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    Plenarprotokoll 13/132 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 132. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1996 Inhalt: Absetzung des Punktes 20 von der Tagesordnung 11963 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Zukunft der SKET Schwermaschinenbau GmbH Magdeburg als einem der letzten industriellen Großunternehmen in den neuen Ländern Wolfgang Bierstedt PDS 11919 B Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU 11920 C Dr. Uwe Küster SPD 11921 C Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11922 D Paul K. Friedhoff F.D.P 11923 C Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 11924 D Wolfgang Thierse SPD 11926 A Gunnar Uldall CDU/CSU 11927 A Ernst Schwanhold SPD 11927 D Ulrich Petzold CDU/CSU 11928 D Dr. Gregor Gysi PDS 11929 C Hartmut Schauerte CDU/CSU 11931 A Rudolf Scharping SPD 11932 C Clemens Schwalbe CDU/CSU 11933 D Zur Geschäftsordnung Dr. Peter Struck SPD 11934 D Andreas Schmidt (Mülheim) CDU/CSU 11935 B Jörg van Essen F.D.P. 11935 C Vizepräsident Hans-Ulrich Klose . . . 11935 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu den Anträgen der Fraktion der SPD: Erweiterung des Untersuchungsauftrages des 2. Untersuchungsausschusses (Drucksachen 13/4698, 13/5233, 13/5843) . . 11936 B Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (Drucksachen 13/5062, 13/5826) . . 11937 A Wolfgang Bierstedt PDS (Erklärung nach § 31 G0) 11936 C Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 11937 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 11939 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11940 D Dr. Gisela Babel F.D.P 11941 D Petra Bläss PDS 11942 C Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 11943 B Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Petra Bläss, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Anpassungsgeld und Knappschaftsausgleichsleistung für Bergleute in den neuen Bundesländern (Drucksache 13/5592) . . 11944 C Gerhard Jüttemann PDS . . . . 11944 C, 11947 A Wolfgang Engelmann CDU/CSU 11945 C, 11947 B Gerhard Jüttemann PDS 11945 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 11947 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11948 D Uwe Lühr F.D.P 11949 D Tagesordnungspunkt 19: a) - Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Oberleitungsregelungen für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet: (Wohngeldüberleitungsgesetz) (Drucksachen 13/5587, 13/5729, 13/ 5831, 13/5832, 13/5833) - Zweite und dritte Beratung des von dem Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der wohngeldrechtlichen Überleitungsregelungen (Wohngeldüberleitungsgesetz) (Drucksachen 13/5512, 13/5831, 13/5832, 13/5833) 11950 C b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Wohngeld- und Mietenbericht - zu dem Antrag der Abgeordneten Achim Großmann, Robert Antretter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Wohngeldes an erhöhte Mieten - zu dem Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das Wohngeld bedarfsgerecht reformieren - die Abhängigkeit vom Wohngeld senken (Drucksachen 13/4254, 13/4968, 13/ 620, 13/5578, 13/5831) 11950 D Rolf Rau CDU/CSU 11951 A Iris Gleicke SPD 11952 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11953 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 11954 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11955 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 11956 C Herbert Frankenhauser CDU/CSU . . 11957 C Wolfgang Spanier SPD 11958 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 11959 A Joachim Günther, Parl. Staatssekretär BMBau 11960 D Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Drucksachen 13/4613, 13/5074, 13/5327, 13/5448, 13/5529, 13/5537, 13/5640) 11963 A Nächste Sitzung 11963 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11964* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11964* D 132. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1996 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommelsbrunn), BÜNDNIS 18. 10. 96 Elisabeth 90/DIE GRÜNEN Andres, Gerd SPD 18. 10. 96* Augustin, Anneliese CDU/CSU 18. 10. 96 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 18. 10. 96 Borchert, Jochen CDU/CSU 18. 10. 96 Braune, Tilo SPD 18. 10. 96 Dr. Brecht, Eberhard SPD 18. 10. 96 Bulmahn, Edelgard SPD 18. 10. 96 Conradi, Peter SPD 18. 10. 96 Deichmann, Christel SPD 18. 10. 96 Eymer, Anke CDU/CSU 18. 10. 96 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 18. 10. 96 * Formanski, Norbert SPD 18. 10. 96 Funke, Rainer F.D.P. 18. 10. 96 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 18. 10. 96 Haack (Extertal), SPD 18. 10. 96 Karl Hermann Hempelmann, Rolf SPD 18. 10. 96 Homburger, Birgit F.D.P. 18. 10. 96 Hornung, Siegfried CDU/CSU 18. 10. 96 * Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 18. 10. 96 Ibrügger, Lothar SPD 18. 10. 96 Irber, Brunhilde SPD 18. 10. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 18. 10. 96 Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 18. 10. 96 Klinkert, Ulrich CDU/CSU 18. 10. 96 Kossendey, Thomas CDU/CSU 18. 10. 96 Leidinger, Robert SPD 18. 10. 96 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 18. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 18. 10. 96* Neuhäuser, Rosel PDS 18. 10. 96 Dr. Pfaff, Martin SPD 18. 10. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 18. 10. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 18. 10. 96 Reuter, Bernd SPD 18. 10. 96 Schaich-Walch, Gudrun SPD 18. 10. 96 Dr. Scheer, Hermann SPD 18. 10. 96* Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 18. 10. 96 90/DIE GRÜNEN Schmidt-Zadel, Regina SPD 18. 10. 96 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 18. 10. 96 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 18. 10. 96 Hans Peter Schütz (Oldenburg), SPD 18. 10. 96 Dietmar Schuhmann, Richard SPD 18. 10. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 18. 10. 96 Verheugen, Günter SPD 18. 10. 96 Vosen, Josef SPD 18. 10. 96 Wallow, Hans SPD 18. 10. 96 Weißgerber, Gunter SPD 18. 10. 96 Dr. Weng (Gerlingen), F. D.P. 18. 10. 96 Wolfgang Wieczorek (Duisburg), SPD 18. 10. 96 Helmut Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 18. 10. 96 Zierer, Benno CDU/CSU 18. 10. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/4678 Nr. 2.13 Drucksache 13/4921 Nr. 2.18 Drucksache 13/5056 Nr. 2.12 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/4466 Nr. 2.8 Drucksache 13/4678 Nr. 2.39 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/5555 Nr. 2.16 Drucksache 13/5555 Nr. 2.28 Drucksache 13/5555 Nr. 2.33 Drucksache 13/5555 Nr. 2.35 Drucksache 13/5555 Nr. 2.48 Drucksache 13/5555 Nr. 2.54 Drucksache 13/5555 Nr. 2.62 Drucksache 13/5555 Nr. 2.67 Drucksache 13/5555 Nr. 2.97 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/3668 Nr. 2.36 Drucksache 13/3668 Nr. 2.51 Drucksache 13/4921 Nr. 2.17 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/4678 Nr. 1.2
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    Rede von Rolf Rau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum 31. Dezember 1996 läuft das Wohngeldgesetz aus. Damit bestand die Gefahr, daß die Wohngeldregelung West ohne Übergang auf die neuen Länder trifft. Dies konnten wir nicht akzeptieren. Deshalb mahnten die Vertreter meiner Fraktion aus den neuen Bundesländern bereits im Mai eine angemessene Weiterführung an. Unter anderem schlugen wir vor, dies in der Oberleitungsvorschrift des § 42 des Wohngeldgesetzes zu realisieren und ab 1. Januar 1997 mit neuen Parametern abzuschließen. Der Entwurf der Bundesregierung zum Wohngeldüberleitungsgesetz eröffnete erste Schritte zur Anpassung.
    Die umfangreiche Diskussion - auch im Bundesrat - unterstützt unser Anliegen. Daß heute die Zahlung eines Wohngeldes in Höhe von 102 Millionen DM durch den Bund - die Länder müssen Gleiches dazugeben - zu beschließen ist, ist ohne Zweifel ein wichtiger Erfolg. Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang ausdrücklich für die Unterstützung und das Verständnis seitens der Kollegen aus den alten Ländern, die gern selbst eine verbesserte Wohngeldregelung für ihren Verantwortungsbereich durchgesetzt hätten.
    Daß wir trotzdem insgesamt 60 Millionen DM weniger ausgeben, ist nicht nur auf haushälterische Zwänge zurückzuführen, sondern das ist auch dem Prozeß der Entwicklung und Anpassung geschuldet. Gleich teure Wohnungen, gleiche Einkommen, ob in Essen oder Chemnitz, und eine unterschiedliche Wohngeldfinanzierung stellen uns vor Probleme, die man nur im Zusammenwachsen lösen kann. Deshalb ist es gut, daß unsere heutige Gesetzesregelung für zwei Jahre gilt und eine Option auf zwei weitere Verlängerungsjahre beinhaltet. In dieser Zeit sollte im Interesse aller ein gesamtdeutsches Wohngeldgesetz entwickelt werden.
    Wieviel Bewegung bei der Entgegennahme von Wohngeld vorhanden ist, soll ein Beispiel aus Sachsen zeigen: Hatten wir 1991 400 000 Wohngeldempfänger, so waren es 1995 nur noch 190 000. Sie sehen, meine Damen und Herren, man muß sich immer wieder auf entsprechende Situationen einstellen können. Man darf dabei nicht übersehen, daß es unterschiedliche Ursachen für diese Entwicklung gibt.
    Ich verweise auf drei Punkte, die wir im Rahmen der parlamentarischen Arbeit, im Rahmen unserer Beratung gegenüber dem Entwurf der Bundesregierung zugunsten der Bürger der ostdeutschen Länder verbessern konnten:
    Erstens. In der Tabelle haben wir die Berechnungsgrundlage der Wohnungen mit Sammelheizung von 9 DM auf 9,50 DM pro Quadratmeter erhöht. Dabei haben wir genau den Bereich getroffen, der im Rahmen der Modernisierungen in den neuen Bundesländern von Mietsteigerungen betroffen war. Wir betrachten dies als echten Vertrauensschutz in bezug auf die vereinbarte Modernisierung.
    Zweitens. Wir heben den pauschalen Abzug für Lohnersatzleistungsbezieher von den vorgesehenen 6 Prozent auf 10 Prozent an und mindern dadurch den extremen Rückgang des Wohngeldanspruchs, so daß auch hier für die betroffenen Bezieher, die bekanntlich besonderen wirtschaftlichen Belastungen ausgesetzt sind, der Übergang vom Wohngeldsondergesetz zum Wohngeldgesetz abgefedert wird.
    Drittens. Dem Leistungsniveau des Tabellenwohngelds geschuldet, wird das pauschalierte Wohngeld nunmehr nicht auf 45 Prozent, sondern auf 47 Prozent gesenkt.

