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    Plenarprotokoll 13/161 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 161. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Februar 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 14505 A Zur Geschäftsordnung Hans-Peter Repnik CDU/CSU 14505 B Joachim Poß SPD 14506 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14507 A Jörg van Essen F.D.P. 14507 D Dr. Barbara Höll PDS 14508 A Zusatztagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 (hier: Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform) (Drucksachen 13/901, 13/7000, 13/7001 [neu]) . 14508 D Zusatztagesordnungspunkt 13: Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Gemeinsamen Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen - zu der Unterrichtung durch den Bundesrat: Einsetzung einer Gemeinsamen Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Christa Luft, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Maßnahmen für die grundlegende Verbesserung der Einnahmen der Städte, Gemeinden und Landkreise (Reform der Kommunalfinanzierung) - zu dem Antrag der Abgeordneten Oswald Metzger, Christine Scheel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einstieg in eine umfassende Gemeindefinanz- und Unternehmensteuerreform (Drucksachen 13/5776 [neu], 13/5760, 13/4597, 13/4870, 13/7000) 14509 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 14509 C, 14515 C Joachim Poß SPD 14509 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 14510 C Dr. Barbara Hendricks SPD 14512 C Hans Michelbach CDU/CSU 14513 C Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . 14515 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . 14515D, 14527 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 14516 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14517 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. 14519 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14519 C Detlev von Larcher SPD 14521 B Dr. Christa Luft PDS 14521 C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 14522 C Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 14523 C Wolfgang Ilte SPD 14524 A Joachim Poß SPD 14525B, 14527 D Namentliche Abstimmung über den Entwurf des Jahressteuergesetzes 1996; hier: Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform 14528 C Ergebnis 14529 A Namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/4075 14528 D Ergebnis 14536 B Tagesordnungspunkt 12: a) Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Francke (Hamburg), Karl Lamers und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Olaf Feldmann, Dr. Helmut Haussmann, Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann und der Fraktion der F.D.P.: Entwicklung der Reformprozesse in den MOE- Staaten und den Neuen Unabhängigen Staaten auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion seit Anfang 1994 (Drucksachen 13/4033, 13/5601) . . . 14531 D b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 24. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits (Drucksachen 13/6201, 13/6870) 14531 D c) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zur Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Freimut Duve, Karsten D. Voigt (Frankfurt), Günter Verheugen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD zur Erklärung der Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Gruppe der PDS zu der Erklärung der Bundesregierung Beitrag der deutschen Heimatvertriebenen zum Wiederaufbau in Deutschland und zum Frieden in Europa (Drucksachen 13/1566, 13/1539, 13/ 1567, 13/1536, 13/4912) 14532A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ursula Schönberger, Halo Saibold und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nachhaltige und umweltfreundliche Energiepolitik in Osteuropa (Drucksachen 13/1321, 13/5161) 14532 B Klaus Francke (Hamburg) CDU/CSU . 14532 B Markus Meckel SPD 14534 A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14538 C Ulrich Irmer F.D.P 14540 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14541 B Andrea Gysi PDS 14542 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 14544 B Dr. Gregor Gysi PDS 14546 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 14548 A Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14549 A Hartmut Koschyk CDU/CSU 14550 B Wolfgang Behrendt SPD 14551 D Erich G. Fritz CDU/CSU 14552 D Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Doris Odendahl, Edelgard Bulmahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Ausbildungsförderung (Drucksache 13/6998) 14554 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Maritta Böttcher, Dr. Ludwig Elm und der Gruppe der PDS: Neunzehntes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Drucksache 13/7058) . 14554 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag des Abgeordneten Matthias Berninger und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BAföG-Strukturreform in Gang setzen (Drucksache 13/7071) 14555A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über Arbeitsstrukturen und Arbeits- programm der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Ausbildungsförderung (Drucksache 13/7080) . . 14555 A Doris Odendahl SPD 14555 B Josef Hollerith CDU/CSU 14557 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14558 B Josef Hollerith CDU/CSU . . 14559D, 14566 B Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . 14560 B Maritta Böttcher PDS 14561 C Bernd Neumann, Parl. Staatssekretär BMBF 14562 C Doris Odendahl SPD 14563 D Helga Schuchardt, Ministerin (Niedersachsen) 14565 B Roland Richwien CDU/CSU 14568 B Edelgard Bulmahn SPD 14568 C Nächste Sitzung 14570 D Berichtigung 14570 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 14571* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 14571* C 161. