/CSU 6. 6. 97 Michael Köhne, Rolf PDS 6. 6. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 6. 6. 97 Otto Dr. Leonhard, Elke SPD 6. 6. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 6. 6. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 6. 6. 97 * Erich Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 6. 6. 97 Dr. Pfaff, Martin SPD 6. 6. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 6. 6. 97 ** Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 6. 97 Hermann Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Scharping, Rudolf SPD 6. 6. 97 Schloten, Dieter SPD 6. 6. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg) SPD 6. 6. 97 Dietmar Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 6. 6. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 6. 6. 97 * Verheugen, Günter SPD 6. 6. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 6. 6. 97 Karsten D. Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 6. 6. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 6. 6. 97 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 6. 6. 97 Margareta 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 5. 6. 97 Zwerenz, Gerhard PDS 5. 6. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * Für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch (SPD): 1993 faßte die Generalkonfrenz der UNESCO den Beschluß, ein internationales Rechtsinstrument zum Schutz des menschlichen Genoms zu erarbeiten. Seither hat das dazu eingesetzte Bioethik-Komitee der UNESCO unter Vorsitz von Frau Lenoir in mehreren Etappen Entwurfstexte zu einer Deklaration zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten erarbeitet. Der aktuelle Entwurf stammt vom Dezember 1996. Ende dieses Monats soll eine Regierungsexpertentagung zur abschließenden Bearbeitung des Entwurfs zusammentreffen mit dem Ziel, die Deklaration Ende des Jahres der UNESCO-Generalkonferenz zur Beschlußfassung vorlegen zu können. Die Bundesregierung hat angekündigt, weitere Änderungsanträge bei dem Treffen vom 22. bis 25. Juli in Paris einzubringen. Wir möchten gerne wissen, welche Änderungsanträge die Regierung bisher gestellt hat und welche nun gestellt werden sollen. Wir hoffen, daß die Haltung der Bundesregierung bei den jetzigen Verhandlungen ihre Haltung bei der Ausgestaltung des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin des Europarats widerspie- gelt. Denn hierbei konnten wir ein hohes Maß an Übereinstimmung feststellen. Worin wir jedoch nicht übereinstimmen, sind die Verfahrensweisen. Diese Abkommen werden an der Öffentlichkeit und am Deutschen Bundestag vorbei verhandelt. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Deutsche Bundestag hat sich mit den Inhalten dieser Deklaration bislang nicht befaßt, obwohl die Arbeiten in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen. Diese Handhabung folgt dem alten Muster, das wir schon von den Arbeiten zur sogenannten Bioethik-Deklaration des Europarats kennen. Es findet kein breiter gesellschaftlicher Diskurs statt - das Parlament wird nicht einbezogen -, obwohl internationale Vereinbarungen zur Debatte stehen, die von großer Bedeutung für die Zukunft sind und Themen betreffen, die grundsätzliche ethische Bewertungen beinhalten. Die Öffentlichkeit und auch das Parlament werden durch die Presse informiert, ohne eine wirkliche Chance zu bekommen, ihre Kritik und ihre Anregungen zu Gehör zu bringen. Ein solches Verfahren ist intransparent und nicht dazu angetan, das Vertrauen der Menschen in die Politik zu stärken. Es ist unsere Aufgabe, Festlegungen, die die unveräußerlichen Rechte des einzelnen berühren, durch einen Diskussionsprozeß zu begleiten und möglichst vielen Stimmen Gehör und Einfluß zu verschaffen. Aus diesem Grund stellen wir heute diesen Antrag. Der Deutsche Bundestag, die demokratisch gewählte Volksvertretung, muß die Möglichkeit zu einer Stellungnahme haben. Vorausgehen muß eine umfassende Information durch die Bundesregierung und die Mitglieder der Kommission. Dies ist eine Möglichkeit, die Deklaration auf breiterer Ebene zu diskutieren. Die von der Öffentlichkeit geübte Kritik am Deklarationsentwurf muß sehr ernst genommen werden. Wir müssen uns mit diesen Argumenten auseinandersetzen. Die multinationalen Bestrebungen zu einer gemeinsamen Vereinbarung scheinen von einem entscheidenden Fehler geprägt zu sein: Sie nehmen die Freiheit der Forschung als Ausgangspunkt und ringen dann müheselig um die Eingrenzung dieser Forschungsfreiheit durch die Präzisierung der Rechte des einzelnen. Beispielsweise sind Grenzen, wie sie in unserem Embryonenschutzgesetz bestehen, nicht vorgesehen. Wie kann es dann jemanden wundern, wenn sich Menschen zu Versuchspersonen herabgewürdigt sehen, wenn sie den Eindruck haben, daß nicht eigentlich die Menschenrechte durch solche Deklarationen und Konventionen geschützt werden sollen, sondern lediglich die Forschungsfreiheit einen möglichst großen Handlungsrahmen bekommen soll. Die Forschung und ihre Ergebnisse sollen dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Formulierungen wie die, das menschliche Genom sei das gemeinsame Erbe der Menschheit, lassen die Frage entstehen, ob das gemeinsame Erbe das Recht auf eine gemeinsame Nutzung einschließt. Kann denn ein Gedanke wie der, die Ressourcen der Natur seien ein gemeinsames Gut, das durch alle gemeinsam genutzt werden kann, einfach auf das menschliche Genom übertragen werden? Macht dies den einzelnen nicht zum Verpflichteten, indem die moralische Verpflichtung nahegelegt wird, die Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit zu dulden, wenn es denn für die Menschheit insgesamt einen Vorteil verspricht? Ich denke, dies sind Fragen unter vielen, die wir diskutieren müssen. Ein solch utilitaristischer Gedanke wird deutlich in der Formulierung, daß bei einwilligungsunfähigen Personen die Zustimmung durch Dritte ersetzt werden kann, wenn die Interessen des Betroffenen als Individuum oder als Mitglied einer bestimmten Gruppe berührt sind. Dahinter steckt der Gedanke, der auch in der Bioethik-Deklaration des Europarats steckt, nämlich die fremdnützige Forschung an einwilligungsunfähigen Personen möglich zu machen. In einer Zeit, wo der Fortschritt in den Naturwissenschaften und der Medizin in völlig neue Dimensionen eintritt, Huxleys „Schöne neue Welt" technisch