Rede von
Christine
Scheel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen, daß in dieser Sache eine Verfassungsänderung zwingend geboten ist. Wir alle wissen auch, daß nach der Verfassungsrechtsprechung ganz klar und deutlich ist, daß Grundgesetzänderungen in Kraft getreten sein müssen, bevor der Bundespräsident darauf basierende Bundesgesetze nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ausfertigen kann. Das ist in diesem Hause bekannt.
Wenn man - fraktionsübergreifend von CDU/CSU und F.D.P. bis zu den Grünen - die Gewerbekapitalsteuer abschaffen will, dann muß die Grundgesetzänderung vorgenommen werden. Das heißt: Der entsprechende Gesetzentwurf zur Grundgesetzänderung muß erst im Plenum eine Zweidrittelmehrheit finden, bevor man über den Gesetzentwurf, der heute auf der Tagesordnung steht, überhaupt verhandeln kann.
Aus diesem Grund sind wir natürlich auch der Auflassung, daß dieser Tagesordnungspunkt heute abgesetzt werden kann. Ich befürchte jedoch, daß durch die Verlagerung auf die nächste Woche genau der gleiche Sachverhalt wieder auftreten wird, da die Koalition das politische Spiel aufgemacht hat, die Grundgesetzänderung nicht zuerst in das Parlament einzubringen, sondern zuerst im Bundesrat diskutieren zu lassen. Das ist genau der Punkt, an dem ich sage: Hier wird das Parlament in gewisser Weise brüskiert; denn hier wird ein politisches Spiel auf Kosten der Kommunen betrieben, um die gesamte Situation letztendlich hinauszuzögern.
Punkt 2: Situation in den neuen Bundesländern. Es ist seit Wochen bekannt, daß dieses Gesetz erst zum 1. Januar 1998 in Kraft treten soll. Das bedeutet selbstverständlich, daß die neuen Bundesländer auf Grund der Nichterhebung der Gewerbekapitalsteuer bereits im Jahre 1996 Einnahmeausfälle hatten, aber auch im Jahre 1997 Einnahmeausfälle erwarten, die sich unter dem Strich auf ungefähr 430 Millionen DM saldieren. Es ist selbstverständlich auch klar, daß die Kommunen in den neuen Bundesländern das gleiche Recht haben müssen wie die Kommunen in den alten Bundesländern. Das heißt, hier muß zumindest finanztechnisch eine Lösung gefunden werden, um nicht zu einem weiteren Ungleichgewicht, das wir im letzten Jahr bereits hatten, zu kommen.
Das heißt, für das Jahr 1997, auch wenn es, Herr Minister Waigel, verdammt weh tut - die Haushaltslage ist uns bekannt - -
- Auch uns ist die Haushaltslage bekannt. Aber es ist nicht unser Problem - -
- Moment, mein Satz ist noch nicht zu Ende!
Es ist nicht unsere Schuld, daß diese Grundgesetzänderung und die Kompensation für die Kommunen durch die Beteiligung an der Umsatzsteuer heute wieder von der Tagesordnung abgesetzt werden soll.
Wir haben hier bereits vor zwei Jahren eine Vorlage eingebracht, wie diese Kompensation zugunsten der Kommunen erfolgen kann. Sie als Koalition
Christine Scheel
können wirklich nicht hergehen und sagen, die Grünen hätten irgend etwas blockiert.
Wir haben uns sehr früh dazu bekannt, die Gewerbekapitalsteuer abzuschaffen und die Vorlagen, die die kommunalen Spitzenverbände hinsichtlich der Beteiligung an der Umsatzsteuer in Form von 2,3 Prozentpunkten ausgearbeitet haben, zu akzeptieren. Wir haben gesagt: Dies ist eine solide Grundlage für die Zukunft der Kommunen. Dies unterstützen wir. Das wissen Sie sehr gut.
Deswegen sage ich hier ganz klar: Es liegt nicht in unserer Verantwortung, daß sich die ostdeutschen Kommunen im Jahr 1997 in dieser fatalen Situation befinden. Wir haben diesen Reformvorschlag gemacht. Wir hätten ihn bereits 1996 beschließen und 1997 in Kraft treten lassen wollen, so daß nämlich auch die westdeutschen Kommunen auf Grund dieser neuen Vorlage eine stabilere Finanzsituation gehabt hätten, als sie sie im Jahre 1997 auf Grund des Rückgangs der Gewerbekapitalsteuer haben.
Das alles wissen Sie sehr wohl. Es liegt nicht an uns, daß hier nichts passiert. Ich kann nur hoffen, daß wir trotz dieses großkoalitionären Getues im Zusammenhang mit der Steuerreform - dazu gehört auch die Unternehmensteuerreform genauso wie die Situation der Kommunen - zu einer Lösung kommen, indem wir in diesem Haus parteiübergreifend daran festhalten, daß die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft wird und daß die Kommunen endlich zu dem Geld kommen, das sie verdient haben.
Vielen Dank.