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Februar 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 158. Sitzung, Seite 14312C, Antwort zu Frage 17, 4. Zeile von oben: Statt „Naturschutzgebiet in Wakenitz" ist „Naturschutzgebiet Wakenitz" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Basten, Franz Peter Beck (Köln), Volker Blunck, Lilo CDU/CSU 28. 2. 97 Dr. Däubler-Gmelin, Herta BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28. 2. 97 Dr. Eid, Uschi SPD 28. 2. 97 SPD 28. 2. 97 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28. 2. 97 Graf von Einsiedel, Heinrich PDS PDS F.D.P. 28. 2. 97 Dr. Enkelmann, Dagmar PDS 28. 2. 97 Günther (Plauen), Joachim SPD 28. 2. 97 Hartmann, Hanns-Peter Hasenfratz, Klaus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28. 2. 97 Höfken, Ulrike 28. 2. 97 28. 2. 97 Dr. Jacob, Willibald PDS SPD F.D.P. 28. 2. 97 Körper, Fritz Rudolf SPD CDU/CSU F.D.P. 28. 2. 97 Dr.-Ing. Laermann, Karl-Hans BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28. 2. 97 Leidinger, Robert Limbach, Editha Möllemann, Jürgen W. Müller (Köln), Kerstin 28. 2. 97 28. 2. 97 28. 2. 97 28. 2. 97 Dr. Pflüger, Friedbert Pofalla, Ronald CDU/CSU 28. 2. 97 Dr. Rochlitz, Jürgen CDU/CSU 28. 2. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28. 2. 97 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 28. 2. 97 Dr. Schubert, Mathias Seuster, Lisa SPD 28. 2. 97 Wallow, Hans SPD 28. 2. 97 SPD 28. 2. 97 Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 709. Sitzung am 21. Februar 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Gesetz zu dem Abkommen vom 7. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Korea über den Luftverkehr - Gesetz zu dem Abkommen vom 15. November 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Namibia über den Luftverkehr - Gesetz zu dem Abkommen vom 13. Dezember 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Simbabwe über den Luftverkehr - Gesetz zu dem Abkommen vom 16. November 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Usbekistan über den Luftverkehr - Gesetz zu dem Abkommen vom 26. August 1994 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über den Luftverkehr - Gesetz zur Revision des Übereinkommens vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung Der Abgeordnete Kurt Neumann (Berlin) hat den Gesetzentwurf zum Schutze der Nichtraucher (Nichtraucherschutzgesetz - NRSG) - Drucksache 13/6100 - nachträglich unterschrieben. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - Unterrichtung durch die Bundesregierung Achter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - AÜG - sowie über die Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung - BillBG - - Drucksachen 13/5498, 13/5770 Nr. 1 - Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung - Unterrichtung durch die Bundesregierung Zweiter Bericht über die Armutsbekämpfung in der Dritten Welt durch Hilfe zur Selbsthilfe - Drucksachen 13/3395, 13/3782 Nr. 1 - Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Flexibilisierungsinstrumente bei den Großforschungseinrichtungen Erfahrungen mit den Flexibilisierungsregelungen bei den Großforschungseinrichtungen (GFE) - Drucksachen 13/4273, 13/4469 Nr. 3 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/6454 Nr. 1.8 Drucksache 13/6766 Nr. 1.8 Finanzausschuß Drucksache 13/6152 Nr. 1.3 Haushaltsausschuß Drucksache 13/6152 Nr. 2.8 Drucksache 13/6129 Nr. 1.28 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/6593 Nr. 1.5 Drucksache 13/6593 Nr. 1.10 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/2306 Nr. 2.65 Drucksache 13/4678 Nr. 2.45 Drucksache 13/5687 Nr. 2.26 Drucksache 13/5687 Nr. 2.29 Drucksache 13/5837 Nr. 1.4 Drucksache 13/6129 Nr. 1.17 Drucksache 13/6357 Nr. 2.6 Drucksache 13/6357 Nr. 2.8 Drucksache 13/6454 Nr. 1.3 Drucksache 13/6454 Nr. 1.6 Drucksache 13/6454 Nr. 1.14 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/5555 Nr. 1.2
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerd Poppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Monaten wird die Debatte über das Verhältnis zu den Staaten Mittel- und Osteuropas von einem Thema dominiert: der gewünschten und geplanten und auch umstrittenen Erweiterung der NATO. Außenminister, Präsidenten und Kanzler, Generalsekretäre, Verteidigungsminister reden allesamt miteinander und gegenüber der Öffentlichkeit über kein anderes Thema so häufig wie über dieses. Dieser Umstand verdeutlicht meines Erachtens verzerrte Prioritäten in der außenpolitischen Debatte.
    Ich denke, für manche Staaten ist die NATO-Mitgliedschaft ein Hauptziel der Integrationsbestrebungen, weil sie meinen, der Spatz - NATO - in der Hand sei besser, als jahrelang auf die Taube - EU - zu warten. Ich glaube, daß im Westen die Debatte über die NATO-Frage mitunter als Ersatz für die eigentliche Integrationsdebatte genommen wird, als wolle man damit von den Schwierigkeiten der EU-Erweiterung ablenken.
    Deshalb erscheint es mir nötig, die Debatte über die anzustrebende gesamteuropäische Integration wieder auf jene Aspekte zu lenken, die dafür am wichtigsten sind.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Natürlich ist auch die Sicherheit wichtig, und der Anspruch der ost- und mitteleuropäischen Staaten, in europäische Sicherheitssysteme integriert zu werden, ist völlig legitim.
    Ich will aber wenigstens beiläufig anmerken, daß in Sicherheitsfragen die westliche Politik Versäumnisse aufweist und daß sie neue Möglichkeiten kooperativer Sicherheit durch die Stärkung der OSZE bis heute vernachlässigt hat. Das Wichtigste aber, die Grundlage all dessen, was gegebenenfalls verteidigungswert wäre, ist eine stabile demokratische und ökonomische Entwicklung in ganz Europa.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Und eine stabile ökologische Entwicklung!)

