Rede von
Dr.
Uwe-Jens
Rössel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Gruppe der PDS stimmt diesem Antrag ebenfalls zu, hält es aber für erforderlich, dazu einige Bemerkungen zum Abstimmungsverhalten zu machen.
Bereits am Mittwoch war im federführenden Finanzausschuß klar, daß der Gesetzesantrag der Koalition in seiner vorliegenden Form weder beratungs- noch entscheidungsreif war. Man hätte also die Entscheidung, diesen Punkt in dieser Woche nicht zu behandeln, bereits am Mittwoch von der Sache her treffen können.
Die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer sollte heute beschlossen werden, obwohl die Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen mittels Änderung des Grundgesetzes, wodurch eine Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer ermöglicht werden sollte, nach dem Willen der Koalition auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verlegt werden sollte. Ein solches Vorgehen ist weder in der Sache noch aus verfassungsrechtlichen Gründen nachzuvollziehen; es ist befremdend.
Nach dem Willen der Regierungskoalition sollte heute über die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in einem Umfang von etwa 5 Milliarden DM pro Jahr entschieden werden, obwohl die dafür notwendigen Rahmenbedingungen nicht in vollem Umfange geschaffen worden sind. Nach wie vor steht im Raum, daß die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer nur der Einstieg in den Ausstieg aus der Gewerbesteuer überhaupt ist; denn die Koalition hält an
ihrem Willen fest - in der Koalitionsvereinbarung verankert -, wonach dieser Einstieg in den Ausstieg mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer beginnen soll. Die Stimmen aus den Unternehmensverbänden, die gerade in der letzten Woche im „Handelsblatt" abgedruckt waren, zeigen ebenfalls in diese Richtung.
Nun zur Situation der Gewerbekapitalsteuer in Ostdeutschland. Wohl wissend - ich möchte das noch einmal ausdrücklich betonen -, daß es sich bei der Gewerbekapitalsteuer um eine Substanzsteuer handelt, die auch dann zu zahlen ist, wenn die Unternehmen keine Gewinne machen, und wohl wissend, daß diese Situation in Ostdeutschland erhebliche Probleme aufwirft, wurde von der Koalition am 12. Dezember 1996 formal die Einführung der Gewerbekapitalsteuer in Ostdeutschland besprochen und entschieden.
Das hat dazu geführt, daß in den Ländern Brandenburg, Sachsen und Berlin die Finanzministerinnen bzw. Finanzminister derzeitig daran arbeiten, die Gewerbekapitalsteuer 1997 noch einzuführen. Das ist eine völlig absurde Situation
in Anbetracht der außerordentlich prekären Lage der ostdeutschen gewerblichen Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittelständischen Betriebe.
Ich will damit sagen, daß die Koalition mit diesem Beschluß vom 12. Dezember 1996 selbst die Grundlagen gelegt hat, daß Landesregierungen in Ostdeutschland ein solches Verhalten an den Tag legen können. Deshalb stimmen wir der Absetzung zu, möchten aber eindeutig sagen, daß dieses Verhalten der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition nicht kommunalfreundlich und zugleich ein Schlag ins Gesicht der ostdeutschen Kommunen ist.
Es ist dringend geboten, den ostdeutschen Kommunen für die ihnen vorenthaltenen Einnahmen aus der Gewerbekapitalsteuer - 500 Millionen DM jährlich, seit 1991 insgesamt 2,1 Milliarden DM - endlich einen vernünftigen Ausgleich zu zahlen. Wir erwarten, daß der Bundesfinanzminister in der nächsten Woche einen konkreten, kontrollfähigen Nachweis
Dr. Uwe Jens Rössel
erbringt, wie die ostdeutschen Kommunen für diese Einnahmeausfälle entschädigt werden können.
Ich bedanke mich.