Rede:
ID1314900200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Kollege: 1
    6. Günter: 1
    7. Verheugen.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/149 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 149. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1996 Inhalt: Tagesordnungspunkt 14: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses - zu dem Antrag der Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Gruppe der PDS zu dem Antrag der Bundesregierung Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien (Drucksachen 13/6500, 13/6487 [neu] 13/6519) 13491 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Fraktion der SPD: Fortsetzung des Friedensprozesses in Bosnien-Herzegowina (Drucksache 13/ 6488) 13491 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 13491 C Günter Verheugen SPD 13494 C Dr. Karl-Heinz Hornhues CDU/CSU . . 13497 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 13499 C Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 13501 C Andrea Gysi PDS 13502 C Paul Breuer CDU/CSU 13504 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 13506 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13508 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 13509 C Walter Kolbow SPD 13512 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13513 C Dr. Christian Schwarz-Schilling CDU/CSU 13514 D Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . 13516 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS (Erklärung nach § 31 GO) 13517 D Namentliche Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 13/6519, Buchstabe a 13517 C Namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/ 6501 13517 D Ergebnisse 13519A, 13521 C Nächste Sitzung 13523 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 13525* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Manfred Kanther zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur vereinbarten Debatte zu Substanzsteuern in der 148. Sitzung am 12. Dezember 1996 13525* C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Konrad Gilges, Klaus Barthel, Friedhelm Julius Beucher, Lilo Blunck, Annie Brandt-Elsweiler, Hans Martin Bury, Chri- stel Deichmann, Dr. Marliese Dobberthien, Peter Dreßen, Arne Fuhrmann, Iris Gleicke, Angelika Graf (Rosenheim), Christel Hanewinckel, Uwe Hiksch, Barbara Imhof, Ilse Janz, Horst Kubatschka, Konrad Kunick, Waltraud Lehn, Christa Lörcher, Erika Lotz, Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Dorle Marx, Michael Müller (Düsseldorf), Günter Oesinghaus, Adolf Ostertag, Renate Rennebach, Otto Reschke, Bernd Reuter, Günter Rixe, Marlene Rupprecht, Dr. Hansjörg Schäfer, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Dagmar Schmidt (Meschede), Horst Sielaff, Erika Simm, Antje-Marie Steen, Jella Teuchner, Margitta Terborg, Adelheid Tröscher, Ute Vogt (Pforzheim), Berthold Wittich (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) 13525* C Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) 13526* C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Gila Altmann (Aurich), Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Steffi Lemke, Jürgen Rochlitz, Halo Saibold, Irmingard Schewe-Gerigk, Ursula Schönberger und Marina Steindor (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) . . . 13527* A Anlage 6 Amtliche Mitteilungen 13528* A 149. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. Dezember 1996 Beginn: 9.30 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 13. 12. 96 ** Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 13. 12. 96 Dreßler, Rudolf SPD 13. 12. 96 Eppelmann, Rainer CDU/CSU 13. 12. 96 Frick, Gisela F.D.P. 13. 12. 96 Fritz, Erich G. CDU/CSU 13. 12. 96 Dr. Fuchs, Ruth PDS 13. 12. 96 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 13. 12. 96 *** Großmann, Achim SPD 13. 12. 96 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 13. 12. 96 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 13. 12. 96 Ibrügger, Lothar SPD 13. 12. 96 * * * Jelpke, Ulla PDS 13. 12. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 13. 12. 96 Kronberg, Heinz-Jürgen CDU/CSU 13. 12. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 13. 12. 96 Lennartz, Klaus SPD 13. 12. 96 Dr. Leonhard, Elke SPD 13. 12. 96 Marx, Dorle SPD 13. 12. 96 Metzger, Oswald BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Nickels, Christa BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Poß, Joachim SPD 13. 12. 96 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 13. 12. 96 * Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 13. 12. 96 Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Saibold, Halo BÜNDNIS 13. 12. 96 90/DIE GRÜNEN Schreiner, Ottmar SPD 13. 12. 96 Schultz (Everswinkel), SPD 13. 12. 96 Reinhard Singer, Johannes SPD 13. 12. 96 Dr. Skarpelis-Sperk, Sigrid SPD 13. 12. 96 Thieser, Dietmar SPD 13. 12. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 13. 12. 96 Uldall, Gunnar CDU/CSU 13. 12. 96 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 13. 12. 96 Wallow, Hans SPD 13. 12. 96 Dr. Wegner, Konstanze SPD 13. 12. 96 Wieczorek (Duisburg), SPD 13. 12.96 Helmut für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Manfred Kanther zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur vereinbarten Debatte zu Substanzsteuern - Drucksache 13/6522 - in der 148. Sitzung am 12. Dezember 1996, Seite 13429 D Versehentlich habe ich in der namentlichen Abstimmung mit Ja gestimmt. Ich erklärte, daß mein Votum Nein ist. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Konrad Gilges, Klaus Barthel, Friedhelm Julius Beucher, Lilo Blunck, Anni Brandt-Elsweiler, Hans Martin Bury, Christel Deichmann, Dr. Marliese Dobberthien, Peter Dreßen, Arne Fuhrmann, Angelika Graf (Rosenheim), Iris Gleicke, Christel Hanewinckel, Uwe Hiksch, Barbara Imhof, Ilse Janz, Horst Kubatschka, Konrad Kunick, Waltraud Lehn, Christa Lörcher, Erika Lotz, Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Dorle Marx, Michael Müller (Düsseldorf), Günter Oesinghaus, Adolf Ostertag, Renate Rennebach, Otto Reschke, Bernd Reuter, Günter Rixe, Marlene Rupprecht, Dr. Hansjörg Schäfer, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Dagmar Schmidt (Meschede), Horst Sielaff, Erika Simm, Antje-Marie Steen, Jella Teuchner, Margitta Terborg, Adelheid Tröscher, Ute Vogt (Pforzheim), Berthold Wittich (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) Wir haben uns entschlossen, dem Antrag der Bundesregierung im Gegensatz zur Mehrheit der SPD-Fraktion nicht zuzustimmen. Dies bedeutet keine Ablehnung des mühsamen Friedensprozesses in Bosnien-Herzegowina, sondern fordert andere Wege und Schwerpunktsetzungen ein. Weiter wollen wir nochmals bekräftigen, daß wir friedenssichernde Maßnahmen der Vereinten Nationen (VN) ausdrücklich unterstützen. Wir lehnen den Antrag der Bundesregierung aus folgenden Gründen ab: Für uns sind die VN die einzige zuständige Institution für Krisenmanagement und friedenssichernde Maßnahmen. Sie dürfen nicht durch regionale Militärbündnisse, auf deren langfristige Auflösung wir drängen, ersetzt werden. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist in Befahr, durch die NATO und deren dominante Militärstruktkur verdrängt zu werden. Zivile Aufgaben dürfen auf keinen Fall der NATO überantwortet werden. Die NATO verschafft sich vor diesem Hintergrund durch die Stabilization Force (SFOR) durch die Hintertür eine neue Legitimation. Wir sehen diese Gefahr - und unsere Bedenken, die sich hinsichtlich IFOR auf die Ungenauigkeit des Auftrages und das Übergewicht militärischer Mittel bezogen, sind nicht zerstreut worden. Vorrang vor allen militärischen Maßnahmen muß den zivilen Wiederaufbaumaßnahmen gewährt werden. Dazu gehören: 1. das Festhalten an der Konsolidierung des Staates Bosnien-Herzegowina, 2. die Konzentration auf den zivilen Wiederaufbau, 3. die Konditionierung der Hilfen, 4. die verantwortungsbewußte Behandlung der Flüchtlinge, 5. die Unterstützung beim Aufbau freier Medien, 6. die Stärkung der zivilen Ordnungskräfte, 7. die konsequente Ahndung von Kriegsverbrechen, 8. die Durchsetzung der Abrüstungsvereinbarungen und 9. die Stärkung der Friedensbemühungen für die ganze Balkanregion. Dieser Vorrang ist unserer Meinung nach nicht nur nicht gesichert, sondern es herrscht ein krasses Mißverhältnis zugunsten der militärischen Maßnahmen. Bisher fehlt beispielsweise jede gemeinsame wirtschaftliche Perspektive für die Region. Die Ursachen der Konflikte auf dem Balkan werden somit eher verschärft als beseitigt. Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der SFOR wird gegenüber dem der IFOR hinsichtlich des Territoriums wie auch hinsichtlich der Aufgaben wesentlich erweitert. Welche Grenzen dieser Ausweitung im weiteren Ablauf des Friedensicherungsprozesses im ehemaligen Jugoslawien in Zukunft gesetzt werden, wird, unserer Ansicht nach mit Absicht, verschwiegen, um sich die Tür für eine schleichende Ausweitung des Auftrages offenzuhalten. Diese schleichende Ausweitung ist eine Mißachtung der Legislative, wobei Kompetenzen vom Bundestag hin zur Bundesregierung völlig unnötig verschoben werden. Dies könnte nur damit begründet werden, daß der Deutsche Bundestag nicht in der Lage sei, seine Beschlüsse den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Nach der regionalen Vereinbarung über Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen vom 26. Januar 1996 und dem Subregionalen Rüstungskontrollabkommen vom 14. Juni 1996 darf die Bundesrepublik Jugoslawien eine relativ hohe Zahl an Waffensystemen behalten und Bosnien-Herzegowina weitere Waffensysteme anschaffen. Einerseits werden in ein unsicheres Gebiet weitere Waffen geliefert. Andererseits sollen ausländische Truppen einen unsicheren Frieden bewahren. Für uns ist diese Situation paradox. Ziel muß es vielmehr sein, ein Rüstungskontrollabkommen durchzusetzen, durch das ein gleich geringes Rüstungsniveau erreicht wird. Unter den genannten Umständen halten wir eine Zustimmung zum Antrag der Regierung nicht für verantwortbar. Mit unserem ablehnenden Votum befinden wir uns in Übereinstimmung mit dem Beschluß des Mannheimer Parteitages der SPD. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung über „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) In der Abstimmung im Deutschen Bundestag im Dezember 1995 habe ich die Beteiligung der Bundeswehr am IFOR-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien abgelehnt. Dies vor allem, weil zu diesem Zeitpunkt dem Deutschen Bundestag kein UN-Sicherheitsratsbeschluß und keine „rules of engagement" des Einsatzes vorlagen bzw. bekannt waren. Einen „Vorratsbeschluß", mit dem die NATO sich selbst mandatiert, wollte ich dieser Bundesregierung bei einem derart wichtigen Einsatz nicht an die Hand geben. Bei der Abstimmung über die Fortsetzung des Einsatzes und die Beteiligung der Bundeswehr an dem SFOR-Einsatz im Jahr 1997 habe ich diesem Einsatz aus den folgenden Gründen zugestimmt: 1. Dieses Mal liegt der Abstimmung ein UN-Sicherheitsratsbeschluß zugrunde. Das heißt, der Bundestag gibt keinen „Vorratsbeschluß", sondern entscheidet in voller Kenntnis der veränderten Einsatzbedingungen. 2. Bei der vorsichtigen Bewertung des ersten Einsatzes der Bundeswehr vor einem Jahr spielte für mich eine große Rolle die Sorge, deutsche Soldaten und deutsche Kampfflugzeuge könnten den Konflikt verschärfen, statt ihn zu mildern. Das Abebben des Krieges im ehemaligen Jugoslawien hat aber gezeigt, daß diese Sorge unberechtigt war. Es hat sich gezeigt, daß ein Einsatz mit der Zustimmung der Konfliktparteien zur Absicherung der Gewährleistung des Friedens etwas anderes ist als der Einsatz auf der Seite einer kriegsführenden Partei. 3. Bei der Frage, ob ich dem Einsatz zustimme, muß ich abwägen, welche Auswirkungen eine Ablehnung des Einsatzes hätte. Es ist aber sicher, daß der Abzug der IFOR den Krieg wieder aufflackern lassen würde. Und in Bosnien-Herzegowina würde der Abzug als ein „Im Stich Lassen" empfunden. Aufgrund dieser Überlegungen komme ich zur Überzeugung, daß in der Abwägung die Gründe für eine Zustimmung zur Beteiligung der Bundeswehr an dem SFOR-Einsatz überwiegen, auch wenn ich es nach wie vor für ein Problem halte, daß im ehemali- gen Jugoslawien keine nur der UN verantwortliche Friedensmission durchgeführt wird, sondern die NATO dabei das Sagen hat. Aber dieses Bedenken muß meines Erachtens gegenüber dem Schicksal der betroffenen Menschen zurückstehen. Einem Kriegseinsatz der Bundeswehr, das heißt einem militärischen Einsatz auf der Seite einer kriegsführenden Partei, würde ich niemals zustimmen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn), Gila Altmann (Aurich), Annelie Buntenbach, Monika Knoche, Dr. Jürgen Rochlitz und Halo Saibold, Steffi Lemke, Irmingard ScheweGerigk, Ursula Schönberger, Marina Steindor (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung „Deutsche Beteiligung an der von der NATO geplanten Operation zur weiteren militärischen Absicherung des Friedensprozesses im früheren Jugoslawien" (Tagesordnungspunkt 14) Den Argumenten, die die Kollegin Altmann heute in der Debatte vorgetragen hat und die wir alle voll und ganz unterstützen, möchten wir folgendes hinzufügen: Militär ist und bleibt für uns kein „gewöhnliches" Mittel der Politik. Wir lehnen den Antrag der Bundesregierung ab, weil damit 51 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Bundeswehreinsätze out of area zur bundesdeutschen Normalität werden sollen. Seit Jahren setzt die Bundesregierung darauf, die Bevölkerung - über Kambodscha, Somalia, die verschiedenen Bosnieneinsätze, Eurocorps, schnelle Eingreiftruppe usw. - daran zu gewöhnen, ihre Zustimmung dazu zu gewinnen, daß die Bundeswehr außerhalb des bundesdeutschen Territoriums die „Landesinteressen verteidigt" . Einer solchen Militarisierung der deutschen Außenpolitik möchten wir eine eindeutige Absage erteilen. Für keinen Einsatz der Bundeswehr out of area wird es unsere Zustimmung geben. Deshalb lehnen wir alle Anträge ab, die einen Einsatz der Bundeswehr vorsehen, in welcher Form auch immer. Das bundesdeutsche Auftreten auf der Bühne der Weltpolitik läßt keinen Zweifel: „Wir sind wieder wer" . Statt nach dem Fall der Mauer die historische Herausforderung einer zivilen Bürgerinnengesellschaft umzusetzen, aus der eigenen katastrophalen Geschichte zu lernen, daß eine besondere deutsche Verantwortung darin besteht, das ganze wirtschaftliche und politische Gewicht für zivilisierte Konfliktlösung mit allem Nachdruck in die Waagschale zu werfen, statt dessen geht die Bundesregierung den anderen Weg: Militär soll wieder normal werden. Der militärische Blickwinkel erdrückt die zivile Perspektive, die großen Raum in Sonntagsreden einnimmt, aber verschwindend geringen in der Realität des Regierungshandelns. Militär soll in Deutschland wieder normal werden - nach außen und nach innen, über öffentliche Rektrutengelöbnisse, großen Zapfenstreich wird eine seit der Studentenbewegung zumindest im Westen der Republik bis heute nicht mehr denkbare öffentliche Präsenz von Militär durchgedrückt bis hin zum gesetzlichen Schutz der Soldatenehre gegen Tucholsky-Zitate. Wenn die Bundesregierung jetzt den Einsatz der Bundeswehr mit dem Schutz des Friedensprozesses begründet, muß sie sich sagen lassen, daß sie ebenso wie andere Großmächte viel früher mit zivilen Mitteln den brutalen Konflikt in Ex-Jugolslawien hätte deeskalieren können, z. B. mit der ernsthaften Durchsetzung eines Embargos. Sie muß sich auch sagen lassen, daß sie durch ihre Anerkennungspolitik zur Eskalation in Jugoslawien beigetragen hat. Sie lieferte Waffen an die Konfliktparteien. Gerade bei friedenserhaltenden Einsätzen, für deren Durchführung außerdem die NATO als Militärbündnis grundsätzlich nicht geeignet ist, sollten u. E. grundsätzlich nicht diejenigen vor Ort beteiligt sein, die offensichtliche Eigeninteressen in der jeweiligen Region haben. Neben dem historischen Argument spricht auch dieses Argument gegen die Beteiligung der Bundeswehr. Daß die Bundesregierung sich überhaupt für die Übernahme eines militärischen statt eines zivilen Anteils an der Umsetzung von Dayton entschieden hat, diesen jetzt auch noch qualitativ und quantitativ ausweiten will, vermögen wir uns nicht über die Situation vor Ort zu erklären, zumal die Teilnahme der Bundeswehr auch für den Erfolg des militärischen Teils von Dayton nicht ausschlaggebend ist, sondern über innenpolitische Interessen der Bundesregierung, die Akzeptanz für eine veränderte Rolle des Militärs, eine allseitige Einsetzbarkeit der Bundeswehr zu erreichen. Den Friedensprozeß in Ex-Jugoslawien voranzubringen braucht unser Engagement. Die Bundeswehr ist dafür kein geeignetes Mittel, selbst der Verteidigungsminister schließt trotz des erweiterten Mandats den Zusammenbruch des Friedensprozesses nicht aus. Im Gegenteil: Er will heute schon die Zustimmung für einen Kampfeinsatz mit Panzern und Infanterie. Das zeigt deutlich: Das Defizit liegt im zivilen Bereich. Zivile politische Verantwortung an Militär zu delegieren führt allzu oft dazu, daß nur die militärische Logik übrigbleibt. Die zentrale Aufgabe, neue politische Gestaltungsräume auch in der Konfliktregelung zu erschließen, bleibt auf der Strecke. Für eine Unterstützung des Friedensprozesses in Ex-Jugoslawien das ganze zivile Gewicht der Bundesrepublik in die Waagschale zu werfen verpflichtet zuallererst dazu, nicht selbst noch zu einer Zuspitzung der schwierigen Situation durch Abschiebung von Bürgerkriegsflüchtlingen beizutragen. Es bedeutet aber auch, die wirtschaftliche Macht einzusetzen, das wache Interesse der Öffentlichkeit und des Bundestags auf die Unterstützung des Friedens auszurichten. Statt dessen hat die Bundesregierung bislang das Parlament nur mit der Situation in Bosien befaßt, wenn es um den Einsatz von Militär ging. Anlage 6 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Bemühungen zur Wiederherstellung der Demokratie in Nigeria - Drucksachen 13/4327, 13/4588 Nr. 3 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zu Stand und Problemen der Implementierung des KSE-Vertrages, über die Ergebnisse der KSEÜberprüfungskonferenz und zu den weiteren Vorstellungen der Bundesregierung über neue Impulse für konventionelle Abrüstung und Rüstungskontrolle in Europa - Drucksachen 13/5488, 13/5655 Nr. 3 - Innenausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Abwicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungen an jüdische Verfolgte - Drucksachen 13/8542, 13/265 Nr. 1.5 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Abwicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungen an jüdische Verfolgte - Drucksache 13/2394, 13/2643 Nr. 3 - Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/5555 Nr. 2.49 Drucksache 13/6152 Nr. 1.6 Finanzausschuß Drucksache 13/4921 Nr. 2.10 Drucksache 13/5056 Nr. 2.15 Drucksache 13/5295 Nr. 1.16 Drucksache 13/5555 Nr. 2.41 Drucksache 13/5555 Nr. 2.80 Drucksache 13/5555 Nr. 2.84 Drucksache 13/5555 Nr. 2.92 Drucksache 13/5555 Nr. 2.96 Drucksache 13/5687 Nr. 2.19 Drucksache 13/5687 Nr. 2.23 Drucksache 13/5687 Nr. 2.25 Drucksache 13/5687 Nr. 2.28 Drucksache 13/5837 Nr. 1.3 Drucksache 13/6152 Nr. 2.16 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/5295 Nr. 1.11 Drucksache 13/5555 Nr. 2.26 Drucksache 13/5555 Nr. 2.68 Drucksache 13/5687 Nr. 2.6 Drucksache 13/5687 Nr. 2.11 Drucksache 13/5687 Nr. 2.12 Drucksache 13/5687 Nr. 2.17 Drucksache 13/5687 Nr. 2.20 Drucksache 13/5687 Nr. 2.22 Drucksache 13/5687 Nr. 2.33 Drucksache 13/5687 Nr. 2.39 Drucksache 13/5837 Nr. 1.9 Drucksache 13/5837 Nr. 1.12 Drucksache 13/5837 Nr. 1.14 Drucksache 13/5837 Nr. 1.15 Drucksache 13/5837 Nr. 1.16 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/5555 Nr. 2.20 Drucksache 13/5687 Nr. 2.13 Drucksache 13/5687 Nr. 2.14 Drucksache 13/5687 Nr. 2.18 Drucksache 13/5687 Nr. 2.21 Drucksache 13/5687 Nr. 2.31 Drucksache 13/5687 Nr. 2.35 Drucksache 13/5687 Nr. 2.38 Drucksache 13/5687 Nr. 2.40 Drucksache 13/5687 Nr. 2.41 Drucksache 13/5866 Nr. 1.3 Drucksache 13/5866 Nr. 1.5 Drucksache 13/5866 Nr. 1.7 Drucksache 13/5866 Nr. 1.8 Drucksache 13/5866 Nr. 1.10 Drucksache 13/5866 Nr. 1.12 Drucksache 13/5866 Nr. 1.13 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/5687 Nr. 2.16 Drucksache 13/5866 Nr. 1.11 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/5687 Nr. 2.32 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/5555 Nr. 2.14 Ausschuß für Fremdenverkehr und Tourismus Drucksache 13/4466 Nr. 2.45 Drucksache 13/5056 Nr. 2.13
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Kinkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An der von der NATO geführten erfolgreichen IFORFriedensmission in Bosnien haben rund 4 000 deutsche Soldaten teilgenommen. Sie haben mitgeholfen, einen über vier Jahre dauernden schrecklichen Krieg, der über 250 000 Menschenleben gekostet hat, zu beenden. Jetzt schweigen die Waffen; das Morden, das Töten, das Vergewaltigen hat aufgehört. Das ist eine große Leistung, vor allem der Soldaten aus 33 Ländern, und das ist natürlich auch eine große Leistung unserer Bundeswehrsoldaten. Ich möchte allen Beteiligten, insbesondere unseren eigenen Bundeswehrangehörigen und ihren Familien, sehr, sehr herzlich danken.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ihr Einsatz, ihr Engagement und ihre Disziplin waren vorbildlich und haben uns internationale Anerkennung gebracht. Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen haben unseren Soldaten gegenüber immer wieder ihre Dankbarkeit bezeugt. Wir sind natürlich besonders froh und dankbar dafür, daß kein Verlust von Menschenleben zu beklagen ist.
    Ich möchte in diesen Dank auch unsere 150 Polizeibeamten und die vielen, vielen freiwilligen Helfer einbeziehen, die oft unter Gefahr für Leib und Leben dafür sorgen, daß Menschen etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf haben. Auch sie sollten wir bei unserem Dank nicht vergessen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Dank gebührt auch unseren Bürgerinnen und Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland, die mit der Aufnahme von nach wie vor über 320 000 Flüchtlingen aus Bosnien und von inzwischen über 130 000 Asylbewerbern, die im wesentlichen aus dem Kosovo kommen, und mit ihren Spenden zeigen, daß entge-

