Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Ich finde es gut, daß sich der Deutsche Bundestag an diesem heutigen Freitag schwerpunktmäßig mit dem Thema Multimedia beschäftigt. Multimedia ist ein zentrales Zukunftsprojekt für die Bundesrepublik Deutschland. Es ist ein zentraler Schlüsselbegriff, eine zentrale Schlüsseltechnologie für den Standort Deutschland; es ist eine zentrale Antwort auf die Notwendigkeit der Sicherung bestehender Arbeitsplätze und der Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
Deshalb gehört Multimedia auch ins Zentrum der Standortdebatte.
Als jemand, der sich wie viele von Ihnen mit diesem Thema seit Monaten intensiv beschäftigt, finde ich es mehr als erstaunlich, wieviel Unkenntnis in der Öffentlichkeit über dieses zentrale Zukunftsthema noch besteht. Es gibt manche, die davon ausgehen, daß Deutschland weit zurückgefallen sei, daß wir im internationalen Wettbewerb gleichsam chanchenlos seien. Mich wundert allerdings besonders, daß es selbst fachkundige Kollegen, die es, wie ich sicher bin, besser wissen, aus politischen Gründen für opportun halten, die Chancen, die wir in Deutschland haben, kleinzureden. Ich sage dies zu Beginn dieser Debatte, weil es der Kollege Mosdorf für richtig befunden hat, heute morgen in einem Artikel genau dieser Strategie zu folgen.
Mich hat gewundert, daß ihm die SPD-Fraktion, wenn ich richtig informiert bin, heute kein Rederecht erteilt hat.
Dennoch finde ich es wichtig, weil er ja der Vorsitzende der Enquete-Kommission ist, daß er sich mit diesem Punkt auseinandersetzt.
Meine Damen und Herren, es ist eben nicht wahr, wie hier behauptet wird, daß Deutschland dabei sei, den Anschluß gründlich zu verpassen.
Es ist nicht wahr, daß wir zurückgefallen sind, sondern die Wahrheit ist, daß kaum ein Land in dieser Welt so gut auf das Multimediazeitalter vorbereitet ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Das heißt nicht, daß ich hier sage, wir hätten keine Probleme. Das heißt nicht, daß ich hier sage, wir müßten uns nicht anstrengen. Aber jeder weiß, daß die falsche Einschätzung der eigenen Ausgangsposition zwangsläufig dazu führt, daß die Strategien, die man darauf aufbaut, in die falsche Richtung gehen. Deshalb ist es mir wichtig zu sagen, daß wir in Deutschland in der Informationswirtschaft inzwischen nicht nur 1,4 Millionen Beschäftigte haben, und daß wir wissen, daß wir, wenn wir konsequent auf IuK setzen, bis zur Jahrhundertwende 1,2 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland sichern können, die sonst verlorengingen, sondern daß wir darüber hinaus über 200 000 neue Arbeitsplätze in diesem Bereich schaffen können.
Wir wissen, daß wir eine der besten Infrastrukturen im Bereich der Telekommunikation und der Informations- und Kommunikationstechnologien haben, die es weltweit gibt. Inzwischen stehen in der Hälfte der deutschen Büros PCs. Bundesweit gibt es 15 Millionen Geräte. 7 Millionen PCs stehen in den Haushalten.
Nun sage ich Ihnen, Herr Kollege Mosdorf, wie das mit den Gutachten und den Prognosen so ist. Als ich ins Amt kam, hatten wir, wenn ich es richtig im Kopf habe, von seiten des TAB-Büros des Deutschen Bundestages - das seriös arbeitet, wie wir alle wissen - eine Prognose vorliegen, daß im Jahre 2000 allenfalls 25 Prozent der Haushalte in Deutschland mit PCs und Online-Anschluß ausgestattet wären. Im vergangenen Jahr hatten wir bereits 28 Prozent.
Gerade dies zeigt, daß sich die notwendige Dynamik einstellt, wenn in Deutschland ein solcher Trend erst einmal begonnen hat. Deshalb gibt es überhaupt keinen Grund, hier in irgendeiner Form zu negativen Schlüssen zu kommen.
