Rede von
Hans-Peter
Repnik
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau MatthäusMaier, Sie können noch so lautstark hier an diesem Podium auftreten: Die Opposition hat an den vergangenen vier Tagen einmal mehr versäumt, konkrete, glaubwürdige, tragfähige Alternativvorschläge vorzulegen.
- Nein. Ich habe mir das Zehn-Punkte-Programm, das von Ihnen am heutigen Vormittag vorgetragen wurde, sehr genau angehört. Entweder bedeuten die darin enthaltenen Maßnahmen Umverteilung, oder sie kosten Geld. Kein einziger konkreter Einsparvorschlag war dabei.
Sie haben keine Alternative, und ich füge hinzu: Zu diesem Haushalt gibt es auch keine Alternative.
Dieser Haushalt steht für umsichtige Politik mit dem Ziel der Entlastung unserer Volkswirtschaft.
Dieser Haushalt führt im kommenden Jahr die Ausgaben um 2,5 Prozent zurück, und er zeigt erneut, daß wir mit dem Abbau der Staatsquote Ernst machen, um Marktkräften wieder mehr Spielraum zu geben, und daß wir damit Ernst machen, Spielräume für mehr Investitionen und damit für mehr Arbeitsplätze zu eröffnen.
Die Verabschiedung dieses Haushalts ist eine gute Gelegenheit, um einen Blick auch in die Zukunft der parlamentarischen Arbeit zu werfen. Damit spreche ich ein Thema an, das soeben ebenfalls genannt wurde, nämlich die parlamentarischen Beratungen auch im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß.
Wir stehen mitten in außerordentlich schwierigen Verhandlungen, in Verhandlungen, von deren Ergebnissen es auch abhängt, ob der Standort Deutschland gestärkt wird, ob Arbeitsplätze geschaffen werden oder ob Arbeitsplätze verlorengehen. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben es doch mit in der Hand, und deshalb fordere ich Sie auf: Wirken Sie doch daran mit.
Die Punkte, die Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, im Streit um die Steuerpolitik und um die Haushaltspolitik venneintlich gegen uns verbuchen, machen Sie auf dem Rükken der Arbeitslosen in Deutschland.
Dies ist doch kein Spiel, das wir hier treiben. Für rund 4 Millionen Menschen ist die Arbeitslosigkeit jeden Tag bittere Realität. Während Sie sich an polemischen Angriffen auf die Regierung berauschen, verlieren weitere Menschen die Arbeitsplätze.
Sicher ist es eine feine Strategie der Opposition, Erfolge der Regierungskoalition zu behindern,
wo immer sie dazu in der Lage ist. Das ist vermutlich Ihre Aufgabe. Aber Sie verkennen dabei eines: Erfolge dieser Koalition und Erfolge dieser Regierung äußern sich in mehr Investitionen und in mehr Arbeitsplätzen. Und deshalb müssen Sie Ihre Blockadepolitik einstellen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Reden in dieser Woche im Plenum zum Haushalt 1997 haben einmal mehr deutlich gemacht: Sie betreiben eine Sozialromantik, gepaart mit einem eiskalten Kalkül. Dies ist Ihre Strategie.
Wir wollen mehr Sicherheit, aber wir müssen sie doch auch bezahlbar halten. Es kann doch nicht der Sinn sein, durch überzogene Sozialkosten Arbeit so teuer zu machen, daß immer mehr Menschen in Deutschland arbeitslos werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, können Sie eigentlich diesen Teufelskreis nicht erkennen, oder wollen Sie es nicht? Können Sie nicht erkennen, wie wichtig es ist, diese Spirale nach unten zu durchbrechen? Nicht irgendwann, nicht in kleinen Schritten. Wir haben die Zeit nicht, wir haben sie nicht mehr. Deshalb haben wir doch das Programm für Wachstum und Beschäftigung aufgelegt, aus diesem Grund. Es hilft uns doch nicht weiter, wenn Ihr Parteivorsitzender Lafontaine am Mittwoch dieser Woche hier dagegen nur polemisiert hat.
Wenn Sie uns nicht glauben, daß dieses Programm zu mehr Wachstum, zu Investitionen, Beschäftigung und Arbeitsplätzen führt, dann nehmen Sie doch bitte den Sachverständigenrat und das Gutachten ernst.
Ich möchte mir erlauben, zwei Passagen aus dem Gutachten des Sachverständigenrates zu zitieren, hochaktuell, erst wenige Wochen alt. Er schreibt unter anderem:
Ein wichtiger Schritt waren die Gesetze zur Umsetzung von Teilen des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung. Sie werden in der Öffentlichkeit als Sparpaket diskutiert, eine unglückliche Bezeichnung; denn in wesentlichen Teilen, vor allem bei den Neuregelungen zum Arbeitsrecht, geht es nicht um Sparen, sondern damm, mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Arbeits- und Tarifverträgen zu ermöglichen.
