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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/179 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 16101 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern (Drucksache 13/7792) 16101 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufbau Ost braucht langen Atem (Drucksache 13/7789) 16101 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 16101 C Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident (Brandenburg) 16103 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16104 C Jürgen Türk F.D.P 16106 B Dr. Christa Luft PDS 16107 C, 16114 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 16109 B Ernst Schwanhold SPD . . . . 16111 A, 16115 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU . 16112 D, 16116 A Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 16115 D Wolfgang Ilte SPD 16116 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . . . 16117 B Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 16119 B Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 16121 C Wolfgang Ilte SPD 16122 A Tagesordnungspunkt 11: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Agrarbericht 1997 - Agrar- und ernährungspolitischer Bericht der Bundesregierung (Drucksachen 13/ 6868 und 13/6869 [Materialband]) . . 16123 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregireung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Drucksachen 13/6618, 13/7429) . 16123 C c) Große Anfrage der Abgeordneten Matthias Weisheit, Horst Sielaff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Forschung und Forschungsförderung des Bundes im Bereich Ernährung, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Holzwirtschaft sowie der Entwicklung ländlicher Räume (Drucksachen 13/2503, 13/3337) . . . 16123 D d) Antrag der Abgeordneten Horst Sielaff, Adelheid Tröscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zusammenarbeit in der internationalen Agrarforschung verbessern (Drucksache 13/7678) 16123 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias Weisheit, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rahmenkonzept für die Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2906, 13/4997) . . . 16124 A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Bahr, Ilse Janz, Christel Deichmann sowie weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD: Künftige Ressortforschung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/4452, 13/5944) 16124 A g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Fortsetzung der Garantiemengenregelung Milch und Stärkung der Position der milcherzeugenden Betriebe - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Anke Fuchs (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Produzierende Milcherzeuger stärken (Drucksachen 13/7180, 13/4905, 13/ 5751, 13/7742) 16124 A Jochen Borchert, Bundesminister BML 16124 C Horst Sielaff SPD 16127 C Günther Bredehorn F.D.P. . . 16128 C, 16140A Egon Susset CDU/CSU 16130 A Horst Sielaff SPD 16130 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16133 A Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 16134 C, 16138 B Günther Bredehorn F.D.P. 16135 A Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16135 B Dr. Günther Maleuda PDS 16137 A Albert Deß CDU/CSU 16139 A Reinhold Hemker SPD 16141 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16143 A Ulrich Heinrich F D P. 16144 A Jella Teuchner SPD 16145 C Ulrich Junghanns CDU/CSU 16147 AZusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 13/7848) . . 16149 C Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof (Drucksache 13/7849) 16149 C Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Gudrun Schaich-Walch, Wolf-Michael Catenhusen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Marina Steindor und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten (Drucksache 13/7801) 16149 D Nächste Sitzung 16150 C Berichtigung 16150 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16151* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch SPD 16151* D Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 16153* A Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . . 16153* C Wolfgang Bierstedt PDS 16153* D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 16154* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 16155* A 179. Sitzung Bonn, Freitag, den 6. Juni 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 178. Sitzung, Seite 15 995 A, 4. Zeile von oben: Statt „unverstärkt" ist „und verstärkt" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 6. 6. 97 Berger, Hans SPD 6. 6. 97 Blunck, Lilo SPD 6. 6. 97 Böttcher, Maritta PDS 6. 6. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 6. 6. 97 Dreßler, Rudolf SPD 6. 6. 97 Formanski, Norbert SPD 6. 6. 97 Fuchs (Köln), Anke SPD 6. 6. 97 Gansel, Norbert SPD 6. 6. 97 Göllner, Uwe SPD 6. 6. 97 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 6. 6. 97 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 6. 97 Jung (Limburg), CDU/CSU 6. 6. 97 Michael Köhne, Rolf PDS 6. 6. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 6. 6. 97 Otto Dr. Leonhard, Elke SPD 6. 6. 97 Limbach, Editha CDU/CSU 6. 6. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 6. 6. 97 * Erich Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 6. 6. 97 Dr. Pfaff, Martin SPD 6. 6. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 6. 6. 97 ** Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 6. 97 Hermann Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 6. 6. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Scharping, Rudolf SPD 6. 6. 97 Schloten, Dieter SPD 6. 6. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg) SPD 6. 6. 97 Dietmar Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 6. 6. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 6. 