Rede:
ID1317007000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/170 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 170. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. April 1997 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz) (Drucksache 13/7385) 15373 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung zu dem Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung hier: Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen (Drucksachen 13/2475, 13/5163) 15373 B c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Thierse, Jörg Tauss, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD:... Deutschlands demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Manfred Such, Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:... Ein ökologischer, sozialer und demokratischer Weg in die Informationsgesellschaft III (Schutz und Entfaltung selbstbestimmter Nutzung) (Drucksachen 13/5197, 13/5777, 13/ 6856) 15373 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 15373 D Siegmar Mosdorf SPD 15378 A Wolfgang Thierse SPD 15378 D Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) CDU/CSU 15382 B, 15387 B Thomas Krüger SPD 15386 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15387 C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . 15390 A Wolfgang Bierstedt PDS 15392 A Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 15393 D Jörg Tauss SPD 15394 A Franz Thönnes SPD 15395 C Hans-Otto Wilhelm (Mainz) CDU/CSU 15397 C Jörg Tauss SPD 15399 C Tagesordnungspunkt 15: Große Anfrage der Abgeordneten Horst Sielaff, Dr. Gerald Thalheim, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Zukunft der Landwirtschaft im Zusammenhang mit der EU-Agrarreform, der Osterweiterung und GATT/ WTO (Drucksachen 13/4205, 13/5333) 15402 B Horst Sielaff SPD 15402 B Jochen Borchert, Bundesminister BML 15404 B Horst Sielaff SPD 15404 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15407 B Ulrich Heinrich F.D.P. 15408 D Eva Bulling-Schröter PDS 15410 B Albert Deß CDU/CSU 15411 A Dr. Gerald Thalheim SPD 15412 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . 15414 B Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Detlef Kleinert (Hannover), Norbert Geis und weiterer Abgeordneter: Rechtschreibung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 13/7028) 15416 A Franz Peter Basten CDU/CSU 15416 B Dr. Liesel Hartenstein SPD 15418 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15420 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 15421 C Maritta Böttcher PDS 15422 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. (zur GO) . . 15423 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 15423 D Ulrich Irmer F.D.P 15424 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. (zur GO) 15424 D Nächste Sitzung 15424 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15425* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15425* C 170. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. April 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bachmaier, Hermann SPD 18.4. 97 Bläss, Petra PDS 18. 4. 97 Blunck, Lilo SPD 18. 4. 97 Duve, Freimut SPD 18. 4. 97 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 18. 4. 97 Gansel, Norbert SPD 18. 4. 97 Götz, Peter CDU/CSU 18. 4. 97 Haack (Extertal), SPD 18. 4. 97 Karl Hermann Hempelmann, Rolf SPD 18. 4. 97 Dr. Hendricks, Barbara SPD 18. 4. 97 Homburger, Birgit F.D.P. 18. 4. 97 Horn, Erwin SPD 18. 4. 97 Dr. Jacob, Willibald PDS 18. 4. 97 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 18. 4. 97 Knoche, Monika BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 18. 4. 97 Koppelin, Jürgen F.D.P. 18. 4. 97 Kröning, Volker SPD 18. 4. 97 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 18. 4. 97 Lehn, Waltraud SPD 18. 4. 97 Löwisch, Sigrun CDU/CSU 18. 4. 