Rede von
Horst
Sielaff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Nein. Angesichts der Zeit und der Tatsache, daß heute Freitag ist, ist das, glaube ich, auch im Interesse aller.
Wir werden, meine Damen und Herren, eine weitergehende Liberalisierung und Globalisierung der Agrarmärkte nicht verhindern können. Sie dürfen aber kein Selbstzweck zur Bedienung wirtschaftlicher Interessen sein, sondern müssen verantwortlich gestaltet werden. Die EU muß bei den WTO-Verhandlungen soziale, ökologische und an solidarischen Prinzipien orientierte Regelungen für den Welthandel durchsetzen, damit in der europäischen und weltweiten Landwirtschaft so nachhaltig gewirtschaftet werden kann, wie es die Gesellschaft, wie ich meine, zu Recht verlangt.
Ökologische Mindeststandards müssen vor allem für Fragen des Energie-, Rohstoff- und Wassereinsatzes entwickelt werden. Denkbar ist für eine sozial und ökologisch ausgerichtete WTO auch, künftig alle verbleibenden Zollkriterien entsprechend auszurichten und zu überprüfen. Wenn dies nicht gelingt, werden wieder einige wenige profitieren und die meisten verlieren. Der Markt ist kein Naturgesetz, sondern das Werk von Menschen. Deshalb hat die Politik die Pflicht, weltweite Regeln zum sozialen Ausgleich vorzugeben und nicht das freie Spiel der Kräfte als heilige Kuh zu betrachten. Denn ein schrankenloser internationaler Handel wird Probleme bei der Ressourcenverteilung schaffen und zu einem Ökodumping führen. Dies ist für die gesamte Landwirtschaftspolitik schädlich.
Das Prinzip der Ökologisierung und der sozialen Verantwortung sollte auch im Rahmen der Osterweiterung Eingang finden. Wir werden für mehr EU- Teilnehmer weniger Geld zur Verfügung haben. Darüber sind wir uns alle einig. Es bedarf daher eines ungeheuren Augenmaßes der Politik, um die für die Beitrittskandidaten umwälzenden Veränderungen vorsichtig anzugehen. Wir können zum Beispiel nicht mit dem Rasenmäher hingehen und den Polen vorschreiben: Wenn ihr beitreten wollt, dann entlaßt erst einmal drei Millionen Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft, sonst wird das nichts. - Wo, Herr Borchert, sind da Ihre Alternativen, Ihre Vorstellungen? Sie haben dies wiederholt versteckt so gefordert.
In den neuen Ländern haben wir gesehen, wie schwer die Schaffung von anderen Arbeitsplätzen trotz Milliardentransfers an Mitteln ist. Es wäre grob fahrlässig, den hier entstehenden sozialen Spreng-
Horst Sielaff
stoff zu ignorieren. Wir fordern vom Landwirtschaftsminister, Initiative zu zeigen und die Interessen der Landwirtschaft und der ländlichen Räume in der EU bei den anstehenden WTO-Verhandlungen endlich so zu vertreten, daß Landwirte ein ausreichendes Einkommen auch in der Zukunft erzielen können.
Gleichzeitig darf die Weiterentwicklung der Agrarpolitik nicht im Widerspruch zu den Zielen der Entwicklungsländer stehen. Diese dürfen nicht daran gehindert werden, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten zu stärken und ihre Chancen in Eigenverantwortung mit Nahrungsmitteln wahrzunehmen.
Wir sind gespannt, Herr Borchert, ob Sie heute in Ihrer Antwort endlich konkret werden und der Öffentlichkeit mitteilen, in welche Richtung Ihre Agrarpolitik in den nächsten Jahren gehen soll und wie Sie die notwendige Fortschreibung der EU-Agrarpolitik in Brüssel unterstützen. Was bisher vorgelegt worden ist, ist zu blaß und stützt sich auf das, was in der Vergangenheit gelaufen ist, hat aber wenig von Zukunftsperspektiven erkennen lassen.
Danke schön.