Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon darauf hingewiesen worden: Die Diskussion zur Einführung eines oder einer Bürgerbeauftragten wird schon seit den 70er Jahren geführt. Nur, Frau Kollegin Nickels, ich habe auch heute keine neuen Argumente von Ihnen gehört, die dafür sprächen, solch ein Amt zu schaffen.
Ich sage es an dieser Stelle noch einmal für die F.D.P.-Bundestagsfraktion: Nach Art. 45 c des Grundgesetzes ist die Wahrung des Petitionsrechts die Aufgabe des gesamten Parlamentes. Wir wollen, daß es Aufgabe dieses gesamten Parlamentes bleibt.
Das Parlament ist vertreten durch einen paritätisch besetzten Ausschuß. Dieser hat die an ihn gerichteten Petitionen zu bearbeiten. Ich denke, es ist auch im Interesse der Bürger, daß dies so bleibt. Aus dieser Verantwortung, Frau Kollegin Nickels, darf das Parlament nicht entlassen werden. Das Parlament darf sich auch nicht selbst aus dieser Verantwortung verabschieden. Ich habe den Eindruck, daß es bei dem, was Sie - vielleicht gut gemeint - vorhaben, zu einer Verabschiedung des Parlamentes aus dieser ureigensten Verantwortung kommt.
Wir wollen, daß der Deutsche Bundestag weiterhin der „Kummerkasten der Nation" bleibt. Das Parlament ist und bleibt die ureigenste Vertretung der Bevölkerung. Das Parlament hat sich daher direkt und - das betone ich ausdrücklich - ohne Umwege der Anliegen der Bürger anzunehmen. Ich verweise hierzu noch einmal auf Art. 17 des Grundgesetzes; Herr Kollege Röttgen hat das schon angesprochen: Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.
Wenn dann hier von der Einsetzung von Ombudsmännern in anderen Staaten gesprochen wird, sollten Sie einmal den Vergleich anstellen: Ist es nicht so, daß in vielen anderen Staaten die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen schlechter sind als in Deutschland und eben deshalb auch ein Ombudsmann eingeführt wird? Ist es nicht so, daß der Verwaltungsrechtsschutz der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland bedeutend größer ist und wir auch von daher solche Ombudsmänner nicht brauchen?
Wenn Sie in Ihren Begründungen vortragen, daß ein Bürgerbeauftragter das Petitionsrecht attraktiver machen und für mehr Vertrauen in der Bevölkerung sorgen würde, so entspricht doch auch das nicht der Realität. Ich verweise auch hier noch einmal auf die 20 000 Petitionen, die jedes Jahr beim Petitionsausschuß eingehen. Gerade aus den neuen Bundesländern werden zunehmend Petitionen an uns herangetragen. Das zeigt doch, daß es sich hier nicht um einen anonymen Ausschuß handelt, sondern daß wir als Mitglieder in diesem Petitionsausschuß von den Bürgerinnen und Bürgern sehr wohl als Ansprechpartner gesehen und auch voll akzeptiert werden.
Günther Friedrich Nolting
Der Ausschuß - das müssen wir doch auch einmal in Selbstbewußtsein sagen - wird von der Bevölkerung akzeptiert, angenommen und gebraucht.
Ich will noch auf zwei Punkte in dem vorliegenden Gesetzentwurf eingehen. In der Begründung des Gesetzentwurfs für ein Bürgerbeauftragtengesetz beklagen Sie die angeblich mangelnde Kooperation der Exekutive, also der Bundesregierung. Wenn denn an dieser Behauptung etwas Wahres sein sollte - darüber kann man auch noch streiten -, dann ist es doch wohl unsere Sache, Sache des Parlamentes, Sache der Ausschüsse, sich angemessen gegenüber der Exekutive durchzusetzen und diese Aufgabe nicht an ein Hilfsorgan zu übertragen. Als Liberale sehen wir eben ein aktives und durchsetzungsfähiges Parlament als unerläßlich an. Aber da wird vielleicht deutlich, Frau Kollegin Nickels: Liberale haben ein anderes Parlamentsverständnis als die Grünen; das will ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich sagen.
Sie sprechen in Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes in Art. 45 c noch einmal an, daß Sie erreichen wollen, daß auch die Überprüfung von Bitten durch den Petitionsausschuß festgelegt wird. Sie fordern in der Begründung für die Bürger einen - ich zitiere - „ernstzunehmenden, direkten Zugang zur Volksvertretung". Ja, wenn nicht wir als Parlamentarier der direkte Zugang zum Parlament sind, wer denn dann? Ein Hilfsorgan? Das kann doch wohl nicht richtig sein.
Auch hier zeigt sich wieder ein unterschiedliches parlamentarisches Selbstverständnis: Wir jedenfalls betrachten uns - das kann ich, glaube ich, für alle meine Kollegen sagen - als direkten Zugang zum Parlament, als direkten Ansprechpartner.
Die Funktionen jedes einzelnen Abgeordneten, aber auch die des Petitionsausschusses sind völlig ausreichend definiert. Vielleicht müßte ihre Wahrnehmung hier und da noch verbessert werden; da stimme ich dem Kollegen Reuter zu. Aber das werden wir in der weiteren Beratung Ihrer Anträge noch überprüfen. Wir werden Ihre Anträge ernsthaft behandeln. Aber nach dem, was hier heute schon vorgetragen wurde, wird das, denke ich, was Sie mit Ihren Anträgen bezwecken, nicht umgesetzt werden.
Ich sage noch einmal: Wir wollen und dürfen nicht von unserer Verantwortung als Parlamentarier ablenken. Diese Verantwortung können wir nicht an ein Hilfsorgan übertragen.
Vielen Dank.