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    Plenarprotokoll 13/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 16101 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern (Drucksache 13/7792) 16101 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufbau Ost braucht langen Atem (Drucksache 13/7789) 16101 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 16101 C Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Brandenburg) 16103 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16104 C Jürgen Türk F.D.P 16106 B Dr. Christa Luft PDS 16107 C, 16114 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 16109 B Ernst Schwanhold SPD . . . . 16111 A, 16115 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU . 16112 D, 16116 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 16115 D Wolfgang Ilte SPD 16116 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . . . 16117 B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 16119 B Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 16121 C Wolfgang Ilte SPD 16122 A Tagesordnungspunkt 11: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1997 - Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksachen 13/ 6868 und 13/6869 [Materialband]) . . 16123 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregireung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Drucksachen 13/6618, 13/7429) . 16123 C c) Große Anfrage der Abgeordneten Matthias Weisheit, Horst Sielaff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Forschung und Forschungsförderung des Bundes im Bereich Ernährung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Holzwirtschaft sowie der Entwicklung ländlicher Räume (Drucksachen 13/2503, 13/3337) . . . 16123 D d) Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zusammenarbeit in der internationalen Agrarforschung verbessern (Drucksache 13/7678) 16123 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias Weisheit, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rahmenkonzept für die Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2906, 13/4997) . . . 16124 A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Bahr, Ilse Janz, Christel Deichmann sowie weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD: Künftige Ressortforschung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/4452, 13/5944) 16124 A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Fortsetzung der Garantiemengenregelung Milch und Stärkung der Position der milcherzeugenden Betriebe - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Produzierende Milcherzeuger stärken (Drucksachen 13/7180, 13/4905, 13/ 5751, 13/7742) 16124 A Jochen Borchert, Bundesminister BML 16124 C Horst Sielaff SPD 16127 C Günther Bredehorn F.D.P. . . 16128 C, 16140A Egon Susset CDU/CSU 16130 A Horst Sielaff SPD 16130 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16133 A Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 16134 C, 16138 B Günther Bredehorn F.D.P. 16135 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16135 B Dr. Günther Maleuda PDS 16137 A Albert Deß CDU/CSU 16139 A Reinhold Hemker SPD 16141 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16143 A Ulrich Heinrich F D P. 16144 A Jella Teuchner SPD 16145 C Ulrich Junghanns CDU/CSU 16147 AZusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 13/7848) . . 16149 C Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof (Drucksache 13/7849) 16149 C Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Gudrun Schaich-Walch, Wolf-Michael Catenhusen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marina Steindor und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten (Drucksache 13/7801) 16149 D Nächste Sitzung 16150 C Berichtigung 16150 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16151* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch SPD 16151* D Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16153* A Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . . 16153* C Wolfgang Bierstedt PDS 16153* D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 16154* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 16155* A 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 178. Sitzung, Seite 15 995 A, 4. Zeile von oben: Statt „unverstärkt" ist „und verstärkt" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 6. 6. 97 Berger, Hans SPD 6. 6. 97 Blunck, Lilo SPD 6. 6. 97 Böttcher, Maritta PDS 6. 6. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 6. 6. 97 Dreßler, Rudolf SPD 6. 6. 97 Formanski, Norbert SPD 6. 6. 97 Fuchs (Köln), Anke SPD 6. 6. 97 Gansel, Norbert SPD 6. 6. 97 Göllner, Uwe SPD 6. 6. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 6. 6. 97 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 6. 97 Jung (Limburg), CDU/CSU 6. 6. 97 Michael Köhne, Rolf PDS 6. 6. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 6. 6. 97 Otto Dr. Leonhard, Elke SPD 6. 6. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 6. 6. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 6. 6. 97 * Erich Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 6. 6. 97 Dr. Pfaff, Martin SPD 6. 6. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 6. 6. 97 ** Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 6. 97 Hermann Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Scharping, Rudolf SPD 6. 6. 97 Schloten, Dieter SPD 6. 6. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg) SPD 6. 6. 97 Dietmar Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 6. 6. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 6. 6. 97 * Verheugen, Günter SPD 6. 6. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 6. 6. 97 Karsten D. Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 6. 6. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 6. 6. 97 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 6. 6. 97 Margareta 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 5. 6. 97 Zwerenz, Gerhard PDS 5. 6. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * Für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch (SPD): 1993 faßte die Generalkonfrenz der UNESCO den Beschluß, ein internationales Rechtsinstrument zum Schutz des menschlichen Genoms zu erarbeiten. Seither hat das dazu eingesetzte Bioethik-Komitee der UNESCO unter Vorsitz von Frau Lenoir in mehreren Etappen Entwurfstexte zu einer Deklaration zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten erarbeitet. Der aktuelle Entwurf stammt vom Dezember 1996. Ende dieses Monats soll eine Regierungsexpertentagung zur abschließenden Bearbeitung des Entwurfs zusammentreffen mit dem Ziel, die Deklaration Ende des Jahres der UNESCO-Generalkonferenz zur Beschlußfassung vorlegen zu können. Die Bundesregierung hat angekündigt, weitere Änderungsanträge bei dem Treffen vom 22. bis 25. Juli in Paris einzubringen. Wir möchten gerne wissen, welche Änderungsanträge die Regierung bisher gestellt hat und welche nun gestellt werden sollen. Wir hoffen, daß die Haltung der Bundesregierung bei den jetzigen Verhandlungen ihre Haltung bei der Ausgestaltung des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin des Europarats widerspie- gelt. Denn hierbei konnten wir ein hohes Maß an Übereinstimmung feststellen. Worin wir jedoch nicht übereinstimmen, sind die Verfahrensweisen. Diese Abkommen werden an der Öffentlichkeit und am Deutschen Bundestag vorbei verhandelt. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Deutsche Bundestag hat sich mit den Inhalten dieser Deklaration bislang nicht befaßt, obwohl die Arbeiten in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen. Diese Handhabung folgt dem alten Muster, das wir schon von den Arbeiten zur sogenannten Bioethik-Deklaration des Europarats kennen. Es findet kein breiter gesellschaftlicher Diskurs statt - das Parlament wird nicht einbezogen -, obwohl internationale Vereinbarungen zur Debatte stehen, die von großer Bedeutung für die Zukunft sind und Themen betreffen, die grundsätzliche ethische Bewertungen beinhalten. Die Öffentlichkeit und auch das Parlament werden durch die Presse informiert, ohne eine wirkliche Chance zu bekommen, ihre Kritik und ihre Anregungen zu Gehör zu bringen. Ein solches Verfahren ist intransparent und nicht dazu angetan, das Vertrauen der Menschen in die Politik zu stärken. Es ist unsere Aufgabe, Festlegungen, die die unveräußerlichen Rechte des einzelnen berühren, durch einen Diskussionsprozeß zu begleiten und möglichst vielen Stimmen Gehör und Einfluß zu verschaffen. Aus diesem Grund stellen wir heute diesen Antrag. Der Deutsche Bundestag, die demokratisch gewählte Volksvertretung, muß die Möglichkeit zu einer Stellungnahme haben. Vorausgehen muß eine umfassende Information durch die Bundesregierung und die Mitglieder der Kommission. Dies ist eine Möglichkeit, die Deklaration auf breiterer Ebene zu diskutieren. Die von der Öffentlichkeit geübte Kritik am Deklarationsentwurf muß sehr ernst genommen werden. Wir müssen uns mit diesen Argumenten auseinandersetzen. Die multinationalen Bestrebungen zu einer gemeinsamen Vereinbarung scheinen von einem entscheidenden Fehler geprägt zu sein: Sie nehmen die Freiheit der Forschung als Ausgangspunkt und ringen dann müheselig um die Eingrenzung dieser Forschungsfreiheit durch die Präzisierung der Rechte des einzelnen. Beispielsweise sind Grenzen, wie sie in unserem Embryonenschutzgesetz bestehen, nicht vorgesehen. Wie kann es dann jemanden wundern, wenn sich Menschen zu Versuchspersonen herabgewürdigt sehen, wenn sie den Eindruck haben, daß nicht eigentlich die Menschenrechte durch solche Deklarationen und Konventionen geschützt werden sollen, sondern lediglich die Forschungsfreiheit einen möglichst großen Handlungsrahmen bekommen soll. Die Forschung und ihre Ergebnisse sollen dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Formulierungen wie die, das menschliche Genom sei das gemeinsame Erbe der Menschheit, lassen die Frage entstehen, ob das gemeinsame Erbe das Recht auf eine gemeinsame Nutzung einschließt. Kann denn ein Gedanke wie der, die Ressourcen der Natur seien ein gemeinsames Gut, das durch alle gemeinsam genutzt werden kann, einfach auf das menschliche Genom übertragen werden? Macht dies den einzelnen nicht zum Verpflichteten, indem die moralische Verpflichtung nahegelegt wird, die Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit zu dulden, wenn es denn für die Menschheit insgesamt einen Vorteil verspricht? Ich denke, dies sind Fragen unter vielen, die wir diskutieren müssen. Ein solch utilitaristischer Gedanke wird deutlich in der Formulierung, daß bei einwilligungsunfähigen Personen die Zustimmung durch Dritte ersetzt werden kann, wenn die Interessen des Betroffenen als Individuum oder als Mitglied einer bestimmten Gruppe berührt sind. Dahinter steckt der Gedanke, der auch in der Bioethik-Deklaration des Europarats steckt, nämlich die fremdnützige Forschung an einwilligungsunfähigen Personen möglich zu machen. In einer Zeit, wo der Fortschritt in den Naturwissenschaften und der Medizin in völlig neue Dimensionen eintritt, Huxleys „Schöne neue Welt" technisch schon machbar ist und die Diskussion nun um die ethischen Grenzen des Machbaren geht, dürfen staatliche Vereinbarungen nur im gesellschaftlichen Diskurs getroffen werden. Die Politik muß sich darüber klar sein, daß ihre durch Wahlen verliehene Handlungskompetenz hier die Grenze dessen erreicht hat, was in normaler Entscheidungsfindung und Umsetzung geregelt werden kann. Denn es geht nicht um die Lösung von Problemen in einem gesellschaftlich schon definierten und akzeptierten Rahmen, sondern darum, die Grenze dessen zu finden, was ethisch und gesellschaftlich gewollt ist, und diese gegebenenfalls neu zu definieren. Es geht um die Frage: Darf der Mensch alles, was möglich ist, auch realisieren? Was ist mit einem Verbot der Keimbahntherapie, des Klonens von Menschen und der Patentierungsfähigkeit des menschlichen Genoms? Was ist mit dem Verbot der Experimente mit Embryonen für Forschungszwecke? Eine mögliche Freigabe öffnet erst den Weg zum Klonen. Wir müssen nicht erst über das Ende der Kette, sondern über den Beginn und die Ziele reden, die damit verbunden sind. Heute haben wir in Deutschland noch einen gemeinsamen politischen Konsens hinsichtlich der Keimbahntherapie und des Klonens. Wir wollen diese Verbote, festgeschrieben im Embryonenschutzgesetz, festigen und nicht aufweichen. Damit wir überhaupt die Chance dazu haben, müssen wir uns wo nur irgend möglich in internationalen Gremien dafür einsetzen, daß so viele andere Nationen wie möglich sich dieser Haltung anschließen. Gelingt es uns nicht, so werden alle unsere Bemühungen und unsere bestehenden Gesetze den drohenden Dammbruch kaum mehr verhindern können. Als weiteres Beispiel möchte ich die Patentierungsfrage aufgreifen. Auch sie ist bei uns viel kontroverser; man sehe sich die Auseinandersetzungen um die Patentierungsrichtlinie der EU an. Wir würden gerne wissen, welche Haltung die Bundesregierung hierzu einnimmt. Für die SPD kann ich klar sagen, daß für uns die Isolierung und Definition eines Gens ledig- lich eine Entdeckung und keine Erfindung und damit auch nicht patentierungsfähig ist. Diese Beispiele verdeutlichen, daß die Diskussion um den Konventionstext dringend erforderlich ist. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Haltung darzustellen und die Voten der zuständigen Ausschüsse bei den weiteren Verhandlungen zu berücksichtigen. Manna Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sogenannte Bioethik ist gesellschaftlich ein außerordentlich sensibles Thema, wie uns die Debatten um die nun in „Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin" umgetaufte Bioethik-Konvention des Europarates gezeigt haben. Es kann aber keine Bioethik und kein Völkerrecht erster und zweiter Klasse geben. Wenn ein Abkommen der „Rede" im Bundestag wert ist, dann muß das auch für jedes weitere völkerrechtliche Abkommen gelten. Bei genauer Betrachtung der UNESCO-Bioethik-Deklaration wird diese Frage sogar zu einer Frage der Glaubwürdigkeit. Schon die Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarats ist weiterhin in diesem Hause umstritten und genügt schon gar nicht den bündnisgrünen Kriterien zum Schutz der Menschen vor Gen-und Reproduktionstechnologien. Betrachtet und bewertet man aber den vorliegenden Entwurf für die Bioethik-Deklaration der UNESCO, so wird selbst das Schutzniveau der Europaratskonvention noch unterschritten und damit relativiert. Die UNESCO-Bioethik-Deklaration, die keinen völkerrechtlich verbindlichen Status haben wird, ist nur als „unsägliches" Papier zu bezeichnen. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Deklaration nicht weiter zu unterstützen und auf eine Generalrevision des Textes zu drängen. Deshalb setzen wir uns mit diesem gemeinsamen Antrag mit der SPD dafür ein, daß in diesem Hause eine intensive Beratung erfolgt und der Bundesregierung Empfehlungen an die Hand gegeben werden. Die UNESCO wollte im Analogieschluß zu Meeresboden, Mond, bestimmten Naturressourcen und Kulturgütern dem menschlichen Genom mit der Verleihung des Etiketts „Erbe der Menschheit" den höchsten Schutz verleihen. Mit dem gleichzeitigen Schutz der Menschenrechte kommt es aber in der Erklärung zu einem systematischen Widerspruch: zwischen Individualrechten und der Schutzwürdigkeit populationsgenetischer Strukturen, zwischen einem höheren Ganzen und dem einzelnen. Das Nebeneinander dieser beiden Schutzgüter in einem Abwägungsgleichgewicht macht den Deklarationsentwurf politisch unbrauchbar. In Deutschland weckt diese Konstruktion geradezu zwangsläufig Erinnerungen an das Erbgesundheitsgesetz der Nationalsozialisten, in dem die Volksgesundheit über dem einzelnen Menschen stand. Eugenik ist in diesem Deklarationsentwurf weiterhin als Option nicht ausgeschlossen. Workshops der UNESCO mit handverlesenen Teilnehmerinnen sind nicht ausreichend in bezug auf die gesellschaftliche Bedeutung dieses Themas. Mandat und Legitimation der UNESCO zum Abfassen einer derartigen Deklaration sind bis heute unklar. Bei der Erarbeitung nur mit Wissenschaftlern im kleinen Kreise des Internationalen Bioethik-Komitees (IBC) ohne ausreichende Partizipation von Mitgliedstaaten und Nichtregierungsorganisationen besteht ein eklatantes Demokratiedefizit. Eine Beratung dieses Konventionsentwurfs im Deutschen Bundestag ist deshalb geradezu eine moralische Pflicht. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (F.D.P.): Das Thema Bioethik selbst, der Schutz des menschlichen Genoms, ist viel zu umfassend, viel zu wichtig, verlangt tiefergehende Befassung, als daß es in Fünfminutenbeiträgen auch nur annähernd seriös, der grundsätzlichen Bedeutung angemessen diskutiert werden könnte. Wir haben uns im Deutschen Bundestag schon seit Jahren mit der Gentechnik, den Fragen der Genomanalyse, der Gentherapie befaßt, und mit dem Embryonenschutzgesetz international vorbildlich einen Markstein gesetzt. Der Bundestag befaßt sich mit den wissenschaftlichen, den sozialen, vor allem aber auch mit den ethischen Kategorien der Reproduktionstechniken und dem ganzen Problemfeld des Klonens. Wir sind uns bewußt, daß diese ganze Thematik nicht allein im nationalen Rahmen geregelt werden kann; daß über die Bioethik-Konvention des Europarats hinaus international verbindliche Regelungen zwingend erforderlich sind, wie sie in dem Bioethics Committee der UNESCO in einer Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms und zu den Menschenrechten formuliert werden sollen. Ich bin der Meinung, es ist unbestritten, daß wir bei der Befassung mit der Thematik den jeweils aktuellen Stand der Beratungen auf den Ebenen Europa und VN mit einbeziehen müssen und natürlich damit verlangen müssen, unsere Meinungen, Auffassungen, auch Vorschläge zu den europäischen und internationalen Konventionen bzw. Deklarationen einbringen zu können. Ich erkläre deshalb, daß ich den vorliegenden Antrag unterstütze. Wolfgang Bierstedt (PDS): Der vorliegende Entwurf der UNESCO-Deklaration „Zum Schutz des menschlichen Genoms" ist ein erneuter Beleg für den zu befürchtenden Siegeszug einer biomedizinischen Ethik, die allein einen Rahmen abgibt für die rechtliche Absicherung, ethische Legitimierung und programmatische Vorbereitung eines zweifelhaften biowissenschaftlichen Fortschritts, in diesem Fall der Humangenetik und Reproduktionsbiologie. Ein internationales Bioethik-Komitee hat diese Deklaration erarbeitet, dessen Legitimation mehr als fragwürdig und dessen Zusammensetzung bei genauerem Hinsehen völlig unakzeptabel ist. Unter den Mitgliedern sind so einige Kandidatinnen und Kandidaten, die schon aus bioethischen Diskussionen unrühmlich bekannt sind, erinnert sei auch an das ursprüngliche deutsche Mitglied Hans-Martin Sass, der schon lange für Keimbahnmanipulation und Präimplantationsdiagnostik eintritt. Die Art und Weise, wie diese Deklaration entstanden ist, nämlich ohne größere öffentlich wahrnehmbare Diskussion, entspricht nicht den Anforderungen an einen Text, der weltweit ethische Grundprinzipien festhalten oder aufstellen will. Ich finde es bezeichnend, daß genau die Bioethikerinnen und Bioethiker, die immer wieder von Wertepluralismus und den Grundprinzipien sprechen, auf die sich die gesamte Gesellschaft verständigen soll, möglichst allein hinter geschlossenen Türen und über die für andere verbindlichen ethischen Prinzipien sprechen. Es ist doch grotesk, daß dieses Bioethik-Komitee in Artikel 13 der Deklaration die Einrichtung von unabhängigen, interdisziplinären und pluralistischen Ethikkomitees verlangt, Anforderungen, die es selbst nicht im mindesten erfüllt. Ich sehe diesen Entwurf der Deklaration insbesondere als Versuch an, dem Programm zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms, den HUGO-Projekten, ein ethisches Mäntelchen zu geben und gleichzeitig sich die weltweite Zustimmung für eine ungehinderte industrielle Nutzung der Gene zu sichern. Wie anders soll sie interpretiert weden, wenn Klonierung und Keimbahnintervention nicht untersagt sein sollen, wie anders soll interpretiert werden, daß zur Patentierung von Genen nichts gesagt wird, in den Antworten zum Fragebogen des ersten Dossiers es sogar heißt, die UNESCO hätte nicht das Mandat, diese Frage zu klären. Andererseits die UNESCO sich das Mandat herausnimmt, den „informed consent", die informierte Zustimmung zu Forschung, Therapie und Diagnose, die das Genom des einzelnen betreffen, durch das Prinzip der „person's best interest"-Entscheidung durch Vertreter der Betroffenen auszuhöhlen. Ich frage mich, wer hat ihr dafür das Mandat erteilt? Der vorliegende Entwurf ist nicht nur in zahllosen Einzelpassagen völlig untragbar, er ist auch geprägt von einer fanatisch zu nennenden Fortschrittserwartung durch die Erforschung und technischen Nutzbarmachung der menschlichen Genome, der nicht nur jede vernünftige Grundlage fehlt, sondern die auch in einer Deklaration über ethische Grundsätze der Forschung und Eingriffe an Genomen überhaupt nichts verloren hat. Ich befürchte, daß dieser Entwurf der Deklaration nicht verbesserungsfähig ist, in der vorliegenden Form kann er nur eine deutliche Ablehnung erfahren. Ungeachtet dessen hätte ein Projekt, das weltweit wirklich tragfähige ethische Grundsätze für Humangenetik, Reproduktionsbiologie und auch deren industrielle Verwendung entwickeln will, unsere volle Zustimmung. Aus unserer Sicht würden zu diesen Grundsätzen zumindest das Verbot der Klonierung und Keimbahnintervention, das Verbot der Patentierung von Genen und das Festhalten am Grundsatz der freiwilligen individuellen Zustimmung zu jeglichen diagnostischen, therapeutischen und forschenden Eingriffen gehören. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister der Justiz: Der Entwurf enthält neben einem allgemeinen Abschnitt zum menschlichen Genom vor allem Bestimmungen über die Genomforschung, über die Rechte der Betroffenen und über die Bedingungen für die Ausübung der Forschungstätigkeit. Angesichts der stetigen Fortschritte in der biologischen und medizinischen Forschung ist das Anliegen der UNESCO grundsätzlich zu begrüßen. Denn die humangenetische Forschung und deren Anwendung dürfen unter keinen Umständen mit der Menschenwürde und den Menschenrechten in einen unvereinbaren Gegensatz geraten. Hierfür ist es aber unerläßlich, der Achtung der Menschenwürde gegenüber allen anderen Erwägungen den Vorrang einzuräumen. Leider besteht insoweit noch bei etlichen Punkten des Entwurfs ein erheblicher Diskussions- und Nachbesserungsbedarf. Die Bundesregierung hat das in ihrer Stellungnahme an die UNESCO auch klar zum Ausdruck gebracht: So muß das zentrale Anliegen der Deklaration - die Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte beim Umgang mit dem menschlichen Genom - noch deutlicher herausgestellt werden, als es bisher der Fall ist. Außerdem fehlen wichtige Regelungskomplexe, beispielsweise Bestimmungen über ein Verbot von gezielten Eingriffen in die menschliche Keimbahn und zur Ächtung des Klonens von Menschen bisher völlig. Gleiches gilt auch für Regelungen zur Begrenzung der Embryonenforschung. Gerade in diesen Bereichen sind aber Regelungen aus Sicht der Bundesregierung unbedingt erforderlich, um Fehlentwicklungen vorzubeugen. Darüber hinaus haben wir - und ich kann das nur noch einmal nachdrücklich unterstreichen - klare Rahmenbedingungen für die Genomforschung gefordert, die bisher nur in Ansätzen vorhanden sind. Ob sich unsere weitreichenden Änderungsvorschläge durchsetzen lassen, wird sich erst im Sommer bei der Regierungskonferenz erweisen. Von deren Verlauf wird die künftige Haltung der Bundesregierung zur Deklaration entscheidend abhängen. Selbstverständlich werden wir den Deutschen Bundestag über diesen weiteren Verlauf der Verhandlungen in geeigneter Weise unterrichten. Eines aber kann ich Ihnen heute schon versichern: In einer Zeit, in der täglich neue biomedizinische Entdeckungen gemacht werden und in der das geklonte Schaf „Dolly" Zukunftsängste auslöst, wird die Bundesregierung das internationale Forum der UNESCO nutzen, um sich für ihre fundamentalen werthaften Grundsätze und Grenzen im Umgang mit dem menschlichen Genom einzusetzen! Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 712. Sitzung am 16. Mai 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Erstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes - Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen - Justizmitteilungsgesetz und Gesetz zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze (JuMiG) - Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (4. FStrÄndG) - Zweites Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Seeschiffahrt - Gesetz zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz, LuftNaSiG) - Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz - AFuG 1997) - Gesetz zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energieeinsparung bei Haushaltsgeräten (Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz - EnVKG) - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik, der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und dem Schweizerischen Bundesrat, handelnd im Namen der Kantone Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Jura, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen - Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 20. November 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 5. Juni 1997 ihren Antrag „UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten" - Drucksache 13/7675 - zurückgezogen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Mai 1997 ihren Antrag „Aussetzung des Rückübernahmeabkommens mit Algerien" - Drucksache 13/7707 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehender Vorlage absieht: - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Tagung der Versammlung vom 2. bis 5. Dezember 1996 in Paris - Drucksachen 13/6945, 13/7209 Nr. 1.2 - Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mit Schreiben vom 23. April 1997 einen Zweiten Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen übersandt. Der Bericht ist als Ausschußdrucksache 542 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit verteilt. (Zu weiteren Möglichkeiten des Zugangs vgl. Hinweis in Drucksache 13/ 7865.) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuß Drucksache 13/7216 Nr. 2.4 Drucksache 13/7306 Nr. 2.5 Sportausschuß Drucksache 13/4921 Nr. 3.1 Drucksache 13/4921 Nr. 3.2 Drucksache 13/4921 Nr. 3.3 Drucksache 13/4921 Nr. 3.4 Finanzausschuß Drucksache 13/7541 Nr. 2.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7117 Nr. 2.7 Drucksache 13/7117 Nr. 2.15 Drucksache 13/7216 Nr. 2.21 Drucksache 13/7456 Nr. 1.3 Drucksache 13/7456 Nr. 2.8 Drucksache 13/7456 Nr. 2.12 Drucksache 13/7456 Nr. 2.16 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/6129 Nr. 1.29 Drucksache 13/6129 Nr. 1.33 Drucksache 13/6861 Nr. 1.5 Drucksache 13/6861 Nr. 2.18 Drucksache 13/7017 Nr. 2.25 Drucksache 13/7456 Nr. 2.3 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/6129 Nr. 1.32 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/7017 Nr. 2.20 Drucksache 13/7117 Nr. 2.11 Drucksache 13/7117 Nr. 2.19 Drucksache 13/7306 Nr. 2.15 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/6861 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/7306 Nr. 2.24 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/7456 Nr. 2.13 Drucksache 13/7216 Nr. 1.3 Drucksache 13/7216 Nr. 1.5
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In die Elogen, die die Herren Krüger und Türk hier auf den Aufbau Ost und auf die erfolgreiche Politik der Bundesregierung in diesem Zusammenhang gesungen haben, kann ich leider überhaupt nicht einstimmen.