    (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Mit meinem Kollegen Norbert Otto lege ich zusätzlich Wert darauf, daß sich die Bezugsfertigkeit auch auf Wohnungen bezieht, die über viele Jahre hinweg nicht bewohnbar waren und ab 1. Januar 1992 im Rahmen von Lückenschließungen oder Aufstokkungsarbeiten wieder einer Benutzung zugeführt wurden.
    Mit dieser Wohngeldlösung haben wir eine zielsichere Förderung der Mieter und des Wohnungsbaus erreicht. Sie entspricht auch unseren Vorstellungen von einer Verbesserung der Subjektförderungen gegenüber den Objektförderungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hilfreich für die gesamte Entwicklung in den neuen Ländern ist natürlich auch der allmählich entstandene Wohnungsmarkt. Wir haben unterschiedliche Qualitäten an unterschiedlichen Standorten zu unterschiedlichen Preisen heute am Markt. Somit sind die Voraussetzungen günstiger, daß Umzugswillige im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine neue Wohnung, die ihren Vorstellungen entspricht, finden.
    Es ist erfreulich, daß wir durch den momentanen Wohnungsüberschuß, der sich in einzelnen Gebieten abzeichnet - auch durch vorhandene Leerstände - genau das wiederlinden, wovon die Union gesprochen hat: Ein ausreichendes Wohnungsangebot wirkt sich preishemmend aus. Hier wird mancher Schwarzmaler Lügen gestraft.