Wir wissen, daß wir im Bereich der Infrastruktur auch im internationalen Vergleich hervorragende Voraussetzungen haben: 100 000 Kilometer Glasfaserkabel, in den neuen Bundesländern sogar flächendeckend, 38 Millionen Telefonanschlüsse, 16 Millionen Anschlüsse für das Fernsehkabelnetz, was über 40 Prozent aller Haushalte ausmacht. All dies . zeigt: Die Infrastruktur in Deutschland ist hervorragend. 3 Millionen ISDN-Anschlüsse ergänzen dieses Bild.
Meine Damen und Herren, ich sage das deshalb, weil sich erst durch diese Erkenntnis die richtige Strategie ergibt. Es ist wahr: Wir haben einen Fehler gemacht. Dieser Fehler war, daß wir in Deutschland zu lange über die Netze debattiert haben. Das Starren auf die Ausstattung mit Anschlüssen - wie gesagt, unser Ergebnis ist exzellent - hat uns den Blick dafür verstellt, darüber nachzudenken, was in diesen Netzen eigentlich stattfinden wird, konkret ab dem 1. Januar 1998 nach der Liberalisierung der Netze.
Damit komme ich zum zweiten Punkt - ich finde ihn neben der Infrastruktur genauso wichtig -, zur Anwendung. Ich gebe zu, hier sieht die Situation schon etwas schwieriger aus. Dort ist sie nicht ganz so rosig wie bei der Infrastruktur. Aber auch da ist die Situation nicht hoffnungslos, sondern eigentlich ganz positiv zu bewerten. Sie ist deshalb positiv zu bewerten, weil wir uns intensiv darum bemühen, noch vorhandene Rückstände in diesem Bereich abzubauen.
Nun hat der Kollege Mosdorf kritisiert, daß wir zuwenig Forschungsmittel für diesen Bereich zur Verfügung stellen.
- Nein. Lieber Herr Kollege Tauss, im Unterschied zu manchen anderen Äußerungen setze ich mich mit den Äußerungen des Kollegen Mosdorf sehr intensiv und ernsthaft auseinander, wie Sie merken.
Die Frage der Zurverfügungstellung der Mittel, verehrter Herr Kollege Mosdorf, bitte ich in Ihrer eigenen Fraktion einer genaueren Diskussion und Klärung zu unterwerfen. Im Rahmen der Haushaltsdebatten der letzten Jahre bin ich gerade von Ihrer Fraktion dafür kritisiert worden, daß ich die Mittel sehr stark auf diesen Bereich konzentriert habe. Inzwischen sind es fast 1 Milliarde DM. Sie haben mir vorgeworfen, ich würde andere Bereiche ausbluten.
Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
Hier gilt: entweder - oder. Ich meine, Sie können sich bis zur nächsten Haushaltsdebatte damit beschäftigen.
Zurück zum zweiten Punkt, was man im Bereich der Anwendung tun muß und tun kann. Ich weiß, daß es zur Rolle der Opposition gehört, Initiativen zu kritisieren. Aber bei „Schulen ans Netz" habe ich das nicht so gerne, und zwar deshalb, weil man nicht denjenigen beschimpfen sollte, der eine Initiative ergreift, obwohl andere dies schon längst hätten tun müssen.
Sie haben mit Recht gesagt, „Schulen ans Netz" ist eine gute Sache. Darüber sind wir einer Meinung. Über den Umfang kann man reden. Wenn man ein Drittel anpackt - von den 35 000 Schulen läuft es bei 10 000 an -, dann kann man natürlich sagen: Schöner wären zwei Drittel, am besten wären 100 Prozent. - Einverstanden. Aber der entscheidende Punkt an der ganzen Sache ist, daß nur durch die Aktion „Schulen ans Netz" der Zug überhaupt ins Rollen gekommen ist.
Die Länder, die eigentlich zuständig sind, haben ihre Aufgabe über Jahre hinweg nicht erfüllt. Wir haben mit dieser Initialzündung erreicht, daß verhindert wird, daß unsere Schulen zu PC-freien Zonen werden.
