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    Plenarprotokoll 13/149 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 149. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1996 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Antrag der Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Gruppe der PDS zu dem Antrag der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien (Drucksachen 13/6500, 13/6487 [neu] 13/6519) 13491 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Fraktion der SPD: Fortsetzung des Friedensprozesses in Bosnien-Herzegowina (Drucksache 13/ 6488) 13491 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 13491 C Günter Verheugen SPD 13494 C Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU . . 13497 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13499 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 13501 C Andrea Gysi PDS 13502 C Paul Breuer CDU/CSU 13504 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 13506 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13508 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 13509 C Walter Kolbow SPD 13512 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13513 C Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 13514 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 13516 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS (Erklärung nach § 31 GO) 13517 D Namentliche Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 13/6519, Buchstabe a 13517 C Namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/ 6501 13517 D Ergebnisse 13519A, 13521 C Nächste Sitzung 13523 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13525* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Manfred Kanther zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur vereinbarten Debatte zu Substanzsteuern in der 148. Sitzung am 12. Dezember 1996 13525* C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Konrad Gilges, Klaus Barthel, Friedhelm Julius Beucher, Lilo Blunck, Annie Brandt-Elsweiler, Hans Martin Bury, Chri- stel Deichmann, Dr. Marliese Dobberthien, Peter Dreßen, Arne Fuhrmann, Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Christel Hanewinckel, Uwe Hiksch, Barbara Imhof, Ilse Janz, Horst Kubatschka, Konrad Kunick, Waltraud Lehn, Christa Lörcher, Erika Lotz, Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Dorle Marx, Michael Müller (Düsseldorf), Günter Oesinghaus, Adolf Ostertag, Renate Rennebach, Otto Reschke, Bernd Reuter, Günter Rixe, Marlene Rupprecht, Dr. Hansjörg Schäfer, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Dagmar Schmidt (Meschede), Horst Sielaff, Erika Simm, Antje-Marie Steen, Jella Teuchner, Margitta Terborg, Adelheid Tröscher, Ute Vogt (Pforzheim), Berthold Wittich (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) 13525* C Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) 13526* C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Gila Altmann (Aurich), Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Steffi Lemke, Jürgen Rochlitz, Halo Saibold, Irmingard Schewe-Gerigk, Ursula Schönberger und Marina Steindor (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) . . . 13527* A Anlage 6 Amtliche Mitteilungen 13528* A 149. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1996 Beginn: 9.30 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 13. 12. 96 ** Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 13. 12. 96 Dreßler, Rudolf SPD 13. 12. 96 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 13. 12. 96 Frick, Gisela F.D.P. 13. 12. 96 Fritz, Erich G. CDU/CSU 13. 12. 96 Dr. Fuchs, Ruth PDS 13. 12. 96 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 13. 12. 96 *** Großmann, Achim SPD 13. 12. 96 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 13. 12. 96 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 13. 12. 96 Ibrügger, Lothar SPD 13. 12. 96 * * * Jelpke, Ulla PDS 13. 12. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 13. 12. 96 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 13. 12. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 13. 12. 96 Lennartz, Klaus SPD 13. 12. 96 Dr. Leonhard, Elke SPD 13. 12. 96 Marx, Dorle SPD 13. 12. 96 Metzger, Oswald BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Nickels, Christa BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Poß, Joachim SPD 13. 12. 96 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 13. 12. 96 * Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 13. 12. 96 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Saibold, Halo BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Schreiner, Ottmar SPD 13. 12. 96 Schultz (Everswinkel), SPD 13. 12. 96 Reinhard Singer, Johannes SPD 13. 12. 96 Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid SPD 13. 12. 96 Thieser, Dietmar SPD 13. 12. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 13. 12. 96 Uldall, Gunnar CDU/CSU 13. 12. 96 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 13. 12. 96 Wallow, Hans SPD 13. 12. 96 Dr. Wegner, Konstanze SPD 13. 12. 96 Wieczorek (Duisburg), SPD 13. 12.96 Helmut für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Manfred Kanther zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur vereinbarten Debatte zu Substanzsteuern - Drucksache 13/6522 - in der 148. Sitzung am 12. Dezember 1996, Seite 13429 D Versehentlich habe ich in der namentlichen Abstimmung mit Ja gestimmt. Ich erklärte, daß mein Votum Nein ist. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Konrad Gilges, Klaus Barthel, Friedhelm Julius Beucher, Lilo Blunck, Anni Brandt-Elsweiler, Hans Martin Bury, Christel Deichmann, Dr. Marliese Dobberthien, Peter Dreßen, Arne Fuhrmann, Angelika Graf (Rosenheim), Iris Gleicke, Christel Hanewinckel, Uwe Hiksch, Barbara Imhof, Ilse Janz, Horst Kubatschka, Konrad Kunick, Waltraud Lehn, Christa Lörcher, Erika Lotz, Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Dorle Marx, Michael Müller (Düsseldorf), Günter Oesinghaus, Adolf Ostertag, Renate Rennebach, Otto Reschke, Bernd Reuter, Günter Rixe, Marlene Rupprecht, Dr. Hansjörg Schäfer, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Dagmar Schmidt (Meschede), Horst Sielaff, Erika Simm, Antje-Marie Steen, Jella Teuchner, Margitta Terborg, Adelheid Tröscher, Ute Vogt (Pforzheim), Berthold Wittich (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) Wir haben uns entschlossen, dem Antrag der Bundesregierung im Gegensatz zur Mehrheit der SPD-Fraktion nicht zuzustimmen. Dies bedeutet keine Ablehnung des mühsamen Friedensprozesses in Bosnien-Herzegowina, sondern fordert andere Wege und Schwerpunktsetzungen ein. Weiter wollen wir nochmals bekräftigen, daß wir friedenssichernde Maßnahmen der Vereinten Nationen (VN) ausdrücklich unterstützen. Wir lehnen den Antrag der Bundesregierung aus folgenden Gründen ab: Für uns sind die VN die einzige zuständige Institution für Krisenmanagement und friedenssichernde Maßnahmen. Sie dürfen nicht durch regionale Militärbündnisse, auf deren langfristige Auflösung wir drängen, ersetzt werden. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist in Befahr, durch die NATO und deren dominante Militärstruktkur verdrängt zu werden. Zivile Aufgaben dürfen auf keinen Fall der NATO überantwortet werden. Die NATO verschafft sich vor diesem Hintergrund durch die Stabilization Force (SFOR) durch die Hintertür eine neue Legitimation. Wir sehen diese Gefahr - und unsere Bedenken, die sich hinsichtlich IFOR auf die Ungenauigkeit des Auftrages und das Übergewicht militärischer Mittel bezogen, sind nicht zerstreut worden. Vorrang vor allen militärischen Maßnahmen muß den zivilen Wiederaufbaumaßnahmen gewährt werden. Dazu gehören: 1. das Festhalten an der Konsolidierung des Staates Bosnien-Herzegowina, 2. die Konzentration auf den zivilen Wiederaufbau, 3. die Konditionierung der Hilfen, 4. die verantwortungsbewußte Behandlung der Flüchtlinge, 5. die Unterstützung beim Aufbau freier Medien, 6. die Stärkung der zivilen Ordnungskräfte, 7. die konsequente Ahndung von Kriegsverbrechen, 8. die Durchsetzung der Abrüstungsvereinbarungen und 9. die Stärkung der Friedensbemühungen für die ganze Balkanregion. Dieser Vorrang ist unserer Meinung nach nicht nur nicht gesichert, sondern es herrscht ein krasses Mißverhältnis zugunsten der militärischen Maßnahmen. Bisher fehlt beispielsweise jede gemeinsame wirtschaftliche Perspektive für die Region. Die Ursachen der Konflikte auf dem Balkan werden somit eher verschärft als beseitigt. Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der SFOR wird gegenüber dem der IFOR hinsichtlich des Territoriums wie auch hinsichtlich der Aufgaben wesentlich erweitert. Welche Grenzen dieser Ausweitung im weiteren Ablauf des Friedensicherungsprozesses im ehemaligen Jugoslawien in Zukunft gesetzt werden, wird, unserer Ansicht nach mit Absicht, verschwiegen, um sich die Tür für eine schleichende Ausweitung des Auftrages offenzuhalten. Diese schleichende Ausweitung ist eine Mißachtung der Legislative, wobei Kompetenzen vom Bundestag hin zur Bundesregierung völlig unnötig verschoben werden. Dies könnte nur damit begründet werden, daß der Deutsche Bundestag nicht in der Lage sei, seine Beschlüsse den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Nach der regionalen Vereinbarung über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen vom 26. Januar 1996 und dem Subregionalen Rüstungskontrollabkommen vom 14. Juni 1996 darf die Bundesrepublik Jugoslawien eine relativ hohe Zahl an Waffensystemen behalten und Bosnien-Herzegowina weitere Waffensysteme anschaffen. Einerseits werden in ein unsicheres Gebiet weitere Waffen geliefert. Andererseits sollen ausländische Truppen einen unsicheren Frieden bewahren. Für uns ist diese Situation paradox. Ziel muß es vielmehr sein, ein Rüstungskontrollabkommen durchzusetzen, durch das ein gleich geringes Rüstungsniveau erreicht wird. Unter den genannten Umständen halten wir eine Zustimmung zum Antrag der Regierung nicht für verantwortbar. Mit unserem ablehnenden Votum befinden wir uns in Übereinstimmung mit dem Beschluß des Mannheimer Parteitages der SPD. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) In der Abstimmung im Deutschen Bundestag im Dezember 1995 habe ich die Beteiligung der Bundeswehr am IFOR-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien abgelehnt. Dies vor allem, weil zu diesem Zeitpunkt dem Deutschen Bundestag kein UN-Sicherheitsratsbeschluß und keine „rules of engagement" des Einsatzes vorlagen bzw. bekannt waren. Einen „Vorratsbeschluß", mit dem die NATO sich selbst mandatiert, wollte ich dieser Bundesregierung bei einem derart wichtigen Einsatz nicht an die Hand geben. Bei der Abstimmung über die Fortsetzung des Einsatzes und die Beteiligung der Bundeswehr an dem SFOR-Einsatz im Jahr 1997 habe ich diesem Einsatz aus den folgenden Gründen zugestimmt: 1. Dieses Mal liegt der Abstimmung ein UN-Sicherheitsratsbeschluß zugrunde. Das heißt, der Bundestag gibt keinen „Vorratsbeschluß", sondern entscheidet in voller Kenntnis der veränderten Einsatzbedingungen. 2. Bei der vorsichtigen Bewertung des ersten Einsatzes der Bundeswehr vor einem Jahr spielte für mich eine große Rolle die Sorge, deutsche Soldaten und deutsche Kampfflugzeuge könnten den Konflikt verschärfen, statt ihn zu mildern. Das Abebben des Krieges im ehemaligen Jugoslawien hat aber gezeigt, daß diese Sorge unberechtigt war. Es hat sich gezeigt, daß ein Einsatz mit der Zustimmung der Konfliktparteien zur Absicherung der Gewährleistung des Friedens etwas anderes ist als der Einsatz auf der Seite einer kriegsführenden Partei. 3. Bei der Frage, ob ich dem Einsatz zustimme, muß ich abwägen, welche Auswirkungen eine Ablehnung des Einsatzes hätte. Es ist aber sicher, daß der Abzug der IFOR den Krieg wieder aufflackern lassen würde. Und in Bosnien-Herzegowina würde der Abzug als ein „Im Stich Lassen" empfunden. Aufgrund dieser Überlegungen komme ich zur Überzeugung, daß in der Abwägung die Gründe für eine Zustimmung zur Beteiligung der Bundeswehr an dem SFOR-Einsatz überwiegen, auch wenn ich es nach wie vor für ein Problem halte, daß im ehemali- gen Jugoslawien keine nur der UN verantwortliche Friedensmission durchgeführt wird, sondern die NATO