Soweit der Sachverständigenrat.
Hans-Peter Repnik
Und der Sachverständigenrat geht weiter. Er macht deutlich, daß nicht nur die Regierung und nicht nur das Parlament, sondern die gesamte Gesellschaft Verantwortung bei der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze trägt. Deshalb will ich eine zweite Passage zitieren. Der Sachverständigenrat schreibt:
Die gesetzliche Neuregelung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat bei den Tarifparteien zu einer Verhärtung der Fronten geführt. Es fehlt anscheinend an der Einsicht, daß es jetzt darauf ankommt, den vom Gesetzgeber geschaffenen Gestaltungsspielraum verantwortlich auszufüllen und dabei sowohl den Interessen der Arbeitnehmer an Lohn und Absicherung gegen Risiken Rechnung zu tragen, als auch die Voraussetzung für die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu verbessern.
Wenn das kein Fahrplan ist, an den sich diese Regierung auch korrekt hält, dann weiß ich nicht weiter.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Hetzkampagne der Opposition - gerade auch in dem vorhergehenden Beitrag - gegen die Beseitigung der Vermögensteuer ist nur exemplarisch für die mangelnde Bereitschaft, wirtschaftliche Zusammenhänge anzuerkennen. Frau Matthäus-Maier, Sie haben es heute zum wiederholten Male getan. Wir haben gestern in schwierigen Verhandlungen vereinbart, daß wir nicht aus diesen Gesprächen zitieren.
Und ich will mich an diese Vereinbarung halten. Aber auch am gestrigen Tag, am gestrigen Abend lag kein Angebot der SPD auf dem Tisch, daß bei der betrieblichen Vermögensteuer über die Kapitalgesellschaften hinaus auch Personengesellschaften davon betroffen sein sollen. Wir haben an diesem Pult den Streit schon einmal ausgetragen, und Sie gehen leichtfertig mit der Wahrheit um.
- Ich habe Sie selbst hier an diesem Pult gefragt.
Tatsache ist, daß die SPD angeboten hat, auf die betriebliche Vermögensteuer zu verzichten, soweit es sich um Kapitalgesellschaften handelt, wohl wissend, daß 90 Prozent aller Gesellschaften in Deutschland Personengesellschaften sind und der gesamte Mittelstand davon nicht betroffen wäre. Den wollen Sie belasten. Da hilft auch Ihre ganze Hommage an das Handwerk nichts. Sie haben diesen Teil abgeschrieben.
Wir reden in diesen Tagen und Wochen viel über den schlanken Staat und haben bereits eine Vielzahl von Maßnahmen dazu umgesetzt; andere sind noch in der Umsetzung. Sie wissen doch ganz genau: Selbst wenn wir den privaten Teil der Vermögensteuer erhalten wollten, wenn dies denn möglich wäre - wir wissen alle, daß es schwierig ist, hier Unterscheidungen vorzunehmen -, dann müßten für
diesen geringen Teil der gesamte Apparat aufrechterhalten, alle Beamten damit befaßt, die Erhebungsmöglichkeiten bestehen bleiben. Mit schlankem Staat hat dies nichts zu tun.
Deshalb ist es nur folgerichtig, daß wir die Vermögensteuer insgesamt abschaffen und den Teil, der der privaten Vermögensteuer zuzurechnen war - er ist zugegebenermaßen nicht arbeitsplatzrelevant -, der Erbschaftsteuer zuschlagen. Das heißt, diese Summe muß dieselbe Zielgruppe tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Sachverständigenrat sagt unter anderem folgendes - ich zitiere ihn zum drittenmal -:
Weder der Export noch der reale Außenwert sind in erster Linie geeignete Indikatoren zur Beurteilung der Standortqualität. Worauf es ankommt, sind die Investitionen. Hierbei ist das besondere Augenmerk auf die Investitionen ausländischer Unternehmen in Deutschland einerseits und die Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland andererseits zu richten. Hier gibt es deutliche Warnzeichen: Ausländische Direktinvestitionen in Deutschland fallen auf ein enttäuschend niedriges Niveau zurück.
Wenn wir jetzt wissen, daß die Gesamtsteuerlast einer Kapitalgesellschaft in Deutschland 64,9 Prozent beträgt - damit liegen wir weltweit an der Spitze -, ist es doch nur folgerichtig, daß wir die Möglichkeit der Abschaffung der Vermögensteuer nutzen, um die Gesamtsteuerlast zu senken und den Standort Deutschland attraktiver zu machen, damit in Deutschland wieder mehr Ausländer investieren und Arbeitsplätze schaffen.
