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    Plenarprotokoll 13/163 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 163. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. März 1997 Inhalt: Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Anni Brandt-Elsweier, Dr. Bodo Teichmann und Antje-Marie Steen 14625 A Bestimmung der Abgeordneten Michaela Geiger als ordentliches und des Abgeordneten Kurt J. Rossmanith als stellvertretendes Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß nach Art. 53 a des Grundgesetzes . 14625 B Wahl des Abgeordneten Dr. Fritz Wittmann zum stellvertretenden Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 14625 B Erweiterung der Tagesordnung 14625 C Absetzung der Punkte 171 und des Zusatzpunktes 13 von der Tagesordnung . . . 14626A, 14731 A Geänderte Ausschußüberweisung . . . 14626 B Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung der Islamischen Republik Mauretanien mit einer Delegation . . . 14722 D Begrüßung des Präsidenten der Abgeordnetenkammer des Großherzogtums Luxemburg mit einer Delegation . . . . 14725 A Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten (Drucksache 13/7163) 14626 B b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (Strafrahmenharmonisierung) (Drucksache 13/ 7164) 14626 C c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der StPO (Zeugenschutz) (Drucksache 13/7165) 14626 C d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Edith Niehuis, Christel Hanewinckel, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 13/7104) 14626 C e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Uwe-Jens Heuer und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines . Strafrechtsänderungsgesetzes - Sicherungsverwahrung (Drucksache 13/2859) 14626 D f) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung des Strafgesetzbuches und zur Reform der Strafvorschriften gegen Kinderhandel (Drucksache 13/6038) 14626 D g) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Entschädigung der Opfer von Straftaten (Zivilrechtliches Opferentschädigungsgesetz) (Drucksache 13/6831) . . . . 14626 D h) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren (2. Opferschutzgesetz) (Drucksache 13/ 6899) 14626 D i) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Rita Grießhaber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt verbessern (Drucksache 13/7087) . . . . 14627 A j) Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Dr. Jürgen Meyer (Ulm), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: 30-Punkte-Programm: Gesamtkonzept zum Schutz unserer Kinder vor sexueller Gewalt (Drucksache 13/7092) 14627 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Christina Schenk, Heidemarie Lüth, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Zur Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern (Drucksache 13/7166) . 14627 B Norbert Geis CDU/CSU 14627 B Dorle Marx SPD 14630 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14632 C Jörg van Essen F.D.P. 14634 C Christina Schenk PDS 14635 D Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 14636 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 14638 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 14640 B Horst Eylmann CDU/CSU 14642 C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14643 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 14645 A Ulla Jelpke PDS 14646 B Horst Eylmann CDU/CSU 14647 B Dr. Ulrich Goll, Minister (Baden-Württemberg) 14648 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD 14650 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 14652 B Hanna Wolf (München) SPD . 14653 B, D, 14655 D Rosel Neuhäuser PDS 14654 A Hermann Leeb, Staatsminister (Bayern) 14654 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 14656 B Heidrun Alm-Merk, Ministerin (Niedersachsen) 14657 C Maria Eichhorn CDU/CSU 14660 A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 14661 B Norbert Geis CDU/CSU 14662 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . 14663 D Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 14664 C Dr. Edith Niehuis SPD 14665 C Ulrike Mascher SPD 14666 A Anke Fuchs (Köln) SPD 14666 C Tagesordnungspunkt 4: a) Große Anfrage der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Entwicklung der Vermögen und ihrer Verteilung (Drucksachen 13/ 2406, 13/3885) 14667 B b) Antrag der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Hans-Eberhard Urbaniak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Offensive zur Förderung der Arbeitnehmerbeteiligung am Produktivvermögen (Drucksache 13/4373) 14667 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD . 14667 C, 14678 D Wolfgang Vogt (Düren) CDU/CSU . . 14668 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14671 B Gisela Frick F.D.P 14673 A Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . 14673 C Dr. Heidi Knake-Werner PDS 14674 C Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 14675 D Erika Lotz SPD 14677 B Tagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Neuordnung des Zivilschutzes (Zivilschutzneuordnungsgesetz) (Drucksachen 13/4980, 13/6101, 13/6669, 13/7074) 14679 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur stärkeren Berücksichtigung der Schadstoffemissionen bei der Besteuerung von Personenkraftwagen (Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997) (Drucksachen 13/4918, 13/6112, 13/ 6666, 13/7169) 14679 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Regelung der Sicherheitsanforderungen an Produkte und zum Schutz der CE-Kennzeichnung (Produktionssicherheitsgesetz) (Drucksachen 13/ 3130, 13/6203, 13/6890, 13/7170) . . . 14679 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Fünften Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Fünftes Bergarbeiterwohnungsbauänderungsgesetz) (Drucksachen 13/ 5963, 13/6505, 13/6889, 13/7171) . . . 14679 D Tagesordnungspunkt 16: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Rahmenübereinkommen des Europarats vom 1. Februar 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten (Drucksache 13/6912) . . . . 14680 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sortenschutzgesetzes (Drucksache 13/7038) 14680 B c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 13/ 7142) 14680 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Begleitgesetzes zum Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 13/7143) 14680 B e) Antrag der Abgeordneten Antje-Marie Steen, Klaus Kirschner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ergotherapeut/Ergotherapeutin (Drucksache 13/7082) 14680 C f) Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Wolfgang Schmitt (Langenfeld), Dr. Angelika Köster-Loßack und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reformbedarf der selbsthilfeorientierten Armutsbekämpfung in der Entwicklungszusammenarbeit (Drucksache 13/7088) 14680 C g) Antrag der Abgeordneten Uta Zapf, Günter Verheugen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Priorität für eine Politik der zivilen Krisenprävention und Konfliktregelung (Drucksache 13/6999) 14680 D h) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Veräußerung des ehemaligen NATO-Flugplatzes Lahr an die Stadt Lahr und die Gemeinde Friesenheim (Drucksache 13/7032) 14680 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Rehabilitierung, Entschädigung und Versorgung für Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und zur Änderung anderer Gesetze (Drucksache 13/6900) 14680 D b) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Fortsetzung der Garantiemengenregelung Milch und Stärkung der Position der milcherzeugenden Betriebe (Drucksache 13/7180) . . . 14681 A Tagesordnungspunkt 17: Abschließende Beratung ohne Aussprache a) Zweite Beratung und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juni 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinten Nationen und dem Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderung über den Sitz des Sekretariats des Übereinkommens (Drucksachen 13/ 6917, 13/7107) 14681 B b) Beschußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Rochlitz, Margareta Wolf (Frankfurt) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Freigabe und zivile Nutzung von ehemals militärisch genutzten Waldflächen im Viernheim-LampertheimerKäfertaler Wald (Drucksachen 13/1932, 13/4051) 14681 C c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Haushaltsvereinbarkeitsprüfung bei Unionsvorlagen (Drucksachen 13/7048) . . 14681 D d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Dritter Bericht über Schäden an Gebäuden (Drucksachen 13/3593, 13/3930 Nr. 3, 13/6592) 14681 D e) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Keine Fahrpreiserhöhung der DB AG in Ostdeutschland (Drucksache 13/ 6829) 14682 A f) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Finanzierung der neuen Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel und Straßburg (Drucksachen 13/6454 Nr. 1.21, 13/7018) 14682 B g) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Robert Antretter, Karsten D. Voigt (Frankfurt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gemeinsame Delegation der Vertreter des Deutschen Bundestages für die Parlamentarische Versammlung des Europarates und für die Versammlung der Westeuropäischen Union (Drucksachen 13/6503, 13/7030) 14682 C h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Post und Telekommunikation zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Grünbuch über ein Numerierungskonzept für Telekommunikationsdienste in Europa (Drucksachen 13/6861 Nr. 2.4, 13/7052) 14682 C i-k) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 184, 185 und 186 zu Petitionen (Drucksachen 13/7076, 13/7077, 13/7078) . . 14682 D Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz) (Drucksache 13/7158) 14683 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Große Anfrage der Abgeordneten Margot von Renesse, Dr. Herta Däubler-Gmelin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Betreuungsrecht (Drucksachen 13/3834, 13/7133) . . . 14683 A Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ . 14683 B Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 14684 A Margot von Renesse SPD 14685 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14687 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 14688 C Heidemarie Lüth PDS 14689 C Tagesordnungspunkt 7: a) Große Anfrage der Abgeordneten Cem Özdemir, Kerstin Müller (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Situation der Bundesrepublik Deutschland als Einwanderungsland (Drucksachen 13/ 2990, 13/5065) 14690 B b) Antrag der Abgeordneten Cem Özdemir, Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Visumspflicht für Kinder und Jugendliche aus den früheren Anwerbeländern zurücknehmen (Drucksache 13/6930) 14690 C c) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Rücknahme der Visums- und Aufenthaltsgenehmigungspflicht für hier lebende Kinder und Jugendliche aus den ehemaligen Anwerbestaaten Türkei, Marokko, Tunesien und den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens (Drucksache 13/7036) 14690 C d) Antrag der Fraktion der SPD: Keine neuen bürokratischen Hürden für jugendliche Ausländer - Einbürgerung endlich erleichtern (Drucksache 13/ 7090) 14690 C e) Antrag der Abgeordneten Christina Schenk, Ulla Jelpke, Steffen Tippach und der Gruppe der PDS: Abschiebestopp und Bleiberecht für afghanische Flüchtlinge (Drucksache 13/6554) . . 14690 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14690D Erwin Marschewski CDU/CSU 14693 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 14695 C, 14697 C Peter Altmaier CDU/CSU 14696 D Otto Schily SPD 14697 D Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 14698 A Ulla Jelpke PDS 14699 B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 14700 B Gerhard Bökel, Minister (Hessen) . . . 14701 B Namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. (Drucksache 13/ 7195) 14702 C Ergebnis 14703 B Namentliche Abstimmung über die Nr. II des Entschließungsantrags der SPD (Drucksache 13/7177) 14702 D Ergebnis 14705 C Namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 13/ 7121) 14703 A Ergebnis 14728 C Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Gerald Häfner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" (Drucksache 13/7120) 14708 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" (Drucksache 13/ 7162) 14708 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Otto Schily, Günter Verheugen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" (Drucksache 13/7175) 14708 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Gerhard Zwerenz, Heinrich Graf von Einsiedel, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" (Drucksache 13/7188) 14708 A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14708 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14709 A Dr. Alfred Dregger CDU/CSU . 14710 A, 14720 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14712 C Otto Schily SPD 14713 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 14715 C Gerhard Zwerenz PDS 14717 A Freimut Duve SPD 14718 B Erika Steinbach CDU/CSU 14719 B Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14719 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 14721 A Walter Kolbow SPD 14722 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 14725 B Dr. Theodor Waigel CDU/CSU 14727 B Zusatztagesordnungspunkt 12: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Reformgesetz) (Drucksachen 13/5676, 13/5730, 13/6845, 13/7051, 13/7173) 14730 D Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (3. Wahlrechtsverbesserungsgesetz) (Drucksache 13/7144) 14731 A Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 14731 B Ulrike Mascher SPD 14732 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14732 B Dr. Gisela Babel F.D.P 14732 C Petra Bläss PDS 14732 C Tagesordnungspunkt 9: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Freimut Duve, Gert Weisskirchen (Wiesloch), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Förderung unabhängiger Medien in Bosnien-Herzegowina (Drucksachen 13/4083, 13/6786) 14733 A Freimut Duve SPD 14733 A, 14737 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 14733 C Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14735 B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . . 14735 D Wolfgang Bierstedt PDS . . . . 14736 D, 14737 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . . 14737 D Tagesordnungspunkt 10: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fremdenverkehr und Tourismus zu dem Antrag der Abgeordneten Brunhilde Irber, Susanne Kastner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus (Drucksachen 13/ 3554, 13/5519) 14738 D Brunhilde Irber SPD 14739 A, 14746 A Klaus Brähmig CDU/CSU 14740 D Susanne Kastner SPD 14741 A Brunhilde Irber SPD 14741 C, 14745 D Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14742 D Dr. Olaf Feldmann F.D.P 14743 C, 14746 B Christina Schenk PDS 14744 A Dr. Gerd Müller CDU/CSU 14744 D Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14745 B Tagesordnungspunkt 11: a) Antrag der Abgeordneten Marina Steindor, Annelie Buntenbach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Deregulierung der EU-Systemrichtlinie 90/219/EWG (Drucksache 13/6586) . . 14746 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz (Drucksache 13/6538) . . . 14746 D Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14747 A Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Freimut Duve, Otto Schily, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhalt der Buchpreisbindung (Drucksache 13/6061) 14748 B Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Wolfgang Bierstedt, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Postverkehr auf Schienen abwickeln (Drucksache 13/6827) 14748 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umweltverträglicher Postverkehr (Drucksache 13/7161) 14748 C Dr. Winfried Wolf PDS 14748 D Nächste Sitzung 14750 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14751* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses : Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 (Zusatztagesordnungspunkt 3) 14751* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Winfried Wolf (PDS) zur Abstimmung über den Antrag der Gruppe der PDS: Keine Fahrpreiserhöhung der DB AG in Ostdeutschland (Tagesordnungspunkt 17 e) 14751* D Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 8 (3. Wahlrechtsverbesserungsgesetz) Helmut Heiderich CDU/CSU 14752* A Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Antrag: Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus) Dr. Olaf Feldmann F.D.P 14753* B Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 14753* D Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 a und b (a - Antrag: Keine Deregulierung der EU-Systemrichtlinie 90/219/EWG; b - Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz) Sigrun Löwisch CDU/CSU 14754* C Gudrun Schaich-Walch SPD 14756* B Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F.D.P. . . 14757* C Wolfgang Bierstedt PDS 14758* C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 14759* B Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Erhaltung der Buchpreisbindung) Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 14760* A Freimut Duve SPD 14761* D Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14763* A Jürgen Türk F.D.P. 14763* C Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMWi 14764* A Gerhard Zwerenz PDS 14764* D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Antrag: Postverkehr auf Schienen abwickeln) und zu Zusatztagesordnungspunkt 14 (Antrag: Umweltverträglicher Postverkehr) Renate Blank CDU/CSU 14765* B Siegfried Scheffler SPD 14765* D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14768* B Horst Friedrich F.D.P. 14768* D Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär BMPT 14769* C 163. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. März 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 13. 3. 97 * Blunck, Lilo SPD 13. 3. 97 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 13. 3. 97 Braun (Auerbach), Rudolf CDU/CSU 13. 3. 97 Dr. Brecht, Eberhard SPD 13. 3. 97 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 13. 3. 97 * Bury, Hans Martin SPD 13. 3. 97 Gansel, Norbert SPD 13. 3. 97 Horn, Erwin SPD 13. 3. 97 * Dr. Jacob, Willibald PDS 13. 3. 97 Krautscheid, Andreas CDU/CSU 13. 3. 97 Lenzer, Christian CDU/CSU 13. 3. 97 Dr. Luft, Christa PDS 13. 3. 97 Lummer, Heinrich CDU/CSU 13. 3. 97 * Dr. Maleuda, Günther PDS 13. 3. 97 Marten, Günter CDU/CSU 13. 3. 97 * Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 13. 3. 97 Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 13. 3. 97 Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 13. 3. 97 Seuster, Lisa SPD 13. 3. 97 Tauss, Jörg SPD 13. 3. 97 Teiser, Michael CDU/CSU 13. 3. 97 Voigt (Frankfurt), SPD 13. 3. 97 Karsten D. Vosen, Josef SPD 13. 3. 97 Wallow, Hans SPD 13. 3. 97 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 13. 3. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 13. 3. 97 ) *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgit Homburger (F.D.P.) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses: Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 (Zusatztagesordnungspunkt 3) Die Einigung im Vermittlungsausschuß zum KfZ- Steuer-Änderungsgesetz ist ein Kompromiß mit Butten und schlechten Aspekten. Positiv ist, daß zugun- Anlagen zum Stenographischen Bericht sten der Bürgerinnen und Bürger massive Steuererhöhungsforderungen der Länder abgewehrt werden konnten und mit der Absenkung der Steuersätze für moderne Diesel eine langjährige Forderung der F.D.P. umgesetzt wird. Inakzeptabel ist für mich jedoch der Verzicht auf die von der Koalition im Gesetz angelegte Umlegung der KfZ-Steuer auf die Mineralölsteuer ab dem Jahre 2003. Damit wird eine Riesenchance vergeben, mit der Umsetzung des Verursacherprinzips gleichzeitig zur Verkehrsvermeidung beizutragen und Anreize für verbrauchsärmere Fahrzeuge zu geben sowie zur Vereinfachung des Steuerrechts durch den Wegfall einer ganzen Steuerart beizutragen. Ich bedauere, daß trotz des Angebots des Bundes an die Länder, ihnen einen Ausgleich für den Wegfall der KfZ-Steuer zu gewähren, die SPD-geführten Länder im Vermittlungsausschuß mit ihrer Mehrheit eine Abstimmung über das jetzige Modell erzwangen. Damit hat letztlich der massive, einzig und allein finanzpolitisch motivierte Druck der SPD-geführten Länder zu einem Scheitern dieser notwendigen Maßnahme geführt. Die Grünen, die diese Lösung nicht nur in Parteitagsprogrammen, sondern auch mit Anträgen im Deutschen Bundestag mehrfach gefordert haben, haben mit ihrem Verhalten in den Ländern ihre umwelpolitische Glaubwürdigkeit verloren. Sie ordnen ökologische Aspekte in den rot/grün-regierten Ländern der finanzpolitischen Kirchtumspolitik der Landesregierungen unter. Das Scheitern einer auf breite politische Akzeptanz stoßenden, sinnvollen und langjährig diskutierten Forderung nach Umlegung der KfZ-Steuer auf die Mineralölsteuer aus egoistischen Länderinteressen zum jetzigen Zeitpunkt ist ein politisches Armutszeugnis für die Länder. Daher werde ich dem Vermittlungsergebnis nicht zustimmen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Winfried Wolf (PDS) zur Abstimmung über den Antrag der Gruppe der PDS: Keine Fahrpreiserhöhung der DB AG in Ostdeutschland (Tagesordnungspunkt 17 e) Ich stimme für den Antrag, weil die genannten Fahrpreiserhöhungen, obgleich gegenüber den ersten Ankündigungen zeitlich gestreckt und im Umfang reduziert, in keiner Weise durch das Fahrplan- und Serviceangebot der DB AG in den neuen Bundesländern gedeckt sind. Ich stimme für den Antrag, weil die soeben durch den MdB Albert Schmidt (Hitzhofen) bekanntgemachten Streckenstillegungs-Pläne der DB AG in be- sonderem Maß die neuen Bundesländer treffen sollen und weil damit dort gerade in den kommenden Jahren mit den genannten Fahrpreiserhöhungen das Bahnangebot massiv abgebaut wird. U. a. sind in Mecklenburg-Vorpommern 62,9, in Thüringen 66,4, in Sachsen-Anhalt 36,9, in Sachsen 34,2 und in Brandenburg 39,4 Prozent des Streckennetzes von Stilllegung bedroht. Ich stimme für den Antrag, weil unter den gegebenen Bedingungen die genannten Fahrpreiserhöhungen zusammen mit den Angebotsverschlechterungen noch mehr Verkehr von der Schiene auf die Straße und in die Luft verlagern und damit einen zusätzlichen Beitrag zur Umweltbelastung leisten werden. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 8 (3. Wahlrechtsverbesserungsgesetz) Helmut Heiderich (CDU/CSU): Als Gesetzgeber wird uns häufig vorgehalten, wir seien mit unseren Entscheidungen zu weit von der Praxis entfernt. Insbesondere ließen die gesetzlichen Vorschriften immer wieder Schlupflöcher offen, durch welche Findige den Auflagen des Gesetzes entschlüpfen könnten. Andererseits wird genau entgegengesetzt argumentiert, die Maschen unserer Paragraphenwerke seien nicht fein genug. Betroffene könnten zu ihrem Nachteil durch das aufgespannte Netz rutschen, entgegen den Intentionen des Parlaments gegebene Möglichkeiten nicht nutzen oder nachteilig betroffen sein. Mit der heutigen Gesetzesvorlage greifen wir in vielen Bereichen diese Argumente auf, führen sozusagen eine Feinabstimmung durch. Trotz aller Vorüberlegungen und Simulationen in den zuständigen Ministerien vor der Paraphierung, trotz der eingehenden Beratungen und Anhörungen in den Ausschüssen und während der Lesungen im Parlament kommen bei der Umsetzung in die Praxis immer wieder Ergebnisse zutage, die nicht in der Zielrichtung des Gesetzgebers liegen. Ein typisches Beispiel liefert der § 50 des Pflegeversicherungsgesetzes. Wenn Pflegegeld nach diesem Gesetz zusammentrifft mit Pflegeleistungen aus dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) und der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), dann kann es nach den bisherigen Regelungen zu einer Doppelanrechnung des Pflegegeldes kommen. Im Ergebnis führt dies zu finanziellen Einbußen für die Betroffenen. Nach der geltenden Rechtslage ist diese wechselseitige Anrechnung durch die beiden unterschiedlichen Behörden sogar rechtlich korrekt. Mit der jetzt eingebrachten Änderung des Artikel 50 und weiterer Folgevorschriften wird diese unglückliche Konstellation beendet und den Betroffenen rückwirkend eine Sicherung ihres vorherigen Besitzstandes garantiert. Im Datenschutz haben wir inzwischen - diese Erkenntnis wird ja zunehmend stärker - an manchen Stellen die Bestimmungen so bindend, so scharf formuliert, daß wir uns damit selbst Fesseln angelegt haben. Ein Beispiel davon greift der vorgelegte Gesetzentwurf auf. Gemeinsam treten wir ja für die Bekämpfung illegaler Beschäftigung ein. Gemeinsam fordern wir, diejenigen zu ermitteln und zu bestrafen, die sich Leistungen aus den Sozialkassen illegal erschleichen. Und natürlich darf in einem gemeinsamen Europa die Aufdeckung solcher Fälle nicht an den deutschen Grenzen haltmachen. Denn die wachsende zwischenstaatliche Integration, die zunehmend offenen Grenzen und die guten Verkehrsverbindungen machen es beispielsweise immer leichter möglich, Sozialleistungen aus einem Staat zu beziehen und gleichzeitig einer Beschäftigung in einem anderen nachzugehen. Noch drängender ist die Bekämpfung illegaler grenzüberschreitender Vermittlung von Arbeitskräften, die vor allem aus den osteuropäischen Staaten in erheblichem Umfang zunimmt. Aber unsere Datenschutzbestimmungen verhindern, daß die von der Bundesanstalt für Arbeit, von Hauptzollämtern und anderen Behörden erfaßten Daten den Ermittlungsbehörden unserer europäischen Partner zur Verfügung gestellt werden. So liegt seit Mitte 1996 beispielsweise eine unterschriftsreife Vereinbarung mit Dänemark vor, die aus den genannten Gründen nicht umgesetzt und abgeschlossen werden kann. Mit dem heutigen Verbesserungsgesetz werden deshalb Grundlagen geschaffen, um den zuständigen in- und ausländischen Dienststellen den notwendigen Datenaustausch zu ermöglichen und damit zu helfen, daß sie Hand in Hand diese Probleme bekämpfen können. Deshalb soll das Zehnte Buch SGB entsprechend geändert werden. Für die nächsten allgemeinen Sozialwahlen in 1999, deren Vorbereitungen bereits Mitte des Jahres anlaufen, werden die Positionen der Selbstverwaltung gesichert und gestärkt. Dies geschieht vor allem dort, wo die Neuregelungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu organisatorischen Veränderungen in der Struktur der Kassen führen und bisherige Regelungen nicht mehr eindeutig greifen. Eine weitere Änderung trifft die VerletztengeldRegelung. Die durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz eingeführte Vorschrift (§ 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII i. V. mit § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) sollte Verletzten, bei denen nicht mehr damit zu rechnen ist, daß sie beruflich rehabilitiert werden können - in Anlehnung an die Krankenversicherung -, eine vorhersehbare Zahlung von Verletztengeld von 78 Wochen garantieren. Dabei ist dieses Verletztengeld in aller Regel höher als die spätere Unfallrente. Für die bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften Versicherten führt die Regelung aber häufig zu einer finanziellen Benachteiligung, da sie leider aus diesem Rahmen herausfallen. Sie haben lediglich Anspruch auf ein pauschalisiertes (relativ niedriges) Verletztengeld, erfahren also durch die Systematisierung des SGB ungewollt Nachteile. Auch diese nicht beabsichtigte Folgewirkung für Landwirte und ihre Angehörigen soll durch den vorliegenden Gesetzentwurf beseitigt werden. Weitere Verbesserungen werden angestrebt bei: - Entschädigungsrentengesetz-Ergänzung, - Finanzierung des Konkursausfallgelds mit Klarstellung im AFG und der Insolvenzordnung, - Ansprüchen ehemaliger Beschäftigter der Wismut AG. Der Gesetzentwurf ist, wie ich hoffentlich deutlich machen konnte, gerade wegen seiner vielen Detailregelungen dringend notwendig. Wir sollten ihn zügig behandeln, damit die Vorteile für die Betroffenen bald wirksam werden können. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Antrag: Förderung eines Modellprojekts für Umwelt und Verkehr im Tourismus) Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.): Jeder von uns könnte nach diesem Muster einen Antrag für seinen Wahlkreis einbringen. Ich würde z. B. gern einen Modellversuch im angedachten Nationalpark Nordschwarzwald vom Bund finanziert sehen. Ohne Mobilität gibt es keinen Tourismus. Über die Hälfte des Individualverkehrs ist freizeitbedingt. Also müssen sich unsere Bemühungen um einen umweltverträglichen Tourismus besonders auf den Verkehr konzentrieren. Wir müssen verhindern, daß Tourismus das zerstört, was Touristen - z. B. im Bayerischen Wald - suchen: intakte Natur, Ruhe und Erholung. Es gibt in Deutschland gute, kommunal- und länderfinanzierte Projekte zur Verkehrsreduzierung in Fremdenverkehrsregionen, zum Beispiel für den Belchen im Südschwarzwald. Auch der kürzlich abgeschlossene Bundeswettbewerb Tourismus und Umwelt hat dies gezeigt: Oberstdorf oder Juist sind im Ortskern autofrei, Damp oder Bad Dörrheim sind verkehrsberuhigt, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wir begrüßen die Erweiterung des Nationalparkes Bayerischer Wald. Der Nationalpark hat in den letzten 20 Jahren zu mehr Tourismus geführt. Das ist erfreulich. Wir dürfen aber nicht vergessen: Vordringliche Aufgabe des Nationalparks ist nicht die touristische Attraktivität, sondern der Erhalt von Natur und Landschaft. Die F.D.P. begrüßt die Intention des SPD-Antrages zu einer ökologisch verträglichen Regulierung der Besucherströme. Aber Ihrer Attacke gegen die freie, soziale Marktwirtschaft treten wir entgegen: Es geht doch gerade darum, die bewährten Elemente der Marktwirtschaft zur Entwicklung eines umweltgerechten Tourismus einzusetzen. Wir wollen eine auch ökologisch orientierte Marktwirtschaft im FV. Sowohl die regionalen Verkehrsverbindungen als auch die Nationalparkentwicklung sind Ländersache, also Sache des Freistaates Bayern sowie der betroffenen Kommunen und Regionen. Bahnstrecken wie Zwiesel-Grafenau, Jandelsbrunn-Haidmühle oder Gotteszell-Viechtach sind wahrhaft keine Bundessache. Spätestens seit der Regionalisierung des DB-Nahverkehrs hat der Bund nichts mehr mit den im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen zu tun. Die angemahnten Fernbahnverbindungen nach München und Berlin sind Sache der privatisierten Deutschen Bahn. Dieser Bahnreform hat die SPD zugestimmt - und damit der Regionalisierung des ÖPNV. Wir begrüßen grenzüberschreitende Kooperation zur Entwicklung von Fremdenverkehr und Umweltschutz. Aber das macht die Sache nicht zu einer Bundesangelegenheit. Regionale Kooperation über Grenzen hinweg ist auch ohne Mitwirkung des Bundes möglich. Ihr Antrag ist schlicht eine Attacke auf die - leider leere - Bundeskasse. Sie übersehen geflissentlich, daß der Bund durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erhebliche Mittel für derartige Infrastrukturmaßnahmen bereitstellt. Es geht nicht an, darüber hinaus den Bund weiter zu schröpfen für ein solches Regionalprojekt, das nicht einmal von Bayern gewünscht wird. Die F.D.P. lehnt den SPD-Antrag ab. Er gehört in den Bayerischen Landtag und nicht hierher. Wir beantragen die Überweisung nach München. Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Der Antrag enthält zweifelsohne wichtige Anliegen, die für den Bayerischen Wald von großer Bedeutung sind. Ich möchte hierzu gleich vorab sagen, daß die angesprochenen Probleme vorrangig von der Region gelöst werden müssen. Auf Bundesebene ein Modellprojekt für den Bayerischen Wald zu entwickeln halte ich nicht für sinnvoll. Ein neues Projekt würde nur Zeit und Geld kosten. Vorliegende Erkenntnisse und Erfahrungen aus bereits von der Bundesregierung geförderten Projekten sollten genutzt werden. Das hat auch den Vorteil, daß schneller Ansatzpunkte für Lösungen zur Verfügung stehen als bei einem neuen Projekt. Bezüglich der angesprochenen Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald und der damit verbundenen Verkehrsprobleme sind die Bayerische Staatsregierung sowie die beteiligten Landkreise, Kommunen und Fremdenverkehrsverbände vor Ort gefordert. Die Partner in der Region kennen die Probleme vor Ort viel besser als der Bund. Sie müssen daher für die Region ein bedarfsgerechtes Angebot entwickeln. Die Bundesregierung kann im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Zuständigkeiten die Bemühungen der regional Verantwortlichen um umweltverträgliche und sachgerechte Verkehrskonzepte nur unterstützen. Der Tourismus in Deutschland hebt sich nicht zuletzt auf Grund seiner regionalen Vielfalt von der ausländischen Konkurrenz positiv ab. Diese Vielfalt hat Vorteile, birgt aber auch die Gefahr der Zersplitterung. Schwächen beim Marketing für Urlaub und Reisen in Deutschland, die aus der kleinteiligen Struktur im deutschen Fremdenverkehr erwachsen, müssen überwunden werden. Deutschland als Reiseziel muß besser dargestellt und vermarktet werden. Mit der Gründung der Deutschland TourismusMarketing GmbH (DTM) Ende 1996 arbeiten zum ersten mal die wichtigsten Akteure unter einem Dach: Deutsche Zentrale für Tourismus, Deutscher Fremdenverkehrsverband und Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft. Ihr Ziel ist es, durch gemeinsame Marketingprojekte den Reiseverkehr innerhalb Deutschlands und nach Deutschland zu fördern: Die DTM soll die Marketingaktivitäten für den Deutschlandtourismus bündeln und optimieren, um die Nachteile der zersplitterten Tourismusstrukturen auszugleichen. Eine gemeinsam von Bund und Ländern sowie der Wirtschaft finanzierte bundesweite Werbekampagne für Urlaub und Reisen in Deutschland soll in Kürze anlaufen. In diesem Zusammenhang möchte ich die maßgebliche finanzielle Beteiligung der Deutschen Bahn AG an der geplanten Werbekampagne für „Urlaub und Reisen in Deutschland" ausdrücklich begrüßen. Sie bietet mit ihrem Sparpreis- und dem Ferienticket ein äußerst attraktives Angebot, das den Ländern, Regionen und Kommunen bei der Vermarktung der deutschen Urlaubsgebiete besonders zugute kommt. Dies wird auch der Region Bayerischer Wald bei der geforderten „umweltfreundlichen Besucherlenkung" helfen. Alle Regionen sind eingeladen, sich an der Werbekampagne mit Urlaubsangeboten und finanziell zu beteiligen. Zur Erinnerung: Mit der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs ab 1. Januar 1996 wurden gerade den Beteiligten vor Ort die Kompetenzen und die finanziellen Mittel für die Lösung der regionalen Verkehrsprobleme gegeben. Die Länder sind nun für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr auf Schiene und Straße zuständig. Sie haben jetzt die Möglichkeit, den gesamten ÖPNV neu zu regeln und aufeinander abzustimmen. Das Angebot wird dadurch wirtschaftlicher und bedarfsnäher. Nach dem Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs erhielten die Länder dafür eine zweckgebundene und dynamisierte Finanzausstattung (1996 8,7 Milliarden DM, 1997 12 Milliarden DM). Darüber hinaus stehen den Ländern Mittel des Bundes nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Verfügung. Die Länder können diese zum Ausgleich von Betriebskostendefiziten oder auch für Investitionen einsetzen. Ich meine, es gibt gute Voraussetzungen, die im Antrag aufgezeigten regionalen Probleme im Nationalpark Bayerischer Wald vor Ort zu lösen. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung alles unterlassen, was der verfassungsmäßigen Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen und der ökonomischen Vernunft zuwiderlaufen würde. Deshalb lehnen wir den Antrag ab. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 a und b (a - Antrag: Keine Deregulierung der EU-Systemrichtlinie 90/219/EWG b - Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz) Sigrun Löwisch (CDU/CSU): Die Gentechnik hat für viele Menschen zwei Gesichter. Es geht ihnen dabei wie mit dem berühmten Dr. Jekyll und Mr. Hyde: Dr. Jekyll, tagsüber der besorgte hilfreiche Arzt und nachts der mordende Mr. Hyde. So einfach kann man es sich in der Gentechnik aber nicht machen, wenn es auch oft versucht wird. Wir können die eine Seite - „die gute" -, in der es vorrangig um hilfreiche neue gentechnische Behandlungsmethoden in der Medizin geht, nicht abtrennen von den neuen biotechnologischen Entwicklungen in Landwirtschaft und Ernährung: Hier kreiste die Diskussion vorwiegend um die Schlagworte „Freilandversuche" und „gentechnisch veränderte Lebensmittel" - für manche ist dies „die böse" Seite. Richten wir unseren Blick einmal auf die Akzeptanz in der Bevölkerung in bezug auf die Gentechnik: 70 % der Bevölkerung gehen davon aus, daß Gentechnik zu großen medizinischen Fortschritten führt. Für zwei Drittel ist die Gentechnik ein wichtiger High-Tech-Bereich für den Wirtschaftsstandort Deutschland. 60 % würden es begrüßen, wenn Deutschland in der Gentechnik eine Spitzenstellung einnimmt. Nur 29 % der Bundesbürger will wegen der Risiken ganz auf Gentechnik verzichten. 1988 waren es noch 40 %. Ich gebe mich aber keinen falschen Illusionen hin: Bei Umfragen über Freisetzungsversuche gäbe es sicherlich hohe Ablehnungsraten. Hier muß noch viel Aufklärung erfolgen. In diesem Zusammenhang gehört auch der Entschließungsantrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, der uns heute vorliegt. Wir können sicherlich über das Vorgehen der Kommission diskutieren, die Einfuhr von gentechnisch verändertem Mais trotz der geäußerten Bedenken zu gestatten. Ich sage es offen. Auch ich bin darüber nicht ganz glücklich. Aber gerade im Hinblick auf die gebotene Aufklärung sollten wir uns vor Schnellschüssen hüten. Die in dem Antrag angesprochenen Sicherheitsbedenken werden wir im Ausschuß genau prüfen, ebenso wie die Frage, ob wir rechtlich überhaupt ein natio- nales Einfuhrverbot aussprechen dürften. Dann können wir unserer Entscheidung auch den wissenschaftlichen Sachverstand zugrunde legen. Die Voten des Robert-Koch-Instituts zu diesen Fragen werden für uns richtungsweisend sein. Liebe Kollegen, ich bitte Sie eindringlich: Lassen Sie uns diese Fragen in Ruhe diskutieren. Durch voreilige und pauschale Bewertungen würden wir unnötig zur weiteren Verunsicherung in der Bevölkerung beitragen. Die Erfahrung in Deutschland hat bisher gezeigt, daß sich die beteiligten Wissenschaftler ihrer Verantwortung bewußt sind und daß es bisher zu keinem einzigen gentechnikspezifischen Unfall gekommen ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie ich Ihrem Antrag entnehme, teilen Sie diese Aussage. Gleichwohl stellt die Risikofrage ein zentrales Thema der Ethik dar. Es muß sichergestellt sein, daß nicht in leichtfertiger Weise Menschen und Umwelt gefährdet werden. Dies leistet unserer Gentechnikgesetz. Es bietet einerseits Schutz vor Risiken, andererseits soll es auch genug Spielraum für die Entwicklung dieser neuen Technologie lassen. Wir haben ein hohes Schutzniveau, müssen aber noch stärker bürokratische Entwicklungshindernisse abbauen, was der Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz sehr deutlich macht. Um dies möglich zu machen, laufen zur Zeit Beratungen über Deregulierungen im Bereich der EG-Systemrichtlinie. Gerade unsere Regierung drängt auf europäischer Ebene auf Vereinfachungen, und wir unterstützen sie dabei nachdrücklich. Ähnlich verstehe ich auch Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, den ich trotz einiger Bedenken insgesamt für konstruktiv halte. Im Hinblick auf die Nutzung der Potentiale der Gentechnologie sollten wir in der Tat an einem Strang ziehen, denn die moderne Gentechnik gehört zu den innovativen Wissenschaftsbereichen, von denen man neue Optionen zur Lösung drängender Zukunftsprobleme erwartet. Auch für die Arbeitsmarktsituation in unserem Land ist die neue Technologie von großer Bedeutung. Es geht hier nicht um einen technologischen Mythos. Wir stellen entgegen Ihren Vorwürfen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, auch keine spekulativen Nützlichkeits-, Arbeitsplatz- und Wirtschaftswachstumsversprechungen an. Die positiven Impulse der Bio- und Gentechnologie für unsere Wirtschaft sind greifbar. Als Beispiel werden in den Reinräumen von GenCenix in Freiburg bereits einige Zell-Linien für Gentherapiestudien hergestellt. Aber: In Mailand eröffnete vor kurzem mit „Molmed" ein erstes kommerzielles Gentherapielabor. Das Unternehmen ist eine Kooperation zwischen italienischen Forschern und dem deutschen Forschungsunternehmen Boehringer Mannheim. Statt in Mailand hätte ich mir dies freilich in Deutschland gewünscht. In der Gentechnologie entstehen also neue Arbeitsplätze, und wir müssen alles dafür tun, daß dies auch in Deutschland der Fall ist. Dies bestärkt uns in unserem Vorhaben, weiter bestehende Hindernisse für die Entwicklung der neuen Technologie abzubauen. Als Gesundheitspolitikerin liegt es mir natürlich am Herzen, über die gentechnischen Möglichkeiten im medizinischen Bereich zu sprechen. Sowohl im diagnostischen als auch therapeutischen Bereich werden hier neue Methoden entwikkelt, die die medizinische Versorgung der Menschen verbessern werden. Hinzu kommt, das die revolutionierenden Erkenntnisse für viele, zum Teil unheilbar kranke Menschen eine neue Hoffnung bringen. Gerade bei Krebs, Infektions- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden mit Hilfe der Gentechnologie zunehmend neue Diagnose- und Therapiekonzepte entwickelt. Erst die Gentechnik macht es ja überhaupt möglich, Krankheitsebenen auf molekularer Ebene zu untersuchen. Genauere Diagnosen ermöglichen auch gezieltere Behandlungsweisen. Viele warten dringend auf neue Forschungsergebnisse. Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Gentherapie (DAG-GT e. V.) zählt derzeit in Deutschland neun klinische Gentherapiestudien, insbesondere an den Universitätskliniken. Am besten kenne ich, weil aus nächster Nähe, die klinischen Gentherapiestudien an der Universität Freiburg. Hier gibt es im Bereich der Tumorimmunologie und der somatischen Gentherapie drei Forschungsschwerpunkte, die auch durch Mittel des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie gefördert werden. Zum Beispiel die Studie über Glioblastome, dem bösartigsten aller Hirntumore, an dem jährlich in Deutschland 4 000 bis 5 000 Menschen erkranken. Die Studie bedeutet einen Hoffnungsschimmer für diese Schwerkranken. Demgemäß ist die Nachfrage, an der Studie teilzunehmen, wesentlich höher als das Angebot. Bei der Glioblastom-Studie werden gentechnisch veränderte Viren in einem neuen Verfahren unmittelbar in das Gehirn eingespritzt. Diese Viren enthalten eine Art Selbstmord-Gen, mit dem es gelingt, die bösartigen Tumorzellen zu zerstören. In einer weiteren Studie in Freiburg werden wesentliche Verbesserungen durch die Immuntherapie erprobt. Dabei soll durch gentechnische Mittel das Immunsystem des Krebspatienten so gestärkt werden, daß es sich gegen Tumorzellen wehren und diese ausschalten kann. Dazu werden gentechnisch aufgerüstete Zellen verwendet. Eine weitere Studie erprobt, wie durch gentechnische Verfahren die gesunden Körperzellen vor den Nebenwirkungen der Chemotherapie geschützt werden können. Doch nicht nur für die Onkologie ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten. Weitere Hoffnungen werden auf laufende Gentherapieprojekte bei Gelenkerkrankungen, ZNS-Erkrankungen und Aids gesetzt. Gleichwohl ist die Gentherapie nicht ganz unproblematisch. Unter Gentherapie versteht man das Einbringen eines Gens in eine Zelle, die dann das gewünschte Genprodukt bildet und damit einen genetischen Defekt korrigiert oder die Zelle mit einer neuen Funktion versieht. Es ist ganz wichtig, die somatische Gentherapie und die Keimbahntherapie strikt voneinander zu trennen. Beide dürfen nicht in einen Topf geworfen werden. Bei der somatischen Gentherapie wird das Gen in eine Körperzelle eines Patienten eingebracht. Dieser Eingriff beschränkt sich auf den Organismus selbst. Dagegen wird bei der Keimbahntherapie versucht, ein Gen in die befruchtete Eizelle oder embryonale Stammzelle zu transferieren. Dieser Eingriff setzt sich auf die Nachkommen fort. Beschränkt sich die gentechnische Veränderung nur auf den Organismus selbst, dann habe ich keine Bedenken. Einen solchen Eingriff müssen wir um der betroffenen Menschen willen zulassen, für die die somatische Gentherapie oftmals die letzte Hoffnung ist. Anders stehe ich zur Keimbahntherapie: Genetische Veränderungen in der Keimbahn führen zu vererbbaren Veränderungen und werfen somit ethische und soziale Probleme auf. Wir dürfen es nicht zulassen, daß Menschen die Erbinformationen der nachkommenden Generationen bestimmen. Damit bestünde die Gefahr, daß wir uns über die Schöpfung stellen. Das müssen wir auf jeden Fall verhindern, und es ist nur folgerichtig, daß die Keimbahntherapie in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten ist. Das gilt ohne Wenn und Aber, auch wenn einzelne Äußerungen aus meiner Partei hier vielleicht mißverständlich waren. Das betrifft auch einen Bereich, der zur Zeit heftig diskutiert wird: das Klonen. „Dolly" hat uns eindrucksvoll gezeigt, wozu Menschen bereits in der Lage sind. Und gleichzeitig erhalten wir einen Vorgeschmack davon, was möglicherweise schon in naher Zukunft machbar ist. Aus denselben Gründen, die zwingend gegen die Keimbahntherapie sprechen, sage ich ganz deutlich: Den geklonten Menschen darf und wird es nicht geben. Nicht alles, was machbar ist, darf erlaubt sein. Ich bin zuversichtlich, daß es uns nicht ergehen wird wie dem Zauberlehrling. Wir werden die Geister beherrschen können, die wir riefen, denn wir alle in diesem Hause sind uns unserer ethischen Verantwortung bewußt. Gudrun Schaich-Walch (SPD): Das Gentechnikgesetz muß es möglich machen, die positiven Seiten dieser Technik nutzbar zu machen und gleichzeitig die Risiken möglichst zu vermeiden. Diese Aufgabe hat das Gesetz bisher erfüllt, nämlich ein hohes Maß an Schutz für Mensch und Umwelt zu gewährleisten. Dies war bisher wichtigstes Ziel dieses Gesetzes, und dies muß immer auch das wichtigste Ziel bleiben. Die pauschale Wertung durch die Bundesregierung „Gentechnik ist keine Risikotechnik" halten wir allerdings für eine sehr unkritische Betrachtungsweise, die wir so nicht teilen können. Der Einsatz der Gentechnologie kann mehr noch als der der Biotechnologie zu biologischen Störungen führen. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite muß man aber auch zur Kenntnis nehmen, daß es unbestreitbare Vorteile bei der Herstellung von Medikamenten und bei der Diagnose von Erbkrankheiten gibt. Jedes dritte neue Medikament ist auf gentechnische Herstellung zurückzuführen, zum Beispiel Insulin. Die Methoden der Bio- und Gentechnologie sind heute auch unverzichtbare Bestandteile der Grundlagenforschung wie der angewandten Forschung. Gerade im medizinischen Bereich setzten viele Menschen, die an bisher schwer oder nicht therapierbaren Krankheiten leiden, große Hoffnungen auf die Erkenntnisse der Gentechnologie. Die Entwicklung und Produktion neuer Diagnostika, Impfstoffe und Medikamente haben neue Möglichkeiten bei der Erkennung und der Behandlung von Krankheiten eröffnet. Dies ist ein Fortschritt, den wir begrüßen. Auch bei der Anwendung in Chemie und bei Umwelt- und Verfahrenstechniken sehen wir durchaus positive Perspektiven, wobei wir jedoch nicht verkennen, daß viele Erwartungen bisher nicht erfüllt wurden. Gentechnik weckt jedoch auch Ängste und Befürchtungen bei den Menschen. Auch wenn manche Risiken dabei vielleicht überschätzt werden, so muß die Politik dies ernst nehmen. Denn das gesellschaftlich Gewünschte und ethisch Gebotene muß im gesellschaftlichen Diskurs herausgearbeitet und Grenzen gezogen werden. Politik hat die Pflicht, solche Grenzen in der Gesetzgebung zu berücksichtigen. Es ist richtig, daß trotz einer ersten Novellierung der Erkenntnisstand der 80er Jahre das Gentechnikgesetz prägte. Heute weiß die Forschung erheblich mehr, und auch in der Produktion konnte viel an Erfahrungen gewonnen werden. Eine bessere, fundiertere Einschätzung des durchaus vorhandenen Risikos ist dadurch möglich. Dies gilt im besonderen für den Bereich der Arbeiten mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen. Deshalb sind auch wir der Überzeugung, daß die europäischen Richtlinien, das Gentechnikgesetz und die Verordnungen dem Stand der Erkenntnisse angepaßt werden müssen. Das Ziel, die Gentechnologie von bürokratischen Hemmnissen zu befreien, wird von uns geteilt. Allerdings mahnen wir zur Vorsicht. In der Abwägung zwischen einer Überregulierung und einer Unterregulierung darf es nie einen Zweifel daran geben, daß eher ein Zuviel zum Wohl der menschlichen Gesundheit und der Umwelt als einmal zuwenig geregelt sein muß. Eine exakte Risiko- und Technikfolgenabschätzung ist immer die unverzichtbare Bedingung für jede Änderung von Regelungen bei potentiell riskanten Techniken. Gibt es Unsicherheiten in der Bewertung, muß vorsorglich ein Mehr an Regulierung erfolgen. Aus diesem Grund fordern wir ein Festhalten an dem System der präventiven Kontrolle. Will man der Gentechnologie als einer Zukunftstechnologie von vielen anderen einen sicheren Standort in unserer Gesellschaft geben, dann brauchen wir Offenheit in der Darstellung der Risiken, dann müssen wir uns einlassen auf kontroverse Auseinandersetzung und auf die Herstellung von Transparenz. Der Abbau der Öffentlichkeitsbeteiligung wäre ein fataler Fehler. Wenn wir die Bio- und Gentechnik auch als wirtschaftliche Chance Deutschlands für den Erhalt von Arbeitsplätzen nutzen wollen, so können wir dies nur mit unserer Gesellschaft und niemals gegen sie. Nach den Untersuchungen von Prognos sind allerdings die bisherigen Schätzungen zur wirtschaftlichen Perspektive der Bio- und Gentechnik viel zu hochgeschraubt. Es drängt sich eher der Verdacht auf, daß mit überzogenen Erwartungen an die Schaffung neuer Arbeitsplätze Deregulierungsbestrebungen erleichtert werden sollen. Die SPD will den Chemie- und Pharmastandort Deutschland erhalten und für die Zukunft sichern und ausbauen. Deshalb wollen wir, daß die Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten genutzt und gefördert werden, jedoch nicht nur verengt auf den Bereich der Gentechnik, sondern in allen Bereichen der modernen Biologie wie beispielsweise der Biosensorik und der Bionik. Die SPD unterstützt in den von ihr regierten Ländern den Ausbau der bio- und gentechnologischen Forschung, Entwicklung und Produktion. Mittlerweile sind die Genehmigungspraxen so sehr verbessert worden, daß darin keine Behinderung der Unternehmen mehr gesehen werden kann. So haben wir heute gute Rahmenbedingungen in Deutschland, die jedoch der weiteren Verbesserung bedürfen. Deshalb fordern wird, die Forschung an Hochschulen und den außeruniversitären Einrichtungen und in der Industrie zu sichern und auszubauen, den Transfer der Ergebnisse öffentlicher und privater Forschung in die Anwendung zu verbessern, die Förderung von Aus- und Neugründungen von Technologieunternehmen. Das Gentechnikrecht muß den gewachsenen Erkenntnissen angepaßt werden. Allerdings steht diese Anpassung unter dem absoluten Vorrang der Sicherheit von Mensch und Umwelt. Aktuell wird die Richtlinie 90/219/EWG überarbeitet. Mit dem bisher Vorliegenden sind wir nicht einverstanden. Sinnvoll ist die Einführung von vier Gefahrenklassen und der Verzicht auf die verfahrenstechnische Trennung von Forschungsarbeiten und gewerblichen Arbeiten. Wir sind auch generell der Meinung, daß die Gentechnikgesetze so gestaltet werden sollten, daß sie schneller an den Stand der Technik angepaßt werden können. Wir halten jedoch einige Vorschläge der Kommission im Hinblick auf den Schutzzweck des Gentechnikgesetzes und der präventiven Kontrolle für schlecht. Wir wollen beispielsweise nicht, daß bei Tätigkeiten der Gefahrenklasse 1 und weiteren Tätigkeiten der Gefahrenklasse 2 sofort nach Anmeldung bzw. Anzeige mit den Arbeiten begonnen werden kann. Auch die Genehmigungspflicht für eine erstmalige Tätigkeit der Klasse 2 halten wir weiterhin für notwendig. Eine weitere Einschränkung der Öffentlichkeitsbeteiligung lehnen wir ab. Wir wollen auch nicht, daß der Regelungsumfang der Richtlinie nur noch von der Kommission nach Empfehlungen seines beratenden Ausschusses beschlossen wird. Die parlamentarische Kontrolle muß hierbei unbedingt erhalten bleiben. Unsere Zentrale Kommission für biologische Sicherheit hat sich bewährt. Deshalb regen wir an, nach dem Muster und der Arbeitsweise eine EU-weit arbeitende Kommission einzurichten. Wenn es uns gelingt, die Richtlinie auf hohem Schutzniveau weiterzuentwickeln, haben wir auch die Chance, die Akzeptanz in der Gesellschaft zu erlangen, die es braucht, um die Bio- und Gentechnologie zu einem langfristigen wirtschaftlichen Faktor zu machen. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (F.D.P.): Als wir im November 1992 die Bundesregierung aufforderten, dem Parlament im dreijährigen Rhythmus einen Erfahrungsbericht über die Anwendung des Gentechnikgesetzes vorzulegen, konnte niemand ahnen, daß so etwas Hervorragendes dabei herauskommt. Hervorragend deshalb, weil der vorliegende Bericht einmal am Beispiel der Gentechnik dokumentiert, wie gute Gesetzgebung abläuft und zum anderen im Hinblick auf die Gentechnik die Notwendigkeit und den Erfolg der Novellierung von 1992 dokumentiert und Handlungsempfehlungen für weitere gesetzgebende Maßnahmen auflistet. Der Bericht bestätigt uneingeschränkt die Richtigkeit der damaligen Novellierung auch im Hinblick auf die auf die EU abziehenden Forderungen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Novellierung noch rechtzeitig genug kam, um die notwendige, gewünschte innovative Wirkung zu erzielen. Bis heute ist nämlich die Umsetzung der Gentechnik in marktfähige Produkte, gentechnische Produktion und Arbeitsplätze in Deutschland deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Sosehr ich die Sorgen der Menschen verstehe, die in diesen Tagen die Bundesregierung auffordern, ihre unproduktiven Arbeitsplätze mit staatlichen Mitteln zu erhalten, so bedenklich finde ich es, daß zwischenzeitlich keiner wahrnimmt, daß gleichzeitig andere deutsche Industriebranchen auf dem Gebiet der Gen- und Biotechnik bis heute mehrere tausend produktive Arbeitsplätze durch den Aufbau von Forschungs- und Produktionsstätten im europäischen und außereuropäischen Ausland mit einem Investitionsvolumen von mehreren hundert Millionen DM ohne staatliche Hilfen geschaffen haben. Dies hat nichts mit dem allgemeinen Trend zur Globalisierung zu tun. Denn im Gegenzug gab es kein einziges ausländisches Unternehmen, das eigene Forschungs- und Produktionskapazitäten in Deutschland geschaffen hätte. Es ist müßig, im nachhinein nach den Schuldigen zu suchen. Aber um eine Wiederholung der Geschichte zu vermeiden, möchte ich doch daran erinnern, daß die SPD vor 1992, ohne mit der Wimper zu zucken, den heute von den Grünen vorgelegten Antrag gegen jede Deregulierung unterschrieben hätte und erst im Verlauf der Beratungen des Gentechnikänderungsgesetzes ihre Position überdacht und im letzten Jahr dann die Kehrtwendung vollzogen hat. Ich fürchte, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, daß Ihnen dieses waghalsige Manöver auch in der Magnetschwebetechnik bevorsteht, und ich fürchte auch, daß diese nachhinkende Einsicht für so manche Lähmungserscheinung in unserem Land verantwortlich ist. Rund um den Globus finden in zunehmendem Maße Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen statt. Bei der Durchführung solcher Freisetzungsexperimente bilden wir zahlenmäßig unter den hochentwickelten Ländern das Schlußlicht. Unerreichbar und weit abgeschlagen auf Platz 1 stehen wir nur bei der Vernichtung von Versuchsfeldern. Im Ausland reibt man sich die Augen, wenn man sieht, daß bei uns zunehmend Bürger und sogar Politiker, um für ihre persönliche Meinung Mehrheiten zu erhalten, als Ausweg zu Gewalt und Rechtsbruch greifen. Ob genehmigte gentechnische Freisetzungsversuche, genehmigte Castor-Transporte oder genehmigte Tierversuche, - immer wieder versucht eine gewaltbereite Minderheit, der legitimierten Mehrheit ihren Willen aufzuzwingen. Diese Entwicklungen verscheuchen doch schon die Spur einer Idee eines ausländischen Investors, Deutschland als Standort für im wirtschaftlichen Sinne chancenreiche Produktionen in Erwägung zu ziehen. Die Max-Planck-Gesellschaft hat z. B. ein Verfahren entwickelt, mit dem ein Impfstoff gegen die seit neuestem bekannten bakteriellen Erreger von Magenschleimhautentzündungen bis hin zu Magenkrebs gewonnen werden kann. Dies ist ein auch wirtschaftlich höchst interessantes Ergebnis gentechnologischer Methoden in der Grundlagenforschung. Doch mittlerweile gibt es in Deutschland keinen einzigen Impfstoffhersteller mehr. Um dieses kommerziell sehr erfolgversprechende Know-how nicht komplett nach Amerika abwandern lassen zu müssen, hat man eine Ausgründung eines kleinen Unternehmens in Erwägung gezogen. Dieses Unternehmen, das aus wenigen Mitarbeitern besteht, hat, nachdem es den Sicherheitsbeauftragten, den Chemikalienbeauftragten, den Aufzugsbeauftragten, den Abfallbeauftragten, den Tierschutzbeauftragten etc. eingesetzt hat, mehr als ein halbes Jahr allein auf die Genehmigung der dringend erforderlichen Tierversuche gewartet. Die Länder, in denen sogar mehrere Impfstoffhersteller im Wettbewerb stehen, werden sich über diesen Zeitvorteil von einem halben Jahr freuen und ihn sicherlich schon bald durch die rasche Markteinführung eines vergleichbaren Produktes in Arbeitsplätze und Gewinne außerhalb Deutschlands umwandeln. Dann ist wieder die Stunde des Manuel Kiper, der sagen wird: Seht her, die Gentechnik schafft gar keine Arbeitsplätze in Deutschland! Doch dieses eine Beispiel zeigt deutlich, daß es nicht an Chancen mangelt, sondern an den Rahmenbedingungen, ohne die Chancen nicht zum Erfolg führen können. Vor diesem Hintergrund begrüßt die F.D.P.-Bundestagsfraktion, daß zukünftig auf EU-Ebene Anzeige-, Anmelde- und Genehmigungsverfahren abhängig von einer vorangestellten Risikobewertung der Tätigkeiten durchgeführt werden. Der internationale Erfahrungs- und Kenntnisstand rechtfertigt darüber hinaus grundsätzlich, die als ungefährlich identifizierten gentechnisch veränderten Mikroorganismen aus den Regelungen gänzlich herauszunehmen und nur in den Gefahrenklassen 3 und 4 die verschärften Auflagen, z. B. Notfallpläne, aufrechtzuerhalten. Aus unserer Sicht reicht es sogar aus, wenn sich die EU-Kommission für ein produktorientiertes Regelungssystem, wie z. B. in den USA und Japan, an Stelle dieses tätigkeitsorientierten Regelungssystems entschieden hätte. Für das Gefährdungspotential sind nach heutigem Kenntnisstand nach wie vor die Produkteigenschaften und nicht die Produktionsverfahren entscheidend. Dies sollte bei der Kennzeichnung ebenso wie bei der Genehmigungspraxis Anwendung finden. Wir würden es begrüßen, wenn bereits im Vorfeld der Reform der EU-Richtlinie die am Ende des Berichts der Bundesregierung aufgelisteten Schlußfolgerungen aus dem Vergleich des bundesrepublikanischen Rechts mit dem der EU, der USA und Japan zügig umgesetzt werden. Gegebenenfalls werden wir dazu auch Anträge in den Bundestag einbringen. Für die Zeitspanne bis zum nächsten Bericht muß im Interesse der Arbeitslosen in Deutschland alles unternommen werden, um auch jedes Potential für Beschäftigung in diesen Zukunftsfeldern in reale Arbeitsplätze Deutschland umzuwandeln. Wolfgang Bierstedt (PDS): Der „Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz" macht erneut offenkundig: Die Bundesregierung betrachtet sich als PR-Agentur der Gentechnologie. Ihre Hauptsorge ist eine mangelnde Akzeptanz dieser Technologie bei den Bürgerinnen und Bürgern, während sie Gefahren und Risiken kaum erwähnt, und wenn, dann mit wenigen Worten abtut. Für diese Haltung charakteristisch, äußert sich der Bericht zur Abschaffung der öffentlichen Anhörungen bei Freisetzungen. Dort heißt es lapidar, da die Anhörungen nicht der Akzeptanz von Freisetzungen gentechnisch manipulierter Organismen gedient hätten, seien sie verzichtbar. Dies offenbart, daß es der Bundesregierung nicht um eine - von den Gegnerinnen und Gegnern der Gentechnologie sehr wohl immer eingeforderte - rationale Diskussion dieser Technologie geht, sondern darum, gegen den Willen vieler Menschen eine Technologie massiv zu fördern, deren Gefahrenpotential nicht zu bestreiten ist. Dabei darf ich an polemische Äußerungen von Ministern der Bundesregierung erinnern, die selbst jedes Maß an Vernunft vermissen lassen. Eine Stellungnahme von Forschungsminister Rüttgers zur Gentechnik beinhaltet zum Beispiel die Wendung, „ob wir angesichts von so viel Hunger, Krankheit und Elend überall in der Welt wirklich schon alles können, was wir können müssen". Ich finde es schon bedenklich, daß diese Geißel der Menschheit immer nur dann in der Argumentation herangezogen wird, wenn es gilt, wirtschaftliche Interessen zu begründen. Die Novellierung des Gentechnikgesetzes und der verschiedenen Verordnungen hatten und haben alle das gemeinsame Ziel Reduzierung der Sicherheits- und Genehmigungsvorschriften. Einseitig orientiert sich die Bundesregierung damit an den Interessen von Industrie und Teilen der Forschung. Die euphorische Einleitung des Berichtes über die wirtschaftlichen Aussichten der Gentechnik spiegelt dies wider. Die permanente Wiederholung des EU-Kommissionszitates über die Wertschöpfungsmöglichkeiten der Gentechnik kann doch über eines nicht hinwegtäuschen: Arbeitsplätze werden durch die Gentechnik insgesamt in unbedeutendem Umfang geschaffen. Gleichzeitig versucht die Bundesregierung die ökologischen Gefahren und sozialen Auswirkungen der Gentechnik konsequent zu leugnen oder zu ignorieren. Der Umgang mit gentechnischen Arbeiten in Sicherheitsstufe 1 verdeutlicht dies: Die Einleitung von Abwässern - und sei es nur das Handschuhspülwasser - sowie die Abgabe von Abfällen aus Laboren dieser Sicherheitsstufe werden praktisch mit keinerlei Auflagen verbunden. Weil das Gentechnikgesetz und die Sicherheitsverordnung per Definition davon ausgehen, daß Arbeiten in dieser Sicherheitsstufe ohne Risiko für Mensch und Umwelt sind, werden Arbeiten und Abfälle dieser Sicherheitsstufe pauschal als ungefährlich bezeichnet. Dabei tritt einerseits die unausgewogene Besetzung der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit - deren legitimatorische Funktion durch den Austritt der Umweltvertreter nachdrücklich belegt wurde -, andererseits die im Verhältnis zu den durch die Gentechnik aufgeworfenen ökologischen Sicherheitsfragen marginale Sicherheitsforschung offen zutage. Die Begleitforschung zu drei Freisetzungen und die Beobachtung der Auswirkungen von zwei gentechnisch manipulierten Bakterien rechtfertigen jedenfalls nicht die Einschätzung, biologische Sicherheitsforschung werde in der Bundesrepublik in ausreichendem Umfang praktiziert und lasse abschließende Betrachtungen zu ökologischen Gefahren der Gentechnik zu. Mag der vorliegende Bericht ja den Beifall der Industrie finden, wir müssen ihm unsere Zustimmung versagen. Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Der Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen mit dem Gentechnikgesetz zeigt, daß wir in Deutschland gute Voraussetzungen dafür geschaffen haben, zukünftig im Bereich der Bio- und Gentechnologie eine führende Rolle zu übernehmen. Wir können und dürfen auf die verantwortungsvolle Nutzung dieser Technologie nicht verzichten. Denn die Gentechnologie ist eine Schlüsseltechnologie des nächsten Jahrhunderts. Sie ist schon heute aus der Grundlagenforschung ebensowenig wegzudenken wie aus bestimmten Bereichen der industriellen Produktion. Ihre Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Medizin über die Pharmazie bis zu Landwirtschaft und Umweltschutz. Und alle Erfahrungen zeigen: Die Gentechnik ist eben keine Risikotechnik per se. Die weit überwiegende Zahl gentechnischer Arbeiten und Freisetzungen wird ohne Risiko für Mensch und Umwelt durchgeführt. Bislang ist kein einziger Schadensfall bekannt geworden - und das bei immerhin über 3 500 gentechnischen Arbeiten, die seit Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes bis Mitte 1996 in Deutschland geprüft wurden, und bei immerhin knapp 40 genehmigten Freisetzungsvorhaben. Auch die gentechnisch veränderten Produkte, die bislang eine EG-weite Zulassung erhalten haben, wurden erst nach sorgfältiger Prüfung ihrer Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt genehmigt. Dies gilt auch und in besonderem Maße für den gentechnisch veränderten Mais, über den in letzter Zeit so heftig debattiert wurde. Angesichts dieser Erfahrungen hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren die Rahmenbedingungen für die Nutzung der Gentechnik konsequent verbessert. Mittlerweile sind das Gentechnikgesetz und alle wichtigen Verordnungen weitgehend von überflüssiger Bürokratie befreit und an den aktuellen Stand der Technik angepaßt worden, ohne das hohe Schutzniveau für Mensch und Umwelt anzutasten. Diese positive Entwicklung wird offensichtlich von der Industrie jetzt auch vermehrt anerkannt. Bislang war die wirtschaftliche Nutzung der Gentechnik in Deutschland eher verhalten. Trotz Spitzenleistungen deutscher Wissenschaftler ist es kaum gelungen, aktuelle Forschungsergebnisse schnell in neue, marktfähige Produkte umzuwandeln. Geforscht und entwickelt wurde in Deutschland, produziert meist im Ausland. In jüngster Zeit vollzieht sich aber eine Trendwende: Die Zahl der beantragten Freisetzungen steigt deutlich, neue Gentechnikproduktionsanlagen nehmen ihren Betrieb auf. Im Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen sind zahlreiche Aus- und Neugründungen zu verzeichnen. Der Standort Deutschland wird auch für ausländische Firmen attraktiv. Weitere Schritte zur Entbürokratisierung des Regelungsrahmens zur Biotechnologie sind aber notwendig. Wir setzen uns nachdrücklich für eine zügige Änderung des EU-Rechts zur Gentechnik ein. Vor allem auf Grund deutscher Initiative liegt inzwischen ein Vorschlag zur Änderung der EU-Richtlinie über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen vor, der wesentliche deutsche Forderungen aufgreift. Wir erwarten darüber hinaus zur Mitte diesen Jahres die Vorlage eines Änderungsvorschlags zur Freisetzungsrichtlinie. Diese angestrebten Rechtsänderungen zur Gentechnik sind unter Sicherheitsgesichtspunkten verantwortbar und unter Wettbewerbsgesichtspunkten geboten. Wir werden sie konsequent weiterverfolgen. Zu der Haltung der Grünen zur Gentechnik nur zwei Sätze: Sie wollen der Gentechnik den Garaus machen und damit Deutschland von der wissenschaftlichen, vor allem von der medizinischen und wirtschaftlichen Entwicklung auf diesem Gebiet abkoppeln. Sie haben sich von der Mehrheit der Bevölkerung offensichtlich so weit entfernt, daß sie überhaupt nicht mehr erkennen, daß die Akzeptanz der Gentechnik bei der Mehrheit der Bevölkerung immer größer wird. Ich hoffe, daß auch der uns heute vorliegende Bericht der Bundesregierung zur Gentechnik zur weiteren Versachlichung der Diskussion beitragen wird. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Erhaltung der Buchpreisbindung) Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): „Books are different" . Bücher sind nicht ein beliebiges Konsumgut, sondern ein schützenswertes Kulturgut. Das Buch ist Grundlage für die Bildung eines eigenen Urteils und für jede Kommunikationsfähigkeit. Entgegen allen Erwartungen ist es den neuen elektronischen Medien, die auf das Bild statt auf das Wort setzten, nicht gelungen, das Buch aus der Medienlandschaft zu verdrängen. Im Gegenteil, die Buchbranche befindet sich heute in einer stabilen Aufwärtsentwicklung. Das Buch war und bleibt der geistige Partner des Menschen. Mehr als 740 000 Titel sind im deutschsprachigen Leseraum lieferbar, hergestellt werden sie in mehr als 2 000 Verlagen. Damit steht Deutschland an der Spitze des Weltbuchangebotes. In keinem Land dieser Erde ist die Vielfalt so groß wie bei uns. Täglich finden 2 Millionen Bücher einen Käufer, mehr als 750 Millionen im Jahr. Nahezu 4 500 Buchhandlungen und 8 500 Buchhändler laden Leser zum Stöbern und Kaufen ein, hinzu gesellen sich noch mehr als 15 000 öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken für Nichtkäufer, in denen jährlich 230 Millionen Bücher ausgeliehen werden. Diese Zahlen belegen, daß das Buch nicht nur ein wichtiges Kulturgut, sondern auch ein Wirtschaftsgut ersten Ranges ist. Mehr als 13 Milliarden DM erzielen die deutschen Verlage jährlich an Umsatz. Die Buchstadt München rangiert in der Zahl der Neuerscheinungen weltweit an zweiter Stelle nach New York. Selbst ein so kleines Bundesland wie Schleswig-Holstein verfügt über 17 Verlage und mehr als 170 Buchhandlungen. Seinen volkswirtschaftlichen Stellenwert wird das Buch aber nur dann beibehalten können, wenn die Rahmenbedingungen für das Kulturgut Buch auch in Zukunft gesichert werden. Dazu gehört die Förderung des Lesens in Familien und Schulen. Wichtiger Impulsgeber ist hier die „Stiftung Lesen", deren Schirmherr Bundespräsident Roman Herzog ist. Private Investoren, zu denen Buch- und Zeitungsverlage, Verlegerverbände und Großkonzerne gehören, aber auch das Bundesministerium des Innern, die Stadt Mainz und das Österreichische Kultusministerium, haben sich hierin zusammengetan, um die Lesefreudigkeit der Bevölkerung zu fördern. In Lesewettbewerben werden Kinder und Jugendliche an das Buch herangeführt. Die Stiftung erarbeitet Buchempfehlungslisten und betreibt Leseforschung. Dazu gehört aber auch die Stabilisierung der finanziellen Situation der öffentlichen Bibliotheken. Es kann nicht hingenommen werden, daß die Mittel für Bibliotheken immer weiter gekürzt werden. Darunter haben nicht nur die Bibliotheksbenutzer zu leiden, und hier meine ich insbesondere die wissenschaftlich Forschenden, denen Neuerscheinungen nicht mehr in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Darunter haben auch die Meinen Fachverlage zu leiden, die Bücher aus Mangel an öffentlichem Interesse nicht mehr verlegen oder nur in sehr kleinen und damit sehr teuren Auflagen drucken können. Darunter haben letzten Endes auch die öffentlichen Bibliotheken zu leiden, deren Bestände überaltem und damit unattraktiv werden. Dazu gehört die Buchförderung als Schwerpunkt unserer Auswärtigen Kulturpolitik. 1997 stehen ihr fast 16 Millionen DM zur Verfügung. Daneben gibt es Mittel für die Förderung deutscher und ausländischer Schriftsteller, für Kolloquien und Übersetzungen. In diesem Zusammenhang verdient die Tatsache Beachtung, daß heute jedes siebte in unserem Land veröffentlichte Buch auf einer fremdsprachigen Vorlage beruht. Deutschland ist der größte Markt für Übersetzungen weltweit. 75 Prozent aller Übersetzungen stammen aus dem englischen Sprachraum. Umgekehrt sind wir aber im englischsprachigen Teil unserer Welt nur mit 1 Prozent vertreten, das auch noch mit rückläufiger Tendenz. Wie steht es eigentlich um das Land der Dichter und Denker? Doch unabhängig von diesen Aspekten garantiert besonders eine Maßnahme den Fortbestand des Kultur- und Geistesgutes Buch: die Beibehaltung der Buchpreisbindung. Wer die in Deutschland bestehende Titelvielfalt verbunden mit dem bestehenden breiten Buchhandelsnetz und den vielen guten Verlagen will, muß sich für die Buchpreisbindung einsetzen. Die Gegner einer Preisbindung glauben, daß ihre Aufhebung den Wettbewerb zwischen den Buchhändlern anregen und damit zu einer größeren Verbreitung des Kulturgutes Buch führen würde. Der Absatz und damit auch der Umsatz, so argumentieren sie, könnten gesteigert werden, rationellere Vertriebsformen sich herausbilden. Schon jetzt, so meinen sie, würde die Buchpreisbindung von Verlagen und Buchhandelsketten durch reduzierte Mängelexemplare, simulierte Lagerräumungen, verbilligte Messeexemplare und Sonderausgaben unterlaufen. Das mag zutreffen. Aber selbst wenn sie in diesem letzten Punkt recht haben: „Books are different." Einzelne Fälle, in denen die Buchpreisbindung von Verlagen und großen Buchhandelsketten unterlaufen werden, dürfen nicht dazu verleiten, die Buchpreisbindung insgesamt in Frage zu stellen. Vielmehr sollte es ein Ansporn für alle sein, solche Mißbräuche zu bekämpfen, so argumentierte ein Buchhändler aus meiner Heimatstadt Flensburg, den ich auf die Problematik ansprach. Die besseren Argumente sprechen auch heute noch für die Buchpreisbindung: Sie allein sichert eine flächendeckende Versorgung mit Buchhandlungen, sie allein sichert ein umfassendes Buchangebot. Die Buchpreisbindung gewährleistet aber auch die Existenz kleiner Verlage und die Entdeckung unbekannter Autoren. Sie schafft Platz für literarische Kreativität und ermöglicht durch Quersubventionierung auch kleine Auflagen qualitätsvoller Bücher. Auch wissenschaftliche Publikationen haben Teil an der Buchpreisbindung. Die Rabatte für Millionen von Schulbüchern, so versicherte mir ein Schleswiger Buchhändler, basieren gerade auf der Buchpreisbindung. Der feste Ladenpreis für Bücher sichert einen leistungsfähigen, mittelständischen Sortimentsbuchhandel, damit verbunden einen guten und schnellen Service vor Ort, verhindert „literarisches fastfood", bietet dafür Feinkost bester Qualität. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist die Buchpreisbindung unverzichtbar. Und wir werden uns gegen alle Bestrebungen Brüsseler Bürokraten und Wettbewerbseiferer zur Wehr setzen, die die Buchpreisbindung brechen wollen. Alle bislang im Ausland gemachten Erfahrungen mit der Aufhebung der Preisbindung haben nicht zu den gewünschten Folgen, zu mehr Wettbewerb und mehr Nachfrage, geführt. Im Gegenteil. In Frankreich ist nach einem kurzen Intermezzo von drei Jahren die Buchpreisbindung wieder eingeführt worden, da die Preissteigerungen überproportional hoch ausgefallen und damit nicht mehr vertretbar waren. In den USA hat sich durch die Freigabe der Buchpreis um mehr als 50 Prozent erhöht, die Zahl der lieferbaren Titel stagniert, ganz im Gegensatz zu Ländern mit festen Buchpreisen. Bei uns hat sich beispielsweise die Anzahl der Titel von 240 000 im Jahr 1974 auf über 740 000 heute erhöht. Die Beibehaltung der Buchpreisbindung ist glücklicherweise innerhalb der Fraktionen des Bundestages und innerhalb der Bundesregierung unumstritten. Bundeskanzler Helmut Kohl hat auf der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse im Herbst des vergangenen Jahres deutlich gemacht, daß es eine „bildungs- und kulturpolitische Aufgabe ersten Ranges" sei, „eine flächendeckende Versorgung mit guten Büchern zu bezahlbaren Preisen" sicherzustellen, und gefordert, die bewährte Buchpreisbindung auch in Zukunft zu erhalten. Er gilt als Anwalt des Buches. Der Deutsche Bundestag hat sich einstimmig, zuletzt im Jahr 1994, für die Buchpreisbindung ausgesprochen. Doch darf es nicht bei bloßen Worten bleiben, eine aktive Buchpolitik ist gefordert, denn „Books are different". Die Herausforderung kommt aus Brüssel. Grenzüberschreitende Buchpreisbindungen zwischen europäischen Ländern sind ihr Ansatzpunkt. Die Preisangleichungen zwischen Österreich und Deutschland gehören dazu. Zuerst gab es hierfür grünes Licht, doch im vergangenen Jahr erfolgte der Einspruch der Kommission. Im Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen fällt nun die Vorentscheidung. Ich begrüße die eindeutige Stellungnahme der Bundesregierung vom 16. Dezember 1996, denn das Buch ist keine Ware wie jede andere. „Books are different". Die Preisbindung ist zwar ein Fremdkörper im Europa des freien Wettbewerbs, aber wer Vielfalt statt kulturellen Kahlschlags will, der muß den Sonderstatus des Buches für den Kulturkontinent Europa anerkennen. Die Fixierung auf feste Ladenpreise ist von unabdingbarem Nutzen für alle, für Leser, Autoren, Verlage und Buchhändler. Seit 1887 gilt diese Festpreisregelung bereits. Seit 110 Jahren praktizieren wir sie mit nachprüfbarem Erfolg. In 14 von 15 EU-Ländern besteht sie, in Großbritannien, wo man sie aussetzte, hat man bereits den Rückzug angetreten. Kleine Verlage, mittelständische Buchhandlungen und experimentierende Literaten sind dort auf der Strecke geblieben. Wer keine Verarmung unserer Kulturlandschaft will, gegen Eintönigkeit und literarische und wissenschaftliche Einöde ist, eine Existenzgefährdung von Buchhandel und Verlagen vermeiden will, der ist aufgerufen, sich in Brüssel aktiv für das Kulturgut Buch einzusetzen. Sein Preis muß gebunden bleiben. Der deutsche Gesetzgeber leistet mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz und einem hohen Niveau beim Urheberrechtsschutz einen wichtigen Beitrag zum Buch. Herausragend für seinen Bestand ist aber die Preisbindung. Sie wird nun durch die Europäische Kommission, die einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht wittert, in Frage gestellt. Ein aktuelles Votum des Europäischen Parlamentes ist jetzt ebenso gefordert wie eine Klärung der Kommission. Wie eine Krake ist sie dabei, jetzt auch die Kultur in ihre Aufgabenallmacht einzubeziehen, entgegen dem Subsidiaritätsprinzip, entgegen dem Geist von Maastricht. Das dürfen wir nicht dulden. Die Buchpreisbindung muß europaweit gelten. Auch Brüssel muß begreifen: „Books are different". Freimut Duve (SPD): Aus dem Beitritt Österreichs zur EU haben Buchhändler und Verleger zusammen mit ihren deutschen Kollegen die richtige Schlußfolgerung gezogen: Sie verständigten sich auf die Einführung eines einheitlichen Systems „gebundener Endverbraucherpreise" nach deutschem Vorbild. Sie haben damit eine Vereinbarung mit grenzüberschreitender Wirkung getroffen. Und deshalb muß diese Regelung durch die Europäische Kommission vom Kartellverbot des EG-Vertrags freigestellt werden. Die löbliche und vernünftige Absicht setzt einen komplizierten Beratungs- und Entscheidungsprozeß in Gang. Wieder sorgen sich Verleger, Buchhändler, Autoren und Leser um die - neben dem halben Mehrwertsteuersatz - einzige Förderung des Kulturguts Buch - die Buchpreisbindung. Aus Brüssel kommen eher positive Signale. Aber dann wird eine Beschwerde gegen diese beabsichtigte Preisbindung eingereicht - bezeichnenderweise von einer großen österreichischen Buchhandelskette nicht von einem Verlag, schon gar nicht von einer einzelnen Buchhandlung. Schon 1979 in Frankreich war es die Buchkaufhauskette FNAC, die die Aufhebung der Preisbindung betrieben und schließlich auch erreicht hatte - aber nur bis Anfang 1982. Bei der Preisgestaltung für Verlagserzeugnisse waren wir im Deutschen Bundestag im Konsens: 1984 ist einstimmig der interfraktionelle Antrag „Erhaltung der Buchpreisbindung" angenommen worden, 1992 hat die SPD-Bundestagsfraktion mit ihrem Antrag „Erhalt der Buchpreisbindung" diese Position bekräftigt. Der Antrag wurde 1994 einstimmig angenommen. Die Wirtschaftspolitiker hatten sich mühsam überzeugen lassen, daß die Doppelnatur des Buches - als Wirtschafts- und als Kulturgut - eine Ausnahme rechtfertigt von einem wichtigen Grundsatz der Marktwirtschaft: dem Verbot von Preisabsprachen. Die entscheidenden Gründe dafür hatte bereits 1981 das Europäische Parlament formuliert, als in einer Unterrichtung durch das EP, Entschließung über die festen Buchpreise, festgestellt wurde, daß „für die Buchindustrie und den Buchhandel aufgrund des spezifischen Charakters des Buches als einer Ware, die direkt die Interessen des Bürgers auf dem Gebiet der Kultur, der Bildung und der Information berührt, nicht ausschließlich wirtschaftliche Kriterien gelten dürfen". Heute sieht es immer mehr danach aus, daß Kulturpolititk die Selbstverpflichtung der Branche, auf harten Wettbewerb zu verzichten, gegen ihre großen und mächtigen Mitglieder verteidigen muß. Die Erfahrungen in Ländern, wo die Preisbindung aufgehoben wurde, belegen vor allem dies: Die Liberalisierung der Preise kommt den großen Verlagshäusern und den Buchhandelsketten zugute. Die Antwort des Börsenvereins an die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission macht deutlich, was wir verlieren, wenn die Buchpreisbindung aufgehoben wird. Ich nenne nur vier Beispiele aus diesem umfangreichen Papier, das die gesamte Landschaft unseres Verlagswesens sehr genau zeichnet. - Die Preissteigerungen für Bücher liegen deutlich unter denen für Waren und Lebenshaltung generell - und unter dem Anstieg der Preissteigerung für den Buchdruck. - Noch ist unsere Verlagslandschaft mittelständisch geprägt. - Auch die Konzentration im Buchhandel ist erst schwach ausgeprägt. Es gibt bei 4033 Buchhandlungen insgesamt 450 Firmen, die zwei bis vier Filialen haben, nur 30 Firmen mit mehr als fünf Filialen. - Seit 1980 ist die Zahl der Verlage gestiegen, der Umsatz ebenfalls. Was ist in den Ländern passiert, die die Preisbindung aufgehoben haben? - In Großbritannien wurde im Oktober 1995 das Net Book Agreement beendet. Die größeren Buchhandlungen verzeichnen seitdem ein Umsatzplus von acht Prozent, bei den kleinsten fiel der Umsatz um 22 Prozent. - Die Preissteigerung für Verlagserzeugnisse in Schweden seit 1955 sollte gebremst werden; die Preisbindung wurde 1965/1970 abgeschafft. Massenliteratur wurde tatsächlich billiger, Fachliteratur, schwierige Bücher wurden deutlich teurer. 1975 wurde eine staatliche Subventionierung vor allem für Belletristik eingeführt, die Verlage erhalten können, wenn sie sich zu Mindestauflagen und Einhaltung eines Preislimits verpflichten. Heute existiert keine mittelständische Verlags- und Buchhandelslandschaft mehr. - 1980 bis 1982 stiegen in Frankreich die Preise für Bücher stark an, obwohl 1979 die Preisbindung weggefallen war, 1983 - nach der Wiedereinführung der Preisbindung - war der Anstieg deutlich schwächer ausgeprägt. - In den USA - wo die Preise für Verlagserzeugnisse nie reglementiert waren - ist der Marktanteil der Ketten seit den 70er Jahren immer größer geworden. Die Anzahl unabhängiger Buchhandlungen sank um zwei Drittel. Sie sind heute akut gefährdet. Kleinen Verlagen wird von den großen Händlern ein finanzielles Entree abverlangt, bevor ihre Produkte auf den Ladentischen überhaupt angeboten werden. Dort ist es auch - im Gegensatz zur Öde der Provinz - unproblematisch, Bücher aus dem Gesamtangebot von 150 000 Titeln zu bestellen. In Deutschland kann der Leser unter insgesamt 740 000 Titeln auswählen. Und die meisten davon sind auch in der Buchhandlung in einer Kleinstadt innerhalb von zwei Tagen lieferbar. Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 11. März die Idee der Preisbindung gestützt: Jetzt darf der Beck-Verlag für CD-Roms eine Preisbindung festsetzen. Als CD-Rom erscheinen in diesem Verlag auch Fachzeitschriften, z. B. die „Neue Juristische Wochenschrift". Das Kartellamt hatte seine Entscheidung, eine Preisfestlegung für diese Produkte zu verbieten, damit begründet, daß CD-Roms nach Herstellung, Inhalt, Nutzung und Vertriebswegen keine Bücher seien. Doch der BGH sagt nun sehr weise, es komme darauf an, ob die CD-Rom aus der Sicht des Benutzers ein Buch oder eine Zeitschrift ersetze. Der Begriff des Buches sei für neue elektronische Produkte offen - der Gesetzgeber habe die neuen Entwicklungen noch nicht berücksichtigt. Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt eine knappe Erzählung der Schriftstellerin Tania Blixen („Babettes Fest"), die eine Allegorie auf das Lesen und Schreiben von Büchern ist. Sie beschreibt darin das Schicksal einer französischen Köchin, die durch Unruhen aus einem Luxusrestaurant in Paris vertrieben wird und in einem kleinen protestantischen Haus irgendwo in Norwegen Zuflucht findet. Dort führt sie zehn, zwanzig Jahre den ungewöhnlich schlichten Haushalt zweier Schwestern, um eines Tages einen Lotteriegewinn zu machen. Mit dem Geld finanziert sie ein einziges feierliches Essen, das die Gäste durch seine besonderen Köstlichkeiten und ausgesuchten Spezialitäten geheimnisvoll verzaubert. Den verwunderten Schwestern gibt sie sich daraufhin als Künstlerin zu erkennen, deren Leben immer schon aus mehr als dem kargen Alltag bestanden hat. Sie lebte für eine darüber hinausgehende Kunst, für ihren Traum von der Kunst des Kochens und Genießens. Diese Erzählung ist auch eine Allegorie auf das Leben von Tania Blixen selbst, der dänischen Baronin, die mit ihrem Mann fast zwei Jahrzehnte in Afrika lebte und erst nach ihrer Rückkehr ein zweites Leben als Schriftstellerin begann. Sie verstand die Schriftstellerei als späte Erfüllung ihres Lebens, als Ausdruck ihrer eigentlichen Kunst. Bücher sind für Tania Blixen etwas Besonderes: Man kann mit ihnen Notzeiten überstehen, man kann für sie leben. Diesen Platz für Bücher zu verteidigen - darum geht es heute wieder. Das verbirgt sich hinter der schlichten Frage, ob die Preisbindung für Bücher erhalten bleibt. Es ist die Frage, ob wir auf dem Weg zur europäischen Einigung unserem reichen Buchmarkt eine Chance geben wollen - mitsamt den kleinen und teuren, den überformatigen und besonderen, den dicken und dünnen Bänden, die bei uns jedes Jahr erscheinen. Wir entscheiden darüber, ob wir auch in Zukunft ein vielfältiges literarisches Programm, auch mit geringen Auflagen, auch von kleineren Verlegern und auch in engen Buchhandlungen, flächendeckend haben wollen. Bücher sind mit anderen Wirtschaftsgütern nicht vergleichbar, weil sie Kulturgüter sind. Gewiß scheint die Buchpreisbindung zunächst ein Fremdkörper im marktwirtschaftlichen System zu sein, aber sie schützt den Verlag und Vertrieb von Büchern, die nur kleine Auflagen haben, und sichert dadurch ein reiches literarisches Leben. Der Schutz des „gemeinsamen kulturellen Erbes" ist im Maastrichter Vertrag vertraglich vereinbart. Damit Verleger, Buchhändler und Autoren eine breite Bevölkerung auch im vereinten Europa mit vielfältiger Literatur versorgen können, bedarf es besonderer Rahmenbedingungen. Die Erfahrungen, die in anderen Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Schweden ohne Buchpreisbindung gemacht worden sind, sprechen für sich: Die Buchpreise steigen überproportional, die Titelproduktion stagniert, der mittelständische Buchhandel wird verdrängt. Die Buchpreisbindung ist Gegenstand eines komplizierten europäischen Entscheidungsprozesses, seit die deutschen, österreichischen und schweizer Verleger und Buchhändler die Einführung einheitlicher Buchpreise beschlossen haben. Dadurch soll die deutsche Buchpreisbindung auf die beiden Nachbarländer ausgedehnt werden. In den nächsten Monaten muß nun die Europäische Kommission entscheiden, ob diese Absprache mit den EU-Wettbewerbsbedingungen vereinbar ist. Deshalb ist es heute erneut wichtig, daß der Bundestag - wie schon bei früheren Gelegenheiten - sehr deutlich feststellt, daß Produktion und Vertrieb von Büchern nicht nur nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt werden dürfen. In Belgien, hört man, wird seit zwanzig Jahren für feste Buchpreise nach deutschem Modell gekämpft, bislang ohne Erfolg. Auf unsere jüngste Kleine Anfrage hat die Bundesregierung bestätigt, daß auch sie sich nach Kräften für den Erhalt des Preisbindungssystems für Bücher einsetzen will. Es ist gut, wenn es dabei bleibt. Jürgen Türk (F.D.P.): In einer einstimmigen Entschließung haben wir uns in diesem Hause 1994 für den Erhalt der Buchpreisbindung ausgesprochen. Die Bundesregierung hat sich gegenüber den Organen der Europäischen Gemeinschaft stets für die Erhaltung der Preisbindung bei Büchern eingesetzt. An diesem Standpunkt hat sich für meine Fraktion wie für die Koalition insgesamt und, wie der Antrag belegt, auch für die Opposition nichts geändert. Ohne Einschränkung möchte ich darum für die F.D.P.-Fraktion erklären, daß wir weiterhin für eine Preisbindung bei Büchern sind. Bücher sind halt mehr als nur Wirtschaftsgüter, Bücher sind auch Kulturgüter. Das Entstehen, das Herstellen und das Vertreiben eines Buches sind privatwirtschaftlich organisiert, und dennoch liegen oftmals die Gründe, warum ein Buch geschrieben, warum ein Buch hergestellt und vertrieben wird, außerhalb des privatwirtschaftlichen Strebens nach Absatz und Gewinn. Der Markt kann vieles, aber bei der Bewertung von guten oder schlechten Büchern ist er schlichtweg überfordert. Die Buchpreisbindung dient deshalb darzu, daß Bücher überall zum gleichen Preis erstanden werden können, daß an jedem Ort die Versorgung von Büchern gesichert ist und daß Verlage weiterhin durch eine Mischkalkulation Bücher verlegen können, deren Wert sich nicht durch Verkaufszahlen messen läßt. Diese Ansicht wird zur Zeit noch nicht von allen EU-Staaten geteilt. Eine Beschwerde gegen die deutsch-österreichische Buchpreisbindung ist bei der Kommission anhängig. EU-Kommissar van Miert sagte in unserer vorletzten Sitzung im Wirtschaftsausschuß, daß die EU-Kommission keinen Entscheidungsbedarf bei diesem Thema sieht und sich auch zu einer Entscheidung nicht zwingen lassen werde. Diese Aussage bedeutet für uns, daß auch weiterhin in Deutschland und Österreich diese wichtige Regelung für den Buchhandel bestehen bleibt. Die Regierung, aber auch wir Abgeordneten bleiben aufgefordert, bei unseren europäischen Kolleginnen und Kollegen Überzeugungsarbeit für die Buchpreisbindung zu leisten. Hoffnungsvoll stimmt mich dabei, daß in den EU- Ländern, wo die Preisbindung abgeschafft wurde, ein Umdenken stattfindet, weil fatale Folgen bei der Bereitstellung von Büchern außerhalb der Bestellerlisten zu beobachten sind. So hat Frankreich die Preisbindung für Bücher wieder eingeführt. Somit bestehen sehr gute Chancen für die Preisbindung und das Kulturgut Buch in Europa. Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregierung sieht in der nationalen Buchpreisbindung ein zentrales Element erfolgreicher Buchpolitik. Die Preisbindung ist ein wichtiges Mittel zur Erhaltung des Sortimentsbuchhandels und einer flächendeckenden Buchhandelsstruktur. Sie gewährleistet die Vielfalt der Literatur und ihrer Verbreitungsmöglichkeiten. Die Bundesregierung hat sich gegenüber den Organen der Europäischen Gemeinschaft stets für die Erhaltung der Preisbindung für Bücher eingesetzt. Sie hat aktiv bei der Prüfung mitgewirkt, ob dies auf der Basis nationalen Rechts oder auf europäischer Ebene erfolgen sollte. Die einstimmige Entschließung des Deutschen Bundestages von 1994 zum Erhalt der Buchpreisbindung ist für die Bundesregierung ein wichtiger Maßstab. Die Bundesregierung hat sich auf Grund des Bundestagsbeschlusses in zahlreichen Gesprächen mit Vertretern der Europäischen Kommission sowie im Kulturministerrat für den Erhalt der Buchpreisbindung eingesetzt. Auf nationaler Ebene werden wir an der im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehenen Ausnahme vom Preisbindungsverbot für Bücher nicht rütteln: Sie ist durch den besonderen Sachverhalt, um den es bei Kulturgütern geht, und durch die einschlägigen Erfahrungen mit anderen Regelungen im europäischen und außereuropäischen Ausland gut begründet. Bei der anstehenden Novellierung des Kartellgesetzes wird die Bundesregierung aus kultur- und bildungspolitischen Gründen an dieser Ausnahme festhalten. Entscheidend ist jedoch die Entwicklung auf europäischer Ebene. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Europäischen Wirtschaftsraums und dem anschließenden Beitritt Österreichs zur Europäischen Union haben die deutschen und österreichischen Verleger und Buchhändler im Jahre 1993 die Einführung eines einheitlichen Systems gebundener Endverbraucherpreise nach dem Vorbild des deutschen Preisbindungssystems beschlossen. Da dieses System grenzüberschreitende Wirkung hat und den Wettbewerb beeinträchtigt, muß die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit von der Europäischen Kommission vom Kartellverbot des EG-Vertrages freigestellt werden. Formal ist jetzt zunächst die EG-Kommission am Zuge, die den Sachverhalt aufzuklären und einen Entscheidungsentwurf vorzulegen hat. Vor einer Entscheidung werden die Mitgliedstaaten auf jeden Fall angehört. Zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt mit einer Entscheidung aus Brüssel zu rechnen ist, ist derzeit nicht absehbar. Probleme mit der Buchpreisbindung sind bisher insbesondere bei gemeinsamen Sprachräumen über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg aufgetreten. Dies gilt insbesondere für die Niederlande und Belgien, das Vereinigte Königreich und Irland sowie für Deutschland und Österreich. Die niederländische Ratspräsidentschaft hat daher das Thema Buchpreisbindung auf die Tagesordnung des Kulturministerrates gesetzt. Bis Ende Juni 1997 sollen mögliche pragmatische Lösungen zur grenzüberschreitenden Buchpreisbindung gefunden und der Europäischen Kommission präsentiert werden. Die Bundesregierung wird die Entwicklung auf europäischer Ebene entsprechend dem quer durch alle Fraktionen des Deutschen Bundestages bestehenden Konsens zum Erhalt der Buchpreisbindung aktiv begleiten. Die durch die Warenverkehrsfreiheit und das Kartellverbot gezogenen Grenzen müssen dabei jedoch beachtet werden. Die Bundesregierung erwartet, daß die Kommission bei einer Entscheidung über den Antrag auf Freistellung der deutsch-österreichischen Buchpreisbindung alle nach dem EG-Vertrag relevanten Aspekte berücksichtigt, aber zugleich auch die der deutschen Regelung zugrunde liegenden Erfahrungen und Überzeugungen. Gerhard Zwerenz (PDS): Die schöne stolze Eintracht bei der Verteidigung der Buchpreisbindung soll auch durch die PDS nicht gestört werden. Wenn selbst die hagestolzesten Helden des freien Marktes, die naseweishohe Herrenriege der F.D.P., den Buchpreis stützen will, solange es sie nichts kostet, können wir als linker Rand nicht zurückstehen. Tatsächlich können die Erfahrungen der Länder, die die Preisbindung aufhoben, nur abschrecken. Frankreich kehrte deshalb schon nach nur drei Jahren zur Preisbindung zurück. Nun heißt dies nicht, daß die Bindung an den festen Buchpreis die Lösung des Rätsels sei, wie Bücher günstig an den Leser kommen könnten. Der feste Buchpreis verhindert lediglich den Crash, den ein schrankenloser Wettbewerb auslösen muß, in dessen Folge die kleinen und mittleren Unternehmen vom Markte verschwinden und nur die Freiheit der Haie übrigbleibt. Dies genau ist die auch mit Preisbindung nicht ganz gebannte Gefahr. Die Industrialisierung des Verlegens und Verkaufens von Büchern tötet die Buchkultur bald gänzlich ab, denn sie sperrt nicht nur die Anfänger aus, sondern auch die subtilen und schwierigen Autoren, ohne die eine Literatur bald ganz den Bach hinabgeht. Nur noch die allzeit bereite Prominenz beherrscht dann das Feld und was sonst noch von den Buch-Monopolisten als optimal auflagenstark und also ertragreich eingestuft wird. Der Deutsche Bundestag tat recht daran, 1984 einstimmig einen interfraktionellen Antrag auf Erhaltung der Buchpreisbindung anzunehmen und das 1994 erneut zu bekräftigen. Unsere Buchkultur ist damit keineswegs gerettet, es kommt nur ein neues großes Hindernis zu den bereits vorhandenen Hürden nicht hinzu. Das ist, in Kulturabbruchzeiten, zweifellos lobenswert. Kein Fortschritt zwar, doch ein nicht stattgehabter Rückschritt stimmt uns heutzutage auch schon fast optimistisch. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 13 (Antrag: Postverkehr auf Schienen abwickeln) und zu Zusatztagesordnungspunkt 14 (Antrag: Umweltverträglicher Postverkehr) Renate Blank (CDU/CSU): Seit der Umwandlung der großen Monopolunternehmen Bahn und Post zu Aktiengesellschaften sind beide Konzerne gezwungen, um im Wettbewerb zu bestehen, so rationell und wirtschaftlich wie möglich zu arbeiten. Auch die Post AG muß bei der Neuausrichtung ihres Unternehmens, entsprechend den Kundenwünschen nach größtmöglicher Schnelligkeit und gleichbleibender Qualität kostengünstiger Produkte, bei gleichzeitiger Aufwandsminderung und ohne Verschlechterung der Ökobilanz, ihre Wettbewerbsposition gegenüber anderen Briefdiensten halten bzw. verbessern. Die Neuausrichtung des Unternehmens Post ging und geht mit einer weitreichenden Umstrukturierung der Logistiknetze einher. Die Deutsche Post AG hat zum 31. Mai 1997 die Transportvereinbarung Briefpost mit der Deutschen Bahn AG gekündigt. Danach wird es keine Brieftransporte per Bahn mehr geben. Eine über 100jährige Tradition geht zwar damit zu Ende, aber davon betroffen sind lediglich zwei Prozent des gesamten Briefpostaufkommens, das bisher auf der Schiene transportiert wurde. Der definitive Kundenwunsch nach E+1-Qualität bringt spezifische Rahmenbedingungen des Brieftransports mit sich. In diesem Zeitfenster kann die Bahn mit ihren derzeitigen Beförderungsmöglichkeiten kein entsprechendes Angebot machen. Spezielle Postzüge im geforderten Zeitfenster wären nur minimal ausgelastet und sind daher auch nicht wirtschaftlich sinnvoll zu vertreten. Diese Züge machten noch so lange einen gewissen Sinn, als die Postsortierung in den Zügen stattfand. Mit den neuen Briefpostzentren ist dies nicht mehr der Fall. Im regionalen Verkehr stellt die Nutzung der Schiene wegen des großen Handling-Aufwands und der durch die Bahn nicht erfüllbaren Zeitanforderungen schon seit längerem keine dem Kunden zumutbare Alternative mehr dar. Die Bahn fährt in diesen Verkehren selbst auf der Straße. Deshalb wird der Lkw im Nahverkehr nie von der Schiene ersetzt werden können. Mit Blick auf eine tragbare finanzielle Belastung müßte zudem die Post Briefsendungen so bündeln, daß sie auf bestimmte Bahntrassen, nicht aber auf postalische Sendungsströme zugeschnitten sind. Das widerspräche aber dem Gesamtsystem der aufeinander abgestimmten 83 Briefzentren, wäre letztlich unwirtschaftlich und wiederum im vorgegebenen engen Zeitfenster nicht zu bewältigen. Aus ökologischer Sicht geht mit der Einstellung der Bahntransporte, anders als in den Anträgen von PDS und Grünen behauptet, keine Verschlechterung einher. Beim derzeitigen Transportkonzept - pro Tag werden nur 100 der insgesamt 2 200 Tonnen Briefpost mit der Bahn befördert - fallen insgesamt 150 000 Transporte mit Straßenfahrzeugen an, unter anderem für den Zubringerverkehr zu den Bahnhöfen. Mit einer direkten Verbindung der 83 Briefzentren werden hingegen künftig nur noch 50 000 Fahrten benötigt. Die Anträge von PDS und Bündnis 90/Die Grünen, den Postverkehr mehr oder weniger „per Verordnung" auf die Schiene zu legen, verkennen völlig die Realitäten und setzen eine Mixtur aus Wunschdenken, staatlichem Dirigismus und politischer Nostalgie an die Stelle von nüchternen Fakten. Schon heute sind viele DB-Strecken überlastet, selbst gewollte Verlagerungen nur schwer möglich. Ich begrüße deshalb nachhaltig die Absicht der DB AG, die Produktionssysteme weiter zu optimieren, um künftig jede denkbare und vernünftige Chance im Wettbewerb wahrzunehmen. Ein Konzept einer auch von uns gewünschten Zusammenarbeit zwischen DB AG und Post AG kann aber nicht von der Politik angeordnet, sondern lediglich bei gemeinsamen Gesprächen zwischen den Unternehmen und unter Beachtung der Erfordernisse des Marktes erarbeitet werden. Die Verbraucher in Deutschland erwarten von der Post einen guten Service. Hindern wir also die Post nicht daran, den Kundenwünschen schnell und günstig nachzukommen! Siegfried Scheffler (SPD): Wir beschäftigen uns heute mit einem Vorgang, der in seiner Absurdität und von kurzfristigen Überlegungen geleiteten Intention ein typisches Beispiel für die chaotische Verkehrspolitik der Regierung ist. Am 11. Dezember 1996 teilte die Deutsche Post AG mit, daß sie in Zukunft, ab Juni 1997, auf den Transport von Brief- und Kartensendungen durch die Deutsche Bahn AG zu verzichten gedenkt. Grund- lage für die Entscheidung der DP AG zur Kündigung des entsprechenden Vertrages sei insbesondere die Unfähigkeit der Bahn, den, so heißt es in einem Brief des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG, Klaus Zumwinkel, „definitiven Kundenwunsch nach E + 1-Qualität" zu erfüllen. E + 1 bedeutet, daß ein heute aufgegebener Brief den Empfänger am nächsten Tag erreicht. Die Bahn könne in dieser Hinsicht „kein entsprechendes Angebot machen". Dies trifft nicht zu. Die Überschrift einer kürzlich von der Post AG herausgegebenen Pressemitteilung lautet: „Brieflaufzeiten erreichten 1996 bisher besten Jahreswert." Weiter heißt es dort, daß die durchschnittliche Laufzeit eines Briefes in Deutschland bei 1,1 Tagen liegt. Es ist richtig und in dem auch für die Post AG zukünftig freien Wettbewerb mit entsprechender Konkurrenz notwendig, die Beförderungszeiten durch Modernisierungen und neue Konzepte noch weiter zu verbessern. Was mir jedoch absurd erscheint, ist, daß sich die Post hierbei einer Technologie bedienen will, die im Moment vielleicht noch den Anforderungen gerecht werden kann, bei der aber abzusehen ist, daß ihre Grenzen bereits heute erreicht sind. Ich rede vom Gütertransport durch Lkw. Die Entwicklung des Straßenverkehrs und insbesondere des Lkw-Güterverkehrs hat alle Prognosen in den Schatten gestellt. Neueren Erhebungen zufolge wird, vorausgesetzt, Deutschland verschwindet nicht völlig unter einer Beton- und Asphaltdecke, spätestens im Jahre 2010 der Verkehr kollabieren. Durch die Freigabe der Güterverkehrskabotage Mitte 1998 wird auch ausländischen Mitbewerbern in Deutschland das Recht zum mengenmäßig unbeschränkten Transport gegeben. Dadurch wird es nochmals zu einem weiteren drastischen Anwachsen des Straßengüterverkehrs kommen. Ich sehe voraus, daß die Post, sollte sie an ihren Plänen festhalten, sich eines Tages zurücksehnen wird nach den Zeiten, als 91 Prozent der Briefe bereits nach einem Tag zugestellt waren. Zweifel sind sicherlich auch hinsichtlich der ökologischen Komponente angebracht. Die Post AG propagiert eine deutliche Verringerung der Umweltbelastung durch ihr Konzept „Brief 2000". Ich kann jedoch nicht sehen, wie eine Zentralisierung auf relativ wenige Verteilerzentren bei einem derartig dezentralen Geschäft wie dem der Post eine Umweltentlastung mit sich bringen soll. Dies gilt erst recht, wenn, wie jetzt erfolgt, zentralisierte Verteilungszentren zu unnötigen Schadstoffemissionen durch ein Mehr von Lkw-Fahrten führen. Daß Bahn und Post privatisiert werden, war lange bekannt. Auch daß mit der Privatisierung nicht nur die Ansprüche der Politiker, sondern insbesondere die der Kunden steigen würden, war abzusehen. Doch statt in Kooperation mit der Bahn neue Konzepte zu entwickeln, um den veränderten Gegebenheiten gerecht zu werden, fügte man sich ihnen und ließ alles weiterlaufen wie gehabt. Dies reichte anfangs auch aus. Erst jetzt, da beide Unternehmen privatisiert sind, werden die hundert Jahre erfolgreicher Zusammenarbeit, die in anderen Ländern immer noch bestens funktioniert, mit einer Unterschrift vom Tisch gefegt. Übrigens geht die Post mit ihrer Entscheidung einen Schritt hinter große bekannte Unternehmen der verladenden Wirtschaft zurück, die Konzepte zur Verlagerung ihrer Transporte auf die Schiene entwikkeln, und damit Verantwortung für nachfolgende Generationen übernehmen. Sie betreiben dadurch nicht nur aktive Imagewerbung, die auch die Post dringend notwendig hätte; diese Unternehmen machen sich unabhängig von wachsenden Staus auf unseren Straßen und anderen äußeren Einflüssen. Deshalb ist die Entscheidung der Post AG, die auch ihre gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung gegebene Zusage, bis 1998 70 Prozent ihrer Frachtpost über die Schiene zu transportieren, unterläuft, aus ökonomischen und ökologischen Gründen falsch. Ich sage vor dem Hintergrund von 4,7 Millionen Arbeitslosen, daß die Entscheidung auch in sozialer Hinsicht äußerst bedenklich ist, daß sie 400 Arbeitsplätze bei der Bahn gefährdet. Ich fordere die Post AG auf, ihre Entscheidung umgehend zu revidieren. Ich denke, zumindest die Oppositionsparteien sind sich einig, wenn ich mich gegen eine Verlagerung der Postbeförderung von der Schiene auf die Straße bzw. in die Luft ausspreche. Widersprechen muß ich allerdings dem Antrag der PDS in der Aufforderung an die Bundesregierung, dafür zu sorgen, daß „ein Maximum des technisch realisierbaren Postverkehrs auf Schienen und mit der Deutschen Bahn AG abgewickelt wird und gegebenenfalls entsprechende Schienenverbindungen hergestellt werden" . Denn technisch realisierbar wäre schon heute wieder eine Rückkehr auf die Schiene, wenngleich nur mit einem erheblichen finanziellen Aufwand, da die neuen Verteilerzentren gegen eine Nutzung in Kooperation mit der Bahn konzipiert sind. Je nach Korridor verfügt die Bahn teilweise über erhebliche ungenutzte Kapazitäten, um zusätzliche Kontingente des Straßengüterverkehrs aufzunehmen. Nur: Es kann nicht darum gehen, um des Prinzips wegen nun alles mit der Bahn zu erledigen. Man muß realistisch bleiben. Ein Teil Güterverkehr wird auch in Zukunft über die Straße im Verkehrsverbund abzuwickeln sein. Daher erscheint es mir nicht sinnvoll, unrealistische oder populistische Maximalforderungen zu stellen, ohne die Gegebenheiten zu beachten und Alternativen zu bedenken. Das technisch gegenwärtig Machbare und das ökologisch bzw. in diesem Fall ökonomisch Sinnvolle sind nicht immer unbedingt eine Einheit. So wäre beispielsweise eine Beförderung von Postgütern über kürzeste Entfernungen per Bahn genauso unsinnig wie der Umstand, daß durch die Verringerung der Zahl der Briefzentren von zirka 1 000 auf 83 ein Brief, dessen Empfänger im gleichen Ort wie der Absender lebt, nun stundenlang im Lkw von den wenigen Verteilerzentren aus unterwegs ist. Natürlich müssen wir der Post das Recht zusprechen, auch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden. Die Post ist mit der Verwandlung in eine Aktiengesellschaft verpflichtet, eben nach die- sen Kriterien zu entscheiden. Nur: Die Post hat nicht die politischen Rahmenbedingungen zu verantworten, die im Zusammenhang mit der Kündigung des Bahnvertrages stehen. Ihr muß man aber den Vorwurf machen, daß sie sich hinter diesen Rahmenbedingungen versteckt und den Weg des geringsten Widerstandes geht. Auch die Bahn stellt sich ein Armutszeugnis dadurch aus, daß sie nicht in der Lage ist, flexibel auf die Bedürfnisse eines wichtigen Kunden zu reagieren. Gleich nach Bekanntwerden der Entscheidung der Post AG, die Verträge mit der DB AG zu kündigen, hat die SPD-Fraktion die Verantwortlichen der Post und Bahn aufgefordert, die Entscheidung noch einmal zu überprüfen. Die Antworten fielen unterschiedlich aus. Während die DB AG auf Grund noch laufender Verhandlungen keine weiteren Aussagen machen wollte und die Deutsche Post AG ihre Entscheidung wirtschaftlich begründete, zeigten sich der Bundesminister für Verkehr, Herr Wissmann, und der Bundesminister für Post und Telekommunikation, Herr Bötsch, doch mehr oder weniger erstaunt, daß es zu dieser Entscheidung der Post gekommen ist. Das BMV schreibt in seiner Antwort, es habe die DP AG gebeten, „die Entscheidung der DP AG zur Änderung in der Briefpostbeförderung noch einmal zu überdenken und nach Wegen zu suchen, wie die Postbeförderung mit der Eisenbahn erhalten und intensiviert werden kann". Dies mutet mich in einem Höchstmaß zynisch an. Seit dieser Bundesverkehrsminister im Amt ist, war Zeit, nach Wegen zu suchen, wie die Effektivität und Attraktivität der Bahn für deren Kunden gesteigert werden kann. Statt dessen geht der Bereich Güterverkehr bei der Bahn steil bergab. Er verringerte sich von 1988 mit 125 Milliarden Tonnenkilometer auf 71 Milliarden Tonnenkilometer im Jahre 1994. Da die Politik der Bundesregierung wesentlich zu diesem Niedergang beigetragen hat, trägt sie auch einen nicht unerheblichen Anteil der Schuld an dem jetzt gefällten Entschluß der Post. Die Bundesregierung ist es doch, die kaum eine Gelegenheit ausläßt, die Notwendigkeit einer Verlagerung der Gütertransporte auf umweit- und ressourcenschonende Verkehrsmittel, also Binnenschiffe und Bahn, zu propagieren. Leider ist der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit inzwischen unübersehbar. Denn statt dem von der Bundesregierung propagierten Ziel zuzuarbeiten, erreicht der Verkehrsminister mit seiner Politik genau das Gegenteil von dem, was er verkündet. Parallel dazu kommt die chaotische Finanzpolitik von Bundesfinanzminister Waigel als Investitionsbremse beim Schienenverkehr zum Zuge. Dieser hat erheblich zum Offenbarungseid in der Verkehrspolitik beigetragen. Damit Kassenlöcher gestopft werden können, wurde die Bahn gezwungen, in den nächsten vier Jahren die Investitionen in den Schienenausbau aus eigenen Mitteln zu decken. 6,9 Milliarden DM aus Eigenmitteln fließen in den Infrastrukturausbau statt in dringend notwendige Innovations- und Modernisierungsprojekte. Die Regierung entzieht sich der Verpflichtung zur Finanzierung von Neu- und Ausbaumaßnahmen aus Haushaltsmitteln auch dadurch, daß die getätigten Zahlungen in Zukunft nicht mehr als Zuschuß, sondern teilweise als Kredite vergeben werden. Die Rückzahlungen werden die Bahn in Zukunft nachhaltig belasten. Ich sage Ihnen, dies ist ein eklatanter Verstoß gegen die Grundsätze der Bahnreform und der in Art. 87 e GG festgeschriebenen Gemeinwohlverpflichtung des Bundes. Gleichzeitig sieht sich die Bahn genötigt, die nach ihrer Meinung unrentablen Strecken abzubauen. Hierdurch verliert sie weiter an Attraktivität. Da muß man dem scheidenden DB-AG- Vorsitzenden Heinz Dürr recht geben. Mehrfach hat er in den letzten Jahren darauf hingewiesen, daß die 40 000 Kilometer Schienennetz das größte Kapital der Bahn sind. Und heute - sie überprüft dies gegenwärtig - will sich die Bahn von einem Viertel ihres Schienennetzes trennen. Weiß die Bahn eigentlich, daß sich dadurch ihre Chance verringert, die Fehler der Verkehrspolitik eines nicht mehr fernen Tages wieder revidieren zu können? Dazu einige Zahlen. Noch zu Beginn der 90er Jahre lagen die Schienenbaumittel im Einzelplan 12 bei über 6 Milliarden DM. Im Haushalt 1997 und der mittelfristigen Finanzplanung wurden sie auf 3,5 Milliarden DM reduziert. Demgegenüber steht ein Betrag von mehr als 8 Milliarden DM, der in die Straße fließen soll. Damit, meine Damen und Herren, hat sich die Regierung selbst um die Möglichkeit gebracht, ihre Worthülsen in Taten umzusetzen und endlich eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik zu gestalten. Bedrohlich kurzsichtig erscheinen mir die grundsätzlichen Prioritätensetzungen innerhalb der Verkehrspolitik. Das hat den Gütertransport der Bahn schon fast zu einem Nischenanbieter schrumpfen lassen. Wir kennen doch die Prognosen. Sie gehen davon aus, daß bis zum Jahr 2010 der Güterverkehr auf der Straße um 82 Prozent zunehmen wird. Deutsche Trucks werden dann 100 Milliarden Kilometer pro Jahr fahren, der Ausstoß von CO2 von 13 auf 25 Millionen Tonnen zunehmen. Hierzu ein Vergleich: Nach Angaben des Bundesumweltamtes verursacht ein Lkw je 100 Tonnenkilometer externe Kosten von 9,49 DM. Die Bahn bringt es hingegen bei der gleichen Menge auf einen Betrag von 1,74 DM. EU-weit belaufen sich die externen Kosten - Umwelt-, Wege- und Unfallkosten - des Verkehrs auf jährlich 500 Milliarden DM. 90 Prozent dieser Kosten müssen dem Straßenverkehr zugeordnet werden. Diese Kosten trägt die Allgemeinheit. Der Umweltgipfel von Rio de Janeiro ist lange Vergangenheit, und die damals gegebenen Versprechen sind schon lange als Makulatur erkennbar. Auch die Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten der Bahn sind der Grund für die exorbitante Zunahme des Lkw-Verkehrs. Daran ändert auch die Lkw-Vignette wenig. Zwar fließen dem deutschen Fiskus durch die Abgaben der aus Drittländern stammenden Lkw gewisse Summen zu - 1995 waren es nach Abzug der Verwaltungskosten 115 Millionen DM -, doch ist dieser Betrag angesichts der Kosten, die durch ausländischen Kraftfahrzeugverkehr entstehen, nur ein Trop- fen auf den heißen Stein. Eine Umstellung des Vignettensystems auf eine streckenbezogene LkwGebühr, so wie sie die SPD-Fraktion seit langem fordert, könnte hier für Gerechtigkeit sorgen. Der Steuerzahler wird entlastet und die Bahn für potentielle Kunden wieder attraktiver gemacht. Es kann nicht angehen, daß die Allgemeinheit weiterhin für die durch die Regierung forcierte Zerstörung der Umwelt zur Kasse gebeten wird. Hätte sich die Regierung in den von ihr privatisierten Bereichen nicht aus ihrer nach wie vor bestehenden Verantwortung gestohlen, wäre die Post sicherlich nicht auf die Idee gekommen, mit dem Bau von 83 Briefzentren auf der grünen Wiese zu beginnen, ohne auch nur für eine einzige dieser Verteilerstationen einen Gleisanschluß einzuplanen, und wie jetzt geschehen, den Vertrag mit der Bahn zu kündigen. Neben einer gerechten Verteilung der Kosten nach dem Verursacherprinzip muß deshalb der Einsatz neuer Technologien und intelligenter Logistikkonzepte forciert werden. Um mehr Güter auf die Schienen zu bringen und die Bahn auch für die Post wieder attraktiv zu machen, muß dafür gesorgt werden, daß die Verkehrsströme sinnvoll gebündelt werden. Notwendig sind Güterverkehrszentren (GVZ) mit Gleisanschlüssen und Umschlagbahnhöfen des kombinierten Verkehrs (KV). Diese müssen durch den Einsatz neuer Techniken im Bereich der Logistik und der Umschlagtechnik auf den neuesten Stand gebracht werden, um hier eine Effizienzsteigerung zu erreichen. Langfristig notwendig sind auch schnellere Gütertrassen, die getrennt sind von denen des Personenverkehrs. Leider war und ist die Regierung als Eigner der Bundesbahn nicht bereit, für die notwendigen Investitionen die Mittel bereitzustellen, um für eine Effizienz- und Attraktivitätssteigerung zu sorgen. Mit fadenscheinigen Argumenten wurde die Bewilligung von Fördermitteln immer wieder blockiert. Das Argument, die Kassen seien leer, mutet angesichts der Milliarden, die in ein derartig zweifelhaftes Projekt wie den Transrapid gesteckt werden, mehr als lächerlich an. Die Bundesregierung fährt mit Vollgas in den Stau. Wieso die Post AG diesem falschen Signal ohne Not folgt, ist mir ein Rätsel, und ich kann für das Unternehmen und für die dort Beschäftigten nur hoffen, daß sie diese Entscheidung eines Tages nicht bitter bereuen wird. Ich hoffe es; glauben kann ich es allerdings nicht. Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Ziel der Deutschen Post AG ist es, innerhalb der nächsten drei Jahre wieder etwa 70 Prozent der Transporte über die Schiene abzuwickeln." Diese Ankündigung der Bundesregierung in Beantwortung unserer Kleinen Anfrage zur Frachtpost (Drucksache 13/682) steht in krassem Widerspruch zu dem, was in den letzten Jahren und derzeit tatsächlich im Postverkehr passiert: Die Aufgabe der Briefnahversorgung, der Umbau des Brieffrachtkonzeptes und die Umstellung der Pressepost haben bereits in den letzten Jahren die ehemals enge Kooperation der früheren Staatsunternehmen Bahn und Post Schritt um Schritt zerstört. Symptomatisch für diesen Prozeß ist die Tatsache, daß kein einziges der 33 neu errichteten Brieffrachtzentren und ebenso keines der 83 in Planung befindlichen bzw. bereits eingerichteten Briefzentren überhaupt noch einen Gleisanschluß besitzt. Dies paßt übrigens auf traurige Weise zu den in dieser Woche aktuell bekannt gewordenen Überlegungen der Deutschen Bahn AG, das Schienennebennetz schrittweise abzustoßen bzw. stillzulegen. Der letzte Schritt der Zerschlagung der Kooperation zwischen Post und Bahn ist die Kündigung der noch verbliebenen Briefbeförderung auf der Schiene zum 31. Mai 1997. Er macht deutlich, daß bei dieser Bundesregierung ein himmelweiter Unterschied, um nicht zu sagen Widerspruch besteht zwischen den verkehrs- und umweltpolitischen Beteuerungen und Sonntagsreden einerseits und dem tatsächlichen Handeln andererseits. Eine Postverkehrskonzeption, die zum Beispiel dazu führt, daß ein Brief aus Emden, der an einen Adressaten im gleichen Ort gerichtet ist, seinen Empfänger künftig erst nach einer Hin- und Rückfahrt ins Briefzentrum im 100 Kilometer entfernten Oldenburg erreicht, ist nicht nur ökologisch verfehlt, sondern auch verkehrspolitisch hirnrissig. Um eine Verkehrswende von der Straße zur Schiene auch im Postverkehr anzustoßen, schlagen wir deshalb in unserem Antrag vor, folgende Schritte umzusetzen: In Wahrnehmung ihrer Eigentümerfunktion bei Post und Bahn soll die Bundesregierung auf eine flexible Zusammenarbeit zwischen beiden Betrieben drängen, gegebenenfalls auch durch Einschaltung anderer Privatunternehmen im Bahnsektor. Zentrale Forderungen sind in diesem Zusammenhang: Ausbau und Nutzung des kombinierten Ladungsverkehrs, schnellere Gütertrassen, Nutzung von Personenzügen zur Postbeförderung, beschleunigte Umschlagverfahren, geeignetere Transportgefäße und umweltverträgliche Vergütungssysteme. Ferner soll die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit eines vom übrigen Wagenladungsverkehr unabhängigen Zugsystems für Brief- und Paketpost mit rangierfreier Logistik überprüft werden. Schließlich beantragen wir, daß die Deutsche Post AG eine umfassende Ökobilanz für ihr Fracht- und Briefkonzept vorzulegen hat. Nur wenn die Bundesregierung in diesem Sinne mit konkreten Maßnahmen tätig wird, kann sie beweisen, daß ihre Versprechungen zur Verlagerung auf die Schiene mehr sind als Luftblasen. Horst Friedrich (F.D.P.): Abgesehen von der Tatsache, daß der Deutsche Bundestag kaum der Ort ist, um über betriebswirtschaftliche Entscheidungen selbständiger Unternehmen zu beraten, scheint die PDS grundlegende Prinzipien der Marktwirtschaft noch immer nicht verstanden zu haben. Der vorliegende Antrag legt darüber beredt Zeugnis ab. Verkehrs- und umweltpolitische Aspekte werden mit einer diffusen Privatisierungskritik vermischt, so daß am Ende nur wieder die alten Denkschemata und die Staatsgläubigkeit zum Vorschein kommen. Kaum verwunderlich, daß die PDS sogar die Postbeförde- rung vor dem zweiten Weltkrieg als Kronzeuge für ihre Forderungen anführt. Die Deutsche Bahn AG und die Deutsche Post AG sind mit dem Ziel privatisiert worden, die zuvor schwerfälligen Behörden für den wachsenden Konkurrenzdruck in einem offener werdenden Markt fit zu machen. Konkurrenz belebt das Geschäft und führt zu einem volkswirtschaftlich gesehen willkommenen Kosten- und Leistungsdruck. Die Einflußmöglichkeiten des Staates sollen gering bleiben und daher durch das Aktiengesetz entsprechend begrenzt. Wahrscheinlich sind der PDS die Gründe der Deutschen Post AG überhaupt nicht bekannt, die zur Kündigung der Transportvereinbarung mit der Deutschen Bahn AG zum 31. Mai 1997 geführt haben. Den Kollegen und Kolleginnen von der PDS kann aber geholfen werden. Die im Zuge der Privatisierung der Deutschen Post AG initiierte Neuausrichtung des Unternehmens geht mit einer umfassenden Umstrukturierung der Logistiknetze im Bereich der Brief- und der Paketpost einher. Hauptgrund hierfür sind die Wünsche der Kunden des Dienstleistungsunternehmens Post nach größtmöglicher Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Preiswürdigkeit. Das Prinzip E+1 mit einem Briefabgang nach 21.00 Uhr und Eingang in der Zielregion am nächsten Morgen kann mit den von der Bahn angebotenen Leistungen in den KLV-Terminals nicht verwirklicht werden. Wirtschaftliche Zugbildungen sind nicht möglich und spezielle Postzüge wären nur minimal ausgelastet und somit zu teuer. Für die regionale Verteilung stellt der Schienentransport ohnehin seit langem keine ernstzunehmende Alternative dar, was unter anderem auch dadurch dokumentiert wird, daß selbst die Bahn für diese Verkehre auf den Straßenverkehr setzt. Des weiteren hat die Bahn AG die Tarifierung ihrer Leistungen von Achskilometern auf Trassenpreise umgestellt. Um die Kosten aber in einem wirtschaftlichen Rahmen zu halten, wäre die Deutsche Post AG gezwungen, ihre Sendungen nicht auf postalische Sendungsströme, sondern auf bestimmte Bahntrassen zuzuschneiden. Dies wiederum widerspricht diametral dem neuen Logistiksystem der Post mit den 83 im Ablauf aufeinander abgestimmten Briefzentren. Höhere Kosten und erhebliche Verzögerungen wären die Folge. Auch das Argument Ökologie taugt nicht für fundierte Kritik. Durch das neue Briefkonzept wird die Zahl der Bearbeitungstellen von rund 1000 auf 83 reduziert, was gleichbedeutend mit einer Verminderung der Transportstrecken von bisher 150 000 auf 50 000 ist. Dadurch und mittels einer optimierten Logistik sinkt die Zahl der gefahrenen Kilometer deutlich. Nicht zuletzt sei erwähnt, daß der Anteil der mit der Bahn beförderten Briefpost gemessen am Gesamtvolumen ohnehin nur 2 Prozent beträgt und selbst bei der E+1-Post mit rund 5 Prozent nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Die Deutsche Post AG als großer Dienstleister und Mitbewerber auf dem Markt muß ständig daran interessiert sein, sich optimale Voraussetzungen für ihren Geschäftsbetrieb zu verschaffen. Führen die Verhandlungen mit Partnerunternehmen zu einem schlechteren Ergebnis, muß selbstverständlich die kostengünstigere Alternative gewählt werden. Dies schließt nicht aus, daß insbesondere im Zuge der Öffnung des Schienennetzes für Dritte die Post in Zukunft wieder attraktive Angebote für den Briefposttransport auf der Schiene vorfindet. Dr. Paul Laufs, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Post und Telekommunikation: Zur Beratung liegen zwei Anträge vor, die sich mit der Unternehmensführung des Vorstands einer deutschen Aktiengesellschaft, der Deutschen Post AG, befassen. Sie beanstanden Vorstandsentscheidungen zur Logistik des Unternehmens nicht deshalb, weil diese dem Infrastrukturauftrag der Deutschen Post AG zur flächendeckenden, angemessenen und ausreichenden Postversorgung zuwiderliefen, sondern weil sie den Umwelt- und verkehrspolitischen Erwartungen von der Vorbildfunktion der Deutschen Post AG angeblich widersprechen. Die Deutsche Post AG weist darauf hin, daß gerade zur Erfüllung ihres Infrastrukturauftrags und zur Begegnung eines zunehmenden Wettbewerbsdrucks logistische Verbesserungen ihrer Fracht- und Briefpostkonzepte zwingend erforderlich seien. Das Ansinnen der Antragsteller ist, die Bundesregierung möge sich in diese operativen Entscheidungen einmischen und sie dadurch korrigieren, daß sie gegebenenfalls unter Auswechslung von Aufsichtsrat und Vorstand ihre Eigentümerrechte massiv ausnutzt. Dieses Ansinnen weist die Bundesregierung zurück, weil es mit dem Geist der Postreformen von 1989 und 1994 sowie den Vorschriften des Aktienrechts gänzlich unvereinbar ist. Zur Sache selbst möchte ich einige Anmerkungen machen, wobei ich mich auf Angaben der Deutschen Post AG abstützen muß. Die Deutsche Post AG hat zum 31. Mai 1997 die Briefpostverträge mit der Deutschen Bahn AG gekündigt. Für Brieftransporte macht die Deutsche Post AG geltend, daß die von der Post-Kundenschutzverordnung seit dem 1. Januar 1996 geforderte Laufzeitqualität mit dem bisherigen Angebot der Deutschen Bahn AG nicht erreicht werden kann, weil die zeitlichen Vorgaben für den Brieftransport, das heißt Abgang gegen 21.15 Uhr und Eingang im Zielgebiet spätestens um 4.15 Uhr, im Rahmen des Fahrplans der Deutschen Bahn AG zur Zeit nicht erfüllt werden können. Spezielle Postzüge aber, wie sie z. B. bei der Royal Mail eingesetzt werden, wären nach Auffassung der Deutschen Post AG, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur minimal ausgelastet, innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters nicht erfolgreich einsetzbar und von den Kosten her nicht vertretbar. Zu bedenken ist auch, daß der Anteil der bisher per Bahn transportierten E+1-Briefpost, das heißt Einlieferung heute, Auslieferung morgen, nur 5 Prozent, der Anteil an der gesamten Briefpost sogar nur 2 Prozent beträgt. Hinsichtlich des Bereichs Frachtpost gibt es, mit Ausnahme der Infopost über einem Kilogramm, keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen Post und Bahn. Die Deutsche Post AG wickelt den Fernverkehr Frachtpost im wesentlichen über einen Generalunternehmer ab. Dieser Generalunternehmer bedient sich eines Schienenanteils von wochentags zirka 20 Prozent, an Wochenenden von zirka 60 Prozent bzw. 80 Prozent mit Leerbehältern. Allerdings wird die Bahn nur in Relationen mit einer Laufzeit von zwei Tagen (E+2) eingesetzt, da eine Laufzeit von einem Tag bei Transporten über die Schiene nach Einschätzung der Deutschen Post AG zur Zeit nicht möglich ist. Die Post geht davon aus, daß die genannten Schienenanteile auch in Zukunft im wesentlichen erhalten bleiben. Gewisse Verschiebungen können sich jedoch aus einer zunehmenden Kundennachfrage nach E+1-Frachtpost ergeben. Die technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorzüge des Schienenverkehrs zeigen sich beim Transport großer Massen über große Entfernungen. Wir stehen vor dem Problem, daß das Zeitfenster für die nächtliche Beförderung von E+1-Postgütern so klein geworden ist, daß eine Zusammenarbeit bei Fernverkehren unabhängig von den Kosten große Schwierigkeiten aufwirft. Dieser enge Zeitrahmen wird für die Post zwingend vorgegeben durch die möglichst späten Leerungs- und Annahmezeiten am Einlieferungstag, durch den erforderlichen Zeitaufwand für das Einsammeln, Zusammenführen und Sortieren sowie nach dem Transport durch das Verteilen im Zielgebiet und die werktäglich nur einmalige, möglichst frühe Zustellung. Die Unternehmensleitungen von Post und Bahn haben trotz dieser Schwierigkeiten zugesagt, ihre Bemühungen um die Fortsetzung einer traditionell erfolgreichen Kooperation zu verstärken. So hat z. B. die Deutsche Post AG die Bahn um ein Angebot zur Übernahme von Transportleistungen zwischen Hamburg und sechs Briefzentren im Ruhrgebiet gebeten, wobei das Zeitfenster für den Transport zwischen 21.15 Uhr und 22.30 Uhr für die Abfahrt und 1.50 Uhr und 3.35 Uhr für die Ankunft liegt. Im übrigen erscheint mir eine Vereinfachung der vorliegenden Problematik in dem Sinne, daß die Schiene immer die umweltschonendere Alternative ist, nicht sachgerecht. So darf z. B. nicht unberücksichtigt bleiben, daß das Briefkonzept der Deutschen Post AG zu einer Reduzierung von nahezu 1 000 Bearbeitungsstellen auf nur noch 83 Briefzentren führt. Dadurch sinkt die Zahl der Transportrelationen nach Angaben der Post auf ein Drittel - von 150 000 auf 50 000 - und die Summe der täglich zu fahrenden Straßenkilometer um gut 7 Prozent, wobei die zur besseren Kundenbedienung erforderlichen zusätzlichen Abholfahrten bereits eingerechnet sind. Im Rahmen des technisch Machbaren und unternehmerisch Vertretbaren sollten alle Anstrengungen unternommen werden, die eine weitere Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Post AG und der Deutschen Bahn AG voranbringen.
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    Rede von Dorle Marx