dabei das Sagen hat. Aber dieses Bedenken muß meines Erachtens gegenüber dem Schicksal der betroffenen Menschen zurückstehen. Einem Kriegseinsatz der Bundeswehr, das heißt einem militärischen Einsatz auf der Seite einer kriegsführenden Partei, würde ich niemals zustimmen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Gila Altmann (Aurich), Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Dr. Jürgen Rochlitz und Halo Saibold, Steffi Lemke, Irmingard ScheweGerigk, Ursula Schönberger, Marina Steindor (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) Den Argumenten, die die Kollegin Altmann heute in der Debatte vorgetragen hat und die wir alle voll und ganz unterstützen, möchten wir folgendes hinzufügen: Militär ist und bleibt für uns kein „gewöhnliches" Mittel der Politik. Wir lehnen den Antrag der Bundesregierung ab, weil damit 51 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Bundeswehreinsätze out of area zur bundesdeutschen Normalität werden sollen. Seit Jahren setzt die Bundesregierung darauf, die Bevölkerung - über Kambodscha, Somalia, die verschiedenen Bosnieneinsätze, Eurocorps, schnelle Eingreiftruppe usw. - daran zu gewöhnen, ihre Zustimmung dazu zu gewinnen, daß die Bundeswehr außerhalb des bundesdeutschen Territoriums die „Landesinteressen verteidigt" . Einer solchen Militarisierung der deutschen Außenpolitik möchten wir eine eindeutige Absage erteilen. Für keinen Einsatz der Bundeswehr out of area wird es unsere Zustimmung geben. Deshalb lehnen wir alle Anträge ab, die einen Einsatz der Bundeswehr vorsehen, in welcher Form auch immer. Das bundesdeutsche Auftreten auf der Bühne der Weltpolitik läßt keinen Zweifel: „Wir sind wieder wer" . Statt nach dem Fall der Mauer die historische Herausforderung einer zivilen Bürgerinnengesellschaft umzusetzen, aus der eigenen katastrophalen Geschichte zu lernen, daß eine besondere deutsche Verantwortung darin besteht, das ganze wirtschaftliche und politische Gewicht für zivilisierte Konfliktlösung mit allem Nachdruck in die Waagschale zu werfen, statt dessen geht die Bundesregierung den anderen Weg: Militär soll wieder normal werden. Der militärische Blickwinkel erdrückt die zivile Perspektive, die großen Raum in Sonntagsreden einnimmt, aber verschwindend geringen in der Realität des Regierungshandelns. Militär soll in Deutschland wieder normal werden - nach außen und nach innen, über öffentliche Rektrutengelöbnisse, großen Zapfenstreich wird eine seit der Studentenbewegung zumindest im Westen der Republik bis heute nicht mehr denkbare öffentliche Präsenz von Militär durchgedrückt bis hin zum gesetzlichen Schutz der Soldatenehre gegen Tucholsky-Zitate. Wenn die Bundesregierung jetzt den Einsatz der Bundeswehr mit dem Schutz des Friedensprozesses begründet, muß sie sich sagen lassen, daß sie ebenso wie andere Großmächte viel früher mit zivilen Mitteln den brutalen Konflikt in Ex-Jugolslawien hätte deeskalieren können, z. B. mit der ernsthaften Durchsetzung eines Embargos. Sie muß sich auch sagen lassen, daß sie durch ihre Anerkennungspolitik zur Eskalation in Jugoslawien beigetragen hat. Sie lieferte Waffen an die Konfliktparteien. Gerade bei friedenserhaltenden Einsätzen, für deren Durchführung außerdem die NATO als Militärbündnis grundsätzlich nicht geeignet ist, sollten u. E. grundsätzlich nicht diejenigen vor Ort beteiligt sein, die offensichtliche Eigeninteressen in der jeweiligen Region haben. Neben dem historischen Argument spricht auch dieses Argument gegen die Beteiligung der Bundeswehr. Daß die Bundesregierung sich überhaupt für die Übernahme eines militärischen statt eines zivilen Anteils an der Umsetzung von Dayton entschieden hat, diesen jetzt auch noch qualitativ und quantitativ ausweiten will, vermögen wir uns nicht über die Situation vor Ort zu erklären, zumal die Teilnahme der Bundeswehr auch für den Erfolg des militärischen Teils von Dayton nicht ausschlaggebend ist, sondern über innenpolitische Interessen der Bundesregierung, die Akzeptanz für eine veränderte Rolle des Militärs, eine allseitige Einsetzbarkeit der Bundeswehr zu