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    Plenarprotokoll 13/173 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Steuerreformgesetzes 1999 (Drucksache 13/7480) . . . 15589 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 15589 B Joachim Poß SPD 15596 A Friedrich Merz CDU/CSU 15599 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15602 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 1560 7A Joachim Poß SPD 15608 D Dr. Gregor Gysi PDS 15610 B Rudolf Scharping SPD 15612 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 15617 C Detlev von Larcher SPD 15620 B Rudolf Scharping SPD . . . . 15622 A, 15623 A Michael Glos CDU/CSU 15622 D Dr. Barbara Höll PDS 15624 D Gisela Frick F.D.P 15626 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 15627 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 15628 B Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Monika Knoche, Volker Beck (Köln), Manfred Such und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Humanisierung der Drogenpolitik (Teil III) - Legalisierung von Cannabis (Drucksache 13/4480) 15631 A b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drucksache 13/4982) . . 15631 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15631 B Hubert Hüppe CDU/CSU 15632 C Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15633A, 15639B, 15642A Heigrit Fischer-Menzel, Senatorin (Hamburg) 15634 D Hubert Hüppe CDU/CSU 15635 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 15636 B Ulla Jelpke PDS 15637 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 15638 C Johannes Singer SPD 15640 C Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 15642 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Verkauf von fünf ausgemusterten U-Booten der Bundesmarine an Indonesien 15643 D Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15644 A Erich G. Fritz CDU/CSU 15644 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 15645 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 15646 A Steffen Tippach PDS 15647 A Dr. Klaus Rose, Parl. Staatssekretär BMVg 15648 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15649A Andreas Krautscheid CDU/CSU . . . 15650 B Uta Zapf SPD 15651 A Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 15652 B Herbert Meißner SPD 15653 B Jochen Feilcke CDU/CSU 15654 A Brigitte Schulte (Hameln) SPD 15654 D Nächste Sitzung 15656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15657* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg . 15657* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 15658* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 1997 15589 173. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 25.4. 97 Antretter, Robert SPD 25. 4. 97 * Behrendt, Wolfgang SPD 25. 4. 97 Bindig, Rudolf SPD 25. 4. 97 * Blunck, Lilo SPD 25.4. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 25. 4. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 25.4. 97 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 25.4. 97 * Freitag, Dagmar SPD 25. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 25. 4. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 25. 4. 97 Hoffmann (Chemnitz), SPD 25. 4. 97 Jelena Horn, Erwin SPD 25. 4. 97 * Junghanns, Ulrich CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 25. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 25. 4. 97 Lange, Brigitte SPD 25. 4. 97 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25. 4. 97 ' Erich Marten, Günter CDU/CSU 25. 4. 97 * Mattischeck, Heide SPD 25. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 25. 4. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 25. 4. 97 * Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rupprecht, Marlene SPD 25. 4. 97 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 25. 4. 97 Schaich-Walch, Gudrun SPD 25. 4. 97 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 25. 4. 97 von Schmude, Michael CDU/CSU 25. 4. 97 * Schönberger, Ursula BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Sperling, Dietrich SPD 25. 4. 97 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 25. 4. 97 Steen, Antje-Marie SPD 25. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 25. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 25. 4. 97 * Wallow, Hans SPD 25. 4. 97 Welt, Jochen SPD 25. 4. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 25. 4. 97 Wohlleben, Verena SPD 25. 4. 97 Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 25.4. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 25. 4. 97 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Christa Luft (PDS) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg (Tagesordnungspunkt 18c) *) Erlauben Sie mir als einer Berliner Abgeordneten in aller Kürze eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zu der uns vorliegenden Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, die hier von den Koalitionsabgeordneten angenommen und Leben und Arbeit vieler Berlinerinnen und Berliner tangieren wird. Ich lehne die vorliegende Beschlußempfehlung erstens ab, weil - wie in Ausschußberatungen geschehen - ein einfacher Vergleich zwischen Berlin und anderen Ballungszentren der Bundesrepublik unzulässig ist, weil Analogieschlüsse sich verbieten. Selbst nach den Zahlen des Ringes Deutscher Makler liegt das Gewerberaum-Mietniveau sogar in den Berliner Nebenkernen immer noch um ca. 10 Prozent über den Mieten in Frankfurt/Main und München, in den Stadtteil-Zentren das Vielfache davon. Auch ist die Eigentumsquote bei Gewerberäumen des Berliner Handwerks mit 12 Prozent sehr niedrig, weshalb hohe Gewerberaummieten die Kosten überproportional belasten. Ich lehne die Beschlußempfehlung zweitens ab, weil die anhaltende Verdrängung mittelständischer Einzelhandels- und Handwerksbetriebe aus den Stadtteilzentren weitreichende Auswirkungen hat auf die Qualität der Nahversorgung der Bevölkerung und auf das Nebeneinander von Wohnen, Handel und Handwerk. Diese urbane Mischung, die die Berliner Stadtteile Jahrzehnte geprägt hat, ist in Gefahr. Die kleinen und mittleren Betriebe können den Kostendruck nicht in gleichem Maße wie größere Unternehmen und besonders große Kaufhausketten auffangen. Sie sind ja obendrein mit schlechter Zahlungsmoral privater und öffentlicher Auftraggeber konfrontiert. Drittens lehne ich die Beschlußempfehlung ab, weil sich mir überhaupt nicht erschließt, welche Impulse für Wachstum und Beschäftigung von der Verweigerung eines zeitweiligen Schutzes von Mietverhältnissen und der zeitweiligen Bindung von Gewerberaummieten ausgehen sollen. Das aber ist doch angeblich die Meßlatte für das Handeln der Koalition. Im Gegenteil: Es werden weitere Pleiten produziert, Existenzgründungen erschwert oder verhindert, noch mehr Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit getrieben. Nach einer jüngsten Umfrage sehen sich allein 40 Prozent der Einzelhändler in den östlichen Stadtbezirken Berlins durch Gewerberaummietenentwicklung in ihrer Existenz bedroht. *) Vgl. Plenarprotokoll 13/166, Seite 14961 D Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sind also wieder dabei, sich ein Eigentor zu schießen. Völlig kurios wird es, wenn der CDU-Wirtschaftssenator von Berlin sich an die PDS-Abgeordneten wendet, den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg nicht scheitern zu lassen. Nicht weil es mich plötzlich mit einem CDU-Politiker in ein Boot zieht, stimme ich gegen die vorliegende Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, sondern weil eine Koalition der Vernunft hier geboten wäre und nicht parteipolitische Engstirnigkeit. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - Unterrichtung durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages Bericht der Präsidentin des Deutschen Bundestages über die Entwicklung der Bezüge der hauptberuflichen Amts- und Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie bei öffentlichen Einrichtungen - Drucksache 13/6637 - Ausschuß für Wirtschaft - Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahresgutachten 1996/97 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - Drucksache 13/6200 -- Unterrichtung durch die Bundesregierung Jahreswirtschaftsbericht 1997 der Bundesregierung Reformen für Beschäftigung" - Drucksache 13/6800 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 1996 - Drucksachen 13/5850, 13/6153 Nr. 3 -
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    Herr Hüppe, das ist doch falsch, was Sie hier sagen.

