Rede von
Hubert
Hüppe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich weiß jetzt nicht, ob das eine Feststellung oder eine Frage war.
Es ist überhaupt keine Frage, daß Alkohol eine gefährliche Droge ist. Ich habe noch letzte Woche dafür gesorgt, daß die Selbsthilfeverbände Unterschriften zur Bekämpfung von Alkohol an den Gesundheitsminister übergeben konnten.
- Lassen Sie mich doch einmal ausreden, Herr Singer. - Dabei hat Herr Seehofer deutlich gemacht, daß er sich zum Beispiel für eine Rückführung der Alkoholwerbung im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen einsetzen wird. Da sind wir uns einig. Wir müssen auch den Mißbrauch von Alkohol bekämpfen. Aber Sie können doch nicht, wie Sie es gerade getan haben, sagen: Weil die eine Droge gefährlich ist, müssen wir die andere auch noch zulassen. Das aber tun Sie.
Lassen Sie mich einige Gründe aufzählen, warum weder eine Freigabe von Haschisch noch die von anderen illegalen Drogen anzustreben ist. Die gängige Verharmlosung von Cannabis als weiche Droge ist irreführend und angesichts der pharmakologischen und medizinischen Wirkungen verantwortungslos. Cannabis ist ein variables Gemisch von psychotropen, toxischen und in ihrer Wirkung und Interaktion zum Teil völlig unerforschten Komponenten. Der Wirkstoff THC verweilt wochenlang im Körper, was unter anderem dazu führt, daß auch Gelegenheitskonsumenten lange Zeit nicht drogenfrei sind. Cannabis schädigt vor allem das zentrale Nervensystem, die Lunge und das Immunsystem. Bei Schwangeren wird auch der Fötus mitbetroffen. Vor diesen individuellen körperlichen Schäden kann nicht nachdrücklich genug gewarnt werden. - Diese richtigen Feststellungen stammen nicht von mir, sondern sie stammen von Herrn Singer in der Ausgabe „Drogen-Report" von vor einem Jahr. Herr Singer, ich frage Sie: Warum haben Sie diese gefährlichen Nebenwirkungen und Wirkungen von Cannabis nicht bei der Diskussion, bei der es um Hasch in Apotheken ging, genannt? Das ist keine ehrliche Politik.
In bezug auf die schleswig-holsteinischen Haschischpläne kann man nur noch feststellen: Der Prophet bleibt ungehört im eigenen Lager.
Meine Damen und Herren, da gerade noch einmal die Gefahr von Alkohol angesprochen worden ist
- Sie sprechen ja von leicht halluzinogener Wirkung und entspannender Wirkung -, frage ich Sie, Herr Schlauch: Wissen Sie denn, was es bedeutet, wenn ein leicht entspannter Fahrer, von halluzinogener Wirkung beeinträchtigt, Auto fährt? Wollen Sie zu den Gefahren, die Sie ja mit Recht genannt haben, diese Gefahren im Straßenverkehr zusätzlich haben?
- Mit uns nicht!
Weil Sie es eben nicht angesprochen haben - Sie werden schon Ihre Gründe dafür haben -, will ich noch auf den zweiten Punkt Ihres Antrags eingehen. Da geht es nämlich um den Bereich Ecstasy. Sie fordern sogenannte Schnelltests, wovon man sich nach Ihrem Antrag verspricht, Gefährdungen auszuschließen.
Dabei verschweigen die Grünen aber, daß solche Tests nur bekannte Substanzen aufspüren können. Die illegal hergestellten Tabletten enthalten jedoch eine Vielzahl ständig wechselnder Beimischungen, so daß eine vollständige Analyse gar nicht möglich ist.
Außerdem - das steht fest - kann ein Schnelltest lediglich das Vorhandensein, aber nicht die Konzentration eines Stoffes feststellen. Zudem hängt auch die Wirkung jedes Stoffes immer von der Tagesform und vom psychischen und physischen Gesundheitszustand des Konsumenten ab.
Von einer Schadensreduzierung durch solche Tests kann überhaupt nicht die Rede sein. Ich habe aber auch den Eindruck, es geht gar nicht mehr um Schadensreduzierung, sondern immer mehr um Schadensbegleitung, leider auf immer höherem Niveau.
Es ist einfach falsch, wenn Sie in Ihrem Antrag sagen, daß die Gefahren von Ecstasy nur in der Überhitzung oder im Kreislaufversagen liegen. Fast die Hälfte der Todesfälle im Jahre 1995 waren auf Selbstmorde zurückzuführen. Das hat mit der Reinheit von Ecstasy überhaupt nichts zu tun, denn die Wirkung von reinem MDMA ist: Was beim Alkohol der Kater ist, ist bei Ecstasy die Depression. Das ist eine der gefährlichen Komponenten von reinem Ecstasy. Deswegen müssen wir es bekämpfen.
Ich würde Ihnen ja noch einiges zugute halten, wenn Sie es nicht selbst besser wissen müßten. Sie hatten selbst eine Tagung, ein Hearing, zum Teil mit denselben Referenten, die wir auch in unserer Fraktion beim Hearing hatten. Diese Experten haben Sie darauf hingewiesen, daß die schlimmste Wirkung von Ecstasy voraussichtlich in den Langzeitschädigungen des Hirns liegt.
Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis! Meine Damen und Herren, wir wissen, daß auch reines MDMA Psychosen hervorrufen kann, die das ganze Leben hindurch nicht mehr geheilt werden können. Wir wissen, daß Ecstasy längst nicht mehr nur auf bestimmten Partys genommen wird, wie in Ihrem An-
Hubert Hüppe
trag behauptet wird, sondern inzwischen den Weg auf die Straße gefunden hat.
Wir wissen, daß fast alle Dauerkonsumenten von Ecstasy zusätzlich LSD und/oder reines Amphetamin zu sich nehmen, weil die gewünschte Wirkung nach einer Weile nachläßt. Wir wissen, daß zusätzlich im Chill-out fast immer Cannabis und leider Gottes auch immer häufiger Heroin geraucht wird, um vom E- Film wieder herunterzukommen.
Wir wissen, daß die Erstkonsumenten immer jünger werden und inzwischen auch Zwölf- bis Dreizehnjährige zu den Pillen greifen.
Obwohl Ihnen dies alles hinreichend bekannt sein müßte, bezeichnen Sie in Ihrem Antrag Ecstasy als weiche Droge. Das ist unehrliche Politik und vor allen Dingen gefährliche Politik, meine Damen und Herren.
Wenn Sie, Herr Schlauch, und Frau Knoche dann noch sagen - das haben Sie vor zwei Wochen getan, zumindest liegt mir eine Agenturmeldung darüber vor -, so etwas sollte in Coffee-Shops und Apotheken verteilt werden, was ist denn das überhaupt für eine Politik?
Bei jedem Stoff, bei jedem Medikament, bei jedem Lebensmittel, bei jeder Chemikalie sind Sie für ein Verbot, wenn nur der leiseste Verdacht einer Gesundheitsschädigung aufkommt. Aber bei dieser Droge meinen Sie, man könne sie über Apotheken und Coffee-Shops verkaufen. Das kann ich nicht mehr nachvollziehen. So eine Politik macht die CDU/ CSU auch nicht mit.
Als letztes darf ich noch einige Worte zu dem Antrag sagen, der uns heute außerdem vorliegt, nämlich zu der Initiative des Bundesrates. Dabei muß ich sagen: Dieser hat schon eine andere Qualität, und zwar deshalb, weil man bewußt - so steht es zumindest in dem Antrag - auf die Bezeichnungen „Gesundheitsraum" und „Fixerraum" verzichtet hat.
Dazu scheint die Tatsache geführt zu haben, daß inzwischen auch SPD-regierte Länder wissen, daß die Akzeptierung des Gebrauchs von Heroin zum Beispiel nichts mit Gesundheit zu tun hat.
Trotzdem muß man sagen: Auch hier wird die Unehrlichkeit der Antragsteller deutlich; denn als im Bundesrat im Mai darüber debattiert wurde, hat die hier anwesende SPD-Senatorin von Hamburg gleich am Anfang folgenden Satz gesagt:
Ziel ist es, klarzustellen, daß der Betrieb und die Nutzung sogenannter Gesundheits- oder Fixer-räume in Zukunft strafrechtlich freigestellt werden.
Wenn Sie das wollen, dann schreiben Sie es auch in Ihren Antrag. Aber zu schreiben, Sie wollen es nicht, und in der Begründung zu sagen, Sie wollen es doch, das zeigt Ihr Durcheinander, das zeigt die Qualität Ihrer Politik, die nicht mehr weiß, was sie überhaupt will. Das ist deutlich geworden; mehr Beweise kann es gar nicht geben.
Sie schreiben weiter, mit diesen Räumen wollen Sie Betroffenen zur Nichtabhängigkeit verhelfen. Es gibt keinen bekannt gewordenen Fall, daß der Nutzer eines Fixerraums drogenfrei geworden ist. Lesen Sie die Indro-Studie über Frankfurt, die von der Stadt selbst in Auftrag gegeben worden ist und die überhaupt nicht im Verdacht steht, unserer Politik Handreichungen zu geben. In der Studie ist kein derartiger Fall genannt, obwohl auch damals in Frankfurt gesagt wurde, das sei Ziel dieser Fixerräume. Das ist nicht geschafft worden.
Meine Damen und Herren, ich bleibe dabei: Unser Ziel ist nicht die Akzeptanz von Drogen. Wir müssen die Drogen bekämpfen, auch die legalen Drogen. Da werden Sie auch in mir einen Mitstreiter finden. In jeder Fraktion gibt es widerstreitende Meinungen; die Meinungen sind übrigens auch in der SPD-Fraktion unterschiedlich.
Wir setzen weiterhin auf differenzierte Hilfe, wir wollen Wege aus der Sucht finden. Dem dient unser Modellprogramm, mit dem wir versuchen, auch für langjährig Abhängige einen Weg aufzuzeigen, indem man die individuelle Situation berücksichtigt. Aber eine Politik, der es nur darum geht, ordnungspolitisch zu handeln, damit man die Süchtigen von den schönen Schaufenstern wegbekommt, und diese Politik dann noch human zu nennen, meine Damen und Herren, machen wir nicht mit. Wir gehen den Weg der Hilfe und nicht den der Akzeptanz.
Vielen Dank.