Nein, jetzt nicht.
Ich möchte nicht, daß der SPD eine Konfrontation mit den Widersprüchlichkeiten der Aussagen auch und gerade in den letzten Wochen erspart wird.
Ich fordere Sie hier von diesem Pult aus auf und stelle mich hinter den Appell von Theo Waigel, Wolfgang Schäuble und Dr. Solms von gestern, noch einmal an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wir stehen in bezug auf diese Ansicht doch beileibe nicht allein.
Es ist interessant, zu lesen, was in dieser Woche der SPD-Verhandlungsführer und Erste Bürgermeister von Hamburg, Henning Voscherau, im „Focus" erklärt hat. Ich darf ihn aus dem „Focus" zitieren:
Nach dem Kohlekompromiß hat Oskar Lafontaine erklärt, die SPD stehe für Verhandlungen wieder zur Verfügung. Meine Parteifreunde
- er wendet sich an Sie, nicht an uns -
aber müssen wissen: Wer A sagt, muß auch B sagen. Wer an den Tisch zurückkehrt, muß bei einer inhaltlich verantwortbaren Lösung bereit sein abzuschließen - auch um den Preis, daß es dem Kanzler bei der Bundestagswahl 1998 nützen könnte.
Weiter sagt Voscherau:
Ich würde mich an einer Scheinveranstaltung nicht beteiligen. Wenn man von der SPD in die Gespräche hineingeschickt wird, dann muß man auch Abschlußvollmacht haben. Für etwas ande-
Hans-Peter Repnik
res stehe ich als Unterhändler nicht zur Verfügung.
Geben Sie diesem Mann, der von der Sache etwas versteht, Abschlußvollmacht. Geben Sie ihm das Mandat zu verhandeln.
Ich muß mich nicht nur auf Herrn Voscherau beziehen. Ich kann mich auch auf den niedersächsischen Ministerpräsidenten beziehen, der immerhin wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundespartei ist. Er hat in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" gestern folgendes gesagt - ich zitiere wörtlich -:
Ich halte nichts von taktischen Spielchen. Unsere Leute wollen die Probleme gelöst sehen.
Dies ist die Realität in der Bevölkerung. Deshalb fordere ich Sie auf: Kehren Sie an den Verhandlungstisch zurück.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir schon bei der Wahrheit sind,
dann muß ich Sie noch mit einem anderen Sachverhalt konfrontieren. Alle Parteien haben, weil sie im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Steuerreform einig sind, Kommissionen gebildet, die diese Steuerreform vorbereiten sollten. Übrigens hat auch die SPD, und zwar unter Führung ihres finanzpolitischen Sprechers Voscherau, Mitglied der Verhandlungskommission, eine Kommission gebildet, die zu einem Ergebnis bei dieser Reform kommen soll.
Die Kommission hat einen Vorschlag gemacht, von dem ich das Gefühl habe, daß es sich lohnt, daß wir uns heute mit ihm auseinandersetzen. Er steht nämlich in einem interessanten Gegensatz zu vielem, was Herr Scharping heute morgen zu diesem Thema erklärt hat. Übrigens nicht nur Herr Voscherau, auch der finanzpolitische Sprecher Poß war Mitglied dieser Verhandlungskommission.
- Auch Frau Matthäus-Maier.
Unter anderem steht folgendes in dem Vorschlag; ich sage das jetzt im Zeitraffer:
Erstens. Tragende Grundsätze der Einkommensbesteuerung, wie die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sind schwerwiegend verletzt. Mehrfach hat das Bundesverassungsgericht das Einkommensteuerrecht in zentralen Bereichen für verfassungswidrig erklärt. - Völliger Konsens! Deshalb machen wir diese Reform.
Zweitens. Einkommensmillionäre - hochspannend im Hinblick auf das, was Herr Scharping heute
früh zu dem Thema gesagt hat - können ihre Steuerschuld in manchen Fällen sogar auf Null reduzieren. Es ist ein extremer Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit, wenn Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen eine höhere effektive Grenzbelastung zu tragen haben als Bezieher höherer Einkommen. - Exakt aus diesem Grund machen wir die Steuerreform.
