Rede von
Ingrid
Matthäus-Maier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Herr Kollege Repnik, Sie versuchen seit Monaten, durch Zitate aus einem nie beschlossenen Diskussionspapier der SPD Punkte zu gewinnen. Wenn es nicht beschlossen ist, dann ist es nicht die Meinung meiner
Partei, und dann können Sie auch nicht daraus zitieren.
Nun zum Spitzensteuersatz: Wir haben in der Tat parteiübergreifend festgestellt, daß es durchaus Leute mit zu versteuernden Einkommen oberhalb von 240 000 DM gibt, die nicht den Spitzensteuersatz zahlen. Ich sage es noch einmal für die Zuhörer:
Der Spitzensteuersatz setzt oberhalb eines zu versteuernden Einkommens von 240 000 DM im Jahr bei Verheirateten ein. Wir reden also nicht von armen Leuten. Ein Teil der Leute zahlt diesen Spitzensteuersatz nicht, indem sie durch Schlupflöcher, Sonderabschreibungen und ähnliches ihr zu versteuerndes Einkommen deutlich herunterfahren. Deswegen muß es unser Ziel sein, diese Schlupflöcher und die Sonderabschreibungen zurückzuführen. Es gibt aber keinen Grund, als Belohnung dafür den Spitzensteuersatz auf 39 Prozent abzusenken.
Einen solchen privaten Spitzensteuersatz gibt es in Europa überhaupt nicht. Sie sagen immer: Gucken Sie ins Ausland. Ich habe die Liste der Spitzensteuersätze bei der Einkommensteuer vor mir liegen; außer Deutschland mit 53 Prozent: Belgien 55 Prozent, Frankreich 54 Prozent, Italien 51 Prozent, die Niederlande - sie werden immer wieder gelobt - 60 Prozent, Österreich 50 Prozent, Japan 65 Prozent, die USA immerhin noch 44 Prozent.
Ich will damit folgendes sagen: Wir werden in Deutschland wegen unserer unterschiedlichen Unternehmensformen eine solch starke Spreizung zwischen Körperschaftsteuer und privatem Spitzensteuersatz nicht durchführen können.
Ich rede jetzt sehr ruhig, damit kein falscher Eindruck entsteht. Ich bin der Ansicht, daß der Bundeskanzler dieser Republik im Vergleich zu den Leuten in der Wirtschaft durchaus nicht zuviel verdient. Aber Ihr Steuerpaket verschafft dem Bundeskanzler, den Mitgliedern der Regierung, den Ministerpräsidenten und den Landesministern im Jahr eine Steuerentlastung zwischen 20 000 und 30 000 DM. Sie wollen doch nicht behaupten, daß das neue Arbeitsplätze schafft. Deswegen ist Ihr Argument, die Senkung des privaten Spitzensteuersatzes schaffe Arbeitsplätze, dummes Zeug.