erreichen. Den Friedensprozeß in Ex-Jugoslawien voranzubringen braucht unser Engagement. Die Bundeswehr ist dafür kein geeignetes Mittel, selbst der Verteidigungsminister schließt trotz des erweiterten Mandats den Zusammenbruch des Friedensprozesses nicht aus. Im Gegenteil: Er will heute schon die Zustimmung für einen Kampfeinsatz mit Panzern und Infanterie. Das zeigt deutlich: Das Defizit liegt im zivilen Bereich. Zivile politische Verantwortung an Militär zu delegieren führt allzu oft dazu, daß nur die militärische Logik übrigbleibt. Die zentrale Aufgabe, neue politische Gestaltungsräume auch in der Konfliktregelung zu erschließen, bleibt auf der Strecke. Für eine Unterstützung des Friedensprozesses in Ex-Jugoslawien das ganze zivile Gewicht der Bundesrepublik in die Waagschale zu werfen verpflichtet zuallererst dazu, nicht selbst noch zu einer Zuspitzung der schwierigen Situation durch Abschiebung von Bürgerkriegsflüchtlingen beizutragen. Es bedeutet aber auch, die wirtschaftliche Macht einzusetzen, das wache Interesse der Öffentlichkeit und des Bundestags auf die Unterstützung des Friedens auszurichten. Statt dessen hat die Bundesregierung bislang das Parlament nur mit der Situation in Bosien befaßt, wenn es um den Einsatz von Militär ging. Anlage 6 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Bemühungen zur Wiederherstellung der Demokratie in Nigeria - Drucksachen 13/4327, 13/4588 Nr. 3 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zu Stand und Problemen der Implementierung des KSE-Vertrages, über die Ergebnisse der KSEÜberprüfungskonferenz und zu den weiteren Vorstellungen der Bundesregierung über neue Impulse für konventionelle Abrüstung und Rüstungskontrolle in Europa - Drucksachen 13/5488, 13/5655 Nr. 3 - Innenausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Abwicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungen an jüdische Verfolgte - Drucksachen 13/8542, 13/265 Nr. 1.5 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Abwicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungen an jüdische Verfolgte - Drucksache 13/2394, 13/2643 Nr. 3 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/5555 Nr. 2.49 Drucksache 13/6152 Nr. 1.6 Finanzausschuß Drucksache 13/4921 Nr. 2.10 Drucksache 13/5056 Nr. 2.15 Drucksache 13/5295 Nr. 1.16 Drucksache 13/5555 Nr. 2.41 Drucksache 13/5555 Nr. 2.80 Drucksache 13/5555 Nr. 2.84 Drucksache 13/5555 Nr. 2.92 Drucksache 13/5555 Nr. 2.96 Drucksache 13/5687 Nr. 2.19 Drucksache 13/5687 Nr. 2.23 Drucksache 13/5687 Nr. 2.25 Drucksache 13/5687 Nr. 2.28 Drucksache 13/5837 Nr. 1.3 Drucksache 13/6152 Nr. 2.16 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/5295 Nr. 1.11 Drucksache 13/5555 Nr. 2.26 Drucksache 13/5555 Nr. 2.68 Drucksache 13/5687 Nr. 2.6 Drucksache 13/5687 Nr. 2.11 Drucksache 13/5687 Nr. 2.12 Drucksache 13/5687 Nr. 2.17 Drucksache 13/5687 Nr. 2.20 Drucksache 13/5687 Nr. 2.22 Drucksache 13/5687 Nr. 2.33 Drucksache 13/5687 Nr. 2.39 Drucksache 13/5837 Nr. 1.9 Drucksache 13/5837 Nr. 1.12 Drucksache 13/5837 Nr. 1.14 Drucksache 13/5837 Nr. 1.15 Drucksache 13/5837 Nr. 1.16 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/5555 Nr. 2.20 Drucksache 13/5687 Nr. 2.13 Drucksache 13/5687 Nr. 2.14 Drucksache 13/5687 Nr. 2.18 Drucksache 13/5687 Nr. 2.21 Drucksache 13/5687 Nr. 2.31 Drucksache 13/5687 Nr. 2.35 Drucksache 13/5687 Nr. 2.38 Drucksache 13/5687 Nr. 2.40 Drucksache 13/5687 Nr. 2.41 Drucksache 13/5866 Nr. 1.3 Drucksache 13/5866 Nr. 1.5 Drucksache 13/5866 Nr. 1.7 Drucksache 13/5866 Nr. 1.8 Drucksache 13/5866 Nr. 1.10 Drucksache 13/5866 Nr. 1.12 Drucksache 13/5866 Nr. 1.13 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/5687 Nr. 2.16 Drucksache 13/5866 Nr. 1.11 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/5687 Nr. 2.32 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/5555 Nr. 2.14 Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Drucksache 13/4466 Nr. 2.45 Drucksache 13/5056 Nr. 2.13
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin, ich bitte Sie, sexistische Bemerkungen bei diesem Thema zu unterbinden.

