Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die gegenwärtige Diskussion in Europa und in Deutschland wird in der internationalen Presse und bei den internationalen Finanzmärkten mit äußerster Aufmerksamkeit verfolgt. Dabei steht die Frage, ob wir es schaffen, den Euro termin- und fristgerecht einzuführen, längst nicht mehr nur für Währungs- und Fiskalpolitik. Sie ist zu einem Synonym geworden für die Reform- und die Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten insgesamt in einem sich dramatisch ändernden internationalen Umfeld. Weil das so ist, hat Ralf Dahrendorf unrecht, wenn er von „Nebensächlichkeiten, wie der Wirtschafts- und Währungsunion" spricht. Sie ist keine Nebensache, sondern eine Hauptsache, weil sie einen unglaublich hohen Symbolgehalt hat.
Wir haben doch im Grunde in allen entwickelten europäischen Industrienationen das Problem, daß wir eine große Einigkeit im Hinblick auf die Problemanalyse haben, die sich aus Globalisierung und Wettbewerbssituation ergibt.
Wir haben eine weitgehende Einigkeit im Hinblick auf die notwendigen Maßnahmen, die erforderlich sind, auch bis hinein in die Reihen von SPD und Grünen, selbst wenn sie das öffentlich noch nicht zugeben.
Aber es erweist sich als unglaublich schwierig, diese Maßnahmen auch umzusetzen: auf der nationalen Ebene, wenn es um Fragen wie Rente, Gesundheit oder Steuern geht, und auf der europäischen Ebene, wenn es um Regierungskonferenzen, Maastricht II oder um die Umsetzung der Wirtschafts- und Währungsunion geht. Da schwankt derzeit die öffentliche Meinung zwischen Respekt vor diesem Projekt, das man uns gar nicht mehr zugetraut hätte, und wachsenden Zweifeln, ob wir es denn schaffen werden, dieses Projekt durchzuführen. Um eine Antwort auf diese Frage können wir uns nicht herummogeln.
Peter Altmaier
Ich gebe Ihnen recht, Herr Kollege Fischer: Es wäre ein Desaster, wenn wir die Einführung des Euro über den vorgesehenen Termin hinaus verschieben müßten, nach innen wie nach außen. Es wäre aber auch ein Desaster, wenn wir die Kriterien über das hinaus, was im Vertrag geschrieben steht, aufweichen würden.
Es ist doch überall der Verdacht bereits vorhanden, daß wir das Banner „Reform" vor uns hertragen, aber im Grunde genommen nur Formelkompromisse, das heißt faule Kompromisse machen, die Probleme schönreden, anstatt sie zu lösen, nach dem Motto: Es muß etwas geschehen, aber passieren darf nichts. Das ist doch das Grundproblem unserer westeuropäischen Konsensdemokratie, daß man uns gar nicht mehr zutraut, die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Es gibt europäische Mitgliedstaaten, die haben viel größere Probleme als wir, wenn es darum geht, die Kriterien einzuhalten. Aber es wäre in der Tat schlimm, wenn die Einhaltung der Kriterien, wenn die Einführung der Währungsunion an Deutschland scheitern würde:
für unser internationales Ansehen, für das Vertrauen der Märkte und auch für die Auslandsinvestitionen in Deutschland.
Deshalb habe ich überhaupt kein Problem, zu sagen, daß ich das kurzsichtige und kleinkarierte Verhalten einiger Ministerpräsidenten, egal, ob sie der SPD, der CDU oder der CSU angehören, im Hinblick auf bevorstehende Wahlen für unverantwortlich halte und für unvereinbar mit den vitalen deutschen Interessen.
Herr Kollege Fischer, Frau Kollegin MatthäusMaier, ich halte Ihr Eintreten und Ihr Bekenntnis zum Euro für absolut glaubwürdig. Ich stimme darin mit Ihnen überein. Nur, dieses Bekenntnis allein reicht nicht aus, wenn Sie es dann an den notwendigen Schritten zur Umsetzung fehlen lassen. Wie steht es denn mit der Blockadehaltung der SPD-regierten Bundesländer im Bundesrat? Wie ist es denn mit der Weigerung der Bundesländer, ihren Konsolidierungsbeitrag zu erbringen?
Sie verhalten sich im Grunde genommen wie ein Zuschauer, der dem Läufer ständig Knüppel zwischen die Beine wirft und anschließend lamentiert, daß der Läufer keinen Weltrekord läuft. Das ist doch das Problem und die Heuchlei in dieser Debatte.
Ihre ganzen Bekenntnisse werden überhaupt nur Relevanz haben, wenn Sie bereit sind, in dem Bereich, in dem Sie Verantwortung tragen, auch Taten folgen zu lassen. Ich bin überzeugt: Wir haben in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Publizistik derzeit einen großen und breiten Konsens darüber, daß die vertragsgemäße und fristgerechte Einführung des Euro im deutschen und europäischen Interesse unverzichtbar ist. Wir müssen allerdings den Mut haben, uns auch dazu zu bekennen, und zwar im Hinblick auf beide Aspekte des Themas, und die notwendigen Maßnahmen auch zu ergreifen.
Vielen Dank.