    (Dr. Klaus Röhl [F.D.P.]: Das ist mir klar! Das haben wir auch gar nicht erwartet!)

    Denn die Menschen in den neuen Bundesländern messen doch den Erfolg der wirtschaftlichen Förderung nicht daran, wie viele Bürohochhäuser nun hochgezogen worden sind.

    (Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS] Joachim Hörster [CDU/CSU]: Sie müssen gerade über Wirtschaft reden!)

    Es gibt wahrlich genügend, aber sie stehen zu einem großen Teil leer. Den Erfolg von wirtschaftlichen Fördermaßnahmen kann man auch nicht daran messen, wie hoch nun die Zahl von Ein-Mann- oder ZweiMann-Betrieben ist - es sind Hunderttausende -, wobei ich sagen muß, daß ich eine Riesenachtung vor den Menschen habe, die solche Existenzen gegründet haben. Leider sind diese Existenzen überhaupt nicht stabil.
    Die Hauptmaßstäbe für den Erfolg wirtschaftlicher Förderung müßten doch sein: Wie wird das Hauptübel im Osten - das ist es im übrigen ja auch im Westen -, nämlich die Massenarbeitslosigkeit, bekämpft? Da haben wir bisher keine Erfolge durch wirtschaftliche Förderung zu verzeichnen. Ein weiterer Maßstab ist: Wann wird die Ausbildungsplatzsituation für junge Leute endlich stabilisiert? In dieser Beziehung gibt es ein Riesenchaos; es gibt keine Fortschritte. Ein dritter Maßstab: Wird Vermögensbildung in der Hand ostdeutscher Bürgerinnen und Bürger gefördert, zum Beispiel auch über wirtschaftliche Fördermaßnahmen? In dieser Beziehung gibt es keine durchschlagenden Erfolge. Nein, meine Damen und Herren, Sie werden Ihre Politik in der Öffentlichkeit nicht als Erfolg verkaufen können, jedenfalls nicht in den neuen Bundesländern.
    Drei Dinge des vorgelegten Gesetzentwurfs halte ich in der Tendenz - wenn auch nicht im Maß - für richtig: die Konzentration der Wirtschaftsförderung auf das verarbeitende Gewerbe und auf produktionsnahe Dienstleistungen, auch eine Umlenkung von Sonderabschreibungen bis hin zu Investitionszulagen. Ich betone auch - wie das Ministerpräsident Stolpe schon getan hat -: Ein Ersatz des einen Instruments durch das andere wäre verfehlt.

