Rede von
Dr.
Hermann Otto
Solms
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann der Aussage des Kollegen Fischer nicht zustimmen, daß es gut sei, daß die Steuergespräche ohne Ergebnis zu Ende gegangen seien. Ich bin darüber enttäuscht.
Ich hatte ernsthaft gehofft, daß die Vorlagen eine gemeinsame Grundlage für eine Steuerreform sein würden. Dies ist nun vorerst gescheitert. Ich glaube nicht, daß die Menschen in Deutschland dafür Verständnis haben. Ich glaube vielmehr, daß die gegenseitigen Vorwürfe und Schuldzuweisungen niemandem helfen.
Der Kollege Fischer hat hier lautstark, wie immer, seine und die Vorstellungen seiner Freunde vorgetragen. Wir hatten einige ermutigende Signale vernommen. Allerdings ist zwei Tage später die Hälfte schon wieder zurückgenommen worden.
Ich möchte mich gerne mit zwei Argumenten befassen, erstens mit der Behauptung, wir seien eine Klientelpartei, und mit der Frage, wer begünstigt wird. Wir haben bei den Steuerreformvorschlägen ohne Ansehen der Betroffenen die Subventionen im Steuerrecht zur Streichung vorgeschlagen, und zwar für alle: für Arbeitnehmer, für Unternehmer, für freie Berufe, für alle, die diese Vorteile genutzt haben. Das ist eben genau das Gegenteil von Klientelpolitik. Das bedeutet mehr Steuergerechtigkeit.
Aber Sie haben, genauso wie die SPD, sehr schnell, obwohl Sie Herrn Bareis und seinem Gutachten immer zugestimmt haben, die Dinge, die Ihre Klientel betreffen, nämlich die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die Kilometerpauschale und die Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte, in Frage gestellt und abgelehnt.
Das ist Klientelpolitik im reinsten Sinne.
- Der § 34 ist zur Streichung im Konzept vorgeschlagen. Sie müssen nur in den Steuergesetzentwurf hineinschauen.
Ich will das ganz nüchtern zum Vergleich vorstellen. Die Steuerreform, die wir vorgeschlagen haben, soll mehr Arbeitsplätze schaffen, soll Steuerentlastungen bringen, soll mehr Steuergerechtigkeit bringen und das Steuerrecht auch ein wenig vereinfachen. Diese Zielsetzungen werden mit dem vorgelegten Steuerreformentwurf verfolgt und, wenn sie umgesetzt werden, auch erfüllt. Es nützt nichts, darum herumzureden.
Wenn Herr Fischer meint, eine Steuersenkung wäre ein Steuergeschenk, so zeigt das eine völlig falsche Grundauffassung über das, was Steuern sind. Denn Steuern sind das Geld der Arbeitnehmer und der Unternehmer und nicht das Geld des Staates.
Wenn wir Steuern senken, belassen wir mehr von dem hart verdienten Einkommen, das die Menschen verdient haben, in deren Händen und in deren Portemonnaie.
Das ist kein Steuergeschenk. Der Staat muß sich mit seinen Ausgaben eben bescheiden und darf den Steuerzahler nicht so stark belasten, daß die Leistungskraft sinkt und in Deutschland nicht mehr ausreichend investiert wird.
Meine Damen und Herren, heute gibt es in der Presse zwei sehr interessante Artikel, und zwar in der „FAZ" und im „Handelsblatt". In der „FAZ" findet sich ein Gespräch mit Herrn Lafontaine, dem Vorsitzenden der SPD, der dort sagt, seine Argumente seien hinreichend bekannt, er brauche nicht mehr in den Deutschen Bundestag zu kommen.
Eine interessante Auffassung über die Rolle, die er in diesem demokratischen System spielt.
- Sie können das nachlesen, er hat es genauso gesagt.
Im „Handelsblatt" gibt es einen Artikel von Herrn Spöri - hochinteressant, ich könnte ihn als meine Rede vorlesen. Ich stimme mit allem überein, was er dort sagt. Ich will nur ein kleines Zitat bringen: Grundorientierung müsse dabei sein, daß man nicht nur auf Nachfrage und Verteilungseffekte schiele, sondern die Verbesserung der Standortqualität gleichrangig sehe.