6. 97 * Verheugen, Günter SPD 6. 6. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 6. 6. 97 Karsten D. Dr. Vollmer, Antje BÜNDNIS 6. 6. 97 90/DIE GRÜNEN Wallow, Hans SPD 6. 6. 97 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 6. 6. 97 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 6. 6. 97 Margareta 90/DIE GRÜNEN Zierer, Benno CDU/CSU 5. 6. 97 Zwerenz, Gerhard PDS 5. 6. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * Für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten) Gudrun Schaich-Walch (SPD): 1993 faßte die Generalkonfrenz der UNESCO den Beschluß, ein internationales Rechtsinstrument zum Schutz des menschlichen Genoms zu erarbeiten. Seither hat das dazu eingesetzte Bioethik-Komitee der UNESCO unter Vorsitz von Frau Lenoir in mehreren Etappen Entwurfstexte zu einer Deklaration zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten erarbeitet. Der aktuelle Entwurf stammt vom Dezember 1996. Ende dieses Monats soll eine Regierungsexpertentagung zur abschließenden Bearbeitung des Entwurfs zusammentreffen mit dem Ziel, die Deklaration Ende des Jahres der UNESCO-Generalkonferenz zur Beschlußfassung vorlegen zu können. Die Bundesregierung hat angekündigt, weitere Änderungsanträge bei dem Treffen vom 22. bis 25. Juli in Paris einzubringen. Wir möchten gerne wissen, welche Änderungsanträge die Regierung bisher gestellt hat und welche nun gestellt werden sollen. Wir hoffen, daß die Haltung der Bundesregierung bei den jetzigen Verhandlungen ihre Haltung bei der Ausgestaltung des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin des Europarats widerspie- gelt. Denn hierbei konnten wir ein hohes Maß an Übereinstimmung feststellen. Worin wir jedoch nicht übereinstimmen, sind die Verfahrensweisen. Diese Abkommen werden an der Öffentlichkeit und am Deutschen Bundestag vorbei verhandelt. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Deutsche Bundestag hat sich mit den Inhalten dieser Deklaration bislang nicht befaßt, obwohl die Arbeiten in diesem Jahr abgeschlossen werden sollen. Diese Handhabung folgt dem alten Muster, das wir schon von den Arbeiten zur sogenannten Bioethik-Deklaration des Europarats kennen. Es findet kein breiter gesellschaftlicher Diskurs statt - das Parlament wird nicht einbezogen -, obwohl internationale Vereinbarungen zur Debatte stehen, die von großer Bedeutung für die Zukunft sind und Themen betreffen, die grundsätzliche ethische Bewertungen beinhalten. Die Öffentlichkeit und auch das Parlament werden durch die Presse informiert, ohne eine wirkliche Chance zu bekommen, ihre Kritik und ihre Anregungen zu Gehör zu bringen. Ein solches Verfahren ist intransparent und nicht dazu angetan, das Vertrauen der Menschen in die Politik zu stärken. Es ist unsere Aufgabe, Festlegungen, die die unveräußerlichen Rechte des einzelnen berühren, durch einen Diskussionsprozeß zu begleiten und möglichst vielen Stimmen Gehör und Einfluß zu verschaffen. Aus diesem Grund stellen wir heute diesen Antrag. Der Deutsche Bundestag, die demokratisch gewählte Volksvertretung, muß die Möglichkeit zu einer Stellungnahme haben. Vorausgehen muß eine umfassende Information durch die Bundesregierung und die Mitglieder der Kommission. Dies ist eine Möglichkeit, die Deklaration auf breiterer Ebene zu diskutieren. Die von der Öffentlichkeit geübte Kritik am Deklarationsentwurf muß sehr ernst genommen werden. Wir müssen uns mit diesen Argumenten auseinandersetzen. Die multinationalen Bestrebungen zu einer gemeinsamen Vereinbarung scheinen von einem entscheidenden Fehler geprägt zu sein: Sie nehmen die Freiheit der Forschung als Ausgangspunkt und ringen dann müheselig um die Eingrenzung dieser Forschungsfreiheit durch die Präzisierung der Rechte des einzelnen. Beispielsweise sind Grenzen, wie sie in unserem Embryonenschutzgesetz bestehen, nicht vorgesehen. Wie kann es dann jemanden wundern, wenn sich Menschen zu Versuchspersonen herabgewürdigt sehen, wenn sie den Eindruck haben, daß nicht eigentlich die Menschenrechte durch solche Deklarationen und Konventionen geschützt werden sollen, sondern lediglich die Forschungsfreiheit einen möglichst großen Handlungsrahmen bekommen soll. Die Forschung und ihre Ergebnisse sollen dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Formulierungen wie die, das menschliche Genom sei das gemeinsame Erbe der Menschheit, lassen die Frage entstehen, ob das gemeinsame Erbe das Recht auf eine gemeinsame Nutzung einschließt. Kann denn ein Gedanke wie der, die Ressourcen der Natur seien ein gemeinsames Gut, das durch alle gemeinsam genutzt werden kann, einfach auf das menschliche Genom übertragen werden? Macht dies den einzelnen nicht zum Verpflichteten, indem die moralische Verpflichtung nahegelegt wird, die Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit zu dulden, wenn es denn für die Menschheit insgesamt einen Vorteil verspricht? Ich denke, dies sind Fragen unter vielen, die wir diskutieren müssen. Ein solch utilitaristischer Gedanke wird deutlich in der Formulierung, daß bei einwilligungsunfähigen Personen die Zustimmung durch Dritte ersetzt werden kann, wenn die Interessen des Betroffenen als Individuum oder als Mitglied einer bestimmten Gruppe berührt sind. Dahinter steckt der Gedanke, der auch in der Bioethik-Deklaration des Europarats steckt, nämlich die fremdnützige Forschung an einwilligungsunfähigen Personen möglich zu machen. In einer Zeit, wo der Fortschritt in den Naturwissenschaften und der Medizin in völlig neue Dimensionen eintritt, Huxleys „Schöne neue Welt" technisch schon machbar ist und die Diskussion nun um die ethischen Grenzen des Machbaren geht, dürfen staatliche Vereinbarungen nur im gesellschaftlichen Diskurs getroffen werden. Die Politik muß sich darüber klar sein, daß ihre durch Wahlen verliehene Handlungskompetenz hier die Grenze dessen erreicht