schon machbar ist und die Diskussion nun um die ethischen Grenzen des Machbaren geht, dürfen staatliche Vereinbarungen nur im gesellschaftlichen Diskurs getroffen werden. Die Politik muß sich darüber klar sein, daß ihre durch Wahlen verliehene Handlungskompetenz hier die Grenze dessen erreicht hat, was in normaler Entscheidungsfindung und Umsetzung geregelt werden kann. Denn es geht nicht um die Lösung von Problemen in einem gesellschaftlich schon definierten und akzeptierten Rahmen, sondern darum, die Grenze dessen zu finden, was ethisch und gesellschaftlich gewollt ist, und diese gegebenenfalls neu zu definieren. Es geht um die Frage: Darf der Mensch alles, was möglich ist, auch realisieren? Was ist mit einem Verbot der Keimbahntherapie, des Klonens von Menschen und der Patentierungsfähigkeit des menschlichen Genoms? Was ist mit dem Verbot der Experimente mit Embryonen für Forschungszwecke? Eine mögliche Freigabe öffnet erst den Weg zum Klonen. Wir müssen nicht erst über das Ende der Kette, sondern über den Beginn und die Ziele reden, die damit verbunden sind. Heute haben wir in Deutschland noch einen gemeinsamen politischen Konsens hinsichtlich der Keimbahntherapie und des Klonens. Wir wollen diese Verbote, festgeschrieben im Embryonenschutzgesetz, festigen und nicht aufweichen. Damit wir überhaupt die Chance dazu haben, müssen wir uns wo nur irgend möglich in internationalen Gremien dafür einsetzen, daß so viele andere Nationen wie möglich sich dieser Haltung anschließen. Gelingt es uns nicht, so werden alle unsere Bemühungen und unsere bestehenden Gesetze den drohenden Dammbruch kaum mehr verhindern können. Als weiteres Beispiel möchte ich die Patentierungsfrage aufgreifen. Auch sie ist bei uns viel kontroverser; man sehe sich die Auseinandersetzungen um die Patentierungsrichtlinie der EU an. Wir würden gerne wissen, welche Haltung die Bundesregierung hierzu einnimmt. Für die SPD kann ich klar sagen, daß für uns die Isolierung und Definition eines Gens ledig- lich eine Entdeckung und keine Erfindung und damit auch nicht patentierungsfähig ist. Diese Beispiele verdeutlichen, daß die Diskussion um den Konventionstext dringend erforderlich ist. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Haltung darzustellen und die Voten der zuständigen Ausschüsse bei den weiteren Verhandlungen zu berücksichtigen. Manna Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sogenannte Bioethik ist gesellschaftlich ein außerordentlich sensibles Thema, wie uns die Debatten um die nun in „Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin" umgetaufte Bioethik-Konvention des Europarates gezeigt haben. Es kann aber keine Bioethik und kein Völkerrecht erster und zweiter Klasse geben. Wenn ein Abkommen der „Rede" im Bundestag wert ist, dann muß das auch für jedes weitere völkerrechtliche Abkommen gelten. Bei genauer Betrachtung der UNESCO-Bioethik-Deklaration wird diese Frage sogar zu einer Frage der Glaubwürdigkeit. Schon die Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarats ist weiterhin in diesem Hause umstritten und genügt schon gar nicht den bündnisgrünen Kriterien zum Schutz der Menschen vor Gen-und Reproduktionstechnologien. Betrachtet und bewertet man aber den vorliegenden Entwurf für die Bioethik-Deklaration der UNESCO, so wird selbst das Schutzniveau der Europaratskonvention noch unterschritten und damit relativiert. Die UNESCO-Bioethik-Deklaration, die keinen völkerrechtlich verbindlichen Status haben wird, ist nur als „unsägliches" Papier zu bezeichnen. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Deklaration nicht weiter zu unterstützen und auf eine Generalrevision des Textes zu drängen. Deshalb setzen wir uns mit diesem gemeinsamen Antrag mit der SPD dafür ein, daß in diesem Hause eine intensive Beratung erfolgt und der Bundesregierung Empfehlungen an die Hand gegeben werden. Die UNESCO wollte im Analogieschluß zu Meeresboden, Mond, bestimmten Naturressourcen und Kulturgütern dem menschlichen Genom mit der Verleihung des Etiketts „Erbe der Menschheit" den höchsten Schutz verleihen. Mit dem gleichzeitigen Schutz der Menschenrechte kommt es aber in der Erklärung zu einem systematischen Widerspruch: zwischen Individualrechten und der Schutzwürdigkeit populationsgenetischer Strukturen, zwischen einem höheren Ganzen und dem einzelnen. Das Nebeneinander dieser beiden Schutzgüter in einem Abwägungsgleichgewicht macht den Deklarationsentwurf politisch unbrauchbar. In Deutschland weckt diese Konstruktion geradezu zwangsläufig Erinnerungen an das Erbgesundheitsgesetz der Nationalsozialisten, in dem die Volksgesundheit über dem einzelnen Menschen stand. Eugenik ist in diesem Deklarationsentwurf weiterhin als Option nicht ausgeschlossen. Workshops der UNESCO mit handverlesenen Teilnehmerinnen sind nicht ausreichend in bezug auf die gesellschaftliche Bedeutung dieses Themas. Mandat und Legitimation der UNESCO zum Abfassen einer derartigen Deklaration sind bis heute unklar. Bei der Erarbeitung nur mit Wissenschaftlern im kleinen Kreise des Internationalen Bioethik-Komitees (IBC) ohne ausreichende Partizipation von Mitgliedstaaten und Nichtregierungsorganisationen besteht ein eklatantes Demokratiedefizit. Eine Beratung dieses Konventionsentwurfs im Deutschen Bundestag ist deshalb geradezu eine moralische Pflicht. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (F.D.P.): Das Thema Bioethik selbst, der Schutz des menschlichen Genoms, ist viel zu umfassend, viel zu wichtig, verlangt tiefergehende Befassung, als daß es in Fünfminutenbeiträgen auch nur annähernd seriös, der grundsätzlichen Bedeutung angemessen diskutiert werden könnte. Wir haben uns im Deutschen Bundestag schon seit Jahren mit der Gentechnik, den Fragen der Genomanalyse, der Gentherapie befaßt, und mit dem Embryonenschutzgesetz international vorbildlich einen Markstein gesetzt. Der Bundestag befaßt sich mit den wissenschaftlichen, den sozialen, vor allem aber auch mit den ethischen Kategorien der Reproduktionstechniken und dem ganzen Problemfeld des Klonens. Wir sind uns bewußt, daß diese ganze Thematik nicht allein im nationalen Rahmen geregelt werden kann; daß über die Bioethik-Konvention des Europarats hinaus international verbindliche Regelungen zwingend erforderlich sind, wie sie in dem Bioethics Committee der UNESCO in