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    gen manchen Vorurteilen in unserem Land Menschlichkeit und Solidarität zu Hause sind.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Trotz des unbestreitbaren Erfolges von IFOR macht die Lage in Bosnien eine Fortsetzung der militärischen Absicherung unumgänglich. Darin sind sich die internationale Staatengemeinschaft und die Konfliktparteien einig. Deshalb hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen, sich an der 30 000 Mann starken Nachfolgemission SFOR mit insgesamt 3 000 Bundeswehrsoldaten zu beteiligen; das ist der viertstärkste Verband nach den USA, Großbritannien und Frankreich. Zugleich wollen wir unsere Beteiligung an der multinationalen Friedenstruppe zur Unterstützung der UN-Übergangsadministration für Ostslawonien - auch nicht ganz unwichtig - fortsetzen.
    Nach dem grünen Licht durch die NATO-Außenminister und dem Mandat des UN-Sicherheitsrates aus der heutigen Nacht liegen damit die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des deutschen Friedensbeitrages in Bosnien vor. Das letzte Wort hat selbstverständlich heute der Deutsche Bundestag. Ich möchte mich gerade auch im Anschluß an die Sitzungen gestern, heute und in den vorausgegangenen Wochen ganz besonders herzlich bei allen beteiligten Ausschüssen bedanken, vor allem aber beim Verteidigungsausschuß und beim Auswärtigen Ausschuß. Dort ist ausgesprochen konstruktiv und helfend auf eine Art und Weise beraten worden, die meines Erachtens vorbildlich war.
    Meine Damen und Herren, die Völkergemeinschaft unternimmt in Bosnien-Herzegowina besonders seit einem Jahr, aber natürlich auch schon vorher mit Soldaten, Personal und einem ungeheuren Aufwand an Geld eine außerordentliche Anstrengung für Frieden und Wiederaufbau, und da ist einiges erreicht worden: Im September haben Parlamentswahlen stattgefunden; es sind auch schon Flüchtlinge zurückgekehrt; in Sarajevo und anderswo hat sich das Leben normalisiert.
    Nach all dem Schrecklichen, was vorgefallen ist, ist einiges erreicht worden; aber der wirtschaftliche Wiederaufbau und die Schaffung gemeinsamer demokratischer Strukturen kommen - das müssen wir offen sagen - nur sehr schleppend voran. Die Ursachen dafür sind vielfältig; sie sind hier bekannt. Der Aufbau der Föderation wird durch Mißtrauen zwischen Bosniaken und Kroaten behindert. Die Verantwortlichen in der Republik Srpska isolieren ihre Region - ich füge hinzu: leider - immer mehr; übrigens gegen die Interessen der dort lebenden Menschen, gegen die Bevölkerung. Das kann - jedenfalls so - nicht in eine gute Zukunft führen.
    Ich möchte den Konfliktparteien, so wie ich es auf der Pariser und der Londoner Konferenz getan habe, als ich allen Beteiligten direkt gegenübersaß, nochmals aus dem Deutschen Bundestag mit großem Ernst sagen: Die nun vorgesehene 18monatige Fortsetzung der militärischen Absicherung ist kein Selbstzweck und darf keine Dauereinrichtung sein.
    Diese weiteren eineinhalb Jahre müssen von allen drei Bevölkerungsgruppen wirklich genutzt werden, um Frieden und Wiederaufbau auf eigene Füße zu stellen. Man kann nicht auf Dauer Frieden von außen mit noch so vielen Soldaten aufzwingen oder absichern. Die Menschen dort müssen den Frieden und die Versöhnung selber erkennbar wollen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es muß diese bequeme Nehmermentalität aufhören; es muß das Gegeneinander aufhören; es muß die Behinderung der Rückkehr der Flüchtlinge aufhören; es muß die mutwillige Zerstörung von Häusern und Unterkünften, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu verhindern, aufhören.
    Selbsttragende Stabilität muß das Ziel sein; das heißt politisch vor allem Durchführung der verschobenen Kommunalwahlen unter Aufsicht der OSZE, die in Lissabon das Mandat erhalten hat, Bildung und Nutzung gemeinsamer Institutionen wie des Ministerrates der Zentralbank, Umsetzung der Abrüstungsvereinbarungen - das gilt insbesondere für die serbische Seite -, Räumung der Minen und Zusammenarbeit mit dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, so wie es die Konfliktparteien im Daytoner Friedensvertrag zugesagt haben.
    Am allerwichtigsten ist aber ein Umdenken der Menschen, vor allem der verantwortlichen Politiker. Frieden und Versöhnung sind die einzige Chance für eine bessere Zukunft in dieser Region.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Im zurückliegenden Jahr sind in Bosnien viele Reden gehalten worden. Auf den Aufruf der politisch Verantwortlichen an alle drei Bevölkerungsgruppen zur Zusammenarbeit, Toleranz und Versöhnung habe ich bisher vergeblich gewartet. Genau das habe ich den Konfliktparteien in Paris und in London nochmals gesagt.
    Ich appelliere erneut an die Präsidentschaft in Bosnien-Herzegowina, über das Fernsehen, über die Zeitungen, über das Radio an Bosniaken, Kroaten und Serben einen solchen gemeinsamen Aufruf für die schwierige vor uns liegende Zeit zu richten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich appelliere ganz bewußt auch an die Führer der Religionsgemeinschaften, der Sorge um ihre eigene Gemeinde die Sorge um das gemeinsame Wohl zur Seite zu stellen.
    Bosnien-Herzegowina braucht dringend einen neuen geistigen Anfang. Die Pariser und Londoner Konferenzen haben in diesem Sinne ein klares Signal an die Konfliktparteien gerichtet. Die weitere Hilfe wird stärker als bisher konditionalisiert. Die Parteien müssen ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen.
    Die Rückkehr der Flüchtlinge ist für uns Deutsche natürlich nach wie vor von zentraler Bedeutung. Wir wissen aus unserer Geschichte - auf Grund von Mil-

