Rede von
Bernd
Neumann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Der Beitrag war hilfreich. Ich komme ohnehin gleich darauf zurück.
- Nein.
Die Bundesregierung hat mit dem Regierungsentwurf des 18. BAföG-Änderungsgesetzes vom 27. März des letzten Jahres ihr Modell einer BAföG- Strukturreform vorgelegt. Ziel dieses Entwurfs war es, die wirtschaftliche Situation der Studierenden durch bessere Bedingungen deutlich zu fördern. Nach dem Studium allerdings - das war umstritten - sollten die Geförderten, wenn sie eine gutbezahlte Berufstätigkeit haben, Zinsen für den Darlehensanteil ihrer Förderung zurückzahlen. Ich halte das nach wie vor für vertretbar.
Nach diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung, Frau Odendahl, wären Bedarfssätze und Freibeträge um je 6 Prozent zum Herbst 1996 angehoben worden. Die Gefördertenquote wäre dadurch wieder auf
Parl. Staatssekretär Bernd Neumann
über 30 Prozent gestiegen. Dieses Gesetz scheiterte jedoch an der Opposition und dem Bundesrat. Deshalb ist es aus dieser Sicht scheinheilig, wenn die SPD, die das Gesetz verhindert hat, heute der Bundesregierung einen Rückgang der Gefördertenquote vorwirft. Dies ist so nicht zu akzeptieren.
Ich hätte mir im übrigen gewünscht, daß im Rahmen des dann von uns gemeinsam verabschiedeten 18. BAföG-Änderungsgesetzes die Anhebung der Freibeträge, die 1996 und 1998 um insgesamt 3 Prozent steigen neben der Anhebung der Sozialpauschalen, höher ausgefallen wäre. Aber, meine Damen und Herren, Sie haben diese Erhöhung im Bundestag mit beschlossen. Wenn Sie damals unserem Gesetzentwurf zugestimmt hätten, dann bräuchten Sie heute nicht über zu geringe Sätze zu klagen.
Da Sie nun unser BAföG-Modell abgelehnt haben, wir aber in der Sache vorankommen wollen, werden nun in der Bund-Länder-AG die anderen Modelle und Vorschläge geprüft. Dabei ist natürlich die konkrete Finanzsituation zu berücksichtigen. Das gilt heute im übrigen für jedes Reformvorhaben, also auch für eine Reform der Ausbildungsförderung. Zwischen Bund und Ländern in der Bund-LänderAG besteht Einigkeit, meine Damen und Herren von der Opposition - das sollten Sie noch wissen, weil Sie, Gott sei es geklagt, in vielen Ländern regieren oder mitregieren -,
daß die BAföG-Reform kostenneutral sein muß, so wünschenswert es anders wäre. Wir kommen um diese Kostenneutralität nicht herum.
Abgesehen von den Finanzfragen werfen die Modelle auch sonst einige Probleme auf. Hierzu einige Anmerkungen. Unsere Verfassung fordert, daß Eltern wegen ihrer bestehenden Unterhaltspflicht gegenüber ihren Kindern das Existenzminimum ihrer Kinder plus einen Teil der Ausbildungskosten von der Steuer absetzen können. Das macht auch Sinn, denn die Unterhaltsaufwendungen der Eltern führen faktisch zu weniger Geld bei den Eltern. Wenn wir nun, wie in den Sockelmodellen vorgeschlagen, dieses Recht davon abhängig machen, daß die Kinder die Leistungskriterien des BAföG erfüllen, muß zugleich das Unterhaltsrecht im BGB geändert werden. Das kann man tun, aber es muß dann auch geschehen.
Anläßlich einer Sachverständigenanhörung haben die Sachverständigen auch erhebliche Bedenken angemeldet. Frau Kollegin Bulmahn, wir haben uns darüber im Ausschuß strittig unterhalten, und ich bin dem noch einmal nachgegangen. Was die Verfassungsproblematik angeht, kommt bis auf einen der Verfassungsrechtler die Mehrzahl der anderen Juristen zu dem Ergebnis, daß die Begrenzung der Kindergeldzahlungen und der Ausbildungsfreibeträge, die normalerweise während des ganzen Studiums gelten, auf drei Jahre - das meint der Sockel - mit der Verfassung nicht konform ist.