einer Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms und zu den Menschenrechten formuliert werden sollen. Ich bin der Meinung, es ist unbestritten, daß wir bei der Befassung mit der Thematik den jeweils aktuellen Stand der Beratungen auf den Ebenen Europa und VN mit einbeziehen müssen und natürlich damit verlangen müssen, unsere Meinungen, Auffassungen, auch Vorschläge zu den europäischen und internationalen Konventionen bzw. Deklarationen einbringen zu können. Ich erkläre deshalb, daß ich den vorliegenden Antrag unterstütze. Wolfgang Bierstedt (PDS): Der vorliegende Entwurf der UNESCO-Deklaration „Zum Schutz des menschlichen Genoms" ist ein erneuter Beleg für den zu befürchtenden Siegeszug einer biomedizinischen Ethik, die allein einen Rahmen abgibt für die rechtliche Absicherung, ethische Legitimierung und programmatische Vorbereitung eines zweifelhaften biowissenschaftlichen Fortschritts, in diesem Fall der Humangenetik und Reproduktionsbiologie. Ein internationales Bioethik-Komitee hat diese Deklaration erarbeitet, dessen Legitimation mehr als fragwürdig und dessen Zusammensetzung bei genauerem Hinsehen völlig unakzeptabel ist. Unter den Mitgliedern sind so einige Kandidatinnen und Kandidaten, die schon aus bioethischen Diskussionen unrühmlich bekannt sind, erinnert sei auch an das ursprüngliche deutsche Mitglied Hans-Martin Sass, der schon lange für Keimbahnmanipulation und Präimplantationsdiagnostik eintritt. Die Art und Weise, wie diese Deklaration entstanden ist, nämlich ohne größere öffentlich wahrnehmbare Diskussion, entspricht nicht den Anforderungen an einen Text, der weltweit ethische Grundprinzipien festhalten oder aufstellen will. Ich finde es bezeichnend, daß genau die Bioethikerinnen und Bioethiker, die immer wieder von Wertepluralismus und den Grundprinzipien sprechen, auf die sich die gesamte Gesellschaft verständigen soll, möglichst allein hinter geschlossenen Türen und über die für andere verbindlichen ethischen Prinzipien sprechen. Es ist doch grotesk, daß dieses Bioethik-Komitee in Artikel 13 der Deklaration die Einrichtung von unabhängigen, interdisziplinären und pluralistischen Ethikkomitees verlangt, Anforderungen, die es selbst nicht im mindesten erfüllt. Ich sehe diesen Entwurf der Deklaration insbesondere als Versuch an, dem Programm zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms, den HUGO-Projekten, ein ethisches Mäntelchen zu geben und gleichzeitig sich die weltweite Zustimmung für eine ungehinderte industrielle Nutzung der Gene zu sichern. Wie anders soll sie interpretiert weden, wenn Klonierung und Keimbahnintervention nicht untersagt sein sollen, wie anders soll interpretiert werden, daß zur Patentierung von Genen nichts gesagt wird, in den Antworten zum Fragebogen des ersten Dossiers es sogar heißt, die UNESCO hätte nicht das Mandat, diese Frage zu klären. Andererseits die UNESCO sich das Mandat herausnimmt, den „informed consent", die informierte Zustimmung zu Forschung, Therapie und Diagnose, die das Genom des einzelnen betreffen, durch das Prinzip der „person's best interest"-Entscheidung durch Vertreter der Betroffenen auszuhöhlen. Ich frage mich, wer hat ihr dafür das Mandat erteilt? Der vorliegende Entwurf ist nicht nur in zahllosen Einzelpassagen völlig untragbar, er ist auch geprägt von einer fanatisch zu nennenden Fortschrittserwartung durch die Erforschung und technischen Nutzbarmachung der menschlichen Genome, der nicht nur jede vernünftige Grundlage fehlt, sondern die auch in einer Deklaration über ethische Grundsätze der Forschung und Eingriffe an Genomen überhaupt nichts verloren hat. Ich befürchte, daß dieser Entwurf der Deklaration nicht verbesserungsfähig ist, in der vorliegenden Form kann er nur eine deutliche Ablehnung erfahren. Ungeachtet dessen hätte ein Projekt, das weltweit wirklich tragfähige ethische Grundsätze für Humangenetik, Reproduktionsbiologie und auch deren industrielle Verwendung entwickeln will, unsere volle Zustimmung. Aus unserer Sicht würden zu diesen Grundsätzen zumindest das Verbot der Klonierung und Keimbahnintervention, das Verbot der Patentierung von Genen und das Festhalten am Grundsatz der freiwilligen individuellen Zustimmung zu jeglichen diagnostischen, therapeutischen und forschenden Eingriffen gehören. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister der Justiz: Der Entwurf enthält neben einem allgemeinen Abschnitt zum menschlichen Genom vor allem Bestimmungen über die Genomforschung, über die Rechte der Betroffenen und über die Bedingungen für die Ausübung der Forschungstätigkeit. Angesichts der stetigen Fortschritte in der biologischen und medizinischen Forschung ist das Anliegen der UNESCO grundsätzlich zu begrüßen. Denn die humangenetische Forschung und deren Anwendung dürfen unter keinen Umständen mit der Menschenwürde und den Menschenrechten in einen unvereinbaren Gegensatz geraten. Hierfür ist es aber unerläßlich, der Achtung der Menschenwürde gegenüber allen anderen Erwägungen den Vorrang einzuräumen. Leider besteht insoweit noch bei etlichen Punkten des Entwurfs ein erheblicher Diskussions- und Nachbesserungsbedarf. Die Bundesregierung hat das in ihrer Stellungnahme an die UNESCO auch klar zum Ausdruck gebracht: So muß das zentrale Anliegen der Deklaration - die Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte beim Umgang mit dem menschlichen Genom - noch deutlicher herausgestellt werden, als es bisher der Fall ist. Außerdem fehlen wichtige Regelungskomplexe, beispielsweise Bestimmungen über ein Verbot von gezielten Eingriffen in die menschliche Keimbahn und zur Ächtung des Klonens von Menschen bisher völlig. Gleiches gilt auch für Regelungen zur Begrenzung der Embryonenforschung. Gerade in diesen Bereichen sind aber Regelungen aus Sicht der Bundesregierung unbedingt erforderlich, um Fehlentwicklungen vorzubeugen. Darüber hinaus haben wir - und ich kann das nur noch einmal nachdrücklich unterstreichen - klare Rahmenbedingungen für die Genomforschung gefordert, die bisher nur in Ansätzen vorhanden sind. Ob sich unsere weitreichenden Änderungsvorschläge durchsetzen lassen, wird sich erst im Sommer bei der Regierungskonferenz erweisen. Von deren Verlauf wird die künftige Haltung der Bundesregierung zur Deklaration entscheidend abhängen. Selbstverständlich werden wir den Deutschen Bundestag über diesen weiteren Verlauf der Verhandlungen in geeigneter Weise unterrichten. Eines aber kann ich Ihnen heute schon versichern: In einer Zeit, in der täglich neue biomedizinische Entdeckungen gemacht werden und in der das geklonte Schaf „Dolly" Zukunftsängste auslöst, wird die Bundesregierung das internationale Forum der UNESCO nutzen, um sich für ihre fundamentalen werthaften Grundsätze und Grenzen im Umgang mit dem menschlichen Genom einzusetzen! Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 712. Sitzung am 16. Mai 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Erstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes - Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen - Justizmitteilungsgesetz und Gesetz zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze (JuMiG) - Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (4. FStrÄndG) - Zweites Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Seeschiffahrt - Gesetz zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz, LuftNaSiG) - Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz - AFuG 1997) - Gesetz zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energieeinsparung bei Haushaltsgeräten (Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz - EnVKG) - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik, der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und dem Schweizerischen Bundesrat, handelnd im Namen der Kantone Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Jura, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen - Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 20. November 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 5. Juni 1997 ihren Antrag „UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten" - Drucksache 13/7675 - zurückgezogen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Mai 1997 ihren Antrag „Aussetzung des Rückübernahmeabkommens mit Algerien" - Drucksache 13/7707 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehender Vorlage absieht: - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Tagung der Versammlung vom 2. bis 5. Dezember 1996 in Paris - Drucksachen 13/6945, 13/7209 Nr. 1.2 - Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mit Schreiben vom 23. April 1997 einen Zweiten Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen übersandt. Der Bericht ist als Ausschußdrucksache 542 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit verteilt. (Zu weiteren Möglichkeiten des Zugangs vgl. Hinweis in Drucksache 13/ 7865.) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuß Drucksache 13/7216 Nr. 2.4 Drucksache 13/7306 Nr. 2.5 Sportausschuß Drucksache 13/4921 Nr. 3.1 Drucksache 13/4921 Nr. 3.2 Drucksache 13/4921 Nr. 3.3 Drucksache 13/4921 Nr. 3.4 Finanzausschuß Drucksache 13/7541 Nr. 2.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7117 Nr. 2.7 Drucksache 13/7117 Nr. 2.15 Drucksache 13/7216 Nr. 2.21 Drucksache 13/7456 Nr. 1.3 Drucksache 13/7456 Nr. 2.8 Drucksache 13/7456 Nr. 2.12 Drucksache 13/7456 Nr. 2.16 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/6129 Nr. 1.29 Drucksache 13/6129 Nr. 1.33 Drucksache 13/6861 Nr. 1.5 Drucksache 13/6861 Nr. 2.18 Drucksache 13/7017 Nr. 2.25 Drucksache 13/7456 Nr. 2.3 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/6129 Nr. 1.32 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/7017 Nr. 2.20 Drucksache 13/7117 Nr. 2.11 Drucksache 13/7117 Nr. 2.19 Drucksache 13/7306 Nr. 2.15 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/6861 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/7306 Nr. 2.24 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/7456 Nr. 2.13 Drucksache 13/7216 Nr. 1.3 Drucksache 13/7216 Nr. 1.5
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Agrarbericht 1997, über den wir heute diskutieren, zeigt, daß die deutschen Landwirte im Wirtschaftsjahr 1995/96 - das ist der Zeitraum, der im Agrarbericht dargestellt wird - mit einem Plus von durchschnittlich 6,6 Prozent eine positive Einkommensentwicklung verzeichnen konnten. Aber was sagt diese Durchschnittsrate aus? Sie sagt wenig aus, denn den Durchschnittsbetrieb gibt es in der Praxis nicht. Wir müssen uns daher mit den unterschiedlichen Einkommensergebnissen je nach Betriebstyp und Region, ihren Ursachen und den Schlußfolgerungen für die Agrarpolitik auseinandersetzen. Wir müssen auch den weiteren Entwicklungstrend sehen.
    Für die Haupterwerbsbetriebe im Marktfruchtbau und in der Veredlung ging es 1995/96 mit Gewinnsteigerungen und auch mit zufriedenstellenden Einkommensergebnissen aufwärts. Für die Futterbaubetriebe dagegen war das Wirtschaftsjahr 1995/96 ein schwaches und schwieriges Jahr. Auch im laufenden Wirtschaftsjahr zeichnet sich keine Verbesserung ab, dies vor allem wegen der niedrigen Milch- und Rindfleischpreise. Es ist müßig, über die Gründe für den Preisdruck zu debattieren und zu lamentieren. Die Bäuerinnen und Bauern, die Tag für Tag darunter leiden, haben - ich denke: zu Recht - kein Verständnis für einen akademischen Richtungsstreit. Sie erwarten Taten zur Lösung der Probleme.
    Deshalb haben wir sofort gehandelt, als die BSE-Krise eintrat, und in Brüssel unmittelbar wirksame Maßnahmen zur Marktstützung und zur Einkommensstabilisierung durchgesetzt. Auch Sie von der Opposition werden nicht bestreiten, daß wir die Maßnahmen sofort durchgesetzt haben. Ich erinnere an die Interventionskäufe, an die Frühvermarktungsprämie und an die Einkommensbeihilfen, die allen Rinderhaltern zugeflossen sind; denn alle Rinderhalter, nicht nur die Mäster, litten und leiden unter der BSEKrise. Diese Maßnahmen waren das Ergebnis sehr intensiver Gespräche mit den Rinderhaltern und entsprechen dem Wunsch der betroffenen Betriebe.
    Wir werden in unseren Anstrengungen zur Sanierung des Rindfleischmarktes nicht nachlassen. Damit sich die Aussichten nachhaltig verbessern, muß die Rindfleischproduktion den bestehenden Absatzmöglichkeiten angepaßt werden. Die dafür notwendige Produktionsrückführung muß ausgewogen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Berücksichtigung der gewachsenen Produktionsstrukturen erfolgen.
    Wir müssen deshalb den 1992 mit der Agrarreform eingeschlagenen Weg der Marktentlastung mit Einkommensausgleich weitergehen. Mit dieser Marschrichtung werde ich in die Beratungen über die Re-

