Rede von
Brigitte
Traupe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! - Auf den komme ich gleich zu sprechen.
Es ist schon unglücklich, daß wir uns am Freitagnachmittag hier zusammensetzen und über diese Dinge diskutieren müssen, aber schuld ist die Bundesregierung. Ich finde, es ist ein ungeheuerlicher Vorgang, daß das deutsche Parlament
in seiner Mehrheit und die Öffentlichkeit wieder auf das Nachrichtenmagazin „Spiegel" angewiesen sind und nicht etwa die Bundesregierung die Rechte des Parlamentes ernst nimmt und uns informiert.
- Ach, Herr Nolting, Sie sind mir einfach etwas zu töricht, als daß ich darauf eingehen wollte. Ich komme auf die Frage zurück.
- Ja, ich komme auf die Frage zurück. Hören Sie lieber einmal zu, nutzen Sie Ihre Rechte als Parlamentarier, statt immer den Claqueur zu spielen.
Das ist doch eine Peinlichkeit.
Ich habe wirklich ein anderes Staatsverständnis als Sie. Wenn ich an den Vorgänger des jetzigen Ausschußvorsitzenden und den jetzigen Aussschußvorsitzenden denke, aber auch an den Kollegen Hoyer, dann habe ich das Gefühl, daß Sie auch ein anderes Staatsverständnis haben.
Sie hätten sich diese Veranstaltung am heutigen Nachmittag sparen können, wenn wir vorher in den zuständigen Ausschüssen über die Frage geredet hätten.
Seit 1993, so habe ich gesehen, vergeht kein Jahr, Herr Staatssekretär, in dem nicht im Deutschen Bundestag über die Fragwürdigkeit von Rüstungsverkäufen nach Indonesien diskutiert wird.
Und dann lesen wir, wenn wir unsere Aufgabe ernst nehmen, Herr Nolting, in der Zeitung, daß eine ausführliche Diskussion im Bundessicherheitsrat nicht stattgefunden hat, sondern daß dies im Umlaufverfahren beschlossen worden ist. Eine größere Blamage Ihrer Kontrollfähigkeit als Regierungspartei hätte ich mir nicht vorstellen können.
Die Bundeswehr stellt außerdem hier, Herr Kollege Rose, sechs U-Boote außer Dienst, und sie hätte uns als dem zuständigen Ausschuß auch berichten können, daß sie vorhat, diese gleich und so schnell wie möglich nach Indonesien weiterzuverkaufen. Deswegen waren der Bundestag und ganz besonders der
Verteidigungsausschuß betroffen, aber Ihre Absicht war das nicht.
Ich muß Sie wirklich fragen: Sollte die Lieferung der U-Boote wirklich anders als andere Waffenverkäufe eingeschätzt werden? - Das ist ja hier behauptet worden. Ich behaupte, nein.
Aber könnte es nicht doch sein, daß Sie am Ende kommen und den Deutschen Bundestag noch mit Hermes-Bürgschaften belasten, denn es geht nicht nur um den Verkauf dieser Boote? Sie wissen ganz genau, daran hängen Aufträge mit einem Umfang von rund 500 Millionen DM, weil die Boote umgerüstet werden sollen und jedes dieser fünf Boote für etwa 100 Millionen DM ein neues Feuerleitsystem, eine Klimaanlage - die brauchte man natürlich für U- Boote in den kalten Gewässern des Nordens nicht, aber die braucht man dort - und eine andere Elektronik haben sollte.
Sie wissen übrigens auch - das haben Sie uns natürlich verschwiegen -, daß die Indonesier viel lieber neue U-Boote des Typs 209 haben wollten. Das genau ist das U-Boot, das wir 1977, allerdings nicht ohne Krach und nach Diskussionen in unseren Fraktionen - das war der Unterschied - geliefert haben. Sowohl der Kollege Genscher wie der Bundeskanzler Helmut Schmidt mußten sich schon mit ihren Bundestagsfraktionen auseinandersetzen, ob tatsächlich diese U-Boote dorthin geliefert werden sollen.
- Nein, wir wurden vorher unterrichtet. Sie haben immer den Nachteil, daß Sie es einfach nicht begreifen. Auch damals ist das selbstverständlich diskutiert worden, und wenn ich richtig unterrichtet bin,
hätte Indonesien auch sehr gern - ach, schreien Sie doch nicht immer so - wieder neue U-Boote des Typs 209 haben wollen.
Es ging doch wohl nur, Herr Staatsminister, um die Tatsache, daß sie günstige Konditionen haben wollten, und die Bundesregierung hat uns noch nicht erzählt, inwiefern diese Konditionen günstiger sind als die Hermes-Bürgschaften, mit denen sie todsicher noch auf das Parlament zukommen wird.
Schwierig wird es für dieses Parlament natürlich - dazu bekenne ich mich, Herr Nolting -, Rüstungsverkäufe grundsätzlich abzulehnen, weil in der Tat natürlich die Industrie darauf angewiesen ist, nicht nur der Bundeswehr zuzuliefern. Wenn sie modern und leistungsfähig sein will, dann muß sie über die Beschaffung der Bundeswehr hinaus auch an andere verkaufen.
Aber ich sage Ihnen folgendes: Die Bundesrepublik hat im Gegensatz zu anderen NATO-Staaten - wenn Sie an England, Frankreich und Italien denken
- die Werften privatisiert, und das finde ich auch vernünftig. Diese Werften haben sich im Wettbewerb sehr gut behauptet. Gerade die Tatsache - denken
Brigitte Schulte
Sie auch einmal an die U-Boote, die von Frankreich nach Chile geliefert wurden -, daß die Bundeswehr nicht all das mitgemacht hat, was andere Staaten machen, hat dazu geführt, daß diese Werften leistungsfähig sind. Ihre Verkäufer sollen sich gefälligst darum kümmern, daß an demokratische Rechtsstaaten geliefert wird. Sie haben das in der Vergangenheit übrigens auch getan und damit ganz gut gelebt.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie wären besser beraten gewesen, wenn Sie im Parlament über Ihre Absichten vorher gesprochen hätten, wenn wir danach noch einmal gemeinsam über die Lage in Indonesien diskutiert hätten und wenn am Ende eine ehrliche Abstimmung stattgefunden hätte. So haben Sie es uns erleichtert, unsensibel, wie Sie sind, einem solchen Rüstungsexport auf keinen Fall zuzustimmen. Sie haben sich selbst und der
Bedeutung des Parlaments einen Bärendienst geleistet.
Ich danke Ihnen.