    (Herbert Frankenhauser [CDU/CSU]: So ist es!)


    Rolf Rau
    Meine Damen und Herren, es zeigt sich einmal mehr, daß die Wohnungspolitik der Bundesregierung erstligareif ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies sage ich besonders meinem Kollegen Großmann zu seinen Äußerungen beim GdW.
    Lassen Sie mich aber noch einen Punkt ansprechen, nachdem sich Kollege Frankenhauser mit dem Mietenbericht auseinandersetzt. Ich denke, wir sollten einmal sehr deutlich unterstreichen, daß wir im Bereich Miete zwei Faktoren berücksichtigen müssen: erstens die Nettokaltmiete, bei der ich denke, daß wir einen erfolgreichen Weg gegangen sind, und zweitens die sogenannte Bruttowarmmiete, das heißt die Zurechnung von Betriebs-, Heiz- und anderen Nebenkosten. Die Situation bei letztgenanntem Punkt macht mir besonders in den neuen Ländern Sorge. Ich kann nur alle Beteiligten noch einmal mahnend auffordern, äußerst sorgfältig mit der Entwicklung der Gebühren, ob für Müll, Abwasser oder ähnlichem, umzugehen; denn sie sind gleichzeitig preistreibende Faktoren, die wir bei der Bruttowarmmiete wieder deutlich zu spüren bekommen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe der Abgeordneten Iris Gleicke das Wort.