97 Dr. Maleuda, Günther PDS 18. 4. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 18. 4. 97 Dr. Pick, Eckhart SPD 18. 4. 97 Purps, Rudolf SPD 18. 4. 97 Reschke, Otto SPD 18. 4. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Rühe, Volker CDU/CSU 18. 4. 97 Schenk, Christa PDS 18. 4. 97 Schloten, Dieter SPD 18. 4. 97 Schmidt-Zadel, Regina SPD 18. 4. 97 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 18. 4. 97 Hans Peter Schütz (Oldenburg), SPD 18. 4. 97 Dietmar Steen, Antje-Marie SPD 18. 4. 97 Such, Manfred BÜNDNIS 18. 4. 97 90/DIE GRÜNEN Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Terborg, Margitta SPD 18. 4. 97 Türk, Jürgen F.D.P. 18. 4. 97 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 18.4. 97 Wallow, Hans SPD 18.4. 97 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 18.4. 97 Welt, Jochen SPD 18. 4. 97 Wester, Hildegard SPD 18. 4. 97 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 18. 4. 97 Margareta 90/DIE GRÜNEN Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 18. 4. 97 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Abgeordnete Dr. Wolfgang Wodarg hat mit Schreiben vom 16. April 1997 den Gruppenantrag „Änderung des Bundesseuchengesetzes: Aufnahme der übertragbaren spongiformen Gehirnentzündung" - Drucksache 13/7359 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im ersten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/5088, 13/725 Nr. 74 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im zweiten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/5675, 13/725 Nr. 75 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im dritten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/6292, 13/725 Nr. 76 - - Unterrichtung durch die Bundesregierung Über- und außerplanmäßige Ausgaben im vierten Vierteljahr des Haushaltsjahres 1993 - Drucksachen 12/7065, 13/725 Nr. 78 - Ausschuß für Verkehr - Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht über Schäden an Bauwerken der Bundesverkehrswege - Drucksachen 13/3970, 13/4401 Nr. 4 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/7117 Nr. 1.1 Finanzausschuß Drucksachen 13/6357 Nr. 2.18, 13/6861 Nr. 4 Drucksache 13/6861 Nr. 1.1 Drucksache 13/6861 Nr. 1.2 Drucksache 13/6861 Nr. 2.13 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/6454 Nr. 1.11 Drucksache 13/6766 Nr. 1.4 Drucksache 13/6766 Nr. 1.6 Drucksache 13/6766 Nr. 1.7 Drucksache 13/6766 Nr. 1.12 Drucksache 13/6766 Nr. 1.13 Drucksache 13/6766 Nr. 2.5 Drucksache 13/6766 Nr. 2.12 Drucksache 13/6766 Nr. 2.13 Drucksache 13/6766 Nr. 2.16 Drucksache 13/6766 Nr. 2.18 Drucksache 13/6766 Nr. 2.24 Drucksache 13/6766 Nr. 3.1 Drucksache 13/7017 Nr. 1.12 Drucksache 13/7017 Nr. 2.13 Drucksache 13/7017 Nr. 2.28 Drucksache 13/7017 Nr. 2.35 Drucksache 13/7017 Nr. 2.38 Drucksache 13/7017 Nr. 2.40 Drucksache 13/7017 Nr. 2.42 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/2306 Nr. 2.41 Drucksache 13/3668 Nr. 1.14 Drucksache 13/4137 Nr. 2.16 Drucksache 13/4137 Nr. 2.46 Drucksache 13/5056 Nr. 2.1 Drucksache 13/5687 Nr. 2.10 Drucksache 13/6152 Nr. 2.10 Drucksache 13/6357 Nr. 2.19 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/6357 Nr. 2.3 Drucksache 13/6593 Nr. 1.11 Drucksache 13/6861 Nr. 2.16 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/6454 Nr. 1.19 Drucksache 13/6861 Nr. 1.3 Drucksache 13/6861 Nr. 2.5 Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Drucksache 13/6357 Nr. 1.5 Drucksache 13/6357 Nr. 1.6 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/6357 Nr. 1.2 Drucksache 13/6357 Nr. 1.3 Drucksache 13/6593 Nr. 1.8 Drucksache 13/6593 Nr. 1.9 Drucksache 13/6766 Nr. 1.1 Drucksache 13/6766 Nr. 2.8 Drucksache 13/6766 Nr. 2.17 Drucksache 13/6861 Nr. 2.14 Drucksache 13/7017 Nr. 1.1
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    Rede von Dr. Gerald Thalheim