    Bundesminister Jochen Borchert
    formvorschläge für den Rindfleischmarkt in Brüssel gehen; in dieser Richtung werde ich Entscheidungen durchsetzen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. Horst Sielaff [SPD]: Hoffentlich! )

    Wir haben in Brüssel bereits den obligatorischen Herkunftsnachweis durchgesetzt und damit den Grundstein für vertrauensbildende Maßnahmen gelegt. Künftig wird europaweit die Rückverfolgung der Herkunft des Fleisches von der Ladentheke bis zum Erzeuger möglich sein.
    Die Herkunftskennzeichnung bei Rindfleisch gewinnt auch deshalb an Bedeutung, weil uns durch den Hormonstreit neuer Ärger ins Haus steht. Wir wollen doch nicht ein Debakel wie bei BSE erleben, weil die Verbraucher aus Furcht, hormonbehandeltes Fleisch angeboten zu bekommen, ganz auf Rindfleisch verzichten. Deshalb steht für mich fest: Der Einsatz von Hormonen in der Tiermast ist völlig überflüssig und schädlich.

    (Beifall des Abg. Horst Sielaff [SPD])

    Wir bleiben bei einem europaweiten Verbot des Einsatzes von Hormonen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Im übrigen bestärkt mich der Verlauf des Hormon-Panels in meiner Überzeugung: Die Europäische Union muß offensiv in die nächste WTO-Runde gehen. Dort müssen wir unsere essentiellen Forderungen genauso selbstbewußt vertreten, wie dies Handelspartner in Übersee tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei den Verhandlungen über weitere Schritte zur Liberalisierung des Agrarmarktes müssen wir die Grenzen der Liberalisierung sehen. Die Liberalisierung darf die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft, vor allen Dingen ihren Beitrag zur Pflege und zum Erhalt der Kulturlandschaft, nicht gefährden. Deshalb muß es das Ziel der europäischen Verhandlungsstrategie sein, daß wir Mindeststandards für eine umweltverträgliche und tierschutzgerechte Landwirtschaft sowie Hygienestandards für einen vorbeugenden Verbraucherschutz viel stärker berücksichtigen und durchsetzen, als das bisher der Fall gewesen ist.
    Diese Standards, die wir in den WTO-Verhandlungen fordern und durchsetzen müssen, müssen unseren europäischen Regelungen entsprechen. Denn wir brauchen auch in Zukunft Rahmenbedingungen, die die Leistungen der bäuerlichen Landwirtschaft in Europa - unabhängig von den Schwankungen des Weltmarktes - absichern, wenn wir die Kulturlandschaft erhalten und die ländlichen Räume fördern wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Lisa Peters [F.D.P.])

    Die Grenzen der Liberalisierung werden am Beispiel der Milch besonders deutlich. Auf vielen Grünlandstandorten gibt es nämlich keine vernünftige Alternative zur Milchproduktion.

    (Horst Sielaff [SPD]: Ja, richtig!)

    Wir können zwar Butter und Milchpulver zu äußerst niedrigen Preisen importieren, aber eine gepflegte und abwechslungsreiche Landschaft können wir uns nicht frei Haus liefern lassen. Sie ist das Ergebnis der tagtäglich harten Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern. Deswegen müssen wir der Liberalisierung dort Grenzen setzen, wo der Fortbestand dieser Leistungen gefährdet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Lisa Peters [F.D.P.])