- Frau Matthäus-Maier, ich kann es nicht mehr mit anhören, daß die Öffentlichkeit hier im Plenum des Deutschen Bundestages für dumm gehalten wird.
Herr Voscherau ist hier aufgetreten und hat gesagt, in Hamburg zahle nur noch die Hälfte der Einkommensmillionäre Steuern, die andere Hälfte nicht. Jetzt stopfen wir die Schlupflöcher. Jetzt versuchen wir die Möglichkeiten der legalen Steuerverkürzung zu beschneiden. Jetzt werden wir erreichen, daß Einkommensmillionäre einem Spitzensteuersatz von 39 Prozent ohne Ausweichmöglichkeiten unterliegen. Genau dies halten Sie uns jetzt aber vor. Das ist eine durchsichtige, von Neid geprägte Argumentation.
In diesem Papier fordert die SPD-Steuerkommission, der Spitzensteuersatz solle spürbar gesenkt werden. Das machen wir. Machen Sie doch mit!
Auf Partikularinteressen darf keine Rücksicht genommen werden. - Schwer genug. Wir machen es. Machen Sie doch mit! Wir sind uns doch einig.
Aufhebung der Steuerfreiheit von Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen und verschiedenen anderen Lohnbestandteilen ist auch Bestandteil unseres Entwurfs. Machen Sie doch mit!
Wir sehen Regelbesteuerungen von Lohn- und Einkommensersatzleistungen vor. Machen Sie doch mit! Wir sind uns doch auch in dieser Frage einig.
Meine Damen und Herren, Sie sind in den letzten Wochen übers Land gezogen und haben unseren Vorschlag im Hinblick auf eine Umwandlung der Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale nachhaltig bekämpft.
- Ich setze mich mit der SPD auseinander.
Ich möchte Ihnen den Spiegel vorhalten: In Ihrem Programm steht drin, aus „ökologischen Gründen" sei die Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale umzuwandeln.
Sie wollen damit also einen ökologischen Akzent setzen. Wir machen es. Machen Sie doch mit!
Hans-Peter Repnik
Sie haben dafür Sorge getragen, daß die Rentner in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die Besteuerung der Renten in eine hohe Verunsicherung geraten sind. In diesem Papier Ihrer Steuerkommission schlagen Sie die Besteuerung der Renten vor. Dies, meine ich, ist ein leichtfertiger Umgang mit der Wahrheit.
Wir laden Sie ein, auf der Grundlage dessen, was ich dargestellt habe, in die Gespräche einzutreten. Ich bin sicher, wir werden sehr schnell eine Reform verabschieden, die trägt und Arbeitsplätze schafft.
Ich bin nicht ganz sicher, weshalb Schröder oder Voscherau in diesen Tagen gesagt hat: „Jawohl, natürlich muß der Spitzensteuersatz gesenkt werden." Oder: „Natürlich müssen wir daran denken, die Mehrwertsteuer zu erhöhen,
um eine Gegenfinanzierung zu gewährleisten. "
Jetzt darf ich Ihren finanzpolitischen Sprecher der Bundespartei, den Hamburger Bürgermeister Voscherau, zitieren. In der „Wirtschaftswoche" dieser Woche sagt Voscherau wörtlich:
Drucken Sie es ruhig: Für diesen Zweck - es geht um die Steuerreform -
wäre ich bereit, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Die ist schon wegen des reduzierten Satzes längst nicht so unsozial, wie oft behauptet wird. Außerdem werden Lohnnebenkosten ausschließlich von Arbeitnehmern und ihren Betrieben bezahlt - die Mehrwertsteuer dagegen auch von Freiberuflern, Selbständigen, Beamten und Ministern.
- Nein, er bezieht sich auf den Gesamtzusammenhang.
Ich kann nur schließen: Er ist bereit, auch die Mehrwertsteuer zu erhöhen.