Jetzt sage ich noch eines to whom it may concern, weil wir immer wieder wegen Bürokratismus gescholten werden. Die Aktion „Schulen ans Netz" ist vor etwa einem Jahr gestartet worden. Das heißt, wir haben es geschafft, innerhalb von wenigen Monaten bereits 3500 Schulen in Deutschland entsprechend auszustatten; am Ende des Jahres werden es 6000 von insgesamt 10 000 im Programm sein. Ich finde, daß das eine tolle Leistung ist; das sage ich nicht in meine Richtung, sondern in Richtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das umgesetzt haben.
Im Bereich der Anwendungen gibt es aber natürlich noch weitere Schritte, die wir unternehmen. Ich will auf unser Hochgeschwindigkeitsnetz, das Deutsche Forschungsnetz, kurz DFN genannt, hinweisen. Wir haben inzwischen in den Netzen eine Übertragungsgeschwindigkeit von 155 Megabit pro Sekunde erreicht. Das entspricht einer monatlichen Datenmenge von 2 Milliarden beschriebener DIN-A4-
Seiten. Alle unsere 326 Hochschulen und alle Forschungseinrichtungen sind angeschlossen. Im Sommer wird die Übertragungsgeschwindigkeit auf 622 Megabit pro Sekunde gesteigert. Das ist eine technische Mitteilung.
Die politische Mitteilung und die Schlußfolgerung, die sich daraus ergibt, lauten kurz zusammengefaßt wie folgt: Andere, wie etwa die amerikanischen Kollegen, reden von solchen Datennetzen, wir haben sie bereits.
Das ist auch deshalb ein wichtiger Punkt, weil es über die technische Ausstattung hinaus darum geht, daß unsere Wissensfabriken in der Wissensgesellschaft an das Wissen dieser Welt angeschlossen sind.
Daneben haben wir noch weitere Aktionen gestartet, etwa im Bereich der Telearbeit, des Teleservice, der globalen Bibliothek und der Telekooperation, das heißt der Anwendung solcher Technologien und Techniken etwa im Zusammenhang mit dem Umzug Bonn-Berlin oder im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung.
Der dritte Punkt neben der Infrastruktur und den Anwendungen - ich fordere Sie auf, darüber einmal gemeinsam nachzudenken - betrifft die Frage nach den unmittelbaren Inhalten.
- Nachdenken, Kollege Tauss, setzt voraus, daß Sie mir freundlicherweise zuhören. Wenn man redet, muß man vorher immer das Gehirn einschalten. Erst das Gehirn einschalten, dann reden - das ist die Reihenfolge.
Bei der Frage nach den Inhalten haben wir eine nicht ganz einfache Situation. Es besteht eine ziemlich starke amerikanische Überlegenheit im Bereich des Entertainments, obwohl durch die Oscar-Verleihung auch in Deutschland das eine oder andere ganz kleine positive Signal festzustellen ist. Darüber nachzudenken ist nicht nur eine technische Frage; darüber nachzudenken ist eine kulturelle Frage. Ich bin mehr als skeptisch, ob der französische Weg der gesetzlichen Festlegung von Quoten bei Fernsehübertragungen und ähnliche Maßnahmen der richtige Weg sind. Alle Erfahrungen, die bisher mit solchen Maßnahmen gemacht worden sind, von Minitel angefangen, haben letztlich ein Stück in die Irre geführt.
Umgekehrt weiß jeder von uns, daß wir mit staatlichen Mitteln etwa im Bereich der Software überhaupt nicht in der Lage sind zu intervenieren, weil Software eben kein übliches Forschungsprojekt darstellt, sondern ein Endprodukt ist, das wir nicht vom ersten Tag an subventionieren sollten. Das macht das Problem dabei aus. Dennoch glaube ich, daß es richtig und notwendig ist, bestimmte Bereiche zu identifizieren, in denen der Staat teilweise der einzige Kunde ist, etwa den Bereich des Telelearning und alles, was mit Bildung zu tun hat. Wir haben gerade eine Initiative im Rahmen der Europäischen Union gestartet, denn auch hier nützt es nichts, die Sache nur national zu betrachten. Das ist ja nicht nur eine Frage des Willens, sondern häufig auch eine Frage des Marktes.