    Meine Damen und Herren, es gibt nichts daran herumzudeuteln: Die derzeitige Situation am Milchmarkt ist alles andere als zufriedenstellend. Manche leiten aus den Problemen die Forderung ab, die Milchquoten ab dem Jahr 2000 ersatzlos abzuschaffen und die Milchproduktion freizugeben. Was passieren würde, wenn die Produktionsbeschränkungen aufgehoben würden, liegt, denke ich, auf der Hand: Ausdehnung der Milchproduktion auf Teufel komm raus in Betrieben mit niedrigen Produktionskosten - die Regionen dafür liegen vielfach außerhalb Deutschlands -, verschärfter Druck auf die Erzeugerpreise, Abwanderung der Milch aus benachteiligten Regionen und damit die Aufgabe einer flächendekkenden Landbewirtschaftung und Preisgabe unserer gepflegten Kulturlandschaft. Meine Damen und Herren, eine solche Regelung ist mit uns, mit der Bundesregierung und der Koalition, nicht zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch alle anderen Modelle, die diskutiert werden - A-B-Modelle und andere -, weisen im Vergleich zur Quotenregelung mehr Nachteile als Vorteile auf. Deshalb lautet die Kernforderung des Positionspapiers, das ich in Brüssel vorgelegt habe: Fortführung der Quotenregelung über das Jahr 2000 hinaus. Bis zu dieser Entscheidung über eine Fortführung der Quotenregelung müssen die Sonderregelungen für die neuen Länder verlängert werden, damit wir in den alten und neuen Bundesländern die Neuregelung umsetzen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dringend erforderlich sind auch kurzfristige Aktivitäten zur Verbesserung der schwierigen Einkommenssituation der Milcherzeuger. Hier hat die Diskussion beim letzten Agrarrat und beim informellen Treffen gezeigt, daß inzwischen bei anderen Mitgliedstaaten ebenfalls die Schmerzgrenze erreicht ist. Unsere sehr intensiven bilateralen Gespräche haben dazu geführt, daß wir in dieser Forderung von vielen anderen Mitgliedstaaten unterstützt werden.
    Die geltenden WTO-Regelungen bieten durchaus noch Handlungsspielraum für die Marktverwaltung, und zwar sowohl bei den Exportmengen als auch bei den Mittelvolumen. Die Kommission steht hier in der Pflicht. Sie muß die vorhandenen Instrumente der Beihilfen- und Erstattungspolitik umfassend nutzen, um den Preisdruck abzumildern. Sie muß aufhören mit der phantasielosen Senkung der Exporterstattun-

    Bundesminister Jochen Borchert
    gen und muß die Rahmenbedingungen des GATT-Vertrages, der WTO-Regelungen zur Stützung der Milchpreise und damit der Milcherzeuger voll nutzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Besonders nicht durch Belastungen der anderen Berufskollegen!)

    Meine Damen und Herren, vor allem mit Hinblick auf die noch bestehenden strukturellen Defizite muß aber auch die Wirtschaft selbst aktiv werden. Auf der Produktionsebene sind die Möglichkeiten zur Kostensenkung und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit vielfach noch nicht ausgeschöpft. Auch in der Vermarktung sind weitere strukturelle Verbesserungen notwendig, um das Problem der Überkapazitäten in der Vermarktung zu lösen und um ein stärkeres Gegengewicht zur dominierenden Marktmacht des Handels zu schaffen. Nur so ist längerfristig sicherzustellen, daß bei uns nicht nur noch der Rohstoff Milch produziert, dieser aber woanders verarbeitet wird, so daß ein möglichst hoher Anteil der Wertschöpfung im Land erfolgt und über eine optimale Vermarktung auch die Milcherzeugerpreise gestützt und erhöht werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung bekennt sich zu ihrer Verantwortung, den unvermeidbaren Strukturwandel zu unterstützen und sozialverträglich zu gestalten. Die Aufwendungen des Bundes für die Agrarsozialpolitik, die den Leistungsempfängern Sicherheit bieten und die aktiv Wirtschaftenden tendenziell entlasten, sprechen in ihrer Ausgestaltung und in ihrer Höhe für sich selbst.
    Darüber hinaus ist und bleibt die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe ein zentrales Element der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Natürlich schmerzt es, daß der Mittelansatz für die Gemeinschaftsaufgabe in diesem Jahr geringer ausfällt als im vergangenen Jahr. Bei manchen Klagen darüber erinnere ich natürlich daran, wie viele Mittel im vergangenen Jahr von bestimmten Ländern nicht abgerufen worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU Horst Sielaff [SPD]: Das ist doch kein Grund, daß der Bund jetzt auch noch weniger Mittel bereitstellt!)

    Natürlich könnten wir noch mehr wünschenswerte Maßnahmen fördern, wenn die Steuerquellen reichlicher sprudeln würden.
    Herr Kollege Sielaff, ich finde es schon interessant, daß Sie die Kürzungen im Agrarbereich immer kritisieren, in jeder haushaltspolitischen Debatte mehr Einsparungen fordern, aber hier nicht sagen, wie der Haushalt konsolidiert werden soll, ohne daß der Agrarbereich seinen notwendigen Beitrag dazu leistet. Diese Doppelzüngigkeit müssen Sie innerhalb Ihrer Fraktion klären.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich denke, Wunschträume helfen uns nicht weiter. Mit den Einsparungen in der Gemeinschaftsaufgabe hat der Agrarbereich seinen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes leisten müssen und geleistet. Aber die notwendigen Kürzungen sollten jetzt in den Bereichen erfolgen, in denen sie noch am ehesten zu verkraften sind, also zum Beispiel bei der Dorferneuerung oder in der Wasserwirtschaft.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich denke, hier können wir einige Jahre lang auf Maßnahmen verzichten, ohne daß dies gravierende Auswirkungen hat.
    Auf der anderen Seite müssen die unverzichtbaren Maßnahmen wie die einzelbetriebliche Förderung und der Küstenschutz so weit wie möglich von Kürzungen verschont bleiben.