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    lionen von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg - ganz genau, daß dies ein Motor des Aufbruchs sein kann. Dazu brauchen die Flüchtlinge natürlich Sicherheit, Vertrauen und Ruhe. Sie sollen und wollen in ein Land, in eine Region zurückkehren, wo aber leider Gottes nach wie vor dieses gegenseitige Vertrauen, Sicherheit und Ruhe fehlen. SFOR soll mithelfen, daß diese Voraussetzungen zunehmend gegeben sind, zum Beispiel durch Unterstützung der OSZE bei der Überwachung der Kommunalwahlen.
    Zugleich sollen Aufgaben wo immer und so früh wie möglich an die zivilen Träger übergeben werden. Die werden jetzt gestärkt. Wir haben in London beschlossen, daß das Mandat des Hohen Repräsentanten gestärkt wird, insbesondere im Hinblick auf die Koordinationsfunktion, die bisher fehlt. Es geht um bessere Abstimmungen. Es geht um mehr Transparenz. Es geht auch um einen die Synergieeffekte nutzenden optimalen Einsatz der Mittel.
    Auch die internationale Polizeitruppe soll gestärkt werden. Wir brauchen Fortschritte bei der Ausbildung und Ausrüstung der lokalen Polizei. Wir werden dazu auch weiter unseren Beitrag leisten: durch 150 Polizeibeamte aus Bund und Ländern.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel zu wenig!)

    Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Kriegsverbrecher gehören nach Den Haag.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Das haben die Konfliktparteien zugesagt, versprochen und unterschrieben.
    Ich habe hier bei einem anderen Anlaß schon gesagt, daß ich es als eine Unverschämtheit empfinde, daß insbesondere aus Pale jetzt erklärt wird, dort würden die Kriegsverbrecher in eigener Regie vor Gericht gestellt. So geht es nicht.
    Es müssen vor allem die großen Anstifter und Drahtzieher vor Gericht gestellt werden. Deshalb werde ich nicht müde zu sagen: Insbesondere die Herren Mladić und Karadzić gehören nach Den Haag, und zwar bald.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    In den Ausschüssen ist zu Recht betont worden, daß freie Medien für Frieden und Demokratie von außerordentlicher Bedeutung sind. Wir haben uns in besonderer Weise engagiert: durch die Schaffung unabhängiger Radio- und Fernsehstationen.
    Die friedliche Reintegration Ostslawoniens - auch nicht so ganz unwichtig - ist auf einem positiven Weg. Erforderlich ist ein Konzept zur Lösung der Flüchtlingsfrage. Das bedeutet Rückkehr der kroatischen Vertriebenen, Bleiberecht für die Serben oder Rückkehr in die alte Heimat in Westslawonien und in der Krajina.
    Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, für Frieden und Versöhnung in der Region trägt auch die Belgrader Regierung eine große Verantwortung, und zwar auch Herr Milošević persönlich. EU und NATO haben zu den Wahlmanipulationen klar Stellung bezogen. Der Mut und der Wille des serbischen Volkes, für seine Rechte, für Demokratie auf die Straße zu gehen, sind beeindruckend, und der Kampf für Demokratie dort, der uns ja an eine Situation in unserem eigenen Land vor sieben Jahren sehr, sehr deutlich erinnert, dieser Kampf für Demokratie auf der Straße mit friedlichen Demonstrationen verdient unser Echo.