    (Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Doch! Das steht in dem Bericht!)

    - Nein, das steht nicht in dem Bericht. Den Bericht habe ich auch gelesen. In das Heroinprogramm einbezogen sind nur Personen, die Heroin nehmen. Daß einige von ihnen sich illegal auch Methadon besorgt und dieses zusätzlich genommen haben, ist die Wahrheit. Aber deshalb kann man doch Menschen nicht aus dem Heroinprogramm herausnehmen, die genau in dieses Programm hineingehören.
    Die Hilfseinrichtungen bieten den Junkies bei Bedarf lebensrettende Soforthilfe. 1500 bis 2000 Drogentote pro Jahr in Deutschland und der Umstand, daß rund drei Viertel dieser Todesfälle ihre Ursache in versehentlichen Überdosierungen haben, unterstreichen ebenso wie die Tatsache, daß rund ein Viertel aller Drogentoten im öffentlichen Raum verstarben, die Notwendigkeit und Bedeutung eines solchen Angebots der individuellen, fachlich betreuten Überlebenssicherung. Schließlich können wir nur diejenigen zum Ausstieg aus der Sucht motivieren, die noch leben. Den Toten können wir nicht mehr helfen.
    Der Bundesrat bittet Sie deshalb, dem vorliegenden Gesetzesantrag zuzustimmen. Schaffen Sie für die Länder, die diesen Weg gehen wollen, Handlungsspielräume! Gehen Sie über diese Hürde! Hamburg jedenfalls braucht diesen Weg, um in der Drogenpolitik eine neue Qualität zu gewinnen, damit den Drogensüchtigen und denjenigen, die sie betreuen, geholfen werden kann.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, F.D.P.-Fraktion.