    (Jürgen Türk [F.D.P.]: Das sehen die Wirtschaftsinstitute aber anders!)

    Ich meine auch, daß es in der Tendenz richtig ist, einen mehrjährigen Förderhorizont anzustreben. Aber, Herr Krüger, ich denke, Sie sollten einem vier- bis sechsjährigen Förderhorizont nicht so ohne weiteres zustimmen. Denn so würde das wieder nur Flickwerk. Die Mindestförderungsdauer, die wir im Osten

    Dr. Christa Luft
    brauchen, darf sicherlich nicht unter zehn Jahren liegen.

    (Clemens Schwalbe [CDU/CSU]: Hätten Sie diese Erkenntnis schon 1980 gehabt, wäre es besser gewesen!)

    Ich unterstütze ausdrücklich den Akzent, der im Antrag der Bündnisgrünen gesetzt worden ist.
    Unverständlich bleibt für mich auch, weshalb Sie mit einer Umlenkung von Sonderabschreibungen zu Investitionszulagen - wenn sie denn aus Ihrer Sicht so wichtig sind - bis zum Jahr 1999 warten. Sie können doch nicht immer sagen: Es gibt gültige Förderrahmen; wir können nicht in Gesetze eingreifen. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, daß Sie, als es darum ging, kurzfristig das Sozialhilfegesetz oder das Renteneintrittsalter zu ändern, sehr wohl in Gesetze eingegriffen haben. Da hat es Ihnen nichts ausgemacht. Weshalb denn hier plötzlich diese Skrupel?

    (Dr.-Ing. Paul Krüger [CDU/CSU]: Es gibt Zulagen seit vielen Jahren!)

    Ich glaube, wenn etwas richtig ist, dann sollte man es auch sofort tun.

    (Beifall bei der PDS)

    Nun aber zu meinen grundsätzlichen Kritikpunkten. Wiederum, Herr Rexrodt, bleibt für Sie Wirtschaftsförderung Ersatz für Politik. Sie schreiben ihre im Osten längst gescheiterte neoliberale Denkweise einfach fort. Die Überschrift des Gesetzes lautet ja: „Gesetz zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern". Das suggeriert jedenfalls, daß Sie bei Ihrer alten Denkweise bleiben wollen.
    Es lassen sich jedoch die in den neuen Ländern durch Treuhandpraxis und wilde Konkurrenz entstandenen Fehlentwicklungen nicht allein mit Fördermitteln reparieren. Wie soll denn mit einem fast bis auf die Grasnarbe geschrumpften Forschungs- und Entwicklungspotential eine international wettbewerbsfähige Wirtschaft entstehen? Auch Herr Krüger moniert, daß die Innovationsförderung zu kurz kommt, aber ich fürchte, er wird dem Gesetzentwurf zustimmen.
    Wie soll denn in den neuen Ländern mit einem zweiprozentigen Anteil am gesamtdeutschen Export dort je der Motor anspringen, der in den alten Ländern für den einzigen Antrieb sorgt, nachdem die Binnennachfrage stagniert und teilweise sogar sinkt? Einen selbsttragenden Aufschwung werden Sie auf diese Weise nicht initiieren.
    Nun zum Fördervolumen: Ich erwarte von der Bundesregierung und von diesem Parlament, daß beide energisch dagegenhalten, wenn aus bestimmten Ecken immer wieder eine Stimmung hochgekocht wird, der Osten würde nur kosten, und die Förderung gehöre schnell zurückgeführt.
    Damit die Relationen einmal ins rechte Licht gerückt werden, möchte ich vor dem Hohen Hause einige Vergleiche anstellen: Sollte es bei den jetzt für das Jahr 1999 geplanten 5,7 Milliarden DM Fördermitteln, was ohnehin ein bescheidenes Volumen ist, bleiben - dabei ist im übrigen West-Berlin einbezogen, was ich auch für richtig halte -, dann wäre der äquivalente Steuerausfall für die öffentliche Hand geringer als das, was die Bundeswehr in jedem Jahr allein für Investitionen und Baumaßnahmen ausgibt. Im vergangenen Jahr waren das 5,9 Milliarden DM.
    Oder: 5,7 Milliarden DM für den Osten sind nicht viel mehr als das, was die Bundeswehr jährlich allein für Beschaffungen von Schiffen und Flugzeugen auf den Tisch legt.