Es ist richtig, daß es eine Einzelmeinung von Professor Wieland gab. Aber - ich habe mindestens zehnmal nachgefragt - die Fach-AG hat sich in der Wertung den verfassungsrechtlichen Bedenken angeschlossen. Es heißt in einem wohl nun doch gemeinsam protokollierten Entwurf: Aus verfassungsrechtlichen und steuersystematischen Gründen müssen die Zeiträume von Belastung - die Eltern sind ja während des ganzen Studiums zum Unterhalt verpflichtet - und Entlastung übereinstimmen. Das wirft natürlich massive Fragen auf.
- Lösen können Sie alles. Ich stelle doch nur meine Bewertung dar. Sie tun so, als seien die Fragen, die dann gestellt werden, und auch die Rechtsfragen völlig unerheblich.
Das muß ausdiskutiert werden. Sie müssen Antworten geben; denn die Verfassung wollen wir nicht außer Kraft setzen.
Meine Damen und Herren, Sie werfen im übrigen der Bundesregierung vor, daß sie bei der Ermittlung der Kosten eines neuen BAföG-Modells vom geltenden Stand - den Kosten des 18. BAföG-Gesetzes - ausgeht und nicht vom alten BAföG-Recht, der 17. Novelle. Nun brauchen Sie auf die von Ihnen regierten Länder keine Rücksicht zu nehmen, abgesehen davon, daß diese letztlich entscheiden, was die SPD macht. Das haben wir ja zur Kenntnis genommen; manchmal gar nicht mit Begeisterung.
Vielleicht sprechen Sie einmal mit den Finanzministern in den Ländern. In der Finanzministerkonferenz gibt es deutliche Signale, daß diese unsere Auffassung teilt. So hat ein Mitarbeiter des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen für die Finanzministerkonferenz am 14. Februar 1997 erklärt, daß die Grundlage nur der Finanzplafond der 18. BAföG-Novelle sein kann.
Ich gebe zu, dies ist auch die Position der Bundesregierung, geprägt auf Grund der schwierigen finanziellen Lage. Wenn Sie sich beklagen, sorgen Sie doch erst einmal bei Ihren eigenen Finanzministern dafür, daß Ihre politische Linie durchgesetzt wird. Dann erst sollten Sie über uns herfallen und nicht umgekehrt.
Ich will zum Schluß kommen. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung will die weiteren gemeinsamen Beratungen in der Bund-Länder-AG mit forcieren. Sie ist an einer zügigen Durchführung der Arbeiten nicht nur interessiert, sondern wird sie mit betreiben. Noch in dieser Legislaturperiode muß und soll das Gesetzgebungsverfahren mit Ergebnissen beendet sein.
Deshalb hoffen wir, daß es bald möglich ist, Stellungnahmen der Finanzministerkonferenz und der Justizministerkonferenz der Länder zu den in der
Parl. Staatssekretär Bernd Neumann
Bund-Länder-AG erörterten Modellen zu erhalten. An uns hat es jedenfalls nicht gelegen, daß die Justizministerkonferenz noch nicht getagt hat. Der Termin, der für die Fach-AG auf Ministerebene vorgesehen war, mußte verschoben werden, weil die Finanzministerkonferenz nicht rechtzeitig zusammenkommen konnte.
Erst wenn diese Stellungnahmen vorliegen, kann in der Bund-Länder-AG auf Ministerebene eine Entscheidung zur künftigen Gestalt der Ausbildungsförderung getroffen werden.
Wir sind in diesem Punkte konstruktiv. Wir wollen, wenn es rechtlich und finanziell möglich ist, eine Verbesserung der Situation und sind deshalb daran interessiert, wie sich Ihre Kollegen in den Ländern verhalten. Die dafür zuständige Ministerin wird uns ja erklären, wie das im einzelnen aussieht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.