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    Rede von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heutigen Beratung liegen im wesentlichen zwei Aspekte der Drogenpolitik zugrunde; es sind keine neuen Gesichtspunkte. Der eine ist die Legalisierung von Cannabis, ein Dauerthema der Drogenpolitik, und der andere ist die rechtliche Absicherung von sogenannten Gesundheitsräumen. Ich begrüße die heutige Debatte, denn - das sage ich ganz deutlich - die Drogenpolitik in Deutschland braucht neue Ansätze und Impulse.

    (Beifall bei der F.D.P., der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ein Blick in die Rauschgiftbilanz 1996 macht das deutlich; denn die Zahl der Drogentoten ist erstmals seit 1991 gestiegen; die Zahl der Erstkonsumenten harter Drogen, die von der Polizei aufgegriffen wurden, steigt; und gerade der Konsum von Ecstasy bei
    Erstkonsumenten verzeichnet einen Anstieg um 29 Prozent, also zirka ein Drittel.
    Diese Rauschgiftbilanz zeigt zweierlei: Die bisher von der Bundesregierung verfolgten Konzepte haben nicht in dem gewünschten Umfang Ergebnisse gezeigt, und eine Säule des Regierungskonzeptes im Kampf gegen die Drogensucht, nämlich die Prävention durch Aufklärung, wirkt bisher nicht ausreichend, wofür nicht nur der Anstieg bei den Erstkonsumenten harter Drogen spricht, sondern gerade der Anstieg bei den Erstkonsumenten weicher Drogen und der besorgniserregende Anstieg des Verbrauchs von Ecstasy.
    Deshalb müssen wir auch über Änderungen in der Drogenpolitik reden; denn niemand hier im Haus wird die Auffassung vertreten, daß eine Prävention durch Aufklärung entfallen könnte, im Gegenteil. Wir brauchen deshalb neue Aufklärungskonzepte und mit Sicherheit eine bessere Erforschung der Gründe, warum Jugendliche zunehmend zu Ecstasy, aber auch zu den verschiedensten Amphetaminpräparaten greifen.
    Auch ist nicht ausreichend geklärt, ob es sich bei dem Konsumverhalten nur um eine jugendbedingte Erscheinung handelt, die mit zunehmendem Alter kaum oder keine Rolle mehr spielen wird, oder um eine Erscheinung, die Konsumenten möglicherweise auch im Alter begleitet. Auch wenn viele Untersuchungen darauf hindeuten, daß der Konsum weicher Drogen nicht den Charakter eines Einstiegs in den Konsum harter Drogen hat, ist dennoch der Konsum dieser Drogen, aber auch gerade von Ecstasy - das ist unbestritten - gefährlich genug, um alle Anstrengungen zu unternehmen, ihn zu reduzieren.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie des Abg. Hubert Hüppe [CDU/CSU])

    Wir wollen nicht mehr, sondern wir wollen weniger Drogen. Als stereotype Reaktion reicht es nun nicht aus, immer wieder die Legalisierung von Cannabis zu fordern; denn auch wir wissen um Nachteile und Gefährdungen, die damit verbunden sind.

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Repression ist genauso stereotyp!)