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Menschenwürde von Kindern ist ebenso unantastbar wie die Erwachsener; Art. 1 Grundgesetz gilt von Geburt an. Über die Menschenrechte von Kindern kann daher niemand frei verfügen, weder die Gesellschaft, die Politik noch die Eltern. Auf der Stockholmer Weltkonferenz gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern nahm die Benennung der Ursachen von sexueller Ausbeutung breiten Raum ein.
    Die Täter schätzen Kinder als bloßes Objekt der eigenen Bedürfnisse ein und nicht als gleichwertige andere Menschen. Kinder werden zunehmend als attraktive neue Ware im Geschäft mit Sex gehandelt. Sexuelle Ausbeutung von Kindern ist durch das Ausleben der Überlegenheit von Erwachsenen gekennzeichnet. Sexualität wird als reines Macht- und Gewaltinstrument mißverstanden.
    Im Bereich der Prostitution steigt die Nachfrage nach Kindern wegen des wachsenden Bedarfs an vermeintlich nicht HIV-infizierten Sexsklaven. Insbesondere im Bereich des sogenannten Sextourismus wird der Mißbrauch von Kindern von vielen leider immer noch als Kavaliersdelikt bewertet.
    In Deutschland, hier bei uns vor der Haustür, findet sexualisierte Gewalt gegen Kinder trotz der Zunahme von kommerzieller Ausbeutung etwa im Bereich der Kinderpornographie in ganz überwiegendem Maße im sozialen Nahbereich statt, das heißt: in der Familie, in der Nachbarschaft oder im sozialen Umfeld der Kinder.
    Während die durch Fremdtäter verübten Delikte in aller Regel zur Anzeige gelangen, entfallen nach Schätzungen von Kriminologen im Nahbereich auf eine angezeigte Tat etwa 20 bis 30 nicht angezeigte Taten. Wir müssen deshalb in dieser Debatte auch fragen, woran es liegt, daß die Anzeigefrequenz so niedrig ist, obwohl doch die gesellschaftliche Achtung des Mißbrauchs von Kindern so groß ist.
    Den Kindern treten die Täter aus dem Nahbereich nicht als Monster gegenüber. Vor Monstern würden Kinder auch ganz schnell davonlaufen. Im Nahbereich wird die Bekanntschaft oder gar Verwandtschaft mit dem Kind ausgenutzt, ein bestehendes oder sogar gezielt aufgebautes Vertrauensverhältnis zu Übergriffen gegenüber dem Schwächeren mißbraucht. Die körperliche und seelische Verletzung des Kindes wird oft spät oder gar nicht erkannt. Ein solches Kind ist tief verunsichert. Es weiß meist nicht, wie und wem es sich anvertrauen soll. Diese Verunsicherung kann den Täter vor der Entdeckung bewahren.
    Aber auch wir Erwachsenen haben Probleme mit den Tätern aus dem Nahbereich. Sie entsprechen in ihrer äußeren Erscheinung auch nicht unserer Vorstellung von fremden und bösen Kinderschändern. Wenn dann doch ein Verdacht aufkeimt, ist das Bedürfnis groß, feststellen zu können, daß dies nicht wahr ist. Ich rede hier nicht von irgendwelchen Hirngespinsten. Ich bitte Sie vielmehr, sich einmal die Fälle ins Gedächtnis zu rufen, über die wir alle nicht so häufig und weniger laut reden, weil sie uns allen irgendwie peinlich sind, so etwa über den Priester, der erst ein- oder zweimal mit unverdächtiger Begründung versetzt worden ist, bevor er in der von seinem Vorleben völlig überraschten neuen Gemeinde wegen zahlreichen und fortgesetzten Mißbrauchs verurteilt wird.