    (Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind hier nicht im Wirtshaus, sondern im Bundestag!)

    - Ich erwarte von denen nichts anderes; das ist einfach so. Die fühlen sich hier immer im Wirtshaus.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir sind hier nicht am Stammtisch!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Fischer, ich kann nicht Stellung nehmen. Sie sagen, Sie finden etwas unerhört. Sie müßten mir zunächst einmal sagen, was. Ich habe hier nichts gehört.

(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: „Schick' den Vater und nicht die Mutter! " hat er gerufen! Er soll sich dafür entschuldigen! Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU], zu Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Oberlehrer des Parlaments! Die Petzer haben wir hier immer am liebsten!)

- Also bitte: Was ist da gewesen? Dann wird es sofort klargestellt. - Ich stelle nur fest: Wir haben alle Kolleginnen und Kollegen gleichzubehandeln und persönliche Herabsetzungen zu unterlassen.

(Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Bonn direkt" bezeichnete am vergangenen Sonntag den heutigen 13. Dezember als großen Tag für die Bundeswehr. Sie sei nun endgültig eine ganz normale Armee, durch nichts von den Armeen der anderen europäischen Staaten unterschieden. Und Verteidigungsminister Rühe verstieg sich in dieser Sendung sogar zu der Aussage - Zitat -: „Jeder, der dem Einsatz nicht zustimmt, hätte

    Andrea Gysi
    die Verantwortung dafür, daß der Krieg wieder beginnt." Die Verantwortung dafür haben diejenigen, die zu Waffen greifen, statt um politische Lösungen zu ringen, und diejenigen, die Waffen liefern, statt zivile Unterstützung zu leisten. Ihre Aussage, Herr Minister, ist moralisch völlig indiskutabel.

    (Beifall bei der PDS)

    Die heute zu treffende Entscheidung halte ich für kompliziert und für noch schwieriger als diejenige vor einem Jahr, und das nicht nur, weil bei vielen die Macht der Gewöhnung an solche Einsätze gewirkt hat. Wir konstatieren: Der Vertrag von Dayton hat glücklicherweise dazu geführt, daß die Waffen schweigen. Die IFOR-Truppen haben die Konfliktparteien militärisch auseinandergehalten; sie haben dazu beigetragen, eine zivile Infrastruktur - zumindest rudimentär - wiederherzustellen. Die Bundeswehr hat einen Beitrag hierzu geleistet. Die Befürchtung, sie werde Teil des Problems, wie sich Herr Rühe vor zwei Jahren ausdrückte, als er einen Bundeswehreinsatz im ehemaligen Jugoslawien noch ablehnte, ist glücklicherweise nicht eingetreten.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Eine internationale militärische Präsenz wird von allen Konfliktparteien gewünscht und für notwendig erachtet; eine Beteiligung der Bundeswehr hieran wird zumindest akzeptiert. Das stellen auch wir fest.
    Zweifellos ist es als Versagen anzusehen, daß der zivile Teil des Vertrags von Dayton noch so wenig umgesetzt wurde, daß heute noch Verwüstungen von Häusern stattfinden, in die Flüchtlinge zurückkehren sollen; daß ein politisches Zusammenwirken der drei Konfliktparteien kaum gelingt; daß nationalistische Interessen die Politik der Führungen der drei Volksgruppen bestimmen; daß demokratische Opposition gegen diesen Nationalismus so wenig Unterstützung erfährt; daß humanitäre Organisationen bei ihrer Arbeit mit Mängeln fertig werden müssen; daß von wirklicher Abrüstung keine Rede sein kann, sondern daß die Konfliktparteien ihre Armeen nach dem Vorbild der militärischen Blockkonfrontation zwischen Ost und West bis an den letzten Rand der vereinbarten Obergrenzen aufrüsten.
    Den Soldaten aus den an IFOR beteiligten Ländern ist sicherlich nicht das Versagen in diesen Fragen anzurechnen; die Verantwortung hierfür kommt in erster Linie den politischen Führungen der Konfliktparteien zu, aber auch denjenigen, die vor allem mit Blick auf den militärischen Teil von Dayton dessen zivilen in den Hintergrund gedrängt haben.