Dr. Hermann Otto Sohns
Damit sind wir sofort bei dem Thema Angebots- und Nachfragepolitik.
Diese Koalition hat ja nie eine reine, eine pure Angebotspolitik gemacht. Das war immer ein Mix. Aber eine Nachfragesteigerung ohne Verbesserung der Angebotsbedingungen führt doch offensichtlich ins Leere und belastet nur die öffentlichen Haushalte, schlußendlich also wieder die Steuerzahler.
An anderer Stelle sagt Herr Spöri, andererseits sei mit einer Nettoentlastung von unter 10 Milliarden DM kein nennenswerter ökonomischer Anschub zu erreichen. Recht hat der Mann, meine Damen und Herren. Mit einer Steuerreform muß jedenfalls nach unserer Auffassung eine deutliche Steuersenkung verbunden sein, sonst erreichen Sie keine Akzeptanz in der Bevölkerung. Sie müssen sich doch nur die Lohnzettel der Arbeitnehmer anschauen, um zu sehen, wie weit Brutto- und Nettolohn auseinanderklaffen. Dann sehen Sie doch die Probleme.
Die Arbeitnehmer erwarten eben von uns Steuerentlastung und Kostenentlastung, das heißt Beitragsentlastung, und nur beides zusammen macht Sinn. Eine reine Umverteilungspolitik, wie sie hier insbesondere von der SPD vorgeschlagen und von Herrn Fischer soeben bestätigt worden ist, führt nicht zu den notwendigen Anstößen zu mehr Wachstum und schließlich auch zu mehr Investitionen und Beschäftigung.
Das alles - darauf hat Kollege Merz ja hingewiesen - wird in dem „Spiegel"-Artikel dieser Woche ja ausgezeichnet dargestellt. Er zeigt nämlich, wie in anderen Ländern verfahren wird.
Er meint, daß wir nur den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten in anderen Ländern folgen müßten. Wenn wir die gleiche Politik machen würden, würden wir auch die gleichen Ergebnisse erzielen.
Wir wollen ja diese Politik machen, nur werden wir da, wo der Bundesrat mitzureden hat, daran gehindert. Das ist unser Problem.
Ich will nur ein Zitat aus dem „Spiegel"-Artikel bringen:
Radikal haben die Regierenden in den USA, in England, den Niederlanden, aber auch in Dänemark, Schweden und Neuseeland in den vergangenen Jahren ihre Steuer- und Sozialsysteme modernisiert. Nun ernten sie die Früchte. Als hätte sich eine gigantische Jobmaschine in Betrieb gesetzt, sinken anderorts die Arbeitslosenquoten, nach OECD-Statistik auf 5,3 Prozent in den USA,
auf 6,4 Prozent in Holland, auf 7,3 Prozent in Großbritannien. Wir verharren hier bei knapp unter 10 Prozent.
Und das ist der Unterschied, weil diese die Reformen rechtzeitig und entschlossen eingeleitet haben, und zwar die Reformen, die wir hier im letzten Jahr ausgiebig diskutiert haben. Ich erinnere an die verschiedenen Programme für Wachstum und Beschäftigung, an die Reform des Gesundheitssystems, an die Reform des Arbeitsförderungsgesetzes, an die jetzt eingeleitete Steuerreform, an die geplante Reform der Rentenversicherung und vieles andere mehr.
Diese Politik ist genau die, die wir betreiben müssen, um zu mehr Arbeitsplätzen zu kommen. Ich sage Ihnen: Eine Politik, die mehr Arbeitsplätze bewirkt, ist die sozialste Politik, die wir überhaupt betreiben können.
Meine Damen und Herren, ich will noch auf eine Äußerung von Herrn Lafontaine in der heutigen „Frankfurter Allgemeine Zeitung" zurückkommen. Er sagt: „Ich gehe an die Reform nicht nur steuersystematisch heran, auch die ökonomischen und sozialen Wirkungen müssen berücksichtigt werden. " Ja, neppig, meine Damen und Herren. Worum geht es denn? Es geht doch um die sozialen und ökonomischen Wirkungen, es geht um die Wirkungen auf den Arbeitsmarkt. Dafür machen wir die Reform.