    Dorle Marx
    Bei solchen Strukturen organisierten Wegschauens verhindern wir durch Erhöhung des Strafmaßes oder verstärkte Rückfallsanktionen keine Tat. Nur auf das Strafrecht und die Täterbehandlung abzielende Gesetzesänderungen setzen voraus, daß ein Täter überhaupt im Gerichtssaal ankommt. Dafür muß zuallererst eine Anzeige erstattet worden sein.
    Ich schildere Ihnen hierzu einen weiteren, leider wahren Sachverhalt: Ein fünfjähriges Mädchen klagt über Bauchschmerzen, ständige Übelkeit und weigert sich zu essen. Es kommt schließlich ins Krankenhaus. Dort vertraut das Mädchen seiner Mutter an, daß sich ein Verwandter einer Spielkameradin an ihr vergangen hat. Die Eltern erstatten Strafanzeige. Nach vier Monaten wird der Beschuldigte dem Haftrichter vorgeführt. Der Haftrichter entscheidet, daß die vorliegenden Beweise für eine Inhaftierung nicht ausreichen, weil zu den Angaben des Kindes noch kein Glaubwürdigkeitsgutachten erstellt worden ist.
    Auf Druck der Eltern wird das Glaubwürdigkeitsgutachten nach weiteren vier Monaten in Auftrag gegeben. Nach weiteren fünf Monaten wird das Mädchen durch eine Gutachterin befragt. Seit Erstattung der Anzeige sind nun 13 Monate vergangen. In dieser Zeit halten die Krankheitssymptome des Mädchens an; es wird wiederholt stationär behandelt. Mit der ganz offensichtlich dringend notwendigen Therapie darf in diesen 13 Monaten aber nicht begonnen werden, da vor Erstellung des Glaubwürdigkeitsgutachtens niemand mit der inzwischen Sechsjährigen das Vorgefallene aufarbeiten darf.
    Die Eltern erhalten erst Akteneinsicht, nachdem sie auf ihre Kosten einen Anwalt beauftragt haben. Der Täter hat Anspruch auf kostenlose Pflichtverteidigung.
    In all diesen Monaten kann das Mädchen an seinem Wohnort jederzeit dem Beschuldigten über den Weg laufen. Es leidet inzwischen Tag und Nacht auch unter Angstzuständen. Daß das die Eltern ebenfalls krank macht, wird jeder verstehen, der selbst Kinder hat. Vielleicht noch schlimmer für unsere Debatte heute morgen ist aber die Schlußfolgerung, die die Eltern am Schluß ihres Briefes an mich aus diesem Ablauf gezogen haben. Da steht der Satz - ich zitiere -: „Eines ist sicher: Wir würden nicht wieder Anzeige erstatten."
    Die Verstärkung des Opferschutzes ist deshalb unverzichtbarer Bestandteil eines umfassenden Schutzprogrammes für unsere Kinder.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Ich bitte Sie daher dringend, auch die im Antrag der SPD außerhalb des Sanktionenkatalogs enthaltenen Vorschläge wie die Garantie des Opferanwaltes und eines Therapieanspruches für die Opfer - das finden Sie in Ziffer 13 unseres Antrags - zu übernehmen.
    Mit der Zulassung der Verwendung von Videoaufzeichnungen der Vernehmung des Opfers in der Hauptverhandlung allein ist für den Opferschutz längst nicht alles Erforderliche und Mögliche getan. Wir sind übrigens in unseren Gesprächen mit Sachverständigen darauf hingewiesen worden, daß nicht in jedem Fall eine Videoaufzeichnung zur Entlastung des Kindes nötig und erforderlich sei. Es kann für ein psychisch stabiles Kind sogar wichtig sein, in einer Gerichtsverhandlung zu erleben, daß seiner Darstellung geglaubt wird und daß das Handeln des Täters Konsequenzen hat. Das Kind muß also nicht im verborgenen, heimlich vernommen werden.
    Es kann übrigens das zusätzliche Problem entstehen, wenn es um Verfahren im Zusammenhang mit Filmaufnahmen kinderpornographischen Inhalts geht, daß hier sozusagen das Tatwerkzeug noch einmal verwendet werden würde, wenn das Kind erneut gefilmt wird - wenn auch nur zu Aussagezwecken.
    Wir bitten Sie um Unterstützung der ersten Hälfte unseres 30-Punkte-Katalogs, der ausschließlich der Frage gewidmet ist, was wir dazu beitragen können, daß es erst gar nicht dazu kommt, daß Kinder Opfer werden.
    Die Weltkonferenz in Stockholm endete mit einer einstimmig angenommenen Abschlußerklärung. Alle teilnehmenden Staaten, also auch die Bundesrepublik Deutschland, haben sich verpflichtet, in nationalen Aktionsplänen mit konkreten Zeitvorgaben Informations- und Aufklärungskampagnen zu verstärken. Dabei geht es nicht bloß um Broschüren oder um Modellprojekte, die wir sicherlich brauchen. Die Forderungen in unserem Antrag zur breiten Verwirklichung von Kinderrechten betreffen alle Politikbereiche.
    Gesellschaftliche Prävention bedeutet, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und Kinder als eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten stärker als bisher zu achten und zu unterstützen. Dazu gehört die Ächtung aller Formen von Gewalt gegenüber Kindern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Längst überfällig ist die eindeutige Verpflichtung zur Gewaltfreiheit auch in der Erziehung. Wenn inzwischen allgemein akzeptiert ist, daß unter Erwachsenen keine Ohrfeigen verteilt werden, warum sollen sie dann ausgerechnet gegenüber dem Schwächeren, also dem Kind, immer noch berechtigt oder gar nötig sein?