    (Beifall bei der der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wer in Serbien für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit kämpft, muß uns auf seiner Seite wissen. Ich sage bewußt an Präsident Milosević gerichtet: Die Serben wollen und sollen auch nach unserem Wunsch ihren Weg zurück nach Europa finden. Aber dieser Weg verlangt konstruktive Mitwirkung bei der Umsetzung von Dayton, verlangt Demokratisierung, verlangt Minderheitenschutz und vor allem eine Lösung des Kosovo-Problems. Es muß ein Ende damit haben, daß eine zehnprozentige Minderheit der Serben eine neunzigprozentige Mehrheit der Kosovo-Albaner schikaniert und unterdrückt.

    (Beifall bei der der F.D.P., der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir werden sehr genau darauf achten, ob Präsident Milošević das, was ich mit ihm in Hinblick auf die Rückführung der Asylbewerber vereinbart habe, einhält.
    Ich bitte auch von hier aus Herrn Milošević, darüber nachzudenken, ob es nicht richtig wäre, wenn er - einem Gedanken folgend, der auch vom Kollegen Schwarz-Schilling mit initiiert wurde - von sich aus eine internationale Juristenkommission ins Land ruft, die untersucht, was dort vorgefallen ist. Herr Milošević, überlegen Sie sich das, aber lassen Sie sich das nicht von außen aufdrängen, sondern rufen Sie eine solche Kommission von sich aus nach Belgrad!

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, vor einem Jahr haben wir uns die Entscheidung über unseren Beitrag zu IFOR nicht leicht gemacht. Das tun wir diesmal auch nicht, wo es um die Fortsetzung des Friedensengagements geht. Inzwischen haben wir eine Erfahrung machen können, mit der wir so gar nicht rechnen konnten, nämlich daß die Anwesenheit unserer Soldaten entgegen manchen Befürchtungen von allen Bevölkerungsgruppen begrüßt wurde. Diese positiven Erfahrungen machen es jetzt möglich, unsere Soldaten mit demselben Auftrag zu entsenden, den auch ihre französischen, italienischen oder spanischen Kameraden haben, mit denen zusammen sie ihren Dienst tun werden.

