Rede von
Dr.
Sabine
Bergmann-Pohl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Schlauch, ich könnte mich damit herausreden, daß Amerika sehr weit von uns entfernt ist. Es verwundert mich
aber schon, daß man gerade in Amerika, wo man ganz rigoros und restriktiv gegen Raucher vorgeht, Haschisch freigibt. Das halte ich für abenteuerlich.
Meine Damen und Herren, fest steht, daß die Niederlande zu einem Hauptumschlagsplatz für Ecstasy in ganz Europa geworden sind. Fest steht auch, daß aus Cannabis-Konsumenten neue Ecstasy-Konsumenten geworden sind. Dies ist nur eine mögliche Folge einer Freigabe von Cannabis.
Der wesentliche Grund, warum alle Staaten Cannabis weiterhin als illegale Droge einstufen, ist die in mehreren Gutachten aus jüngster Zeit erneut bestätigte gesundheitsschädigende Wirkung seiner Inhaltsstoffe. Es ist deshalb Schlichtweg falsch, wenn in dem Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen behauptet wird, daß - ich zitiere - „selbst bei einem Langzeitgebrauch von Cannabis ... kaum psychische oder physische Gesundheitsschäden beobachtet worden" seien.
Schon in dem oft, auch heute zitierten HaschischBeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom März 1994 werden auf Grund einer umfassenden Literaturauswertung zahlreiche Gesundheitsschäden und das Auftreten einer psychischen Abhängigkeit von Cannabis, insbesondere bei Langzeitgebrauch, genannt. Selbst das dem Antrag von Schleswig-Holstein zur Legalisierung von Cannabis beigefügte Gutachten räumt unter anderem - das scheint Frau FischerMenzel nicht wahrgenommen zu haben - „gesicherte Schäden", „akute toxische Psychosen" und „Lungenschäden" ein.
Es ist mir deshalb ein völliges Rätsel, wie man vor diesem Hintergrund die Legalisierung von Cannabis auch noch unter das Firmenschild „Humanisierung" stellen kann. Was ist das eigentlich für ein Verständnis von Humanisierung, wenn Gesundheitsgefahren verschwiegen werden? Wer Drogen legalisieren will, stiehlt sich aus der Verantwortung, auch aus der Verantwortung für die Gesundheit der Menschen.
- Sie dürfen nicht immer nur das lesen, was Sie lesen und glauben wollen, sondern sollten auch einmal das lesen, was etwas anderes aussagt.
Verharmlosend sind auch die Aussagen zu den Wirkungen von Ecstasy. Ich hoffe, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, daß Sie sich von der traurigen Bilanz von 20 Todesfällen nach Ecstasy-Konsum und einem Vielfachen an klinischen Zwischenfällen im Jahre 1996 eines Besseren haben belehren lassen und diese Aussagen so nicht mehr vertreten. Alles andere wäre aus meiner Sicht unverantwortlich.
Die Zahlen belegen, daß nicht nur der - ich zitiere -
„unsachgemäße Umgang" und die „unerkannten
Beimengungen", sondern in erster Linie die Toxizität
Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl
von Ecstasy selbst, gerade in reinster Form, ein lebensgefährliches Schadenspotential besitzt.
Meine Damen und Herren, auch die zweite Vorlage, der Entwurf des Bundesrates zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, mit dem die Einrichtung sogenannter Konsumräume für Heroinabhängige legalisiert werden soll, wird von der Bundesregierung abgelehnt. Die bloße Streichung einer Strafvorschrift, die die Ausbreitung der Drogensucht verhindern soll, ist aus meiner Sicht unsinnig.
Ziel der Drogenpolitik muß es statt dessen sein, Drogenabhängigen die Möglichkeit zum Ausstieg aus dem Heroinkonsum anzubieten,
nicht aber, ihnen den bisherigen Drogenkonsum zu erleichtern und dadurch ihre Verbindung mit der Drogenszene zu verlängern und zu verfestigen. Genau das sieht aus meiner Sicht der Gesetzentwurf des Bundesrates nicht vor.
Ich gebe Frau Leutheusser-Schnarrenberger recht: Wir müssen über neue Wege nachdenken.
Wir müssen überprüfen, ob die Präventionsprogramme greifen. Dazu sind wir ja auch bereit. Aber nun den Umkehrschluß zu ziehen, zu kapitulieren und die Leute einfach konsumieren zu lassen, ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg.
Meine Damen und Herren, auch Maßnahmen zur Verhinderung des illegalen Drogenhandels in den Konsumräumen oder ihrer Umgebung sind nicht geplant. Der Entwurf unterscheidet noch nicht einmal zwischen sogenannten Schwerstabhängigen, also Drogenkonsumenten, die mit Hilfsangeboten nur noch sehr schwer zu erreichen sind, und anderen, die möglicherweise bereits gute Kontakte zur Drogenhilfe haben und auf dem Weg zum Ausstieg sind. Selbstverständlich ist auch keine Rede davon, daß solche Konsumräume einen Rückfall in die Drogenabhängigkeit provozieren könnten oder andere in ihrem Drogenkonsum bestärken.
Die Bundesregierung lehnt deshalb beide Anträge ab, weil sie im Ergebnis nur dazu führen, die Verfügbarkeit von illegalen Drogen zu vergrößern. Mit einer Präventionspolitik hat das nichts mehr zu tun. Prävention heißt, Sucht und Abhängigkeit der Menschen zu verhindern und denen, die dennoch erkrankt sind, optimale Hilfe für ihre Heilung und Wiedereingliederung zu leisten.
Hierfür ist es aber notwendig, sowohl die Nachfrage als auch das Angebot von Drogen so zu kontrollieren, daß sie ausschließlich für zugelassene medizinische und wissenschaftliche Zwecke verwendet werden und jeder Mißbrauch verhindert wird. Eine Abkehr von dieser Politik würde den Betroffenen
und der Gesellschaft einen nicht kalkulierbaren hohen Schaden zufügen.
Danke.