    (Beifall bei der PDS)

    Noch viel größere Verantwortung wird die Bundesregierung tragen müssen, wenn sie die zwangsweise Abschiebung von Flüchtlingen in eine völlig ungewisse Zukunft um den Preis einer Zuspitzung der dortigen Situation weiter vorantreibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Dennoch: Wenn es darum geht, Krieg zu verhindern, also Menschenleben zu schützen, und wenn die Gefahr besteht, daß Konfliktparteien - so kritika bel und so irrational, so unverantwortlich und menschenfeindlich das sein mag - sich selbst nicht in der Lage sehen, aus eigener Kraft den Griff zur Waffe auszuschließen, also Unterstützung von außen erhoffen, um an diesem Griff gehindert zu werden, dann kann die sogenannte internationale Staatengemeinschaft davor die Augen nicht verschließen und auf Unterstützung nicht verzichten.

    (Beifall bei der PDS sowie des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Ich bin deshalb davon überzeugt - und mit mir meine Fraktion -, daß in Bosnien-Herzegowina die Frage nicht ist, ob IFOR ersatzlos abgezogen oder in einen SFOR-Einsatz umgewandelt werden muß. Auch wir sind davon überzeugt, daß es internationaler Unterstützung beim Verhindern des Krieges bedarf und daß das die Einrichtung eines militärischen Puffers zwischen den Konfliktseiten implizieren kann.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Das machen dann die anderen!?)

    - Ich komme noch zu Ihren Anmerkungen, keine Sorge. - Gleichwohl gehört zu einer verantwortungsvollen Prüfung dieser Fragen nicht nur die Entscheidung über das Ob, sondern auch über das Wie.
    Erstens. Die Aussagen über die Rolle und das Ansehen der UN in Bosnien-Herzegowina sind allgemein niederschmetternd. Sie sind dort von einigen Mächten - auch von der Bundesregierung - diskreditiert und desavouiert worden,

    (Beifall bei der PDS)

    was auf lange Zeit großen völkerrechtspolitischen Schaden mit sich bringt. Die Orientierung auf die NATO und deren Beauftragung mit Planung, Vorbereitung und Umsetzung dieser Mission macht deutlich, welcher Schwerpunkt in der internationalen Politik von den Regierungen, vor allem der USA und der europäischen NATO-Partner, gesetzt wird. Es ging leider auch darum, in einem verhängnisvollen Konkurrenzkampf zwischen UN und NATO der NATO den ersten Platz einzuräumen.

    (Beifall bei der PDS)

    Daran ändert sich auch nichts durch die Beteiligung von Nicht-NATO-Staaten mit Truppen an diesem Einsatz. Das wird heute nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand erklärt und begrüßt, sondern es gibt ein hämisches Auflachen, wenn diese Problematik überhaupt angesprochen wird. Das Verhältnis NATO-UN drückt sich auch in der Tatsache aus, daß die NATO bei ihrer Studie zu den notwendigen Nachfolgeaktivitäten nicht einmal im Ansatz prüft, ob es nicht die UN sein könnten oder müßten, die die Voraussetzung für die zivile Implementierung von Dayton schaffen. Es wäre vordringliche Aufgabe, diese materiell und personell dazu in die Lage zu versetzen, ohne freilich ein Sicherheitsvakuum entstehen zu lassen.
    Herr Kollege Verheugen, es tut mir leid, Sie haben eine richtige Kritik geübt, aber Ihre Schlußfolgerung ist die falsche: Wenn Sie nämlich eine Regierungs-

    Andrea Gysi
    politik unterstützen, die der NATO Priorität vor den UN einräumt, dann unterstützen Sie schlichtweg diese Politik. Dabei hilft es leider nicht, darauf zu verweisen, daß die UN heute noch nicht so sind, wie wir sie uns wünschen. Faktum ist: Sie unterstützen eine Politik, die diese Relation weiter festigt und verstärkt und die Rolle der NATO gegenüber den UN in den Vordergrund drängt.