    - Und eine ökologische. Das brauche ich bei unserer Partei nicht besonders zu betonen.
    Sie gilt es zu fördern. Dies ist die bedeutendste und zugleich schwierigste Aufgabe, der sich die Staaten

    Gerd Poppe
    Europas zu stellen haben. Ich sage ausdrücklich: die Staaten Europas; denn diese Aufgabe kann nicht alleine von den integrationswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas bewältigt werden. Ihre Lösung hat eine historische Dimension. Sie könnte ein Glücksfall in der europäischen Geschichte werden. Nicht zuletzt liegt sie auch im deutschen Interesse.
    Das wichtigste Instrument zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die Europäische Union. Sie ist die politische und ökonomische Basis der erfolgreichen westeuropäischen Integration. Sie ist das Ziel der mittel- und osteuropäischen Staaten. Zu Recht wird mitunter gesagt, daß viele der Aufnahmekandidaten noch lange nicht reif für eine Mitgliedschaft sind. Aber ebenso muß gesagt werden, daß auch die EU bisher nicht reif für die Aufnahme einer ganzen Reihe neuer Mitglieder ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Um diese Reife zu erlangen, sollte sich die EU verstärkt jenen Staaten in Mittel- und Osteuropa zuwenden, die wie Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien oder sogar Estland bereits heute die Aufnahmekriterien mindestens in vergleichbarer Weise wie einige derzeitige EU-Mitgliedstaaten erfüllen könnten. Jene Staaten sollten als gleichberechtigte Subjekte mindestens in die politischen Entscheidungsprozesse der EU mit einbezogen werden, um endlich die dort notwendigen Reformprozesse in Gang zu setzen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Denn das Modernisierungsdefizit der Europäischen Union ist eines der größten Hindernisse für die gesamteuropäische Integration.
    Ich will auf die heute hier zu behandelnden Vorlagen eingehen. In ihnen findet sich leider über diese Themen wenig. Sie geben aber immerhin die Möglichkeit, nach monatelangem Schweigen des Deutschen Bundestages über die Situation in der östlichen Hälfte unseres Kontinentes zu sprechen sowie auch über die Unzulänglichkeit, mit der der Westen die dortigen zum Teil dramatischen Ereignisse reflektiert.
    Ich will durchaus die respektablen Leistungen der Bundesregierung oder der Bundesrepublik Deutschland insgesamt für Mittel- und Osteuropa würdigen. Aber ich sehe auch einiges problematischer und widerspruchsvoller als meine Vorredner und will das einfach einmal an der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Koalitionsfraktionen illustrieren. Diese Antwort ist sicherlich eine Fleißarbeit. Aber was den politischen Gehalt angeht, erscheint sie mir reichlich uninspiriert.
    Am auffälligsten an dieser Antwort finde ich den abgehobenen und bürokratischen Stil der Beurteilung. Wie Schüler werden die einzelnen Länder nach formalen Kriterien abgehandelt und in Schubladen einsortiert. Die unendlichen Mühen, die die notwendigen Reformen selbst in relativ erfolgreichen Ländern wie Polen oder Ungarn für den Großteil der Menschen dort bedeuten, kommen in diesem Raster nicht vor. Deshalb will ich an dieser Stelle wenigstens sagen, daß die vielen von Armut, Hunger, Entwurzelung, Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen unser Mitgefühl und die vielen, die diesen mühsamen Transformationsprozeß tragen, unsere ganze Hochachtung verdienen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Ulrich Irmer [F.D.P.] Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wieder richtig!)