    (Peter Harry Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Aber auch bei den Ländern!)

    Deswegen begrüße ich es, daß wir - so sieht es im Augenblick aus - mit den Ländern einig sind, 1997 den finanziellen Schwerpunkt auf die einzelbetriebliche Investitionsförderung zu legen. Wir werden natürlich, Herr Kollege Carstensen, im Laufe des Jahres 1997 sehr genau beobachten, wie die Länder diese Mittel einsetzen und ob sie diese Schwerpunktbildung auch wirklich vollziehen oder ob möglicherweise zusätzlich bei der einzelbetrieblichen Förderung gezielt gekürzt wird.

    (Peter Harry Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Die finanzieren ihren Naturschutz damit!)

    Meine Damen und Herren, der Strukturwandel im Agrarbereich hat natürlich auch Konsequenzen für die weitere Nutzung der Bausubstanz in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Wir wollen die Umnutzung der Bausubstanz, die nicht mehr für land-und forstwirtschaftliche Zwecke benötigt wird, als eigenständigen Fördertatbestand in die Gemeinschaftsaufgabe aufnehmen. Damit wollen wir ein Zeichen setzen und eine Initialzündung auslösen, um bäuerliches Vermögen und wertvolles Kulturgut zu erhalten. Wir wollen dieses Vermögen einer weiterhin sinnvollen Nutzung zuführen. Neben der Erschließung zusätzlicher Einkommensmöglichkeiten für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe können von der Umnutzung aber auch positive Impulse für das Arbeitsplatzangebot im ländlichen Raum ausgehen. Wir sollten auch nicht vergessen: Durch den Verzicht auf sonst notwendige Neubauten wird der Flächenverbrauch reduziert und der Zersiedelung der Landschaft entgegengewirkt.
    Ich hoffe, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe angesichts dieser Vorteile eine breite Mehrheit finden wird. Ich erhoffe mir auch eine breite Unterstützung bei den Änderungen im Bundesbaugesetzbuch, die zur Stunde im Bundesrat behandelt werden. Die bisherigen Beratungen haben gezeigt, daß auch hier die Devise der Opposition einmal mehr heißt: taktieren und blockieren!

    Bundesminister Jochen Borchert
    Die Diskussion hierüber war wieder einmal bezeichnend für das merkwürdige Verständnis des Eigentumsbegriffs bei SPD und Grünen. Da greift der grüne Bauminister Vesper aus Nordrhein-Westfalen in die ideologische Mottenkiste und zieht die Forderung nach einem Planungswertausgleich heraus. Aus der gleichen Ecke kommt beim Bundesnaturschutzgesetz die Forderung, daß die Flächeneigentümer selbst für naturschutzbedingte Zusatzkosten und -belastungen aufkommen sollen - frei nach dem Motto: Wertsteigerungen sozialisieren und Wertverluste privatisieren.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: So sind sie halt, die Sozialisten! Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Das alles auf dem Rücken unserer Bäuerinnen und Bauern.
    Auch in Ihrem Entschließungsantrag zum Bundesnaturschutzgesetz haben Sie erneut die Streichung der Ausgleichszahlungen gefordert.

    (Horst Sielaff [SPD]: Sie waren gestern nicht da und wissen nicht, was ich dazu gesagt habe!)

    - Ich zitiere den Entschließungsantrag der SPD. Dann setzen Sie sich doch innerhalb Ihrer Fraktion durch!

    (Horst Sielaff [SPD]: Sie wollen, daß die Länder bezahlen! Die können es nicht bezahlen!)

    - Ich nehme zur Kenntnis, Herr Sielaff, daß Sie anderer Meinung als die SPD-Fraktion sind. Aber nur zu fragen, wie die Länder das bezahlen sollen, reicht nicht aus. Dann müßte man es streichen und sagen, die Bauern sollen die Belastungen tragen. Aber wenn es für die Länder zu teuer ist, ist es für die Bauern erst recht zu teuer.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn die Länder es nicht bezahlen können, müssen weniger Auflagen beschlossen und verhängt werden. Dann ist es finanzierbar. Ich kann aber doch nicht sagen, daß deswegen, weil die Kassen der Länderhaushalte leer sind, es die Bauern selber bezahlen müssen. Diese Lastenverschiebung wird es mit uns nicht geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Herr Sielaff, Sie haben aber noch die Chance, im Bundesrat zu zeigen, daß Sie bereit sind, etwas im Interesse der Bauern und des Naturschutzes zu tun.
    Unser Land braucht eine leistungsfähige und für neue Chancen offene Landwirtschaft, die uns mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln versorgt, nachwachsende Rohstoffe für die industrielle Weiterverarbeitung bereitstellt, umweltschonend und tierschutzgerecht wirtschaftet und auf diese Weise die Erhaltung und Pflege unserer Kulturlandschaft sicherstellt.
    Um all diese Aufgaben zu erfüllen, brauchen unsere Bäuerinnen und Bauern unsere Unterstützung.
    Der Agrarbericht 1997 zeigt: Auf diese Bundesregierung und die Koalitionsparteien können sich die Bäuerinnen und Bauern verlassen. Wir werden, wie schon bisher, mit einem breiten Bündel von Maßnahmen helfen und dieses Bündel einsetzen, um die bäuerlichen Einkommen zu sichern, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe zu verbessern, um den Strukturwandel zu unterstützen und sozial abzufedern, kurz gesagt: um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß unser Land dank der Leistungen unserer Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft Lebens- und liebenswert bleibt.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Horst Sielaff, SPD-Fraktion.

