Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen und brauchen mehr Arbeitsplätze in Deutschland. Darin sind wir uns mit der Opposition völlig einig.
Was heute morgen der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion, Scharping, im Zusammenhang mit Steuern und Steuerzahlern zum wiederholten Male gesagt hat, war verlogen und unverantwortlich.
Er hat heute morgen gesagt, daß er keine Mehrwertsteuererhöhung will, um Millionären mehr Geld zu geben.
Am 18. Januar 1996 hat Scharping im Bundestag gesagt - ich zitiere aus dem Protokoll -:
Das alles sind bittere Wahrheiten, und sie werden noch durch die Tatsache verschlimmert, daß in Deutschland die Hälfte der Einkommensmillionäre überhaupt keinen Pfennig Steuern bezahlt.
Das Bundesfinanzministerium hat nachgewiesen, daß das gelogen ist. Nur einer von 1 000, genau: 18 von 18 101 Einkommensmillionären haben sich durch Steuergestaltung ganz von der Steuer befreit.
Ich habe eine Presseauswertung, aus der hervorgeht, wie solche unverantwortlichen Aussagen transportiert werden und damit Neid erweckt wird. Es sind Pressemitteilungen, in denen auch der Schwachsinn einer solchen Aussage sehr deutlich beleuchtet wird. Ich kann nur bitten, nicht weiter Neid zu schüren. Herrn Scharpings Aussage war unverantwortlich, weil bewußt Neid geschürt wurde.
Wenn wir mehr Arbeitsplätze in Deutschland wollen,
dann brauchen wir mehr Selbständige. Denn jeder
Selbständige zieht etwa vier Arbeitsplätze nach. Wir
Peter Rauen
brauchen, wie der Kanzler immer wieder zu Recht sagt, eine neue Kultur der Selbständigkeit. Warum aber sollen sich junge Menschen das Risiko der Selbständigkeit aufladen, wenn der gleichzeitig winkende Gewinn von einer großen Volkspartei gejagt und verteufelt wird?
Das kann nicht zu einer neuen Kultur der Selbständigkeit führen.
Neid ist der größte Feind der Entstehung neuer Arbeitsplätze. Wenn Arbeitsplätze in Deutschland gesichert und zusätzliche geschaffen werden sollen, brauchen wir gesunde Betriebe mit guter Eigenkapitalausstattung. Das gilt für die Betriebe im allgemeinen, aber insbesondere für die kleinen und mittleren Betriebe, von denen zu Recht die Schaffung zusätzlicher und neuer Arbeitsplätze erwartet wird.
Im Gegensatz zu Aktiengesellschaften, die ihr Eigenkapital auf dem Kapitalmarkt besorgen können, brauchen die kleinen und mittleren Betriebe zwei Dinge zur Eigenkapitalstärkung und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze: anständige Gewinne und niedrige Steuersätze, damit nach Steuern mehr zur Bildung von Eigenkapital verbleibt. Deshalb sind die Steuerreform 1999 und der vorgezogene Teil für 1998 für die kleinen und mittleren Betriebe viel mehr noch als für die Großbetriebe Schritte in die richtige Richtung, um die Zukunft zu gewinnen.
Die gesamte Steuerlast einer Kapitalgesellschaft oder einer gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaft auf Gewinn war und ist zur Zeit in Deutschland noch viel zu hoch. Sie betrug 1995 in den alten Bundesländern 64,9 Prozent, hingegen - um nur einige zu nennen - in den USA 45,3 Prozent, in Frankreich 45 Prozent, in Belgien 39 Prozent, in den Niederlanden 35 Prozent und in Großbritannien 33 Prozent. Mittlerweile ist die Vermögensteuer abgeschafft, und die Gewerbekapitalsteuer wird hoffentlich in diesem Jahr abgeschafft. Beides waren und sind Arbeitsplatzvernichtungssteuern.
Ich fordere die SPD auf, unserem Vorschlag im Bundesrat und endlich auch im Parlament zuzustimmen, damit wir die Gewerbekapitalsteuer abschaffen können.
Mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf wird ab dem 1. Januar 1998 der Solidaritätszuschlag um 2 Prozentpunkte, der Einkommensteuersatz für gewerbliche Einkünfte um 7 Prozentpunkte und die Körperschaftsteuer auf einbehaltene Gewinne um 5 Prozentpunkte und für ausgeschüttete Gewinne um 2 Prozentpunkte gesenkt. Damit wird die Gesamtsteuerlast der Kapitalgesellschaften und der Gewerbebetriebe von fast 65 Prozent auf deutlich unter 50 Prozent gesenkt. 1999 werden weitere 5 Prozentpunkte folgen. Der Eingangssteuersatz für die Arbeitnehmer wird um 13 Prozentpunkte gesenkt und
damit gegenüber heute fast halbiert. Das ist eine Reform, die ihren Namen wirklich verdient.
Mit der Gegenfinanzierung durch strengere Gewinnermittlungsvorschriften und die Absenkung der degressiven MA können die kleinen und mittleren Betriebe gut leben. Es liegt in der Natur der Praxis, daß gerade mittelständische Betriebe neben guten auch schlechte Geschäftsjahre haben. In den schlechten Geschäftsjahren ist die Bilanz oft schlechter, als sie eigentlich ist, weil mögliche Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften oder Schäden nicht gebildet werden, weil sonst die Bilanz zur Vorlage bei der Bank zu schlecht würde.
Ich möchte all diejenigen, die zur Zeit Mittelständlern vorrechnen, daß ihnen die Steuerreform durch die Gegenfinanzierung nicht viel bringe, an die alte Steuerberater- und Bankerweisheit erinnern, nach der eine gute Bilanz immer besser und eine schlechte Bilanz immer schlechter ist. Viel wichtiger als die Einschränkung von Rückstellungen, Sonder- und Teilwertabschreibungen ist unterm Strich, daß den kleinen und mittleren Betrieben nach Steuern mehr verbleibt.
Die Petersberger Beschlüsse zur Steuerreform sind nach langen Jahren überzogener Steuer- und Abgabenbelastung für die arbeitenden Menschen in Deutschland, egal ob Selbständige oder Arbeitnehmer, ein Hoffnungsschimmer und werden die Wirkung auf dem Arbeitsmarkt nicht verfehlen. Wenn Sie glauben, daß Sie diese Steuerreform verhindern können, weil Sie auf dem Sockel hoher Arbeitslosigkeit eine Wahl gewinnen wollen, dann werden Sie schnell merken, daß die Menschen in Deutschland das eher durchschauen, als Ihnen lieb ist.
Schönen Dank.