    (Beifall bei der PDS)

    Wir meinen, daß es von kurz-, aber auch langfristiger Bedeutung wäre, bei der Sicherung des fragilen Friedens in Bosnien-Herzegowina den UN eine zentrale Rolle einzuräumen. Dazu bedarf es an allererster Stelle des entsprechenden politischen Willens.
    Zweitens. Wir können nicht außer acht lassen, was sich militärpolitisch in diesem Land seit 1990 vollzogen hat. Der in nur sechs Jahren zurückgelegte Weg von der Prämisse „Keine deutschen Soldaten im Ausland" bis hin zur heutigen „Endlich eine normale Armee, selbstverständlich auch mit Kampftruppen" macht die Orientierung deutlich; die Salamitaktik ist aufgegangen. General a. D. Schmückle stellt fest: Die Bevölkerung war noch nie solchen Einsätzen gegenüber so gleichgültig wie heute. - Wir fürchten diese Normalität und lehnen sie ab. Wir lehnen eine Normalität ab, wie sie bereits 1992 in den Verteidigungspolitischen Richtlinien festgeschrieben wurde, die militärisches Agieren auch zur Wahrung ökonomischer Interessen mit einschließt. Wir können uns einfach nicht darüber freuen, daß die deutsch-französische Brigade einen ersten realen Einsatztest haben soll, wenn gleichzeitig betont wird, daß dieser wichtig für die Zukunft einer europäischen Armee sein soll. Die deutsch-franzöische Freundschaft ist uns auf zivilem Gebiet hunderttausendmal wichtiger.

    (Beifall bei der PDS)

    Wenn regelmäßig von rechter Seite friedenspolitische . Alternativen zur Regierungspolitik als deutscher Sonderweg denunziert werden, dann stellen wir dazu fest: Die militärische Zurückhaltung der Bundesrepublik bis 1990 war Ergebnis einer vernünftigen Reflexion der deutschen Geschichte; diese militärische Zurückhaltung aufgegeben zu haben, ist für uns nicht nur unvernünftig, sondern friedenspolitisch verantwortungslos. Das ist der zentrale Faktor, der uns eine Zustimmung am zwingendsten versagt.
    Wir werfen der Bundesregierung vor, eine friedenspolitische Zäsur in der deutschen Außenpolitik nach dem Ende der Blockkonfrontation zielgerichtet ausgeschlossen zu haben. Was um Himmels willen würde es dem internationalen Bild der Bundesrepublik schaden, wenn sie die Mittel, die sie für den militärischen Einsatz auszugeben bereit ist, gezielt und konzentriert für die Unterstützung des zivilen Fortschritts in Bosnien-Herzegowina zur Verfügung stellen würde?

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir meinen: nichts. Im Gegenteil: Eine solche Politik könnte nur Respekt und Anerkennung abverlangen.
    Wir werden den Regierungsantrag deshalb ablehnen. Wir haben einen eigenen Antrag mit unseren Vorstellungen eingebracht.
    Noch eine Anmerkung zum Antrag der Grünen: Hinsichtlich der Ziffern 1 bis 4 können wir unsere Zustimmung erklären. Allerdings macht uns - was ich auch begründet habe - die Ziffer 5 eine Zustimmung leider unmöglich, weil dort ohne Not und ohne weitere Begründung die Beteiligung der Bundeswehr an der militärischen Absicherung festgeschrieben werden soll' - und das, obwohl auch Sie, Herr Kollege Fischer, in Ihrer Rede Ihre Kritik an der deutschen Sicherheitspolitik seit 1990 deutlich gemacht haben. Das halten wir schlicht für einen Widerspruch.
    Ich danke.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)