    Zugleich verfehlt die Methode dieser buchhalterischen Beurteilung in vielen Einzelfällen die Realität des Reformprozesses. Ich will auch dafür Beispiele nennen.
    Bulgarien und Albanien etwa werden als im Prinzip auf dem richtigen Weg geschildert. Sehr zurückhaltend wird für die bulgarische Wirtschaft die Gefahr einer „krisenhaften Entwicklung" genannt. Aber angesichts der jetzigen Hungerrevolte muß man sich wirklich fragen, ob die Verfasser es zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Antwort nicht hätten besser wissen können oder ob sie mit dieser Antwort nur die Fragesteller beschwichtigen wollen. Für letztere Vermutung spricht, daß der Bericht einen Durchschnittslohn für Bulgarien in Höhe von 80 DM im Monat feststellt. Im Unterschied dazu hat UNDP in den letzten Tagen für 1996 ausgerechnet, daß „die große Mehrheit der bulgarischen Bevölkerung mit monatlich zwischen 8 und 17 DM auskommen muß". Nach Angaben des bulgarischen Sozialministeriums lag der Anteil derer, die schon 1995 unterhalb der osteuropäischen Armutsgrenze lebten, bei 90 Prozent.
    Ich zitiere wiederum aus der Antwort der Bundesregierung. Dort wird „die insgesamt positive Entwicklung" in Albanien angesprochen. Sie führte immerhin zu den international festgestellten Wahlfälschungen und kulminierte in den jetzt zu erlebenden Straßenschlachten.
    Die innenpolitische Lage in autoritär regierten Ländern wird in der Antwort der Bundesregierung fast durchweg als „stabil" bezeichnet. Beispiel: die Beschreibung der Lage in Usbekistan in der Antwort der Bundesregierung. Sie sei „nach wie vor stabil", heißt es da.

    (Lachen des Abg. Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Anschließend wird festgestellt, daß die Oppositionsparteien verboten sind, daß es keine freien Wahlen und keine freie Meinungsäußerung gibt. Was, so frage ich die Bundesregierung, haben Sie eigentlich für einen Begriff von Stabilität?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ist es nicht gerade die Erfahrung von 1989/90, die uns sagt, daß das Fehlen von Marktwirtschaft, das Fehlen von Demokratie nicht Stabilität zur Folge hat, sondern im Gegenteil zu äußerst instabilen Verhältnissen führt? Wird das nicht gerade auch durch die jüngste Entwicklung in Staaten wie Belarus, Tadschikistan oder, wie erwähnt, Albanien und Bulgarien belegt? Werden hier nicht einmal mehr, wie es Ihnen mit dem sowjetischen System früher schon einmal

    Gerd Poppe
    passiert ist, Ruhe und Frieden mit Friedhofsruhe verwechselt?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Poppe fragt, niemand antwortet!)

    - Ich wundere mich nicht, daß Sie darauf keine Antworten haben.
    Je mehr man diese Einschätzungen liest, desto stärker wird der Eindruck, daß Stabilität beschworen wird, damit man selbst nicht allzuviel verändern muß.
    Nun könnte man sagen: Die Antwort stammt vom September vorigen Jahres; sie ist nicht mehr aktuell; zwangsläufig kann sie deshalb einige aktuelle Entwicklungen nicht berücksichtigen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Das trifft sicherlich zu. Vielleicht gibt es ja auch politische Entwicklungen, die Anlaß zur Hoffnung geben; Rumänien wurde schon von meinen Vorrednern genannt. Aber auch diese verspätete Behandlung ist natürlich ein Teil des Problems,

