Das sind zwei Fragen. Die möchte ich gern beantworten. Das erste haben Sie zu Recht bemerkt. Da ich diesen Gesetzentwurf erarbeitet und auch lange Jahre im Rechtsausschuß gearbeitet habe und mich wirklich über die Diskriminierung von Frauen in der Rechts- und Verwaltungssprache immer geärgert habe, habe ich mir diesmal das Vergnügen bereitet, die einseitig weibliche Form zu benutzen, bei der selbstverständlich auch die Männer mit gemeint sind.
Es steht auch ausdrücklich darin:
Bürgerbeauftragte im Sinne des Gesetzes ist ein weiblicher oder ein männlicher Amtsinhaber.
Das wird Sie vielleicht trösten, Herr Kollege Schulze.
Zu Ihrer zweiten Frage, ob das eine Überinstanz sein solle: Nein, es soll keine Überinstanz sein. Sie als engagiertes Mitglied im Petitionsausschuß wissen selber, daß alles, was wir bearbeiten, im Ausschußdienst des Deutschen Bundestages gründlich vorbereitet werden muß. Dieser Dienst wird nicht von jemand politisch Gewähltem geleitet, sondern von einer hohen Verwaltungsbeamtin.
Ich wünsche mir - das ist dem Gesetzentwurf auch eindeutig zu entnehmen -, daß die Bürgerbeauftragte oder der Bürgerbeauftragte als gewählter Vertreter bzw. Beauftragter des ganzen Parlaments die Unterabteilung „Petitionen" leitet und auch verantwortet, was dort geschieht. Sie brauchen also ganz wenig neue Stellen und haben überhaupt keine überbordende Instanz, sondern quasi eine Parallelinstitution, die uns Petitionsausschußmitgliedern die Arbeit wesentlich erleichtern und uns sehr helfen wird, noch effektiver zu arbeiten, als wir es jetzt schon tun.
Meine weiteren Ausführungen fügen sich sehr gut an die Ängste an, die Herr Kollege Schulze geäußert hat. Es geht uns absolut nicht darum, hier sozusagen eine Überinstanz zu konstruieren, die es auch in der Realität so gar nicht geben kann. Im Gegenteil: Wir wollen das Petitionsrecht stärken. Die wesentlichen Vorteile, die durch die Bürgerbeauftragte hinzukommen können, was wir als Petitionsausschuß, der viel kann, leider nicht können, sind folgende:
Erstens wird durch eine Bürgerbeauftragte die Verwaltungskontrolle personalisiert. Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger ist eine klar identifizierbare Persönlichkeit, ein Mensch und kein anonymes Gremium,
das zwar aus 32 engagierten Abgeordneten besteht, die aber die Leute, die auf uns angewiesen sind, nicht alle kennen können, Herr Nolting. Das muß ich bei allem Respekt vor unserer Arbeit sagen.
Zweitens wird die Verwaltungskontrolle professionalisiert, weil die Bürgerbeauftragte diese Tätigkeit hauptamtlich versieht. Wir aber sind bei allergrößtem Engagement Abgeordnete, die Wahlkreise zu betreuen haben und in den Fachausschüssen sowie in den Fraktionen tätig sein müssen. Wir können nicht den ganzen Arbeitstag den Bürgeranliegen widmen. Eine Bürgerbeauftragte ist dazu gewählt, hat nichts anderes zu tun und kann damit die Arbeit wesentlich stärken.
Drittens kann eine Bürgerbeauftragte durch ihre Unabhängigkeit, ihre parteipolitische Neutralität - sie darf keiner parteipolitischen Tätigkeit nachgehen, und sie darf für die Zeit ihrer Wahl keiner anderen Institution angehören -, ihre Autorität und Flexibilität wirklich etwas hinzufügen, was wir als Petitionsausschuß nicht können.
Zu der Angst vor einer Superbehörde habe ich in der Antwort auf die Frage von Frederick Schulze schon das Nötige gesagt. Es wäre keine Superbehörde, auch keine Aufblähung des Verwaltungsapparats. Hier wäre eine Effektivierung und Stärkung des Petitionsrechts mit vergleichsweise sehr geringen zusätzlichen finanziellen Mitteln zu machen. Es würde überhaupt keine größeren verwaltungstechnischen Überlegungen brauchen, um das durchzuführen. Es ginge relativ einfach, wenn man sich darauf verständigen könnte.
Der nächste und letzte Punkt, der vielleicht auch Ihnen, Herr Kollege Schulze, wichtig ist. Ich selber als Vorsitzende des Petitionsausschusses und als eine, die sechs Jahre Obfrau war, weiß, daß der Petitionsausschuß andererseits Dinge tun kann, die ein Bürgerbeauftragter alleine nicht kann. Wir sind die unmittelbare Schleuse der Bürgerbegehren ins Parlament. Wir können diese Anliegen direkt in den Fachausschüssen einbringen und im Plenum debattieren. Das alles kann eine Beauftragte nicht. Deshalb haben wir zwei weitere Gesetzentwürfe vorgelegt, die die Gleichstellung von Bitten und Beschwerden vorsehen und den Schutz der Ausschußminderheit gewähren sollen.
Wenn Sie einmal die Protokolle des Rechtsausschusses und des GO-Ausschusses des Deutschen Bundestages von 1975 lesen, werden Sie sehen, daß sich der Rechtsausschuß in den Beratungen damals mehrheitlich dafür ausgesprochen hat, daß die umfangreichen Informationsmöglichkeiten, die unser Petitionsausschuß bei Einzelbeschwerden hat, auch für die Bitten zur Gesetzgebung vorgesehen werden. Das ist hier im Hause, damals unter sozialdemokratischer Regierungsmehrheit, leider unterlegen.
Ich hoffe, daß wir in den Ausschüssen noch spannende Debatten haben werden. Ich würde Sie wirklich sehr bitten, nicht mit einer geschichtslosen parteipolitischen Brille direkt alles abzubürsten, sondern vielleicht auch einmal die Geschichte des Petitionsrechtes zu verfolgen und zu überlegen, ob uns allen
Christa Nickels
und vor allem den Bürgerinnen und Bürgern das nicht sehr hilfreich wäre.
Danke schön.