hat, was in normaler Entscheidungsfindung und Umsetzung geregelt werden kann. Denn es geht nicht um die Lösung von Problemen in einem gesellschaftlich schon definierten und akzeptierten Rahmen, sondern darum, die Grenze dessen zu finden, was ethisch und gesellschaftlich gewollt ist, und diese gegebenenfalls neu zu definieren. Es geht um die Frage: Darf der Mensch alles, was möglich ist, auch realisieren? Was ist mit einem Verbot der Keimbahntherapie, des Klonens von Menschen und der Patentierungsfähigkeit des menschlichen Genoms? Was ist mit dem Verbot der Experimente mit Embryonen für Forschungszwecke? Eine mögliche Freigabe öffnet erst den Weg zum Klonen. Wir müssen nicht erst über das Ende der Kette, sondern über den Beginn und die Ziele reden, die damit verbunden sind. Heute haben wir in Deutschland noch einen gemeinsamen politischen Konsens hinsichtlich der Keimbahntherapie und des Klonens. Wir wollen diese Verbote, festgeschrieben im Embryonenschutzgesetz, festigen und nicht aufweichen. Damit wir überhaupt die Chance dazu haben, müssen wir uns wo nur irgend möglich in internationalen Gremien dafür einsetzen, daß so viele andere Nationen wie möglich sich dieser Haltung anschließen. Gelingt es uns nicht, so werden alle unsere Bemühungen und unsere bestehenden Gesetze den drohenden Dammbruch kaum mehr verhindern können. Als weiteres Beispiel möchte ich die Patentierungsfrage aufgreifen. Auch sie ist bei uns viel kontroverser; man sehe sich die Auseinandersetzungen um die Patentierungsrichtlinie der EU an. Wir würden gerne wissen, welche Haltung die Bundesregierung hierzu einnimmt. Für die SPD kann ich klar sagen, daß für uns die Isolierung und Definition eines Gens ledig- lich eine Entdeckung und keine Erfindung und damit auch nicht patentierungsfähig ist. Diese Beispiele verdeutlichen, daß die Diskussion um den Konventionstext dringend erforderlich ist. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Haltung darzustellen und die Voten der zuständigen Ausschüsse bei den weiteren Verhandlungen zu berücksichtigen. Manna Steindor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sogenannte Bioethik ist gesellschaftlich ein außerordentlich sensibles Thema, wie uns die Debatten um die nun in „Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin" umgetaufte Bioethik-Konvention des Europarates gezeigt haben. Es kann aber keine Bioethik und kein Völkerrecht erster und zweiter Klasse geben. Wenn ein Abkommen der „Rede" im Bundestag wert ist, dann muß das auch für jedes weitere völkerrechtliche Abkommen gelten. Bei genauer Betrachtung der UNESCO-Bioethik-Deklaration wird diese Frage sogar zu einer Frage der Glaubwürdigkeit. Schon die Menschenrechtskonvention zur Biomedizin des Europarats ist weiterhin in diesem Hause umstritten und genügt schon gar nicht den bündnisgrünen Kriterien zum Schutz der Menschen vor Gen-und Reproduktionstechnologien. Betrachtet und bewertet man aber den vorliegenden Entwurf für die Bioethik-Deklaration der UNESCO, so wird selbst das Schutzniveau der Europaratskonvention noch unterschritten und damit relativiert. Die UNESCO-Bioethik-Deklaration, die keinen völkerrechtlich verbindlichen Status haben wird, ist nur als „unsägliches" Papier zu bezeichnen. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Deklaration nicht weiter zu unterstützen und auf eine Generalrevision des Textes zu drängen. Deshalb setzen wir uns mit diesem gemeinsamen Antrag mit der SPD dafür ein, daß in diesem Hause eine intensive Beratung erfolgt und der Bundesregierung Empfehlungen an die Hand gegeben werden. Die UNESCO wollte im Analogieschluß zu Meeresboden, Mond, bestimmten Naturressourcen und Kulturgütern dem menschlichen Genom mit der Verleihung des Etiketts „Erbe der Menschheit" den höchsten Schutz verleihen. Mit dem gleichzeitigen Schutz der Menschenrechte kommt es aber in der Erklärung zu einem systematischen Widerspruch: zwischen Individualrechten und der Schutzwürdigkeit populationsgenetischer Strukturen, zwischen einem höheren Ganzen und dem einzelnen. Das Nebeneinander dieser beiden Schutzgüter in einem Abwägungsgleichgewicht macht den Deklarationsentwurf politisch unbrauchbar. In Deutschland weckt diese Konstruktion geradezu zwangsläufig Erinnerungen an das Erbgesundheitsgesetz der Nationalsozialisten, in dem die Volksgesundheit über dem einzelnen Menschen stand. Eugenik ist in diesem Deklarationsentwurf weiterhin als Option nicht ausgeschlossen. Workshops der UNESCO mit handverlesenen Teilnehmerinnen sind nicht ausreichend in bezug auf die gesellschaftliche Bedeutung dieses Themas. Mandat und Legitimation der UNESCO zum Abfassen einer derartigen Deklaration sind bis heute unklar. Bei der Erarbeitung nur mit Wissenschaftlern im kleinen Kreise des Internationalen Bioethik-Komitees (IBC) ohne ausreichende Partizipation von Mitgliedstaaten und Nichtregierungsorganisationen besteht ein eklatantes Demokratiedefizit. Eine Beratung dieses Konventionsentwurfs im Deutschen Bundestag ist deshalb geradezu eine moralische Pflicht. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (F.D.P.): Das Thema Bioethik selbst, der Schutz des menschlichen Genoms, ist viel zu umfassend, viel zu wichtig, verlangt tiefergehende Befassung, als daß es in Fünfminutenbeiträgen auch nur annähernd seriös, der grundsätzlichen Bedeutung angemessen diskutiert werden könnte. Wir haben uns im Deutschen Bundestag schon seit Jahren mit der Gentechnik, den Fragen der Genomanalyse, der Gentherapie befaßt, und mit dem Embryonenschutzgesetz international vorbildlich einen Markstein gesetzt. Der Bundestag befaßt sich mit den wissenschaftlichen, den sozialen, vor allem aber auch mit den ethischen Kategorien der Reproduktionstechniken und dem ganzen Problemfeld des Klonens. Wir sind uns bewußt, daß diese ganze Thematik nicht allein im nationalen Rahmen geregelt werden kann; daß über die Bioethik-Konvention des Europarats hinaus international verbindliche Regelungen zwingend erforderlich sind, wie sie in dem Bioethics Committee der UNESCO in einer Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms und zu den Menschenrechten formuliert werden sollen. Ich bin der Meinung, es ist unbestritten, daß wir bei der Befassung mit der Thematik den jeweils aktuellen Stand der Beratungen auf den Ebenen Europa und VN mit einbeziehen müssen und natürlich damit verlangen müssen, unsere Meinungen, Auffassungen, auch Vorschläge zu den europäischen und internationalen Konventionen bzw. Deklarationen einbringen zu können. Ich erkläre deshalb, daß ich den vorliegenden Antrag unterstütze. Wolfgang Bierstedt (PDS): Der vorliegende Entwurf der UNESCO-Deklaration „Zum Schutz des menschlichen Genoms" ist ein erneuter Beleg für den zu befürchtenden Siegeszug einer biomedizinischen Ethik, die allein einen Rahmen abgibt für die rechtliche Absicherung, ethische Legitimierung und programmatische Vorbereitung eines zweifelhaften biowissenschaftlichen Fortschritts, in diesem Fall der Humangenetik und Reproduktionsbiologie. Ein internationales Bioethik-Komitee hat diese Deklaration erarbeitet, dessen Legitimation mehr als fragwürdig und dessen Zusammensetzung bei genauerem Hinsehen völlig unakzeptabel ist. Unter den Mitgliedern sind so einige Kandidatinnen und Kandidaten, die schon aus bioethischen Diskussionen unrühmlich bekannt sind, erinnert sei auch an das ursprüngliche deutsche Mitglied Hans-Martin Sass, der schon lange für Keimbahnmanipulation und Präimplantationsdiagnostik eintritt. Die Art und Weise, wie diese Deklaration entstanden ist, nämlich ohne größere öffentlich wahrnehmbare Diskussion, entspricht nicht den Anforderungen an einen Text, der weltweit ethische Grundprinzipien festhalten oder aufstellen will. Ich finde es bezeichnend, daß genau die Bioethikerinnen und Bioethiker, die immer wieder von Wertepluralismus und den Grundprinzipien sprechen, auf die sich die gesamte Gesellschaft verständigen soll, möglichst allein hinter geschlossenen Türen und über die für andere verbindlichen ethischen Prinzipien sprechen. Es ist doch grotesk, daß dieses Bioethik-Komitee in Artikel 13 der Deklaration die Einrichtung von unabhängigen, interdisziplinären und pluralistischen Ethikkomitees verlangt, Anforderungen, die es selbst nicht im mindesten erfüllt. Ich sehe diesen Entwurf der Deklaration insbesondere als Versuch an, dem Programm zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms, den HUGO-Projekten, ein ethisches Mäntelchen zu geben und gleichzeitig sich die weltweite Zustimmung für eine ungehinderte industrielle Nutzung der Gene zu sichern. Wie anders soll sie interpretiert weden, wenn Klonierung und Keimbahnintervention nicht untersagt sein sollen, wie anders soll interpretiert werden, daß zur Patentierung von Genen nichts gesagt wird, in den Antworten zum Fragebogen des ersten Dossiers es sogar heißt, die UNESCO hätte nicht das Mandat, diese Frage zu klären. Andererseits die UNESCO sich das Mandat herausnimmt, den „informed consent", die informierte Zustimmung zu Forschung, Therapie und Diagnose, die das Genom des einzelnen betreffen, durch das Prinzip der „person's best interest"-Entscheidung durch Vertreter der Betroffenen auszuhöhlen. Ich frage mich, wer hat ihr dafür das Mandat erteilt? Der vorliegende Entwurf ist nicht nur in zahllosen Einzelpassagen völlig untragbar, er ist auch geprägt von einer fanatisch zu nennenden Fortschrittserwartung durch die Erforschung und technischen Nutzbarmachung der menschlichen Genome, der nicht nur jede vernünftige Grundlage fehlt, sondern die auch in einer Deklaration über ethische Grundsätze der Forschung und Eingriffe an Genomen überhaupt nichts verloren hat. Ich befürchte, daß dieser Entwurf der Deklaration nicht verbesserungsfähig ist, in der vorliegenden Form kann er nur eine deutliche Ablehnung erfahren. Ungeachtet dessen hätte ein Projekt, das weltweit wirklich tragfähige ethische Grundsätze für Humangenetik, Reproduktionsbiologie und auch deren industrielle Verwendung entwickeln will, unsere volle Zustimmung. Aus unserer Sicht würden zu diesen Grundsätzen zumindest das Verbot der Klonierung und Keimbahnintervention, das Verbot der Patentierung von Genen und das Festhalten am Grundsatz der freiwilligen individuellen Zustimmung zu jeglichen diagnostischen, therapeutischen und forschenden Eingriffen gehören. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister der Justiz: Der Entwurf enthält neben einem allgemeinen Abschnitt zum menschlichen Genom vor allem Bestimmungen über die Genomforschung, über die Rechte der Betroffenen und über die Bedingungen für die Ausübung der Forschungstätigkeit. Angesichts der stetigen Fortschritte in der biologischen und medizinischen Forschung ist das Anliegen der UNESCO grundsätzlich zu begrüßen. Denn die humangenetische Forschung und deren Anwendung dürfen unter keinen Umständen mit der Menschenwürde und den Menschenrechten in einen unvereinbaren Gegensatz geraten. Hierfür ist es aber unerläßlich, der Achtung der Menschenwürde gegenüber allen anderen Erwägungen den Vorrang einzuräumen. Leider besteht insoweit noch bei etlichen Punkten des Entwurfs ein erheblicher Diskussions- und Nachbesserungsbedarf. Die Bundesregierung hat das in ihrer Stellungnahme an die UNESCO auch klar zum Ausdruck gebracht: So muß das zentrale Anliegen der Deklaration - die Wahrung der Menschenwürde und der Menschenrechte beim Umgang mit dem menschlichen Genom - noch deutlicher herausgestellt werden, als es bisher der Fall ist. Außerdem fehlen wichtige Regelungskomplexe, beispielsweise Bestimmungen über ein Verbot von gezielten Eingriffen in die menschliche Keimbahn und zur Ächtung des Klonens von Menschen bisher völlig. Gleiches gilt auch für Regelungen zur Begrenzung