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tatsache ist, um das Jahr 2000 werden für die Agrarpolitik beginnend von der GATT-Runde bis hin zur künftigen Milchmarktordnung wichtige Entscheidungen fallen. Vielen ist bewußt, daß das nicht ohne Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die Bäuerinnen und Bauern in Deutschland sein wird. Angesichts einer derartigen, absehbaren Entwicklung stellt sich natürlich die Frage, mit welchen strategischen Konzepten man auf eine solche Entwicklung reagiert.

    (Horst Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Die eine Möglichkeit besteht darin, sich diesen Herausforderungen bewußt zu stellen und den Versuch zu unternehmen, die Richtung mitzubestimmen. Die andere Strategie besteht darin, Korrekturbedarf zu leugnen und die Hoffnung zu wecken, daß sich nichts ändern werde. Nach den heutigen Beiträgen, aber nicht erst seit heute, habe ich den Eindruck, daß genau das die Strategie der Bundesregierung ist.
    Herr Minister Borchert, Sie haben 1993 einmal ganz anders angefangen. Als neu ins Amt berufener Landwirtschaftsminister haben Sie Ihre neue Linie als den Weg zukunftsorientierter Agrarpolitik definiert.

    (Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein [CDU/CSU]: Gott sei Dank ist sie das auch! Gegenruf des Abg. Horst Sielaff [SPD]: Lies das mal und schau, was daraus geworden ist!)

    Sie wollten eine stärkere Agrarstrukturförderung; Sie wollten - so damals Ihre Ankündigung - artgerechte, umweltgerechte und landschaftspflegerische Produktionsverfahren stärker fördern; Sie wollten den Verbraucherschutz verbessern und - man höre und staune - die Funktionsfähigkeit der Agrarmärkte wiederherstellen.
    Ich darf Sie, Herr Borchert, an den Milchmarkt erinnern: Da müssen Sie ja selber über Ihre Ankündigungen lachen. Sie bringen es fertig, hier darüber zu philosophieren, ob die Milchmarktordnung geeignet

    Dr. Gerald Thalheim
    ist, eine Mengenbegrenzung herbeizuführen. Ich frage Sie, was haben Sie in den vier Jahren, seit Sie Minister sind, gemacht? Was haben Sie im Agrarrat gemacht, wenn heute eine Diskrepanz von 20 Prozent zwischen Angebot und Nachfrage besteht?

    (Beifall bei der SPD)

    Sie beschränken sich, Herr Minister Borchert, zunehmend aufs Moderieren. Viele fragen sich, wo denn eigentlich die Ursachen für Ihre Handlungsunfähigkeit liegen. Es ist die Frage zu stellen, ob es vielleicht daran liegt, daß durch den Wechsel an der Spitze des Deutschen Bauernverbandes seit Monaten klare Vorgaben von dort fehlen. Trifft die folgende Feststellung der Wochenzeitung „Das Sonntagsblatt" über den Präsidenten a. D. Heereman zu? Ich zitiere:
    Manchmal hieß es, die drei Agrarminister, die er erlebt hat (Ertl, Kiechle, Borchert), seien Minister unter ihm gewesen, und da war was dran.
    Herr Minister, das ist eine Auffassung, die sehr viele im Lande teilen.
    Die grundsätzliche Frage lautet aber: Ist es in schwierigen Zeiten richtig, Politik an den Interessen der Verbandsspitze zu orientieren, oder ist es nicht besser, Politik an den Interessen der zukunftsorientierten Landwirte zu orientieren? Da sind schon Zweifel angebracht, an wem sich Ihre Politik ausrichtet.

    (Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein [CDU/CSU]: Hast du in der letzten Zeit irgendwo mit Bauern gesprochen?)

    - Ich hatte mehrfach die Gelegenheit. Ich komme gleich darauf zurück, mein lieber Detlev von Hammerstein.
    Interessant ist, Herr Borchert, daß entgegen Ihren Ausführungen Kommissar Fischler genau entgegengesetzte Auffassungen hat. Ich habe nach seinen eigenen Aussagen den Eindruck - im Gedächtnis habe ich die letzten GATT-Verhandlungen -, daß er sich eher an den zukünftigen Herausforderungen orientiert und politischen Handlungsspielraum für die EU- Agrarpolitik zurückzugewinnen sucht.
    Herr Borchert, das wissen Sie genau. Was Sie heute von diesem Pult aus der SPD vorgeworfen haben, müßten Sie Kommissar Fischler und anderen Ministern in den EU-Mitgliedstaaten vorwerfen. Hier ist heute lediglich eine Ersatzhandlung zu besichtigen gewesen. Nicht der SPD, sondern Kommissar Fischler müssen Sie es vorwerfen. Mit Kommissar Fischler sitzen Sie in Brüssel an einem Tisch. Das, was Sie hier an Argumenten vorbringen, würden Sie besser in Brüssel anbringen.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Minister, eine weitere Feststellung: Sie wollten uns glauben machen, die Liberalisierung würde von der SPD forciert. Was wir wollen, ist nichts anderes, als daß Sie die Bauern auf die Folgen Ihrer Politik aufmerksam machen, damit sich die Bauern auf die Konsequenzen der Politik der Bundesregierung einstellen können. Um nichts anderes geht es.
    Dazu sind eine ganze Reihe von Argumenten anzuführen. Das erste ist das Argument der Liberalisierung. Ich habe mich heute gefragt: Wer ist es denn in diesem Hause, der Liberalisierung, der Deregulierung fordert? - Es ist Ihre Partei, es ist Ihr Koalitionspartner, die das hier immer wieder im Sinne der klassischen Angebotspolitik fordern. Und Sie wollen uns weismachen, daß ausgerechnet Sie in der Lage wären, das zu verhindern?
    Ich empfehle Ihnen, Ihre Rede auf der Grünen Woche 1993 nachzulesen. Dort steht in etwa der Satz: Die Landwirtschaft wird im Rahmen der gesamten Volkswirtschaft keine Ausnahme bilden können. - Hätte ich Ihre heutige Rede schon gekannt, ich hätte Ihnen diese Passage entgegengehalten.

