Rede von
Prof.
Gisela
Frick
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erkläre für die F.D.P. natürlich, daß wir den Reformentwurf 1999 unterstützen und uns gern auf das beschleunigte parlamentarische Verfahren eingelassen hätten.
Ich erkläre gleichzeitig aber auch, daß es der F.D.P. lieber gewesen wäre, wir hätten im Vorfeld dieses parlamentarischen Verfahrens in Gesprächen mit der SPD Eckpunkte vorgeben können, die ein entsprechendes Signal gesetzt hätten. Das wäre ein ganz entscheidender Vorteil gewesen: ein sehr frühzeitiges Signal an die Wirtschaft, daß wir in unserem Lande überhaupt noch reformfähig sind und eine Lösung für die Beschäftigungsprobleme finden können. Dieses Signal ist durch den Abbruch der Gespräche leider ausgeblieben.
Wir hätten mit Ihnen gern Vereinbarungen auf dem Weg hin zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit getroffen, die uns in der zweiten Runde des parlamentarischen Verfahrens, insbesondere im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß, die Arbeit erleichtert hätten. Leider haben Sie da nicht mitgemacht. Leider müssen wir jetzt den normalen parlamentarischen Weg einhalten.
Unsere Konzeption wird von den Gutachtern - im Gegensatz zu Ihrer Darstellung - im wesentlichen unterstützt. Es stimmt gar nicht, daß sie in der entsprechenden Anhörung des Finanzausschusses abgelehnt worden ist. Das einzige, was stimmt, ist, daß keine unmittelbaren, sofort feststellbaren Beschäftigungseffekte nachzuweisen sind.
Ein einziger Sachverständiger hat das gesagt.
Im großen und ganzen haben alle Sachverständigen in der Anhörung gesagt: Die Konzeption ist richtig; sie geht in die richtige Richtung. Sie sollte noch weitergehen, haben wir im Gegenteil immer wieder gehört, wir seien noch zuwenig mutig an die ganze Geschichte herangegangen. Das ist uns vorgeworfen worden, aber keineswegs, daß das der falsche Weg sei.
Daß wir von unserer angebotsbestimmten Politik auf Ihre nachfragebestimmte Politik umsteigen sollten, hat uns kein einziger empfohlen - wenn wir die Gewerkschaften mal ausschließen, die sich dieser Meinung eher angeschlossen haben. Das dürfen Sie hier nicht falsch darstellen.
Ein gewisses Problem für die Gespräche war natürlich auch der Vorwurf - das kam eben bei Ihnen, Herr Scharping, zum Ausdruck -, wir hätten eine Unterwerfung verlangt, indem wir eine Diskussion auf der Grundlage unserer Entwürfe vorgeschlagen hätten. Ja, die waren eben da.
Was war denn bei Ihnen vorhanden? Wir warten ja auf eine Gegenkonzeption.
Da muß man auch mal die Grünen loben, die tatsächlich eine Gegenkonzeption vorgelegt haben, die in sich schlüssig ist. Sie von der SPD haben allenfalls kleine Bruchstücke in die Diskussion geworfen, zudem vor jedem Gespräch andere Bruchstücke. Sie haben Junktims hergestellt, die inhaltlich und sachlich überhaupt nichts miteinander zu tun hatten, und die Hürden dadurch immer höher gesetzt. Das kann kein Ausgangspunkt für Gespräche sein.
Uwe Vorkötter schreibt in einem Leitartikel für die „Stuttgarter Zeitung", das Konzept der Koalition habe den Vorteil gehabt, daß es überhaupt da gewesen sei. Die SPD habe kein Konzept gehabt. Möglicherweise habe sie heimlich eines oder sogar mehrere gehabt. Aber sie habe öffentlich keinen Gebrauch davon gemacht.
Das ist eine wunderschöne Kommentierung zu Ihrer Haltung.
Welches hätte man als Grundlage für die Gespräche und für eine mögliche Einigung im Vorfeld nehmen können, wenn nicht unser Konzept?
Unser Konzept ist in sich schlüssig. Es ist, wie gesagt, von der Wissenschaft im großen und ganzen als ein Schritt in die richtige Richtung beurteilt worden. Es sind eher noch mutigere Schritte verlangt worden.
Ich brauche auf das, was der Kollege Schäuble zu Ihren einzelnen Punkten gesagt hat, überhaupt nicht einzugehen. Ich stelle nur fest, daß wir uns in der heutigen Debatte - ich weiß nicht, ob es daran liegt, daß Ministerpräsident Lafontaine im Moment wohl noch im Bundesrat festgehalten wird oder aus anderen Gründen nicht hier sein kann - schon wieder ein ganzes Stück nähergekommen sind, als der Abbruch der Gespräche das vermuten ließ.
Insofern hoffe ich, daß wir uns in dem weiteren parlamentarischen Verfahren, auf das Sie sich Gott sei Dank eingelassen haben, sehr viel näherkommen. Daher wollen wir, was nachher das Verfahren im Vermittlungsausschuß angeht, die Hoffnung nicht aufgeben. Zwar finde ich es nicht gut, daß ein Projekt wie diese große Steuerreform letztendlich im Vermittlungsverfahren endet,
aber es ist nun leider nicht anders zu machen. Es ist ja auch der vom Grundgesetz vorgesehene Weg.
Gisela Frick
Insofern noch einmal meine Aufforderung an Sie: Bitte machen Sie mit! Wagen Sie noch mehr als die ersten Ansätze, die wir bei der Debatte hier heute feststellen konnten! Dann bekommen wir vielleicht doch noch etwas hin.
Schönen Dank.