    (Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

    die zu seltene Befassung der deutschen Politik mit diesem Thema.
    Jedoch ist das Hauptproblem für mich nicht die verspätete Debatte. Vielmehr besteht es für mich darin, daß die Entwicklung in Mittel- und Osteuropa ausschließlich aus dem Blickwinkel westlicher Verhältnisse und Befindlichkeiten betrachtet und deswegen nur zum Teil verstanden wird.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Dazu paßt die Überheblichkeit, mit der immer von Geber- und Empfängerländern die Rede ist. Ich nenne auch das Problem, daß es bei der Fülle von Institutionen und Organisationen, die Hilfe für Mittel- und Osteuropa leisten, keine Erfolgskontrolle gibt. Es wird nicht erkennbar, wieviel Geld real in der Bundesrepublik verbleibt und wieviel tatsächlich dort ankommt, wo es gebraucht wird. Man erfährt nicht, wer in Deutschland selber von dieser Hilfe profitiert und in welchem Umfang. Das gilt noch stärker für den Handel mit den Staaten Mittel- und Osteuropas. Die Firmen, überwiegend aus den alten Bundesländern, haben davon mindestens soviel profitiert wie die sogenannten Empfängerländer.
    Meine Damen und Herren, die Realität in den Reformstaaten und ihre Auswirkung auf uns wird sehr deutlich, wenn wir uns den konkreten Dingen zuwenden, beispielsweise den zweifelhaften Methoden zum Schutz der polnischen Grenze, der Problematik der Flüchtlinge und Asylsuchenden, der Problematik von Kriminalität und Prostitution wie an jeder Wohlstandsgrenze in der Welt usw.
    Wir müssen uns deshalb natürlich vor allem diesen konkreten Dingen zuwenden, zum Beispiel der Frage der Verlagerung von Arbeitsplätzen in das Billiglohnland Polen oder umgekehrt auch der Verlagerung von billigen Arbeitskräften von Polen nach Deutschland. Dies alles sind Probleme, die wir jetzt angehen müssen, und Herausforderungen für die westeuropäische und deutsche Politik, auf die meines Erachtens bisher nicht in dem erforderlichen Umfang reagiert wurde.
    Dazu gehört nicht nur die Tatsache, daß qualifizierte Arbeit bei unseren östlichen Nachbarn billiger ist als hierzulande. Die Globalisierung wird sehr konkret und nimmt eine nicht mehr mit Allgemeinplätzen abzuhandelnde Gestalt an. Es geht um die nächsten Jahre deutsch-polnischer, deutsch-tschechischer, deutsch-ungarischer usw. Zusammenarbeit, die bald ebenso bedeutsam und normal sein wird wie die deutsch-niederländische oder die deutsch-österreichische Zusammenarbeit.
    Es wird immer wieder gefragt, wie sich denn die mittel- und osteuropäischen Staaten auf die EU-Mitgliedschaft vorbereiten. Die Fragen aber, wie sich Deutschland vorbereitet und ob unsere derzeitigen Normen für die Zukunft überhaupt brauchbar sind, werden nicht gestellt. Ebensowenig wird die Frage gestellt, wie wir die Kreativität der Gesellschaften in den betrachteten Ländern und die dortige Bereitschaft zu Veränderungen für uns produktiv nutzen und daraus lernen können. Diese Chancen, die sich auch für uns aus dem Integrationsprozeß ergeben, müssen endlich wahrgenommen werden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Rede von Michaela Geiger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat jetzt unser Kollege Uli Irmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Irmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Kollege Gerd Poppe spricht, habe ich immer das Problem, daß er zwar ziemlich vernünftige Sachen sagt, ich aber nicht weiß, ob er für die Mehrheit seiner Fraktion spricht. Das müßte in jedem Fall immer identifiziert werden.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: So ist es! Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Ist es bei dir umgekehrt?)

    - Sehen Sie, ich habe gewußt, ich muß hier ein bißchen Stimmung hineinbringen. Das war ja bisher schrecklich langweilig.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Jetzt spreche ich einfach einmal ein paar Dinge an, die dem einen oder anderen vielleicht nicht gefallen.
    Wenn der weniger radikale Teil der Opposition im Deutschen Bundestag, verkörpert durch den im Vergleich zu seiner Fraktion weniger radikalen Gerd Poppe, nichts anderes an der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU und der F.D.P. zu kritisieren hat als einen gewissen Mangel an Inspiration,

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist Normalität!)


    Ulrich Irmer
    als eine gewisse „Anmonatung" - „Anjahrung" kann man ja gar nicht sagen -, eine gewisse Verstaubtheit

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Auch das ist Normalität!)

    und eine gewisse bürokratische Sprache,

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist die Regel!)

    dann muß ich feststellen: Ich bedanke mich, Gerd Poppe, für dieses Riesenloblied auf die Politik der Bundesregierung.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Denn wenn es nichts anderes zu kritisieren gibt, dann würde ich das gerne akzeptieren, wenn ich die Bundesregierung wäre.
    Wir haben hier natürlich das kleine Problem, daß es, wenn ein Bericht, der als Antwort auf unsere detaillierten Fragen - deshalb ist dieser Bericht so detailliert - im Jahre 1996 geschrieben worden ist, Monate später diskutiert wird, dann in der Natur der Sache liegt, daß ein paar Dinge nicht mehr ganz aktuell sein können.