    (Horst Sielaff [SPD]: Was Herr Bangemann redet, ist noch schlimmer!)

    In einer ganzen Reihe bilateraler Abkommen werden genau die Entscheidungen vorweggenommen, die in der nächsten GATT-Runde fallen. Ich staune über Ihren Realitätsverlust an dieser Stelle. Was hat denn Bundeskanzler Kohl im letzten Jahr in Argentinien vereinbart? Was ist angesichts des Besuchs von Nelson Mandela im letzten Jahr hier vereinbart worden? Es ist der erweiterte Zugang von Agrarprodukten in den europäischen Markt. Und Sie tun so, als wäre das alles keine Realität.
    Herr Minister, noch eines ist Ihnen entgegenzuhalten. Die Fachleute in Ihrem eigenen Hause haben die klare Aussage gemacht: Mit der letzten GATT-Runde sind die Instrumente und Regelungen schon weit vorweggenommen worden, nach welchem Strickmuster - das sage ich mit meinen eigenen Worten - die nächste GATT-Runde ablaufen wird. Und Sie wollen uns ernsthaft weismachen, daß es keine Vorprägungen gebe, daß alles noch offen sei.
    Herr Minister Borchert, ich prophezeie Ihnen: Genau das ist nicht der Fall. Wenn man Ihren heutigen Ausführungen gelauscht hat, muß man den Eindruck gewinnen, Sie gingen schon heute davon aus, daß Sie es, wenn das einmal Realität wird, nicht mehr von Ihrem Amt her zu verantworten haben.

    (Beifall bei der SPD Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein [CDU/CSU]: Das träumst du aber nur!)

    - Nein, mein lieber Detlev von Hammerstein. Ich komme auf deine Bemerkung von vorhin zurück: Ich hatte in der letzten Zeit häufiger die Gelegenheit, mit Milchbauern zu diskutieren - weniger bei mir zu Hause, eher in Bayern und anderswo. Gerade die Milchbauern müssen die Folgen dieser Politik und des Nichtausnutzens der Instrumente, von denen Sie, Herr Minister, gesprochen haben, tragen. Wenn ich mir vorstelle, daß die Milchbauern heute der Debatte und Ihren Ankündigungen lauschen, so kann ich nur sagen: Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
    Wenn ich mir den Beschluß der letzten Agrarministerkonferenz zur Milchmarktordnung vergegenwärtige, erinnere ich mich, daß am 31. März 2000 Schluß sein soll. Am 1. April fangen wir wieder an,

    Dr. Gerald Thalheim
    und all das, was vorher bestand, gilt nicht mehr. Da kann ich Ihnen nur sagen: Lesen Sie die Expertisen aus Ihrem eigenen Hause. Ich habe mir die Randnotiz gemacht: frommer Wunsch, sonst nichts.

    (Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Das waren aber die Bundesländer, mein lieber Gerald!)