Ich muß mich mit noch einem Argument auseinandersetzen - nur weil Sie es gebetsmühlenartig wiederholen, wird es nicht wahrer, Frau MatthäusMaier -: Die Steuerquote in der Bundesrepublik Deutschland habe eine Rekordhöhe erreicht. Werfen Sie doch einmal einen Blick auf die Auflistung dieser Quoten. Dann wird Ihnen folgendes auffallen: Die derzeitige Steuerquote - sie wird für dieses Jahr auf 22,5 Prozent geschätzt - ist die niedrigste seit 1960. Der wirkliche Rekord findet sich aber im Jahr 1977.
Dort lag die Steuerquote bei 25,1 Prozent. Das war 1977, unter einer SPD-geführten Regierung, ohne die Belastung durch eine Wiedervereinigung. Dies ist die Wahrheit!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Abgabenquote wurde heute morgen ebenfalls wieder angesprochen. Es ist einfach unredlich, hier die Höhe der Abgabenquote zu geißeln und zugleich in den Bereichen, wo diese Koalition die Abgabenquote
Hans-Peter Repnik
senken will, zu blockieren. Ich darf dafür nur einige wenige Beispiele nennen: Gesundheitsstrukturreform - im Bundesrat blockiert! Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes - heute im Bundesrat blockiert! Rentengesetzgebung - im Bundesrat blockiert! Bezügefortzahlungsgesetz - im Bundesrat blockiert!
Sie hätten heute die Möglichkeit gehabt, den Wahrheitsbeweis anzutreten, daß Sie bei der Senkung der Abgabenquote mitwirken. Sie sind ihn einmal mehr schuldig geblieben.
Irgendwann müssen Sie uns schon die Antwort auf die Frage geben, wie Sie die Probleme lösen wollen. Beispiele aus dieser Woche: Lafontaine - so diese Woche hier im Plenum - will mehr Schulden zugunsten von mehr Konsum; Matthäus-Maier geißelt die Verschuldung. Nach den verlorenen Landtagswahlen in Baden-Württemberg fährt der SPD-Vorsitzende einen strammen Kurs Richtung Euro; der wirtschaftspolitische Sprecher dieser Partei, der niedersächsische Ministerpräsident, läßt sich letzte Woche in London als Euro-Skeptiker feiern.
Matthäus-Maier prangert hohe Steuer- und Abgabenquoten an und kämpft verbissen gegen die Senkung dieser Steuer- und Abgabenquoten im Vermittlungsausschuß. Lafontaine fordert diese Woche an diesem Pult eine Ausbildungsausgabe, Schröder und Clement sind dagegen. Dies alles geschieht in einer Woche. Was gilt eigentlich, was ist Ihre Politik?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur die demoskopischen Umfragen sollten Ihnen von der Opposition zu denken geben. Auch das Gespräch mit den Bürgern im Wahlkreis müßte Ihnen doch verdeutlichen, daß die von Ihnen betriebene Politik nicht glaubwürdig ist. Die Bürger haben begriffen, daß wir mitten in einem Strukturwandel stehen. Dieser Strukturwandel ist notwendig, wenn wir dieses Sozialsystem und die Arbeitsplätze erhalten und neue Arbeitsplätze schaffen wollen.
Ich möchte noch einmal auf die Bemerkungen Ihres Parteivorsitzenden von dieser Woche eingehen. Statt mitzuhelfen, diese Probleme zu lösen, hat Oskar Lafontaine in dieser Woche eine Situation für Deutschland beschworen, die so zu nennen ich für leichtfertig und für fahrlässig halte. Er sprach von Brüningschen Landschaften, als wenn die Situation heute mit der Situation zu Beginn der 30er Jahre vergleichbar wäre. Noch nicht einmal das Saarland unter seiner Führung ist so weit heruntergekommen, wie es zu Beginn der 30er Jahre der Fall war.
Dies ist nicht nur verantwortungslos, sondern so kann man einen Standort auch international kaputtreden. Es ist schlichtweg auch falsch, wie man schlußendlich weiß.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alles, was Sie vorgeschlagen haben, führt zu mehr Verschuldung.
Den expansiven Wirkungen wachsender Defizite - das wissen wir doch - stehen kontraproduktive Wirkungen im privaten Sektor gegenüber. Steigende öffentliche Verschuldung wird von den Unternehmen als Investitionsrisiko betrachtet, da sie steigende Steuerbelastungen befürchten - zu Recht. Je stärker der Staat den Kreditmarkt in Anspruch nimmt, um so mehr hat dies Auswirkungen auf das Zinsniveau und damit auf private Investitionen. Das derzeitig günstige Zinsniveau ist auch darauf zurückzuführen, daß ausländische Kapitalanleger nach wie vor darauf vertrauen, daß diese Bundesregierung eine überzeugende und eine verläßliche Konsolidierungsstrategie verfolgt.