der Embryonenforschung. Gerade in diesen Bereichen sind aber Regelungen aus Sicht der Bundesregierung unbedingt erforderlich, um Fehlentwicklungen vorzubeugen. Darüber hinaus haben wir - und ich kann das nur noch einmal nachdrücklich unterstreichen - klare Rahmenbedingungen für die Genomforschung gefordert, die bisher nur in Ansätzen vorhanden sind. Ob sich unsere weitreichenden Änderungsvorschläge durchsetzen lassen, wird sich erst im Sommer bei der Regierungskonferenz erweisen. Von deren Verlauf wird die künftige Haltung der Bundesregierung zur Deklaration entscheidend abhängen. Selbstverständlich werden wir den Deutschen Bundestag über diesen weiteren Verlauf der Verhandlungen in geeigneter Weise unterrichten. Eines aber kann ich Ihnen heute schon versichern: In einer Zeit, in der täglich neue biomedizinische Entdeckungen gemacht werden und in der das geklonte Schaf „Dolly" Zukunftsängste auslöst, wird die Bundesregierung das internationale Forum der UNESCO nutzen, um sich für ihre fundamentalen werthaften Grundsätze und Grenzen im Umgang mit dem menschlichen Genom einzusetzen! Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 712. Sitzung am 16. Mai 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Erstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes - Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen - Justizmitteilungsgesetz und Gesetz zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze (JuMiG) - Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (4. FStrÄndG) - Zweites Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Seeschiffahrt - Gesetz zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz, LuftNaSiG) - Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz - AFuG 1997) - Gesetz zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet der Energieeinsparung bei Haushaltsgeräten (Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz - EnVKG) - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik, der Regierung des Großherzogtums Luxemburg und dem Schweizerischen Bundesrat, handelnd im Namen der Kantone Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Jura, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften und örtlichen öffentlichen Stellen - Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Abkommen vom 20. November 1995 zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 5. Juni 1997 ihren Antrag „UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms im Deutschen Bundestag beraten" - Drucksache 13/7675 - zurückgezogen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Mai 1997 ihren Antrag „Aussetzung des Rückübernahmeabkommens mit Algerien" - Drucksache 13/7707 - zurückgezogen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehender Vorlage absieht: - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über die Tagung der Versammlung vom 2. bis 5. Dezember 1996 in Paris - Drucksachen 13/6945, 13/7209 Nr. 1.2 - Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat mit Schreiben vom 23. April 1997 einen Zweiten Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen übersandt. Der Bericht ist als Ausschußdrucksache 542 des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit verteilt. (Zu weiteren Möglichkeiten des Zugangs vgl. Hinweis in Drucksache 13/ 7865.) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Innenausschuß Drucksache 13/7216 Nr. 2.4 Drucksache 13/7306 Nr. 2.5 Sportausschuß Drucksache 13/4921 Nr. 3.1 Drucksache 13/4921 Nr. 3.2 Drucksache 13/4921 Nr. 3.3 Drucksache 13/4921 Nr. 3.4 Finanzausschuß Drucksache 13/7541 Nr. 2.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/7117 Nr. 2.7 Drucksache 13/7117 Nr. 2.15 Drucksache 13/7216 Nr. 2.21 Drucksache 13/7456 Nr. 1.3 Drucksache 13/7456 Nr. 2.8 Drucksache 13/7456 Nr. 2.12 Drucksache 13/7456 Nr. 2.16 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/6129 Nr. 1.29 Drucksache 13/6129 Nr. 1.33 Drucksache 13/6861 Nr. 1.5 Drucksache 13/6861 Nr. 2.18 Drucksache 13/7017 Nr. 2.25 Drucksache 13/7456 Nr. 2.3 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/6129 Nr. 1.32 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/7017 Nr. 2.20 Drucksache 13/7117 Nr. 2.11 Drucksache 13/7117 Nr. 2.19 Drucksache 13/7306 Nr. 2.15 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/6861 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/7306 Nr. 2.24 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/7456 Nr. 2.13 Drucksache 13/7216 Nr. 1.3 Drucksache 13/7216 Nr. 1.5
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Die Sitzung ist eröffnet.
    Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung um zwei Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auf den Drucksachen 13/7848 und 13/7849 zu erweitern, die im Anschluß an die Agrardebatte aufgerufen werden. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
    Ich rufe die Zusatzpunkte 9 und 10 auf:
    ZP9 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung in den neuen Ländern
    - Drucksache 13/7792 -
    Überweisungsvorschlag:
    Finanzausschuß (federführend)

    Innenausschuß
    Rechtsausschuß
    Ausschuß für Wirtschaft
    Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
    Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung,
    Technologie und Technikfolgenabschätzung
    Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union
    Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
    ZP10 Beratung des Antrags des Abgeordneten Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
    Aufbau Ost braucht langen Atem
    - Drucksache 13/7789 —Überweisungsvorschlag:
    Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Finanzausschuß
    Haushaltsausschuß
    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist auch das so beschlossen.
    Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem Abgeordneten Dr. Krüger.