    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    Die NATO hat im vergangenen Jahr in Bosnien gezeigt, wie unersetzbar sie auch nach dem Ende der Ost-West-Auseinandersetzung in Europa ist. Und wer glaubt, die UNO könne in Bosnien eine solche Operation führen, sollte sich daran erinnern, wie erleichtert die Bevölkerung in Bosnien war, als die ersten NATO-Verbände kamen. Da ging doch eine Welle der Erleichterung durch die Bevölkerung, und von da ab hat mindestens - wie ich vorher sagte - das Morden, das Töten, das Vergewaltigen aufgehört.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich möchte besonders betonen, wie sehr wir uns freuen, daß es eine enge Verbindung mit dem französischen Einsatzverband geben wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, daß jetzt deutsche und französische Infanteristen Seite an Seite für den Frieden und den Schutz der Menschenrechte in Bosnien eintreten, ist ein starkes Symbol für die Freundschaft, die sich seit Kriegsende zwischen unseren beiden Völkern, zwischen Franzosen und Deutschen, entwickelt hat. Dies sollte auch ein Beispiel für die Noch-Erbfeinde von heute, die Konfliktparteien in Bosnien, sein.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Die anvisierte Rückkehr Frankreichs in die militärische Integration des Bündnisses ist sowohl für die neue NATO wie für ihren sich verstärkenden europäischen Pfeiler ein Glücksfall. Wir wollen, daß sich die Rolle des deutsch-französischen Motors für Europa auch und gerade im Bereich Sicherheit und Verteidigung bewährt.
    Natürlich ist auch die weitere Beteiligung der russischen Soldaten ganz wichtig. Der praktische vertrauensbildende Nutzen dieser militärischen Zusammenarbeit kann gar nicht überschätzt werden, gerade in der Zeit der jetzigen europäischen Weichenstellungen und für die neue Sicherheitsarchitektur. Die europäische Einigung, die Öffnung der NATO darf und wird sich nicht mit dem Rücken zu Rußland und der Ukraine vollziehen.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie vor einem Jahr geht es um eine Entscheidung nicht für Kriegsführung, sondern für Friedenserhalt. Von Kardinal Puljić in Sarajevo stammt das Wort: „Wer das Böse nicht stoppt, wird schuld am Bösen." Dies ist im übrigen auch eine Lehre aus unserer eigenen Geschichte.
    Ich glaube, daß unsere eigene Bevölkerung, daß die Menschen in Deutschland sehr wohl verstehen, daß wir nicht abseits stehen können und wollen. Unsere Soldaten verdienen in ihrem erneut schwierigen Einsatz eine breite Unterstützung des Deutschen Bundestages, und die sollten wir ihnen heute geben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Kollege Günter Verheugen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Verheugen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die SPD- Bundestagsfraktion wird dem Antrag der Bundesregierung zustimmen, daß sich die Bundesrepublik Deutschland an der IFOR-Nachfolgemission SFOR mit Einheiten der Bundeswehr beteiligt. Das ist auch für uns kein schneller und kein einfacher Entschluß gewesen. Wir haben sehr intensiv und lange darüber beraten müssen.
    Ich muß hier schon ein paar Dinge vortragen, die vielleicht etwas abweichen von dem, was der Außenminister gesagt hat, etwa hinsichtlich der Bilanz des politischen Prozesses, in dem wir uns befinden. Am Anfang muß noch einmal ganz klar gesagt werden: Die Entscheidung, die wir heute treffen wollen, ist nicht in erster Linie eine militärische. Es handelt sich um die militärische Absicherung eines politischen Prozesses.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Bundeswehr wird nicht dorthin geschickt, um gegen irgendwen zu kämpfen; die Bundeswehr wird dorthin geschickt - zusammen mit vielen anderen aus vielen anderen Staaten -, um einen sicheren Rahmen zu schaffen für das, was im Friedensprozeß von Dayton angelegt war.
    Wir müssen leider feststellen, daß die Bilanz dieses Friedensprozesses nach einem Jahr außerordentlich ernüchternd, ja, fast erschreckend unbefriedigend ausfällt. Alle unsere Befürchtungen, vor einem Jahr von diesem Pult aus vorgetragen, daß sich der militärische und der zivile Teil auseinanderentwickeln könnten, sind leider eingetreten. Die Befürchtungen haben sich bewahrheitet. Der zivile Prozeß hat von Anfang nicht die Dynamik entfaltet, die notwendig gewesen wäre.
    Trotzdem, zu einer fairen Bilanz gehört, daß man sagt: Die Waffen schweigen. Das Schlimmste ist vorbei. Menschen werden nicht mehr in bestialischer Weise umgebracht. Vertreibung findet nur noch in einzelnen Bereichen statt, konnte - man muß hinzufügen: leider - nicht ganz beseitigt werden. Das massenhafte Elend, das uns veranlaßt hat, zu sagen: „Nun muß endlich etwas geschehen", hat aufgehört.
    Wie der Bundesaußenminister möchte ich im Namen der SPD-Bundestagsfraktion all denjenigen danken, die daran beteiligt waren: den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, aber auch den vielen Helferinnen und Helfern in zivilen Organisationen, die beim Wiederaufbau dieses Landes wichtige und erfolgreiche Arbeit geleistet haben.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der F.D.P. und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Ihnen allen gilt unser Dank.
    Die Defizite des Friedensprozesses sind in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die am Konflikt Beteiligten nicht den ernsthaften Willen zur Versöhnung und zur Zusammenarbeit haben. Das immer wieder Erschreckende bei Besuchen in Bosnien-Herzegowina ist, daß wir erleben müssen, daß diejeni-

    Günter Verheugen
    gen, um die es eigentlich geht, die geringste Bereitschaft zeigen, einen stabilen, dauerhaften, sich selbst tragenden Friedensprozeß in Gang zu halten. Es muß deshalb immer gesagt werden: Die Hauptverantwortung für das, was in diesem Prozeß angelegt ist, liegt nicht bei uns, nicht beim Westen, nicht bei den Vereinten Nationen; die Hauptverantwortung liegt bei den Menschen dort und bei ihren politischen Führern, die auch schon die Verantwortung dafür getragen haben, daß es zu diesen schrecklichen Zuständen gekommen war.
    Die Defizite sehen wir an der wachsenden Kriminalität, weiteren Vertreibungen und Obstruktion der Flüchtlingsrückkehr. Wir haben erlebt und erleben es, daß die Menschenrechte der Angehörigen von Minderheiten in den einzelnen Gebieten nicht gewährleistet sind. Wir erleben, daß die Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal nicht ausreichend ist.
    Wir haben in Erinnerung, daß die Wahlen in Bosnien-Herzegowina von der OSZE als weder fair noch frei, noch demokratisch bezeichnet wurden. Sie waren es auch nicht, weil die Voraussetzungen dafür gefehlt haben. Dies ist immer noch so, weil die ethnisch orientierten herrschenden nationalistischen Parteien ein autoritäres Machtverhalten entwickeln und demokratische Strukturen nicht aufkommen lassen wollen.
    Ich sage aber: Es gibt auch - das ist ein Zeichen der Hoffnung - überzeugte und überzeugende Demokraten in allen Gruppen in Bosnien-Herzegowina, bei den Kroaten, bei den Muslimen und bei den Serben. Diejenigen von uns, die dorthin reisen, kommen nicht nur mit negativen Eindrücken zurück, sondern auch mit dem positiven Eindruck, daß es dort Menschen gibt, mit denen wir zusammenarbeiten können und denen wir helfen wollen.
    Ich bitte Sie wirklich herzlich, Herr Kinkel, die ganze Regierung und uns alle: Laßt uns zusammen mehr tun, um diejenigen zu stärken, die Demokratie in diesem Lande wollen, dafür einstehen und die auch zu den Friedenszielen des Prozesses von Dayton stehen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