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Anders gefragt: Warum ist der Satz „Eine Ohrfeige hat noch keinem geschadet" nur im Zusammenhang mit Kindern salonfähig? Man kann damit hübsch verschleiern, daß man Kinder offenbar als Personen minderen Rechts ansieht, an denen man einen Zornausbruch einmal ausleben darf. Die Einfügung des Verbots elterlicher Züchtigung ins Bürgerliche Gesetzbuch ist mehr als überfällig. Ich freue mich sehr über das Signal von Herrn Geis, der hier heute erstmals mitgeteilt hat, daß auch seine Fraktion der Meinung ist, daß im Rahmen der Neuregelung des Kindschaftsrechtes dafür die Möglichkeit besteht. Dar-

    Dorle Marx
    über freuen wir uns; darauf werden wir gerne zurückkommen.

    (Norbert Geis [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt: Es muß darüber diskutiert werden!)

    Auch in anderen Bereichen nehmen wir Kinderrechte gerne nur dann ernst, wenn es gerade einmal paßt. Wir orientieren Grenzwerte im Gesundheitsschutz munter am 70 Kilogramm schweren männlichen Erwachsenen. Das Recht von Kindern an der Beteiligung aller sie betreffenden Angelegenheiten muß etwa bei der Neuregelung des Kindschaftsrechts im Umgangsrecht noch erkämpft werden. Bisher machen Eltern bei Nichtehelichkeit oder nach Scheidung ganz selbstverständlich unter sich aus, wen das Kind wann sehen darf. Im Streit um die Notwendigkeit eines Nichtraucherschutzgesetzes kommen Kinder, für die Passivrauchen mit Abstand die Gesundheitsgefährdung Nummer eins ist, bisher selten oder gar nicht vor. In der Anhörung der Kinderkommission zum Thema „Kinder und Verkehr" führte ein Sachverständiger aus, ein empfindliches Bußgeld für das Nichtanschnallen von Kindern im Auto sei nicht angemessen, weil Selbstschädigungen auch sonst nur als einfache Ordnungswidrigkeit geahndet würden. Er meinte also: Eltern, die Kinder nicht anschnallen, schädigen nur sich selbst und keine dritten Verkehrsteilnehmer.
    Was sollen diese Beispiele im Zusammenhang mit unserem Thema heute vormittag? Alle Beispiele stammen aus der Parlamentsarbeit der letzten Monate und haben gemeinsam, daß die vollwertige, eigene Rechtspersönlichkeit des Kindes nicht berücksichtigt, sondern ganz selbstverständlich übersehen wird. Deshalb sind wir auch bei der Beratung dieses sensiblen Themas heute morgen aufgefordert, besonders darauf zu achten, wie die Achtung von Kinderrechten insgesamt verbessert werden kann. Eine bloße Objektstellung von Kindern dürfen wir in keinem Politikbereich länger durchgehen lassen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Auch das gehört zur Wahrung der Symmetrie unserer Rechtsordnung.
    Die Verwirklichung eines umfassenden Schutzes unserer Kinder vor sexueller Gewalt wird natürlich finanziell sicherlich nicht zum Nulltarif zu haben sein; so ehrlich sollten wir hier auch sein. Genau vor zwei Wochen fielen an dieser Stelle, an diesem Rednerpult, folgende Worte:
    Wenn diese Wand eine Wand aus Gewalt ist, dann muß diese durchbrochen werden, notfalls auch mit 30 000 Polizisten, notfalls für 100 Millionen DM und notfalls alle drei Monate.
    Das Protokoll vermerkt an dieser Stelle: Beifall bei der CDU/CSU. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Ihr Beifall galt Ihrem Fraktionskollegen Michael Teiser. Sein Thema war der Schutz des Transportes von Atommüll. Es sollte doch eigentlich möglich sein, personelle und materielle Reserven
    diesen Umfangs auch für den Schutz unserer Kinder vor den vielfältigen Formen und Auswirkungen sexueller Gewalt einzusetzen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Bitte qualifizieren Sie dies nicht vorschnell als Polemik ab! Auch hier geht es um die Symmetrie rechtsstaatlicher Ordnung, also um unser Signal zur Wertigkeit von durch uns zu verteidigenden Rechten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Kollege Volker Beck.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Beck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kinder sollen in Geborgenheit und Sicherheit aufwachsen. Dies zu gewährleisten muß unser gemeinsames Ziel sein. Die seelischen und körperlichen Folgen sexualisierter Gewalt sind für Kinder verheerend; sie haben Auswirkungen auf ihr gesamtes weiteres Leben. Frauenbewegung und grüne Politiker und Politikerinnen haben in den 80er Jahren das Problem des sexuellen Mißbrauchs, der sexualisierten Gewalt gegen Kinder zum Thema gemacht. Das hat auch die Medien sensibilisiert; die Berichterstattung konzentriert sich jedoch auf spektakuläre, besonders schwerwiegende Mißbrauchsfälle bis hin zum Kindesmord. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung verzeichnet die polizeiliche Kriminalstatistik hier aber endlich einen Rückgang. 1981 hatten wir noch 81 Sexualmorde zu beklagen; 1995 waren es 24. Demgegenüber wird dem Umstand, daß 80 Prozent der sexuellen Übergriffe auf Kinder im gesellschaftlichen Nahbereich, in Familie und Nachbarschaft, stattfinden, zu wenig Beachtung geschenkt. Das Wegschauen der Umgebung, fehlende Hilfsangebote und mangelnder Opferschutz sind das zentrale Problem.
    Bündnis 90/Die Grünen haben als erste Fraktion ein Gesamtkonzept zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor sexualisierter Gewalt vorgelegt. Intervention, Prävention und Opferschutz stehen bei uns im Vordergrund. Wir brauchen den Opferanwalt in Verfahren wegen Straftaten gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht, und wir müssen unnötige Belastungen von Kindern im Strafprozeß vermeiden. Mehrfachvernehmungen führen immer wieder zu zusätzlichen Traumatisierungen der Kinder. Durch eine Video- Simultanvernehmung in der Hauptverhandlung lassen sich Mehrfachvernehmungen aber nicht wirklich reduzieren. Wir streben daher eine richterliche Videovernehmung von Kindern als Zeugen schon im Ermittlungsverfahren an. Diese Vernehmung soll aufgezeichnet werden und an Stelle einer weiteren persönlichen Vernehmung in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Ohne Bruch mit tragenden Grundsätzen der Strafprozeßordnung läßt sich ein solches Verfahren aber nur bei Kindern rechtfertigen. Kein Kind kann nach unserer Strafprozeßordnung in die prozeßrechtliche Rolle des Zeugen