Ich komme zum vierten Punkt - hiermit beschäftigen wir uns heute intensiv in diesem Hohen Hause -: Dabei geht es um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Informations- und Kommunikationsdienste. Wir haben über diesen Punkt schon verschie-
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dentlich diskutiert. Ich war dankenswerterweise, Herr Kollege Mosdorf, in der Enquete-Kommission eingeladen.
Es ist gut zu wissen, daß wir von der Grundauffassung her bei diesem Gesetz in diesem Hause eigentlich übereinstimmen. Das bedeutet nicht, daß wir uns bei den jetzt folgenden Beratungen nicht noch über die eine oder andere Einzelheit unterhalten müßten. Für mich ist aber in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Tatsache wichtig, daß dieses Gesetz kommt. Es ist deshalb wichtig, weil es endlich klare Rahmenbedingungen für die Informations- und Kommunikationsdienste in Deutschland schafft. Man kann es noch weiter gefaßt formulieren: Wir sind das erste Land in der Welt, das sich aufmacht, solche Rahmenbedingungen zu formulieren.
Am Anfang gab es bei den beteiligten Gruppierungen in der Industrie und in der Wissenschaft ein Stück weit Überraschung und auch ein Stück weit ein Abtasten: Was wollen die da? Wir wissen ja, wenn wir so etwas in schnell wachsenden und sich schnell verändernden Bereichen machen, dann vermuten viele, daß wir alles regulieren wollen. Ich bin froh, daß, nachdem es die eine oder andere erste zögerliche Reaktion gab, inzwischen eigentlich alle - von der Wirtschaft bis zur Wissenschaft - diesen Gesetzentwurf positiv kommentiert haben. Ich glaube, das ist eine gute Voraussetzung, um zu einem positiven Ergebnis zu kommen.
Wir haben dieses Gesetz ja auch als Beitrag zur Deregulierung angelegt und von Anfang an darauf verzichtet, eine Vielzahl von Detailregelungen zu treffen.
Wir haben - das war die große Schwierigkeit - mit den Ländern in umfangreichen Gesprächen und Verhandlungen Abgrenzungen vornehmen müssen. Da will ich Sie doch einmal persönlich ansprechen, verehrter Herr Kollege Tauss. Ich stelle mich auch schriftlich geäußerter Kritik. Natürlich kann man sich hier hinstellen und sagen: Das hättet ihr aber ganz anders machen müssen.
- Nun hören Sie doch einmal zu, bevor Sie den Mund aufmachen!
- Ich will ja nicht unterstellen, daß es ein genetischer Defekt ist.
Natürlich kann man hingehen und sagen, daß man alles noch mehr hätte zusammennehmen müssen, daß man den Föderalismus noch mehr vor der Tür hätte lassen müssen. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, das irgendwo zu schreiben oder zu sagen, ist natürlich eine leichte Sache, wenn man mit den eigenen Parteifreunden auf der anderen Seite sitzt und genau das zu verhindern versucht.
Der Grundansatz, den wir gehabt haben, bestand genau darin, möglichst einfache Regelungen für die gesamte Bundesrepublik Deutschland mit Ausstrahlung darüber hinaus zu finden, um zu verhindern, daß die Landesrundfunkanstalten plötzlich diejenigen Behörden sind, die den Nutzern der Netze sagen, in welchen Antragsverfahren das Ganze abzulaufen hat. Daß wir das geschafft haben, ist doch schon eine Riesenvoraussetzung, selbst wenn es an der einen oder anderen Stelle noch Probleme gibt.
Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Kompromiß; das ist wohl wahr. Ich weiß auch, daß die eine oder andere Stelle anders hätte gemacht werden können. Ich kenne nämlich meine eigenen Texte, mit denen ich in die Verhandlungen hineingegangen bin. Nur, am Schluß galt es, eine Abwägung zu treffen zwischen jahrelangen Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern bis hin zum Bundesverfassungsgericht und einem Kompromiß.