    Zwei Punkte möchte ich besonders hervorheben: Es gibt auch eine Verantwortung auf der westlichen Seite. Machen wir uns nichts vor. Die Zusammenarbeit zwischen den internationalen Institutionen in Sarajevo und dem übrigen Land hat nicht so funktioniert, wie es wünschenswert gewesen wäre. Es gab Kompetenzwirrwarr und Gerangel, es gab Kompetenzstreitereien, und manches Wichtige ist einfach steckengeblieben, weil sich die internationalen Institutionen nicht einigen konnten. Wir treten deshalb entschieden dafür ein, daß der Hohe Repräsentant eine klare und eindeutige Koordinierungs- und Leitungsfunktion erhält, damit nicht mehr gegeneinander gearbeitet wird, Eifersüchteleien ausbleiben und der zivile Prozeß wenigstens von den Institutionen her eine Erfolgsperspektive erhält.
    Der andere Punkt, auf den ich noch hinweisen möchte, ist die Frage der Konditionierung. Darin stimmen wir überein. Es ist den Menschen in unserem Land nicht zuzumuten, daß wir ihnen auferlegen, die Kosten zu tragen, die aus Menschenrechtsverletzungen und anderen Verbrechen entstehen, wenn die Hauptverantwortlichen nicht bereit sind, dafür zu sorgen, daß das in Zukunft nicht mehr geschehen kann.
    Mit anderen Worten: Hilfe, auf welcher Ebene auch immer, beim Wiederaufbau des Landes muß unabdingbar an die Bereitschaft geknüpft sein, sich an die Vereinbarungen von Dayton zu halten und sie zu erfüllen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der F.D.P.)

    Wir brauchen Klarheit über die politischen Rahmenbedingungen des Einsatzes, in den wir die Bundeswehr schicken wollen. Ich will diese kurz skizzieren: Entscheidend ist für uns, daß wir an der Grundidee festhalten, einen demokratischen zivilen Staat Bosnien-Herzegowina zu erhalten, in dem die einzelnen Gruppen auf Dauer friedlich miteinander leben.
    Ich sage das deshalb so betont, weil es Realpolitiker - ich sage das in Anführungszeichen - diesseits und jenseits des Atlantiks gibt, die uns erklären, warum das eine Illusion ist und bleiben wird, und die uns sagen: Am Ende ist die Teilung unausweichlich.
    Ich will Ihnen klar sagen, was das bedeutet: Wer auf diese Linie geht, der akzeptiert am Ende Vertreibung und „ethnische Säuberung". Genau deshalb, weil wir das nicht akzeptieren wollen, treffen wir diese heutige Entscheidung. Wir können nicht nachträglich durch die Akzeptierung der Teilung des Landes in ethnische Einheiten das legitimieren, was sich in einem Meer von Blut abgespielt hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Das zweite ist: Zur Unterstützung demokratischer Strukturen in diesem Lande gehört, daß wir die Bedingungen für demokratisches Engagement herstellen. Herr Kinkel hat darauf hingewiesen, daß im Bereich der Medien jetzt etwas geschieht - reichlich spät, wenn ich das sagen darf. Es wäre besser gewesen - ich will da nicht beckmesserisch sein -, die Europäische Union hätte rechtzeitig im vergangenen Jahr dafür gesorgt, daß es neben den von den nationalistischen Parteien gelenkten Medien auch freie Medien gibt, die den Menschen überhaupt erst die Chance eröffnen, sich unabhängig zu informieren und sich ein politisches Urteil zu bilden.
    Der ganze Haß, die Gewaltbereitschaft, das alles ist in den Medien dieses Landes geschürt worden. Die Medien müssen deshalb auch einen ganz zentralen Beitrag dazu leisten, daß das aufhört. Darum ist das ein wichtiger Punkt.
    Ich stimme dem Bundesaußenminister ausdrücklich in der Frage der Kriegsverbrecher zu. Rechtsstaatlichkeit und Vertrauen in rechtsstaatliche Strukturen werden nicht entstehen, solange erkannte

    Günter Verheugen
    Kriegsverbrecher sich immer noch ziemlich frei im Lande bewegen können.
    Es gibt noch einen anderen Punkt, auf den Sie weniger hingewiesen haben: Wenn wir verhindern wollen - was wir verhindern müssen -, daß die Gewalt wieder ausbricht, daß ein neuer Krieg entsteht, dann ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, daß das Rüstungsniveau in der Region niedriger wird.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das Niveau der Rüstung ist zu hoch.
    Ich gebe zu: Zunächst einmal muß erreicht werden, daß sich alle Konfliktparteien an die getroffenen Rüstungskontrollvereinbarungen halten. Wir dürfen dabei aber nicht stehenbleiben. Es muß einen Schritt weitergehen. Wir müssen zu weiteren drastischen Rüstungsverminderungen kommen.
    Ich finde, es ist ein schwerer Mangel in der Gesamtkonstruktion, daß es immer noch möglich ist, daß Waffen in das Konfliktgebiet geliefert werden.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das Liefern von Waffen in Konfliktgebiete ist dafür verantwortlich, daß die Konfrontation weitergehen kann.
    Die Gesamtlage auf dem Balkan ist in unsere Betrachtungen einzubeziehen. Das, was sich in den letzten Wochen in Belgrad abspielt, hat bei vielen einen Aha-Effekt ausgelöst. Es gibt eben nicht nur Milošević.
    Eines dürfte jetzt wohl klargeworden sein: Demokratische Strukturen in den Balkanstaaten sind die beste Voraussetzung dafür, einen stabilen, dauerhaften Frieden in der gesamten Region aufzubauen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ein demokratisches Serbien, ein demokratisches Kroatien, das können wirklich stabilisierende Faktoren werden. Dann ist die Chance sehr viel größer, die Konflikte in der Region zu lösen. Ich nenne nur den Kosovo-Konflikt als den potentiell gefährlichsten.
    Auch wir appellieren an die serbische Regierung, an den Präsidenten Milošević, die Ergebnisse demokratischer Wahlen zu akzeptieren. Wer in Europa als ein gleichberechtigtes Mitglied im Kreis von Nationen anerkannt werden will, die sich bestimmten Werten und Standards verpflichtet fühlen, der muß als erstes damit anfangen, daß er elementare demokratische Prinzipien akzeptiert. Dazu gehört an erster Stelle, daß Wahlergebnisse akzeptiert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Die gewaltfreien Demonstrationen verdienen Unterstützung. Bei allen Problemen, die man mit der serbischen Opposition haben kann, schälen sich inzwischen jedoch auch demokratische Kräfte heraus, die unsere Unterstützung verdienen. An die serbische Regierung muß die Aufforderung ergehen, sich jetzt bereit zu erklären, mit der Opposition zusammen Rahmenbedingungen für die bevorstehenden serbischen Wahlen zu schaffen, die sicherstellen, daß diese Wahlen fair, frei und demokratisch verlaufen werden.
    Meine Damen und Herren, in der Diskussion über die Entscheidung, die heute zu treffen ist, spielt die Frage eine Rolle, ob es eigentlich richtig ist, daß eine NATO-geführte Operation unter einem Mandat der Vereinten Nationen stattfinden soll, und ob das nicht eigentlich die UNO machen sollte. Das ist die Position der Grünen, und das ist auch die Position einer Gruppe meiner eigenen Fraktion, die deshalb dem Antrag nicht zustimmen will.
    Lassen Sie mich dazu folgendes sagen. Natürlich ist es so, daß wir uns eine Weltordnung wünschen, in der die Vereinten Nationen stark genug sind, das zu tun, was in ihrer Satzung steht, nämlich solche Aktionen selber durchzuführen. Hat es aber Sinn zu sagen: Solange die Weltordnung nicht so ist, wie wir sie uns vorstellen, kann dann eben in solchen Situationen gar nichts geschehen? Ich frage Sie ganz ernsthaft: Kann der Deutsche Bundestag gegenüber mehr als 180 Mitgliedern der Vereinten Nationen sagen, weil ihr es nicht so organisiert, wie wir es für richtig halten, müssen wir eben sehen, wie sich das da in Bosnien-Herzegowina von selber regelt; wir können da nichts tun.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer sagt das? Das sagt doch keiner!)