(Peter Harry Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Horst, jetzt aber ganz vorsichtig!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Horst Sielaff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden nicht verwundert sein, daß unsere Bilanz dieses Agrarberichtes eine völlig andere ist als Ihre, Herr Minister. Wir stellen fest: Der Bundesminister Borchert baut ab.
    In dieser Woche wird die Koordinierungs- und Kommunikationsabteilung des BML, von mir bei Einführung 1993 als „konzentrierte Bürokratie" tituliert, abgebaut. Der Aufbau einer solch aufgeblähten Leitungsebene des Ministeriums war damals schon, gelinde gesagt, überflüssig; ihr Abbau war überfällig. Hierzu, Herr Borchert, gratuliere ich Ihnen ausdrücklich. Sie sind endlich unserer Forderung vom 1. März 1993 nachgekommen. Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)

    Es bleibt zu hoffen - mehr wage ich nicht zu sagen -, daß mit dem Abbau des Küchenkabinetts die Fachebene des Ministeriums wieder mehr zum Zuge kommt. Umfassende fachliche Beratung von unabhängigen und qualifizierten Beamten und Angestellten des BML ist dringend geboten. Die Ergebnisse Ihrer Agrarpolitik, Herr Borchert, machen das deutlich. Den Rat politisch abwägen, dann politisch entscheiden und es politisch verantworten, das müssen Sie selbst, das kann Ihnen niemand abnehmen, übrigens auch nicht ein noch so großer Berufsverband an Ihrer Seite.
    Mit dem Führungswechsel kommt dort das demokratische Kräftespiel mit klaren Interessenabgrenzungen hoffentlich wieder mehr in die richtigen Gleise. Langjährige, enge präsidiale Beziehungen hinterlassen sicherlich deutliche Spuren, und es ist bestimmt nicht gut, wenn draußen der Eindruck entsteht oder der Minister in den Geruch kommen kann, Befehlsempfänger eines großen Verbandes zu sein.
    Der Bundesminister Borchert baut ab. Er demontiert nicht erst seit heute sein mit viel Propaganda 1993 herausgebrachtes Agrarkonzept „Der neue Weg - Agrarstandort Deutschland sichern" . Prinzi-

    Horst Sielaff
    piep bäuerlichen Wirtschaftens, Flächenbindung der Tierhaltung, verantwortungsvoller Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren, all diese Vokabeln des Konzepts werden zu leeren Worten, wenn es zum Beispiel um Legehennenanlagen mit 800000 Plätzen in achtstöckigen Käfigen geht. Nach Auffassung des Ministers ermöglichen sie eine kostengünstige und wettbewerbsfähige Eierproduktion gegenüber Importen. So jedenfalls hieß es in der Antwort auf Drucksache 13/7722 von Mitte Mai dieses Jahres.
    Vom Ziel seiner Agrarpolitik, eine leistungs- und wettbewerbsfähige, marktorientierte und umweltverträgliche Landwirtschaft, also eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft, zu erreichen, bleibt da nichts mehr übrig.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Gewerbliche Unternehmen dieser Größenordnung sind nach unserer Auffassung nicht unter Landwirtschaft zu subsumieren. Sie entziehen landwirtschaftlichen Betrieben Produktionspotentiale und damit Einkommensmöglichkeiten, sind nicht tierart- und tierschutzgerecht und schon gar nicht, meine Damen und Herren, bäuerlich.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ob denn die Rahmenbedingungen überhaupt ausreichen oder Änderungen angezeigt sind, um die landwirtschaftliche Urproduktion und vor allem die Veredelungsproduktion langfristig in landwirtschaftlichen Unternehmen zu halten, wird überhaupt nicht beantwortet, auch heute nicht. Nebelkerzenartige Analysen sollen die Konzeptionslosigkeit und die mangelnde Durchsetzungsfähigkeit des mit viel Aufwand propagierten Agrarkonzepts verschleiern.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Der Satz war falsch!)

    Bundesminister Borchert baut ab. Dabei helfen ihm ganz kräftig die gesamte Bundesregierung und offensichtlich auch die Regierungskoalition, vor allem aber Bundesfinanzminister Waigel.

    (Lisa Peters [F.D.P.]: Das kommt bestimmt noch fünfmal!)

    Die Bundesmittel zur Förderung von Investitionen in der Landwirtschaft und in den Dörfern werden in diesem Jahr um 500 Millionen DM gekürzt. Sie verhindern damit wichtige Investitionen zur Verbesserung der Wettbewerbssituation in landwirtschaftlichen Unternehmen. Sie verhindern damit die Verbesserung der Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen. Nicht zuletzt ist das auch ein Beitrag zur Verschlechterung der Beschäftigungssituation insbesondere in schwach strukturierten ländlichen Räumen.
    Verstärkt hat die Bundesregierung diese negativen Entwicklungen mit der laufenden Verschiebung des Termins für die Entscheidung des Planungsausschusses für Agrarstruktur und Küstenschutz über den Rahmenplan 1997. Entscheidungen über notwendige Investitionen wurden dadurch verzögert.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Durch wen denn?)

    Beschäftigungswirksame Maßnahmen wurden behindert - durch diese Bundesregierung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch!)

    Das proklamierte Ziel Ihrer Agrarpolitik, eine leistungs- und wettbewerbsfähige, marktorientierte, umweltverträgliche Landwirtschaft zu erreichen, wird in einigen Bundesländern zudem durch Ihre Kürzungen und Ihr Verhalten nahezu zum Nullsummenspiel. 1996 hatte beispielsweise Bayern nur noch 9,6 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel verfügbar, um neue Bewilligungen für Investitionen auszusprechen. In Baden-Württemberg lag dieser Anteil bei 12,4 Prozent. Man kann sich ausrechnen, wie dieses Ergebnis für 1997 bei einer Kürzung der Bundesmittel um 500 Millionen DM in diesen Ländern aussieht. Aktive Politik zugunsten von landwirtschaftlichen Unternehmen und ländlichen Räumen ist in diesen Ländern kaum noch möglich. Auch das ist ein Ergebnis der verfehlten Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik dieser Bundesregierung in den letzten Jahren.