    (Clemens Schwalbe [CDU/CSU]: Auch die Bundeswehr ist ein Auftraggeber im Osten! Ein großer Auftraggeber!)

    Meine Damen und Herren, gemessen an solchen Objekten, sind die Gelder, die der Bund für die Wirtschaft im Osten Deutschlands vorsieht, nichts als Peanuts.
    Ein dritter Akzent: Ich kann einen direkten und engen Zusammenhang zwischen dem Gesetz zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung im Osten, das uns heute vorgelegt wird, und der vom Kanzler medienwirksam verkündeten neuen Initiative für ein Bündnis Ost leider nicht erkennen. Es scheint Ihnen von der Regierung und vielleicht auch einer ganzen Reihe von Koalitionsabgeordneten immer noch nicht gegenwärtig zu sein, wie die Unternehmenslandschaft und das sie prägende Umfeld in den neuen Bundesländern tatsächlich aussieht.
    Es gibt in den neuen Bundesländern - das ist wahr - Hunderttausende -550 000 wurden hier genannt - neue Unternehmen. Das sind in der Regel kleine und Kleinstunternehmen. Wir haben in den neuen Bundesländern noch 150 Unternehmen, die bis zu 1000 Beschäftigte haben, und wir haben 50 Unternehmen, die mehr als 1000 Menschen beschäftigen. Wie da ein stabiles, tragfähiges und zukunftssicheres Umfeld für kleine und mittlere Unternehmen entstehen soll, bleibt mir verborgen.
    Wir haben in den neuen Bundesländern Kommunen, die nicht zahlungsfähig sind. Sie wissen genau, wo die Ursachen dafür liegen. Auch das ist kein tragfähiges Hinterland für kleine und mittlere Unternehmen.
    Das, Herr Rexrodt, wären doch Probleme, die politisch angesprochen und praktisch geklärt werden müssen, bevor man zu neuen Förderkonzepten greift oder alte einfach fortschreibt. Wir brauchen neue Ansätze in der Förderpolitik, die vor allen Dingen das Hauptübel in den neuen Ländern, die Massenarbeitslosigkeit, ins Visier nehmen.
    Wir brauchen nicht weitere mehrstellige Fördermillionen, die einfach je nach Lobby ersatzlos an Unternehmen vergeben werden, sondern wir brauchen zum Beispiel die Möglichkeit, daß Fördermittel in Form wieder ablösbarer staatlicher Beteiligungen an Aktiengesellschaften vergeben werden können.
    Meine Damen und Herren, Fördermittel sind öffentliche Gelder, Steuergelder. Deshalb muß der Steuerzahler auch eine Gegenleistung dafür erhalten. Hohe Förderbeträge müßten an Mindestbeschäftigungseffekte gebunden sein. Es handelt sich doch -

    Dr. Christa Luft
    ich sagte es bereits - um öffentliche Gelder, von denen die Allgemeinheit auch einen Nutzen haben muß.
    Heute ist es vielfach so, daß mit öffentlichen Mitteln vorwiegend Rationalisierungsinvestitionen finanziert werden und die Folgen des damit verbundenen Personalabbaus auch noch den öffentlichen Kassen in Form von Arbeitslosenfinanzierung aufgeladen werden.
    Wir werden noch vor der Sommerpause einen Antrag zur Reformierung der Wirtschaftsförderung einbringen, und wir werden darin den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Förderung und Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit in den Mittelpunkt rücken.
    Auch Förderpolitik kann die Kostennachteile nicht ausgleichen, die ostdeutsche Unternehmen durch überhöhte Energie-,Wasser- und Abwasserkosten haben. Dieser Aspekt ist schon im Gespräch. Geben Sie politische Hilfe beim Aufbrechen von Monopolen, zum Beispiel in der Energieversorgung, und bei der Verbesserung der Marktzugangsbedingungen für umweltfreundliche Energieträger.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluß kommen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Wenn diese Wettbewerbsnachteile abgebaut würden, dann hätten wir ein günstigeres Fundament für die wirtschaftliche Förderung. Dann hätte die wirtschaftliche Förderung eine ganz andere Ausgangssituation und auch neue Erfolgschancen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der PDS)