    Ich halte das - ich will das ganz deutlich sagen - für nicht verantwortbar.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir sollten darauf hinarbeiten, daß die Vereinten Nationen so stark werden, wie wir sie haben wollen. Das ist überhaupt keine Frage.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber zu sagen: Solange die Vereinten Nationen es nicht selber tun, so lange darf es auch kein anderer tun, ist nicht möglich.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer sagt das denn?)

    - Das ist die Begründung, weshalb Sie, Herr Fischer, ablehnen wollen.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten einmal lesen!)

    Lassen Sie mich noch auf einen Punkt hinweisen, der für uns wichtig ist. Ich danke der Bundesregierung und Herrn Kinkel persönlich dafür, daß die Bundesregierung sich große Mühe gegeben hat, das Mandat des Sicherheitsrats in New York zustande zu bekommen. Ich weiß, daß Sie sich da sehr eingesetzt haben. Es ist keine Prinzipienreiterei, wenn wir darauf bestanden haben, das Mandat zu kennen, bevor wir entscheiden.

    (Beifall bei der SPD)


    Günter Verheugen
    Ich bitte Sie, einen Augenblick darüber nachzudenken, auch diejenigen aus den Reihen der Koalition, die mit den Argumenten bereits in die Öffentlichkeit gegangen sind, die wir schon kennen, wenn das Thema aufkommt, daß der Bundestag einmal außerhalb seines Sitzungsplans zusammentreten möchte.
    Seien Sie sich bitte bewußt: Die Entscheidung, die Sie heute hier treffen, ist nicht irgendeine.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die Entscheidung, die Sie heute hier treffen, kann bedeuten, daß wir am Ende die Verantwortung dafür übernehmen müssen, daß junge Menschen ihre Gesundheit oder sogar ihr Leben verlieren. Könnte es einer von uns verantworten, dann sagen zu müssen: Ich habe gar nicht ganz genau gewußt, in was für einen Einsatz wir sie eigentlich schicken, ich habe gar nicht ganz genau gewußt, was in dem Mandat der Vereinten Nationen steht?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

    - Rufen Sie nicht „Oh", es ist nämlich so. - Sie haben nämlich vorgestern nicht gewußt, ob in dem Mandat der Vereinten Nationen etwas zum Auftrag steht, Kriegsverbrecher festnehmen oder nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Es macht einen gewaltigen qualitativen Unterschied, ob die SFOR-Truppe den Auftrag bekommt, Kriegsverbrecher festzunehmen oder nicht. Jedermann, der das persönlich mit seinem Gewissen ausmachen muß, muß wissen, wie gefährlich das ist, was die Bundeswehr in diesem Einsatz zu tun hat, einmal ganz abgesehen von der Selbstachtung des Parlaments.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben hier einen klaren Auftrag, in Kenntnis der Mandate zu entscheiden. Anders ist das Urteil des Verfassungsgerichts gar nicht auszulegen. Im vergangenen Jahr haben wir alle gesagt, es ist eine Ausnahmesituation. Denken Sie bitte daran, daß solche Ausnahmen nicht zur Regel werden dürfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber dieses Problem ist uns Gott sei Dank am Ende erspart geblieben. Ich wollte nur deutlich machen, daß uns die Verantwortung bewußt ist und daß wir uns auch deshalb darum bemühen, die notwendige Entscheidung so zu treffen, daß die Bundeswehr weiß: Sie stützt sich auf einen breiten Konsens im Deutschen Bundestag. Das ist ein Argument, von dem der eine oder andere vielleicht denken mag: Warum sind die Soldaten da so zimperlich? - Sie sind aber nicht zimperlich. In meinen Augen ist es so, daß der Wunsch der Soldaten, von einer breiten Zustimmung im Bundestag getragen zu sein, etwas über Geist und Charakter unserer Armee aussagt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie wollen nicht nur für einen Teil des Volkes, das
    durch uns repräsentiert wird, einen schweren Auftrag erfüllen, sie wollen vielmehr sicher sein, daß
    möglichst viele Menschen hinter ihrem Auftrag stehen. Wenn es möglich ist - in diesem Falle ist es möglich -, sollte man ihnen diese Gewißheit geben.
    Ich bin froh, daß der Konsens erreicht worden ist; gerade auch angesichts der Tatsache, daß wir es mit Veränderungen im Auftrag zu tun haben, die nicht verschwiegen werden dürfen. Im Gegensatz zu dem Antrag vor einem Jahr stationieren wir jetzt die Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina selbst und nehmen an dem eigentlichen Überwachungs- und Sicherungsauftrag der Vereinten Nationen im Rahmen des SFOR-Mandates teil - und nicht nur im Rahmen einer Unterstützung des Auftrags. Das ist ein Unterschied. Man kann darüber streiten, ob es ein wirklich qualitativer Unterschied ist.
    Wichtig ist jedenfalls, daß wir die Probleme und die Bedenken, die wir im vergangenen Jahr in bezug auf die Stationierung im Konfliktgebiet selbst noch hatten, nach übereinstimmender Analyse für nicht mehr gegeben halten. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Wir können dieses Mandat unterstützen. Aber der Unterschied im Auftrag muß jedem bewußt sein. Darum habe ich ihn angesprochen.
    Wenn wir dem Antrag zustimmen, so tun wir das in dem Bewußtsein der Verantwortung für die jungen Menschen, denen wir einen schweren Auftrag geben, im Bewußtsein der Verantwortung für den Frieden in einer Region in unserer unmittelbaren Nähe und in dem vollen Bewußtsein, daß wir am Ende alle zusammen auch in die Lage kommen können, für diese Entscheidung einstehen zu müssen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Jürgen Augustinowitz [CDU/CSU])