    Das führt immer zu Glaubensbekenntnissen, die es erschweren, über vernünftige drogenpolitische Ansätze nachzudenken und sie zu diskutieren. Natürlich darf es auch keinerlei Dämonisierung geben.
    Eine andere Frage ist, ob statt der Legalisierung nicht eine Entpönalisierung eine drogenpolitisch sinnvolle Maßnahme wäre. Zumindest könnte sie der Polizei Spielräume eröffnen, dort konsequent durchzugreifen, wo mit Drogenhandel Geschäfte betrieben

    (Beifall des Abg. Johannes Singer [SPD])

    und bisher drogenfreie Jugendliche zum Drogenkonsum angeregt und verleitet werden.
    Deshalb müssen sich die Länderjustizminister endlich darauf einigen, wann Drogenbesitz im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von vor mehreren Jahren nicht unbedingt strafrechtlich zu verfol-

    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
    gen ist, da es sich um den Besitz von weichen Drogen zum Eigenkonsum handelt. Nach wie vor besteht hier in den südlichen und den nördlichen Bundesländern eine sehr unterschiedliche Praxis, und damit ist die Unsicherheit der Jugendlichen groß, welche Maßnahmen der Strafverfolgung die Polizei praktiziert. Ich denke nicht, daß man damit gerade den Jugendlichen hilft.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Generell ist die F.D.P. der Auffassung, daß unser Betäubungsmittelgesetz daraufhin überprüft werden sollte, ob als drogenpolitisch sinnvoll angesehene Maßnahmen nicht schon daran scheitern, daß der Besitz und die Abgabe, auch die in bestimmten Projekten kontrollierte Abgabe durch den Staat für die zum Eigenkonsum bestimmten Drogen generell strafbar ist bzw. immer bestraft werden muß. Mit anderen Worten: Wir dürfen uns nicht durch das starre Festhalten am Prinzip des Bestrafens zweckmäßige Maßnahmen zur Bekämpfung bzw. Linderung der Drogenabhängigkeit und ihrer gesundheitlichen und psychischen Folgen verbauen.
    Die Einrichtung von sogenannten Hygieneräumen sollte deshalb auch nicht von vornherein und pauschal abgelehnt werden. Wir wissen von der rechtlichen Unsicherheit der derzeitigen Zulässigkeit der Einrichtung solcher Drogenberatungs- und -hilfestellen. Deshalb lohnt es sich sehr wohl, darüber nachzudenken, unter welchen Voraussetzungen man diesem Gedanken nähertreten kann.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir müssen die Hilferufe vieler Polizeipräsidenten aus Ballungsräumen ernst nehmen, die mit den geltenden rechtlichen Regelungen in zunehmendem Maße nicht mehr zurecht kommen, um den Problemen in ihrem Zuständigkeitsbereich Rechnung zu tragen.

    (Beifall des Abg. Otto Schily [SPD])

    Ich glaube, das muß uns alle aufrütteln und für uns
    ein Anreiz sein, nach vernünftigen Wegen zu suchen.
    Das gilt auch für die ärztlich kontrollierte und sozialbetreute Abgabe harter Drogen an Schwerstabhängige, an diejenigen Menschen, die verelenden, an die man mit anderen Programmen nicht herankommt.
    Wir sind deshalb der Meinung, daß der Modellversuch, der derzeit in der Schweiz betrieben wird, von uns sehr intensiv begleitet und, wenn die endgültigen Ergebnisse und auch eine Bewertung der Weltgesundheitsorganisation vorliegen, beraten werden muß. Ich könnte mir gut vorstellen - dazu gibt es schon verschiedene Vorschläge -, daß wir dann doch dem Ansatz nähertreten können und solche Modellvorhaben unter strengen Vorgaben und strenger ärztlicher Kontrolle und Sozialbetreuung durchführen werden.
    Was wollen wir denn tun, um diese Gruppe von Menschen zu erreichen? Ich verstehe es als einen Grundsatz der Drogenpolitik der Koalition, daß man
    überlegt: Wie kann man Schwerstabhängigen Hilfe leisten?

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich werbe deshalb dafür, auch weil jetzt viel in Bewegung ist, daß wir uns heute nicht davor verschließen, über andere und neue Ansätze in der Drogenpolitik nachzudenken. Ich darf hier für die F.D.P. ankündigen, daß wir uns auf einem drogenpolitischen Kongreß Anfang Juni mit all diesen Fragen, unterstützt durch Experten - aus dem Ausland -, beschäftigen werden. Wir hoffen, damit einen sinnvollen Beitrag zu einer vernünftigen Beratung und zu einer vorsichtigen Weiterentwicklung in der Drogenpolitik leisten zu können.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der SPD sowie des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] - Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der F.D.P. kann man selten Beifall klatschen, aber hier schon!)