Die Bundesregierung strebt die Inbetriebnahme der Schnellbahnverbindung Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland für 1997/98 an.
Wir befinden uns bereits im Jahre 1997. Aber wir haben noch nicht einmal einen Spatenstich, wie ihn Herr Wissmann landauf, landab so gerne tut.
- Es freut mich, daß der Kollege von der F.D.P. den Verkehrsminister einen „Spatenstichbeauftragten" genannt hat.
Das hätte ich nicht besser formulieren können. - Es ist also Schlimmes zu befürchten. Was soll aus der Strecke werden, wenn noch nicht einmal der Spatenstich gemacht ist? Geld ist keines da. Ich werde gleich noch darauf kommen.
Im Mai 1992 haben die Verkehrsminister Krause und Bianco in La Rochelle die Vereinbarung von La Rochelle unterschrieben, in der sehr konkrete Zeiten für die Fahrt von Paris nach Frankfurt - einmal über den Nordast Saarbrücken-Mannheim und einmal über den Südast Straßburg - vereinbart worden sind.
Durch ständig neue Aussagen seitens der Politik - auf der französischen wie auf der deutschen Seite -, aber auch seitens der SNCF und der Deutschen Bahn AG wurden die Regionen permanent verunsichert. Hiobsbotschaften und Erfolgsmeldungen folgten immer schön abwechselnd: einmal kein Geld auf der
Elke Ferner
französischen Seite; dann die Meldung, Luxemburg finanziert mit; dann hieß es, kein Neubau; dann hieß es, doch Neubau; dann hieß es, der Gare Lorraine wird nicht gebaut; dann kam die Nei-Tech-Variante ins Spiel; dann war wieder einmal davon die Rede, überhaupt nicht neu zu bauen;
dann hieß es doch wieder, Neubau. - Das, lieber Herr Kollege Friedrich, das wissen Sie genau, war Herr Dürr. Er hat in unserer Ausschußsitzung, in der auch Sie anwesend waren, deutlich gemacht, daß er nur noch eine Nei-Tech-Variante wollte. Das ist wiederum von der Bundesregierung dahin relativiert worden, daß es nur eine Übergangslösung sei. Zuletzt gab es die Äußerungen von Minister Wissmann im Saarland. Er versuchte, das Ganze mit Rechentricks zu beschönigen, und redete plötzlich nur noch von der Zeit für die Fahrt zwischen Saarbrücken und Mannheim, aber nicht mehr von der Zeit für die Fahrt zwischen Paris und Frankfurt.
Die Verunsicherung ist so groß geworden,
daß selbst der Bundeskanzler auf Grund eines Schreibens des Präsidenten des Conseil Général de la Moselle Aufklärungsbedarf sieht. Ich zitiere Ihnen jetzt einmal aus dem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers an den Verkehrsminister vom 4. Dezember 1996. Er schreibt an den Verkehrsminister:
Bitte prüfen Sie diese Unterlage und übermitteln Sie mir bald eine Stellungnahme zu diesem Thema. Für mich wird dieser Vorgang immer undurchsichtiger. Ich glaube nicht, daß es eine gute Politik ist, die Menschen in dieser Weise hinters Licht zu führen.
- Ja, der Bundeskanzler. Ich kann nur sagen: Recht hat der Mann. Ich hoffe, daß der Bundeskanzler, der sich ja auch persönlich sehr für die Strecke, insbesondere für den Nordast, eingesetzt hat, bei seinem Wort bleibt und im Kabinett einmal Tacheles redet, damit hier nicht immer weiter Verunsicherung betrieben wird, sondern endlich etwas passiert.
Unser Antrag ist also keine Panikmache. Er hat sich auch nicht erledigt, Herr Kollege Reichardt, weil alles auf bestem Wege ist. Es ist eine große Verunsicherung im Gange. Ich glaube wirklich, daß die Sorge in der Region, daß es keine Einbindung, sondern vielleicht nur eine Anbindung an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz gibt, sehr wohl berechtigt ist. Sie wollen doch sicher nicht Ihren eigenen Kanzler diskreditieren.
Wenn Sie mir das nicht glauben, was ich hier zitiert habe, dann kann ich es Ihnen gerne einmal zeigen.
Herr Dürr war gestern in Saarbrücken und hat bekanntgegeben: Ab 1998 gibt es den Nei-Tech-Zug. Er hat sich aber nicht zu der Frage geäußert, ob denn nun die geplante Ausbaustrecke, wie von der Bundesregierung angekündigt, wenigstens später - etwa um das Jahr 2000 - zur Verfügung steht. Diese Strecke ist Bestandteil der Transeuropäischen Netze, die leider genausowenig finanziert sind wie der Dreijahresplan Schiene.
Ich denke, als Übergangslösung ist diese NeiTech-Variante sicherlich akzeptabel. Zu zweierlei Dingen darf es aber nicht kommen: Es darf erstens nicht dazu kommen, daß wir mit einer sicherlich vernünftigen, aber noch neuen Technik ein ähnliches Desaster erleben, wie wir das mit dem Pendolino auf der Nahe-Strecke erlebt haben. Er fährt nämlich heute noch nicht,
obwohl das zum letzten Fahrplanwechsel groß angekündigt worden ist. Wenn dieser Nei-Tech-ICE nur bis Metz fahren soll, bedeutet das einen „gebrochenen Verkehr" . Das heißt, es gibt möglicherweise nicht einmal mehr eine durchgehende Verbindung von Paris nach Frankfurt. Das kann ja nun wirklich nicht im Interesse der Region sein, daß hier vorhandene Standards noch einmal massiv verschlechtert werden. Wenn die Franzosen die Neubaustrecke auf ihrer Seite gebaut haben, wird sich herausstellen, daß die Gesamtfahrzeit von Frankfurt nach Paris, die in La Rochelle vereinbart wurde, auf Grund der nur für Nei-Tech ausgebauten deutschen Strecke nicht zu halten ist.