Da taucht dann die Frage auf, ob der Kompromiß tragfähig ist oder nicht. Ich sage Ihnen: Ich halte diesen Kompromiß für tragfähig. Ich stelle mich nachdrücklich hinter ihn. Ich halte ihn deshalb für tragfähig, weil er in den zentralen Fragen - Zugangsfreiheit, Grundzüge der Verantwortlichkeit, bereichsspezifischer Datenschutz - wort- und inhaltsgleiche Regelungen sowohl im Gesetz als auch im parallelen Staatsvertrag vorsieht.
Daher ist es aus der Optik desjenigen, der später Nutzer oder, anders formuliert, Kunde ist, völlig gleich, ob die Rechtsgrundlage im Gesetz oder im Staatsvertrag steht. Für ihn wird es sich nur im Rubrum irgendeines Verwaltungsaktes darstellen. Die Behörden, die das umsetzen, sind sowieso dieselben. Solange das wort- und inhaltsgleich ist, wird es der Nutzer überhaupt nicht merken. Das ist, glaube ich, die zentrale Kompromißformel gewesen, der Grund dafür, daß wir uns hier haben verständigen können.
Klarheit gibt es auch bei den Anwendungsbereichen. Klar ist: Teledienste und Mediendienste sind kein Rundfunk, jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Es gibt eine Zugangsfreiheit für die Mediendienste, und es gibt eine Zuordnung der heute bekannten Dienste zum Gesetz oder zum Staatsvertrag. Darüber hinaus haben wir - das ist politisch wichtig - mit den Ländern die Vereinbarung getroffen, daß wir uns, wenn sich technisch etwas ändert - jeder von uns weiß, daß sich technisch fast täglich etwas ändert - und es notwendig ist, zusammensetzen werden, um gemeinsam eine Lösung zu finden und die notwendigen Zuordnungen zu treffen.
Ich halte meinen Gesprächspartner, den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Beck, in dieser Frage für einen Ehrenmann, um das im Klartext zu sagen. Wir haben unser Wort gegeben, und er hat für
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die Länder sein Wort gegeben. Ich verlasse mich darauf.
- Ich weiß gar nicht, warum Sie nervös werden, wenn ich einen Ihrer Parteifreunde lobe. Ich weiß nicht, was Sie nervös macht.
Das mag Herr Beck mit Ihnen ausmachen; das ist nicht mein Problem.
Wir brauchen übrigens auch keine neue Behörde wie die vorgeschlagene Bund-Länder-Agentur. Wir können das anders regeln.
Wir werden im Rahmen der Beratungen noch etwas über das Thema Datenschutz diskutieren müssen. Es hat gerade in den letzten Tagen die eine oder andere Anmerkung des Bundesdatenschutzbeauftragten gegeben. Aus diesem Grunde liegt mir daran festzustellen, daß dieser Gesetzentwurf erstens mit den Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern abgestimmt ist und zweitens von ihnen unterstützt wird. Wir sollten allerdings - sonst wären die Beratungen hier im Hause gar nicht notwendig - noch über den einen oder anderen Punkt diskutieren, und zwar ganz konkret über das Problem der Weitergabe von personenbezogenen Daten an die Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste. Kollege Schmidt-Jortzig wird vermutlich - ich weiß das nicht genau - dazu gleich noch etwas sagen.
Der dritte Punkt betrifft das Thema digitale Signaturen. Daß ich diesen Punkt anspreche, obwohl er, so glaube ich, im Gesetzentwurf sehr gelungen geregelt wurde, hat damit zu tun, daß wir damit weltweit Neuland betreten. Wir sind das erste Land, das dies regelt. Mit diesem Signaturgesetz wird technische und administrative Sicherheit geschaffen werden.
Auch ich will, wenn ich in Zukunft meine Banküberweisungen per Computer ausstelle, sicher sein, daß nicht irgendein Hacker das Komma auf meiner Banküberweisung eine Stelle weiter rechts setzen kann. Hier müssen wir Sicherheiten schaffen. Wir werden in unserem Gesetzentwurf hierzu erste Schritte unternehmen.