    Dr.-Ing. Paul Krüger (CDU/CSU) (von der CDU/ CSU mit Beifall begrüßt):

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wird das jetzt Übung? Weitere Zurufe von der SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft von einer sozialistischen Planwirtschaft zu einer international wettbewerbsfähigen Wirtschaft, um die es in der heutigen Debatte geht, befinden wir uns derzeit - so kann man wohl sagen - an einem Wendepunkt. Im Mittelpunkt der ersten Hälfte des Aufbaus in den neuen Ländern stand als Schwerpunkt der Strukturwandel. Hier haben wir mit dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur - wir haben allein 11 000 Kilometer Straße und Schiene aus- und neu gebaut -, mit dem Aufbau der Telekommunikationsnetze - wir haben heute die modernsten Telekommunikationsnetze der Welt in den neuen Bundesländern - und

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl, Glasfaser!)

    mit dem beginnenden Ausbau der Ver- und Entsorgungsnetze - ich denke hier insbesondere an das Riesenproblem Abwasserbereich - viel erreicht; aber viel bleibt noch zu tun. Wir haben mit der Umstrukturierung und Privatisierung von Unternehmen begonnen und sind hier weit vorangekommen. Wir haben enorm viele Existenzgründungen initiiert. Es gab im Saldo allein 550 000 neue ostdeutsche Unternehmen. Wir haben mit dem Wohnungsneubau und mit der Sanierung und Modernisierung von Wohnungen begonnen. Wir haben nicht zuletzt im Bereich der Umweltsanierung enorme Fortschritte erreicht.
    Angesichts dieser für alle sichtbaren, guten Entwicklung wird gelegentlich die Notwendigkeit einer weiteren Förderung in den neuen Bundesländern hinterfragt oder von einigen Kollegen sogar bestritten. Dabei wird immer wieder übersehen, bewußt oder unbewußt, daß es neben all den Fortschritten, die wir erreicht haben, natürlich eine Reihe von Problemen gibt.
    Nach wie vor haben wir eine viel zu hohe Arbeitslosigkeit. Die aktuelle Situation gebietet Aufmerksamkeit, weil das Wachstum in den neuen Bundes-

    Dr.-Ing. Paul Krüger
    ländern zu stagnieren beginnt. Wir sind noch weit weg von einem selbsttragenden Aufschwung, was insbesondere durch die sehr geringe Eigenleistungsquote dokumentiert wird. Wir haben eine Differenz von allein 200 Milliarden DM zwischen Güterherstellung und Verbrauch in den neuen Bundesländern. Ich denke, das ist eine der alarmierendsten Zahlen, die wir uns vor Augen führen müssen. Insbesondere haben wir viel zu wenige Unternehmen, die das, was in den neuen Bundesländern verbraucht wird, dort produzieren; aber noch viel weniger Unternehmen gibt es derzeit, die in den neuen Bundesländern etwas produzieren, was in anderen Regionen gekauft und verbraucht wird. Das heißt, wir brauchen mehr Exportkraft in den neuen Ländern. Hierauf müssen wir unsere Aufmerksamkeit ganz besonders konzentrieren.
    Hinzu kommt, daß gerade bei den Unternehmen, die überregional absetzen, die Eigenkapitalsituation besonders schwierig ist und daß wir häufig fehlende Liquidität in den Unternehmen und eine schlechte Zahlungsmoral beklagen müssen. Wir versuchen hier gegenzusteuern. Trotzdem ist es uns nicht immer gelungen, Insolvenzen zu verhindern.
    Das Defizit betrifft vor allem das verarbeitende Gewerbe, also den Bereich der Industrie, und den Bereich der wertschöpfenden Dienstleistungen. Hier haben wir noch riesige Reserven.
    Dieses Problem haben wir bereits seit langem erkannt. Bereits im Jahre 1995 haben wir mit dem Jahressteuergesetz 1996 ganz entscheidende Weichenstellungen insbesondere zugunsten des verarbeitenden Gewerbes vorgenommen, und wir können heute konstatieren, daß wir in der Industrie und auch bei den Dienstleistungen in den Jahren 1996 und 1997 immer noch Wachstumsraten von ca. 6 Prozent haben. Ich finde, das ist ein großer Erfolg, der unserer Politik recht gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das konjunkturelle Hauptproblem der gegenwärtigen Zeit ist allerdings die Baukonjunktur, die Auftragssituation im Bauwesen - und das, obwohl noch ein enormer Bedarf insbesondere bei der Sanierung und der Modernisierung von Wohnungen und bei der Schaffung von Wohneigentum besteht. Nach unseren Schätzungen haben wir allein im Bereich der Modernisierung und Sanierung von Wohnungen einen Bedarf von etwa 280 Milliarden DM.
    Deshalb, meine Damen und Herren, ist es wichtig, für die zweite Hälfte des Aufbaus in den neuen Ländern besonders die Konsolidierung und das Wachstum von Unternehmen in den Blickpunkt zu nehmen. Genau hier setzt das Förderkonzept mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an.
    Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß die Förderung auch nach 1989 auf sehr hohem Niveau weitergeführt wird, jedoch haben wir das Instrumentarium der Förderung beträchtlich umgestellt. Wir gehen jetzt von der Sonder-AfA, die wir bisher in den Blickpunkt der Förderung gestellt haben, ab und hin zu Investitionszulagen, und wir werden uns weiter verstärkt auf das verarbeitende Gewerbe, also auf die Industrie, und auf die produktionsnahen Dienstleistungen konzentrieren, weil das zukünftig die eigentlichen Wachstumsbereiche in den neuen Ländern sein müssen.
    Im Förderkonzept wird besonderes Augenmerk auf die Förderung des Mittelstandes gelegt. Hier gehen wir zum Teil mit einer doppelt so hohen Förderquote heran, um nach wie vor den Mittelstand besonders aufzubauen und zu konsolidieren.
