Rede von
Prof. Dr.
Erika
Schuchardt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal bedanken, daß die Debatte im Bundestag stattfindet. Herr Guttmacher, ich habe selber einmal diesem Hause, und zwar in der Funktion, die Sie heute innehaben, lange angehört und kann mich daran erinnern, daß unser heutiges Thema auch damals immer der letzte Tagesordnungspunkt war. Das einzige, das sich an diesem Haus geändert hat, ist die Architektur - und zugegebenermaßen die Mehrheiten. Das ist allerdings bedauerlicherweise festzustellen.
Meine Damen und Herren, ich stehe hier mit einem relativ guten Gewissen und kann Auffassungen vertreten, die für fast alle Länder - ich bin etwas vorsichtig: manchmal für fast alle Länder, manchmal für alle - zutreffend sind. Wir haben nämlich in diesem Bereich eine außerordentlich vertrauensvolle Zusammenarbeit unter den Ländern erfahren, und zwar über die Parteigrenzen hinweg. Ich bedaure es außerordentlich, daß davon hier nicht im geringsten ein Abbild zu erkennen ist. Vielleicht sollte Herr Hollerith hin und wieder mit seinem Minister reden.
Zur Frage der Begründung: Die Länder unternehmen erhebliche Anstrengungen zur Finanzierung des Hochschulsystems. Wir finden es allesamt unerträglich, daß wir ein so teures System nur für diejenigen offenhalten, die es sich von Hause aus leisten können. Wir sind deshalb intensiv daran interessiert, möglichst jedem, auch demjenigen, der eine individuelle Förderung nötig hat, auf Dauer den Zugang zu sichern. Das eint uns.
Die Zusammenarbeit mit dem Bund gestaltet sich allerdings außerordentlich holprig.
Eben hat Herr Neumann einen Beweis dafür gegeben.
Ich bedauere übrigens sehr, daß Herr Neumann, der sonst in diesen Diskussionen nie eine Rolle spielt und auch nie dabei ist,
gegenüber dem Parlament immer diese Auffassung vertreten muß. Es gibt nur wenige Gesetze, für die der Bundesminister zuständig ist. Dies ist eines von diesen Gesetzen. Daß er durch Abwesenheit glänzt, finde ich zynisch.
Meine Damen und Herren, es gab eine einhellige Ablehnung - und zwar nicht nur bei den sozialdemokratisch geführten Ländern, sondern auch bei den anderen Ländern - dieses sogenannten Reformmodells von Herrn Rüttgers. Wer hat das eigentlich wahrgenommen? Hier geht man von der theoretischen Annahme aus, das hätten schon alle, die berechtigt sind, irgendwie wahrgenommen. Aber Sie haben leider verschwiegen, Herr Neumann, mit welchem Schuldenberg dieser junge Mann oder diese junge Frau dann in das Berufsleben geht. Gleichzeitig predigt aber Ihr Bundeskanzler ununterbrochen, die jungen Leute sollten mehr Mut zur Selbständigkeit haben. Wie denn, wenn sie solch einen Schuldenberg vor sich hertragen?
Es gab im Juni den Beschluß von Bundeskanzler und Ministerpräsidenten. Die Art und Weise, wie dann von seiten des Bundes retardierend, zögerlich gehandelt wurde, ist schon einigermaßen bemerkenswert. Nun sitzen wir zusammen. Man kann aber nicht gerade behaupten, daß dieser Willensbildungsprozeß von besonderer Geschwindigkeit geprägt sei.
Herr Hollerith, was Sie hier vorgeführt haben, ist geprägt von einer grandiosen Unkenntnis. Ich mache das einmal an dem niedersächsischen Haushalt deutlich.
Mein Haushalt wies immer Steigerungen auf. Mein
Haushalt ist auch relativ zum Gesamthaushalt gestie-
Ministerin Helga Schuchardt
gen. Dies kann man nicht vom Haushalt des BMBF sagen, der ein „definitives Abwachsen" - so nennt man das ja neudeutsch - aufweist, und dies auch noch relativ zum Gesamthaushalt gesehen.
Der Bund und die Vertreter der Mehrheit dieses Bundestages sollten mit diesen Argumenten aufhören.
Im übrigen empfehle ich Ihnen, sich künftig nicht nur Sekundärinformationen zu besorgen, sondern Primärinformationen. Das kann man wohl von einem hochbezahlten Abgeordneten verlangen.
Meine Damen und Herren, als vor 25 Jahren das BAföG geschaffen wurde, waren sich alle Fraktionen darüber einig, daß niemand aus sozialen Gründen vom Studium ausgeschlossen werden sollte. Ich freue mich außerordentlich, Herr Guttmacher, daß Sie heute noch einmal bestätigt haben, daß dies für Sie nach wie vor gilt.