    - Aber der Minister saß dort mit am Tisch als derjenige, der das in Brüssel zu vertreten hat.
    Eine letzte Bemerkung: Kommissar Fischler hat 1997 auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Agrar- und Umweltpolitik die Forderung auf den Punkt gebracht, als er sagte: Die europäische Landwirtschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts muß beides sein: umweltverträglich und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich.
    Im Sinne dieser Forderung haben wir mit unserem Entschließungsantrag eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht. Ich freue mich angesichts der heutigen Debatte auf die Diskussion über diese Vorschläge im Ausschuß.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Dann gebe ich das Wort dem Abgeordneten Heinrich-Wilhelm Ronsöhr.

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    Rede von Heinrich-Wilhelm Ronsöhr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Streit, der auch heute morgen hier wieder ausgetragen wird, und zwar über eine Große Anfrage der SPD, deren Einbringung ich an sich für sehr vernünftig erachte, macht sich erneut daran fest, daß einige offenbar dann, wenn sie eine Große Anfrage stellen, die Antworten darauf nicht zur Kenntnis nehmen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Soll ich zitieren?)

    - Herr Sielaff, dann lesen Sie doch bitte einmal die Antworten, die zu den WTO-Verhandlungen von der Bundesregierung gegeben worden sind.

    (Horst Sielaff [SPD]: Auf Seite 21!)

    Die Bundesregierung hat ganz eindeutig erklärt, welche Spielräume es noch immer bei diesen WTO- Verhandlungen gibt. Sie hat erklärt, daß wir diese Spielräume letztlich auch nutzen müssen. Wir können uns in keinen Automatismus hineinbegeben, wenn dieser, so wie er hier immer wieder aufgezeigt wird, durch die GATT-Verhandlungen und den GATT-Abschluß gar nicht vorgegeben ist.
    Ich gebe Herrn Thalheim recht, wenn er hier sagt, daß die EU-Kommission dazu eine andere Auffassung hat.

    (Dr. Gerald Thalheim [SPD]: Das ist die Tatsache!)

    Die deutsche Agrarpolitik darf aber nicht das Vollzugsorgan der agrarpolitischen Vorstellungen des Herrn Fischler werden.

    (Horst Sielaff [SPD]: Richtig!)

    Sie muß vielmehr eigene Vorstellungen entwickeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Dies hat Herr Borchert immer wieder getan.

    Nur, Sie von der SPD nehmen dies nicht zur Kenntnis, Sie fordern Herrn Borchert auf, er möge seine Vorstellungen aufgeben, da es Vorstellungen der EU-Kommission gebe. Genau das tut er nicht. Das halten wir von den Koalitionsfraktionen auch für richtig.
    Sie sagen: Es muß auch bei der EU-Agrarreform Anpassungsprozesse geben; wir müssen immer wieder das Stichwort der flächendeckenden Extensivierung - ich halte es aus der Sicht der deutschen Agrarpolitik für ein falsches Stichwort - auf EU-Ebene anbringen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Wer hat denn das gesagt?)

    - Sie haben dazu wieder etwas gesagt. Lassen Sie mich nun bitte ausreden. Auch ich habe Sie ausreden lassen!
    Sie sagen weiter: An der Extensivierung der Landwirtschaft müssen wir auch noch Prämienzahlungen festmachen.
    Wenn wir das tun würden, dann würden wir anderen Landwirtschaften in der Europäischen Union
    - zum Beispiel der schottischen und der irischen - nützen, aber nicht der deutschen,

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Spanien!)

    weil wir uns in einer ganz anderen Situation befinden.
    Deswegen sollten wir nach meiner Auffassung alles tun, um zusammen mit Jochen Borchert unsere gemeinsame agrarpolitische Vorstellung - häufig sind die Fraktionen dieses Hauses gar nicht soweit voneinander entfernt - immer wieder in Brüssel einzubringen. Er hat das in der Vergangenheit auch sehr erfolgreich getan.
    Es steht doch fest, daß Jochen Borchert sehr viel zur bürokratischen Vereinfachung der EU-Agrarreform beigetragen hat. Ich selber mußte ja im Rahmen dieser EU-Agrarreform immer wieder Anträge stellen. Dabei habe ich festgestellt, welche Vereinfachung sich dort in den letzten Jahren durchgesetzt hat. Natürlich kann ich mir noch weitere Vereinfachungen vorstellen.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Sie waren Abgeordneter!)