    Die Förderung im Baubereich konzentriert sich auf die Modernisierung und Sanierung von Wohnraum, insbesondere auf den Wohnungsneubau in Städten, weil hier mit erheblichen Mehrkosten gearbeitet werden muß. Daneben läuft natürlich die Wohneigentumsförderung in den neuen Bundesländern wie bisher auf hohem Niveau weiter und zeigt auch bereits eine sehr gute Entwicklung.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Investitionszulagen kommen besonders den wirtschaftlich Aktiven vor Ort zugute. Sie wirken unabhängig von der Ertragssituation. Es besteht ein rechtlicher Anspruch für den, der investiert. Die Investitionszulagen wirken damit in hohem Maße eigenkapitalverstärkend, was gerade in der momentanen Situation besonders wichtig ist.
    Wir wollen deshalb mit Investitionszulagen die Investitionen weiterhin direkt und zeitnah fördern. Das kommt besonders den Menschen mit einer ostdeutschen Biographie zugute, die bei 550 000 neuen Unternehmen immer noch die Masse der Unternehmer in den neuen Ländern ausmachen. Ich glaube, daß ist ein ganz besonders wichtiger Punkt in unserem Förderkonzept.
    Wichtig ist auch, daß der vorliegende Gesetzentwurf langfristige Berechenbarkeit schafft und eine Kontinuität auf sechs Jahre sichert. Er schafft damit auch eine hohe Planungssicherheit für die Unternehmen.
    Diese neue Förderung, meine Damen und Herren, ist eine Förderung mit Augenmaß. Sie ist auf das Notwendigste konzentriert, aber sie gibt genau die Impulse, die wir in Ostdeutschland jetzt brauchen.
    Deshalb begrüße ich es, daß dieses Konzept mittlerweile auch von Teilen der Opposition mitgetragen wird und auf konstruktive Resonanz stößt.
    Auch der Entwurf, der heute im Bundesrat behandelt wird - er ist mit unserem Konzept fast deckungsgleich -, zeigt diese Entwicklung. Ich hoffe, daß wir mit den zusätzlichen Punkten, die wir in unserem Programm haben, Zustimmung finden werden. Wir haben Investitionszulagen auch für den Leasingbereich hineingenommen, weiterhin eine Förderung im Mietwohnungsneubau für den Lückenschluß in Innenstädten sowie höhere Zulagen für die Sanierung von Wohnraum und natürlich auch die Förderung für den gesamten Bereich des Handwerks und des Handels vorgesehen. Insofern liegen wir besser als das Konzept, das heute im Bundesrat behandelt wird. Ich hoffe, daß wir, weil wir eine große Annäherung erreicht haben, insgesamt davon ausgehen können,

    Dr.-Ing. Paul Krüger
    daß wir dieses Gesetz erfolgreich verabschieden werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir bedauern, daß es uns nicht gelungen ist, der Innovationsförderung in diesem Gesetz stärker Berücksichtigung zukommen zu lassen und damit auf eines der größten Probleme in den neuen Ländern einzugehen. Ich hätte mir das gewünscht. Wir müssen an dieser Stelle noch weiterarbeiten. Ich muß auch sagen, daß insbesondere die Finanzminister der SPD-regierten neuen Länder die Innovationszulage, die wir seit langem befürworten, abgelehnt haben. Ich wünsche mir, meine Damen und Herren auf der linken Seite des Hauses, daß wir an diesem Punkt weiterarbeiten - mit der Bundesregierung haben wir das bereits vereinbart - und daß wir zu einem Konsens finden. Dieser Bereich ist sehr wichtig, ebenso wie es neue Ansätze im Bereich der Wagniskapitalfinanzierung in den neuen Bundesländern für neue Unternehmen sind, wenn wir auf Dauer Wachstum sichern wollen.
    Das Konzept, das wir heute vorstellen, ist das Kernstück der gemeinsamen Initiative für mehr Arbeitsplätze in Deutschland. Ich glaube, dieses Bündnis ist beispielgebend für Gesamtdeutschland. Deshalb appelliere ich an alle Verantwortlichen in Politik und Verwaltungen, in Unternehmen und Verbänden, für die Zukunft der neuen Bundesländer, insbesondere aber auch für die Zukunft Deutschlands jetzt schnell und entschlossen zu handeln.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe das Wort für den Bundesrat dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dr. Manfred Stolpe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Aufbau Ostdeutschlands ist unsere wichtigste nationale Aufgabe. Ich denke, da werden alle in diesem Hause zustimmen können.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)

    Sie zu lösen entscheidet über die Chancen der kommenden Generation, über die sozialen und demokratischen Grundlagen unserer Republik im Osten wie im Westen.
    Der Aufbau Ostdeutschlands hat wirtschaftspolitische Priorität. Dieser Vorrang wird uns auch in den kommenden Jahren verpflichten. Mit dieser Aussage greife ich Worte des Bundeskanzlers bei der feierlichen Einführung des neuen Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Länder auf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Clemens Schwalbe [CDU/CSU]: Gute Worte!)

    Ich füge hinzu: Der Aufbau Ostdeutschlands verpflichtet uns, nicht nur Gutes zu bekennen, sondern auch das Nötige zu tun. Die Menschen nehmen uns in die Pflicht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Die Menschen erwarten sofortiges und energisches Handeln; denn Aufbau Ost heißt Aufbau jetzt. Aufbau Ost heißt Aufbau mit Ausdauer und Weitblick. Die Wankelmütigen werden nichts erreichen, die Unklugen die Chancen verspielen und die Engherzigen das große Geschenk der deutschen Vereinigung gefährden. Wer aber beharrlich dabeibleibt, den belohnt das Leben. Wer den Aufbau Ostdeutschlands unbeirrt fördert, wird die innere Einheit vollenden.