    Volker Beck (Köln)

    gezwungen werden. Will ein Kind im Prozeß nicht aussagen, kommt nur eine kommissarische Vernehmung durch einen beauftragten Richter und dessen spätere Vernehmung im Hauptverfahren in Betracht. Ein Videoband ist da ein zeitnäheres und besseres Beweismittel.
    Das Vorhaben der Koalition, im Windschatten der Diskussion um die Verbesserung der Situation kindlicher Opferzeugen zugleich die Videovernehmung verdeckter Ermittler mit zu regeln, ist an Zynismus kaum noch zu überbieten.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ihr Vorschlag orientiert sich deshalb auch nicht an den Schutzbedürfnissen der Kinder, er vermeidet auch nicht in ausreichender Weise die für Kinder oftmals traumatisierende Mehrfachvernehmung.
    Beim sexuellen Mißbrauch gibt es keine Strafbarkeitslücken. Aber die besonders schweren Fälle des Mißbrauchs von Kindern durch Erwachsene müssen als eigenständiger Verbrechenstatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Hiermit soll der besondere Unrechtsgehalt dieser Taten betont werden. Wir begrüßen ausdrücklich, daß die Koalition unseren Vorschlag aufgegriffen und von ihrer ursprünglichen - sehr problematischen - Forderung nach Erhöhung der Mindeststrafe beim Grundtatbestand abgesehen hat.
    Durch unseren Vorschlag, der in wesentlichen Punkten Bestandteil der Neufassung des § 176 StGB wurde, wird dem Umstand Rechnung getragen, daß dieser Paragraph ganz verschiedene Situationen umfaßt: sexuelle Übergriffe von Erwachsenen oder Jugendlichen gegenüber Kindern, aber auch die Liebesbeziehung zwischen einem vierzehneinhalbjährigen Jungen und seiner dreizehneinhalbjährigen Freundin. Die Justiz muß die Möglichkeit behalten, den sehr unterschiedlichen Unrechtsgehalt solcher Situationen zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber schützt Kinder, Personen unter 14 Jahren, mit einem strafrechtlichen Sexualtabu. Das ist richtig so; aber das darf nicht dazu führen, daß Liebesbeziehungen unter nahezu Gleichaltrigen zum Fall für den Staatsanwalt werden. Ich bin froh, daß dies abgewendet wurde.
    Frau Nolte hat diese Woche - entgegen der Ausführung des Justizministers - wieder behauptet: Strafverschärfungen für Sexualtäter verbessern den Schutz unserer Kinder. - Herr Geis, Sie haben das wiederholt. Ich meine, das ist ein Grundirrtum. Durch Erhöhung der Höchststrafe von 10 auf 15 Jahre wird nicht ein einziger sexueller Mißbrauch verhindert.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Aber Sie verschleiern durch die Erhöhung der Strafrahmen die Untätigkeit im Bereich von Prävention und Intervention. Prävention kostet Geld; eine Erhöhung der Strafrahmen kostet den Bund zunächst einmal nur die Druckerschwärze im Bundesgesetzblatt. Es ist leichtfertig, der Öffentlichkeit Versprechungen zu machen, die wir alle nicht halten können. Sie untergraben damit das Vertrauen in den Rechtsstaat
    und in die Justiz. Das ist ein Spiel mit dem Feuer, meine Damen und Herren.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Eine zentrale Rolle in der Debatte über Maßnahmen für einen besseren Schutz vor Sexualstraftätern hat die Vermeidung von Rückfalltaten gespielt. Im Zentrum unserer Überlegungen steht dabei, die Therapiemöglichkeiten zu verbessern. Die Besserung der Täter durch Therapie ist der beste Schutz für die Öffentlichkeit.

    (Detlef Kleinert [Hannover] [F.D.P.]: Wie? Der Täter ist der Schutz?)

    900 Haftplätze in der Sozialtherapie für 2 600 Sexualstraftäter im Bereich des sexuellen Mißbrauchs von Kindern und von Vergewaltigung zeigen die Dramatik der Situation im Strafvollzug. Wir wollen die Länder im Strafvollzugsgesetz gesetzlich dazu verpflichten, ein ausreichendes und qualifiziertes Therapieangebot bereitzustellen. Das muß uns der Schutz der Kinder wert sein.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Meine Damen und Herren, Ihre Maßnahmen setzen einseitig auf Repression und Strafrecht. Maßnahmen der Prävention und des Opferschutzes, wie die Opposition sie vorgeschlagen hat, kommen bei Ihnen zu kurz. Sei es beim Sexualstrafrecht, bei der Drogenproblematik oder der Korruption - seit Jahren reagiert die Bundesregierung mit stupidem Automatismus auf fast jede unerwünschte gesellschaftliche Entwicklung mit Forderungen nach mehr Strafrecht und härteren Strafen. Die Ursachen für Kriminalität werden demgegenüber zunehmend außer acht gelassen. Wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen werden nicht einmal entwickelt. Das Strafrecht wird als Allheilmittel für gesellschaftliche Konflikte verkauft. Mit diesem Anspruch muß es aber notwendigerweise versagen.
    Auch wir Bündnisgrüne wollen nicht auf das Strafrecht verzichten. Wir wollen aber, daß der Einsatz des Strafrechts endlich wieder auf eine rationale Grundlage gestellt wird. Die von Ihnen, Herr Schmidt-Jortzig, vorgelegte Reform des Strafgesetzbuches wird diesem Anspruch leider nicht gerecht. Sie ist ein phantasieloses Verschärfungsprojekt; und sie läßt jegliche liberale Handschrift vermissen.

    (Beifall der Abg. Ulla Jelpke [PDS])

    Beifall verdient dieser Entwurf lediglich in seinem Ausgangspunkt. Die Wertvorstellungen des Strafrechts stehen Kopf, wenn es Geld und Vermögen höherwertig einstuft als Leben und körperliche Unversehrtheit. Es ist nicht so, daß Gewaltdelikte im Verhältnis zu Eigentums- und Vermögensdelikten zu gering bestraft werden - nein, wenn es um Geld und Eigentum geht, wird zu hoch bestraft. Die Konsequenz der Koalition lautet, Strafrahmen für Gewaltdelikte fast ausnahmslos zu erhöhen, statt die Höchststrafen im Eigentums- und Vermögensbereich zu senken.

    Volker Beck (Köln)

    Innovative und mutige Reformschritte sucht man in Ihrem Entwurf vergebens. Die Koalition hat es versäumt, an die rechtspolitischen Reformdebatten der 70er Jahre anzuknüpfen. Sinn und Zweck von Strafe werden überhaupt nicht erst thematisiert. Ein genereller Abschreckungseffekt wird stillschweigend vorausgesetzt.
    In ihren Bestrebungen nach größtmöglicher „Harmonie" macht die Koalition darüber hinaus auch Strafbarkeitslücken aus, die sie pflichtschuldigst zu beseitigen versucht. Sie verfährt nach bekanntem Muster. Selbst Sachbeschädigungen mit geringem Schaden oder Diebstahl geringwertiger Sachen - so wird beklagt - seien im Versuchsstadium bereits strafbar, Körperverletzung nicht. Wie löst man das auf? Man stellt künftig auch die versuchte Körperverletzung unter Strafe, statt einmal darüber nachzudenken, ob wenigstens bei geringen Rechtsgüterverletzungen der Versuch künftig straflos sein soll.
    Eine weitere interessante Strafbarkeitslücke hat Herr Schmidt-Jortzig bei den Kriegerdenkmälern entdeckt. Hier will er den „beschimpfenden Unfug" bestrafen. Nach dem gescheiterten Soldatenehre-Gesetz ist das der zweite rechtspolitische Schildbürgerstreich des liberalen Justizministers.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Eine Umsetzung Ihres Entwurfs wird in der Praxis eine Ausweitung der Freiheitsentziehung nach sich ziehen. Wie der ohnehin schon hoffnungslos überfüllte Strafvollzug damit fertig werden soll und wie man unter dem Umstand, mehr Strafen vollziehen zu müssen, gleichzeitig die geforderten Therapieplätze in den Vollzugsanstalten finanzieren will, bleibt in der Tat das Geheimnis der Koalition und der Verfasser dieses Entwurfs.
    Die Reformdebatte sollte zum Anlaß genommen werden, eine umfassende Absenkung der Strafrahmen vorzunehmen. Innerhalb der neu festzusetzenden Mindest- und Höchststrafen müssen auch die einzelnen Delikte neu ins Verhältnis zueinander gesetzt werden. Am Ende einer wirklichen Reform steht für Bündnis 90/Die Grünen weniger statt mehr Strafrecht.

    (Beifall der Abg. Ulla Jelpke [PDS])

    Das erfordert auch die Rücknahme des staatlichen Strafanspruchs dort, wo es gleichwertige oder sogar bessere Konfliktlösungsmechanismen gibt. Wir fordern Entkriminalisierung des Drogengebrauchs und staatlich kontrollierte Abgabe harter Drogen sowie die Entkriminalisierung bestimmter Bagatelldelikte.
    Eine Reform des strafrechtlichen Sanktionenrechts und eine Reform der Systematik der Freiheitsstrafen stehen auf der Tagesordnung einer modernen und zivilen Kriminalpolitik. Die inhumane lebenslange Freiheitsstrafe ist durch eine hohe Zeitstrafe zu ersetzen.
    Freiheitsstrafen sind durch Ausweitung der Bewährungsmöglichkeiten und eine Vollstreckungsklausel, durch Fahrverbot als selbständige Hauptstrafe, durch Stärkung des Täter-Opfer-Ausgleichs zurückzudrängen. Gerichte können so auf den Täter einwirken, ohne daß der negative, desintegrierende Effekt des Strafvollzugs auf den Täter zum Tragen kommt und mehr Schaden angerichtet wird, insbesondere bei der Kleinkriminalität, als Nutzen im Bereich der Resozialisierung zu erwarten ist.
    Zum Schluß: Strafrecht ist in einem liberalen Rechtsstaat letztes Mittel der Politik. Eine integrative soziale Politik, die den Menschen wieder eine Perspektive gibt, kann die Wurzeln von Kriminalität und sozialer Desintegration angehen.
    Diese Koalition versucht, durch Markieren des starken Staates von ihrem Versagen im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik abzulenken. Hier ist grundsätzliches Umsteuern längst überfällig.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)