    - Im Gegensatz zu manchen hier betreibe ich noch Landwirtschaft und kenne ein bißchen die Praxis.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Ich auch!)


    Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
    Die kennen ja manche in diesem Hause gar nicht, mein lieber Uli Heinrich.

    (Beifall des Abg. Ulrich Heinrich [F.D.P.])

    Deswegen muß ich ja nachvollziehen können, was hier gemacht wird.
    Ich kann mich noch an die kritischen Stimmen erinnern, durch die Zweifel in die deutsche Landwirtschaft hineingetragen wurden, als es um die Absicherung des Währungsrisikos bei den Ausgleichszahlungen ging.
    Da hat er sich durchgesetzt, obwohl vorher so viele Zweifel geäußert haben, immer wieder versucht haben, Zweifel in die Landwirtschaft hineinzutragen. Warten wir doch einmal ab, inwieweit sich Jochen Borchert auch bei anderen Fragen durchsetzen wird!
    Ich finde es eigenartig, wenn die SPD hier fordert, wir müßten die Wettbewerbsposition der deutschen Landwirtschaft innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verbessern.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Das ist doch richtig!)

    - Ja, das ist richtig, wenn sie diese Forderung stellt, aber ich frage, meine Damen und Herren: Inwieweit unterwerfen sich denn rot-grüne oder rote Landesregierungen dieser agrarpolitischen Aufgabenstellung?
    Inzwischen existieren innerhalb der Bundesrepublik Deutschland auf Grund des Wirkens rot-grüner und roter Landesregierungen mehr Wettbewerbsverzerrungen als zwischen uns und den anderen europäischen Partnerländern. Das ist nicht hinnehmbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Leider Gottes ist das so!)

    Wenn Sie etwas zur Verbesserung der Wettbewerbsposition tun wollen, dann tun Sie doch erst einmal etwas in Ihren eigenen Reihen. Das machte Ihre agrarpolitischen Aussagen im Bundestag dann auch glaubwürdiger.

    (Horst Sielaff [SPD]: Das verstehe ich nicht!)

    Herr Thalheim, wenn Sie hier sagen, Sie hörten die Botschaft, aber Ihnen fehle der Glaube, dann muß ich anmerken: Ich höre in dieser Richtung von den SPD-Landesregierungen und den rot-grünen Landesregierungen überhaupt keine oder höchstens eine gegenteilige Botschaft, die im Grunde genommen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft verschlechtert, zumindest in den Bundesländern, in denen solche Landesregierungen bestehen.

    (Horst Sielaff [SPD]: Wo ihr nichts tut, sind die Länder schuld!?)

    Das ist nicht hinnehmbar.
    Wenn Sie eine solche Forderung stellen, dann sollten Sie zuerst einmal die eigenen Wirkungsmöglichkeiten ausschöpfen. Das jedenfalls hielte ich für richtig.

    (Horst Sielaff [SPD]: Bayern, oder was meinen Sie, Herr Kollege?)

    Ich meine also, daß es Spielräume für die WTO- Verhandlungen gibt und daß wir diese Spielräume

    (Zuruf von der SPD: Verspielen!)

    konsequent nutzen müssen, auch in dem Sinne, in dem es Albert Deß hier angesprochen hat. Wir müssen sie konsequent nutzen, weil die deutsche Landwirtschaft, die europäische Landwirtschaft mit Weltmarktpreisen nicht zurechtkommt.
    Bevor wir immer fordern, andere sollten sofort unsere Standards übernehmen, müssen wir auch noch so weit als möglich Außenschutz in der EU durchsetzen, wenn die anderen nicht sofort bereit sind, unsere Standards zu übernehmen. Und sie werden dazu nicht immer bereit sein.
    Das heißt, es gibt hier vielfältige Möglichkeiten, aber die Opposition spricht sie manchmal nur einfältig an. Wir sollten nicht zu einfältigen Aussagen, sondern zu Differenzierungen kommen. Das sollten wir uns in diesem Haus leisten.
    Ich glaube, daß wir nach wie vor - auch wenn wir einiges bei WTO und vieles im Bereich der Europäischen Union tun - ebenso auf die hausgemachten Aufgabenstellungen schauen müssen, auf diejenigen Wettbewerbsverzerrungen, die von den Bundesländern ausgehen.