    Dieses Ziel ist der Maßstab, wenn wir über die Fortsetzung der wirtschaftlichen Förderung der neuen Länder sprechen, ein Maßstab, den die ostdeutschen Länder gemeinsam einfordern, und ein Ziel, für das Sozialdemokraten und Gewerkschaften weitgehend Kooperationswillen bewiesen haben.
    In einer wohl beispiellosen Anstrengung haben wir in den vergangenen sieben Jahren das gesamte System von Wirtschaft, Politik und Verwaltung in den neuen Ländern umgestaltet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir alle!)

    Die Menschen in Ostdeutschland haben zugepackt und Lasten getragen. Beispiellos war auch die Solidarität, die uns aus dem Westen entgegengebracht wurde.
    Aber 1995 ist der Aufschwung Ost ins Stocken geraten. Die Bundesregierung, der Sachverständigenrat und die wirtschaftswissenschaftlichen Institute kennen diesen Trend. Sie erwarten, daß sich das Gefälle zwischen West und Ost weiter vergrößert. Die Arbeitslosigkeit ist auf einen Höchstwert gestiegen. In dieser angespannten Lage müssen sich die Menschen in Ostdeutschland auch noch gegen eine vollständig destruktive und - verzeihen Sie - ausgesprochen dumme Stimmungsmache zur Wehr setzen. Mit dem Schreckwort „Bruttotransfer" werden unglaubliche Zahlen in Umlauf gebracht, die die Subventionsleistungen für Ostdeutschland beziffern sollen. Eifrig werden Bundesleistungen zusammengezählt, die regelgerecht in alle Länder fließen und tatsächlich durch nichts Geringeres als die grundgesetzlichen Finanzbeziehungen des Bundes und der Länder sowie die Zuständigkeiten des Bundes in unserem föderalen System bezeichnet sind.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS - Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Wenn die Eltern eines Kindes, das in Bayern geboren wird, Kindergeld erhalten, ist das selbstverständlich und richtigerweise eine sozialstaatliche Leistung. Ein Kind in Sachsen oder Brandenburg hingegen wird zum Fall einer Transferzahlung für den Osten mitgerechnet. Im gesamten Feld der Bundeszuschüsse für die neuen Länder trifft man auf Heuchelei. Umverteilungsvorgänge und Begünstigungen gab und gibt es auch in den alten Bundesländern.

    Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe (Brandenburg)

    Der Süden der Republik hat in beträchtlichem Milliardenumfang und über Jahrzehnte hinweg von Strukturhilfen profitiert und damit seine Wirtschaft modernisiert. Ich stelle diesen Aufbau Süd nicht in Frage. Im Gegenteil: Der Erfolg dieser Länder beim Strukturwandel ist ein Erfolg der konsequenten und langfristig angelegten Förder- und Investitionspolitik. Von diesem Erfolg sollten wir für den Aufbau Ost lernen.
    Die Bundesregierung hat ihr Förderkonzept für Ostdeutschland nun als Gesetzentwurf eingebracht. Ich begrüße dies, weil es die Auseinandersetzung um den richtigen Weg auf die parlamentarische Ebene hebt und die Sachdiskussion beschleunigt. Wie Sie wissen, haben die neuen Länder dazu ihre eigenen Vorstellungen in einem gemeinsamen Gesetzentwurf konkretisiert. Unbeschadet der Beratungen im Bundestag bringen wir heute unseren Länderentwurf im Bundesrat ein.
    Diese gemeinsame Initiative ist unverändert notwendig, da im vorliegenden Entwurf der Bundesregierung Schwachstellen bleiben. Es ist unverzichtbar, die Aufbauhilfen für die ostdeutsche Wirtschaft insgesamt, aber mit verschiedenen, jeweils sachgemäß gestalteten Förderinstrumenten in vollem Umfang fortzusetzen. In diesem Rahmen wollen wir zielgenauer vorgehen und uns auf das verarbeitende Gewerbe konzentrieren.
    Vorrang hat die offensive Förderung von Investitionen; denn die Höhe und die Qualität der Investitionen sind Dreh- und Angelpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung. Deshalb können wir der von der Bundesregierung vorgelegten degressiven Ausgestaltung eines Teils der Förderinstrumente nicht zustimmen. Uns kommt es vielmehr darauf an, eine wirklich verläßliche Grundlage für Investitionsentscheidungen zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies erreicht man nicht, wenn schon heute über Kürzungen von morgen gestritten wird. Den langfristig kalkulierenden Unternehmern muß ausreichende Planungssicherheit gegeben werden. Wir stimmen zu, wenn die Bundesregierung die Investitionszulagenförderung breit einsetzen will. Ein völliger Wegfall der Sonderabschreibungsmöglichkeit ist nach unserer Überzeugung nicht sinnvoll und nicht hinzunehmen. Wir brauchen im Bereich der Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Mietwohnungsbaubestand die Möglichkeit der Sonderabschreibung, die für den Investor einen höheren Anreiz darstellt.
    Unser Vorschlag zielt darauf, daß eine Verstetigung der Förderung auf heutigem Niveau gesichert ist. Entscheidend bleibt, daß wir Förderinstrumente bereitstellen, die mehr Investivkapital anlocken.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie zu ihrem Bekenntnis steht, dem Aufbau Ostdeutschlands auch für die kommenden Jahre Priorität zu geben. Lassen Sie uns zu Ergebnissen kommen. Die
    Menschen in Deutschland sollten einmal erleben können, daß Politik in wirklich wichtigen Fragen handlungsfähig ist.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)