Wir werden in einem zweiten Schritt dann prüfen, inwieweit im Zivilrecht, Prozeßrecht und Verwaltungsverfahrensrecht digitale Signaturen verwandt werden können. Mein Appell richtet sich hier in Richtung Bundesrat: Ich halte nichts davon, das Ganze staatlich zu organisieren. Es scheint mir ein falscher Weg zu sein, jetzt wieder staatliche Behörden aufzubauen, die solche digitalen Signaturen verwalten. Das wird innerhalb kürzester Zeit angesichts der explosionsartigen Vermehrung der Anwendungen dazu führen, daß wir hier eine Oberbehörde bekommen. Man sollte das privatrechtlich regeln. Das geht auch, wie wir wissen. Von daher gesehen sollten wir in der weiteren Debatte mit dem Bundesrat dafür sorgen, daß diese Erkenntnis, so wie sie im Entwurf formuliert ist, im Gesetz bleibt.
Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung zum Thema Jugendschutz machen. Dies betrifft etwa 1 Prozent der Angebote - nicht 99 Prozent -, die derzeit im Netz anzutreffen sind. Mir ist es wichtig, darauf immer zu Beginn hinzuweisen, damit die öffentliche Debatte keine falsche Schlagseite bekommt.
Auf der anderen Seite ist es mir wichtig, daß wir diese Regelungen haben; erstens aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, daß jede Technologie Akzeptanz benötigt. Wenn sie keine Akzeptanz erhält, findet sie auch keinen Markt. Von daher ist es notwendig, daß der eine oder andere Vorbehalt, den es mit Recht gegenüber manchem Informationsmüll gibt, im Gesetzentwurf aufgenommen worden ist.
Ich finde es zweitens falsch, wenn wir den Versuch machen würden, einen solchen Punkt technisch perfekt - das geht sowieso nicht - und rechtlich umfassend zu regeln.
Mir ist etwas anderes sehr viel wichtiger, und zwar, daß festgehalten wird, daß auch das Internet kein rechtsfreier Raum ist und werden darf. Es darf keine rechtsfreien Räume geben. Denn Recht hat nach unserem gemeinsamen Verständnis vor allen Dingen immer etwas mit dem Schutz von Schwachen zu tun.
Die Frage, ob ich das überall - zum Beispiel in der Karibik, bei irgendeinem, der etwas in das Internet eingibt - durchsetzen kann, ist nicht so wichtig wie die Tatsache, daß dieses Land, diese Kulturnation, sagt, daß sie nicht bereit ist zu akzeptieren, daß im Internet bestimmte Angebote erscheinen. Die Verbreitung der Auschwitz-Lüge muß verboten bleiben, unabhängig davon, ob sie in Schwarz oder Weiß, in Bits oder Bytes verbreitet wird.
Ich glaube, daß wir eine pragmatische Lösung gefunden haben. Es hat zu Beginn der Debatte die eine oder andere kritische Anmerkung von seiten der Industrie gegeben. Sie wissen, daß es uns inzwischen gelungen ist, eine freiwillige Selbstkontrolle mit den Betroffenen zu vereinbaren. Das heißt im Klartext, daß auch sie inzwischen akzeptiert haben, daß es solche Regelungen geben muß.
Ich würde mir wünschen, daß es in der nächsten Stufe in der Industrie auch im Bereich der praktischen Angebote - etwa für Eltern - zu Fortschritten kommt. Mein Wunsch wäre, daß jeder dieser Dienste in Zukunft automatisch ohne Mehrkosten mit einem elektronischen Schlüssel versehen ist, mit dem die Benutzer selber Regelungen treffen können, was sie jeweils in ihren vier Wänden zulassen wollen oder nicht.
Wir gehen auf jeden Fall jetzt den Weg einer einerseits rechtlich klaren Form, andererseits aber verbunden mit dem Versuch, über freiwillige Selbstkontrolle und internationale Verabredungen ein entsprechendes Regelwerk vorzulegen, das auf Grund dieser Technik unvollkommen sein muß, das aber die Grundsatzposition nicht nur des Deutschen Bundestages aufnimmt, sondern auch derjenigen in Deutschland, die nicht wollen, daß rechtliche Frei-
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räume entstehen, die sich einem wertenden Zugriff durch den Gesetzgeber auf dem Hintergrund unseres Grundgesetzes und der darin festgehaltenen Wertordnung entziehen.
Ich bedanke mich sehr herzlich.