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    Rede von Iris Gleicke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Töpfer hat im vergangenen Jahr hier im Parlament hervorgehoben, wie wichtig es sei, daß der Kompromiß zur Einführung des Vergleichsmietensystems in Ostdeutschland die Verpflichtung enthalte, „ein neues Wohngeldgesetz vorzulegen, das im Jahr 1996 wirksam wird" . Der Bauminister wollte eine Regelung finden, „die alle Seiten mittragen können". Was er im vergangenen Sommer vorgelegt hat, war aber alles andere als die versprochene gesamtdeutsche Wohngeldnovelle. Das war nichts anderes als ein glatter Wortbruch.
    Wir Sozialdemokraten - Herr Rau, Sie tun gut daran, unseren Sprecher dafür zu loben - haben das Schlimmste verhindern können. Wir haben verhindert, daß das ostdeutsche Wohngeld auf das niedrige Westniveau abgesenkt wird; denn das und nichts anderes war der Kern des ursprünglichen Gesetzentwurfs.

    (Beifall bei der SPD)

    Für Ostdeutschland konnten ganz wesentliche Verbesserungen durchgesetzt werden. Aber eine gesamtdeutsche Politik ist das nicht, was hier abgelaufen ist. Eine gesamtdeutsche Politik würde die Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse in Ost und West überall dort umsetzen, wo es vernünftig und machbar ist. Es ist doch völlig klar, was die Wohngeldempfänger im Westen dazu sagen werden, daß es auch in diesem Jahr nur Sonderregelungen für den Osten und keine gesamtdeutsche Wohngeldnovelle gibt. Die Menschen im Westen haben kein Verständnis dafür, daß ihre berechtigten Ansprüche in keiner Weise berücksichtigt werden und daß noch nicht einmal ein erster Schritt in diese Richtung getan wird.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das hat verheerende psychologische Folgen. Die Politik der leeren Versprechungen schürt Neid und Mißgunst. Sie spaltet die Gesellschaft. Sie schadet der deutschen Einheit.
    Es waren Sozialdemokraten hier im Deutschen Bundestag und in den SPD-geführten Bundesländern, die verhindert haben, daß das Wohngeld in den neuen Ländern durchschnittlich um die Hälfte gekürzt wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Hätte die Bundesregierung ihre ursprünglichen Pläne verwirklicht, dann wären in Ostdeutschland Rentner und Arbeitslose von einem Tag auf den anderen in Armut gestürzt worden.

    (Herbert Frankenhauser [CDU/CSU]: Alte Horrorgeschichten!)

    Leerstände dort, Kollege Rau, wo wegen der fehlenden Arbeitsplätze keine Wohnungssuchenden sind, nützen den Leuten in Ballungszentren, die Wohnungen suchen, überhaupt nicht. Sie führen da eine Scheindiskussion.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Miete nicht mehr bezahlen zu können und keine andere bezahlbare Wohnung zu finden, das bedeutet oft genug den ersten Schritt in die Obdachlosigkeit und damit ins soziale Aus, im Osten wie im Westen. Ich sage es Ihnen hier nicht zum erstenmal: Eine Wohnung ist nicht irgendein x-beliebiges Wirtschaftsgut. Sie ist nicht einfach nur eine lohnende Kapitalanlage, ein Abschreibungs- oder ein Verlustobjekt. Für den Menschen, der in seiner Wohnung lebt, ist sie der Ort, wo er sich ein Heim schafft, wo er seine Gäste bewirtet, wo er zu Hause ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Bei der Wohnungspolitik geht es um Menschen und nicht um irgendwelche Statistiken und Zahlenspielereien. Die sich christlich nennenden Parteien in diesem Hause scheinen das vergessen zu haben; von den Marktideologen von der F.D.P. will ich an dieser Stelle gar nicht erst reden. Wie weit haben Sie sich eigentlich schon von den Menschen entfernt, und wie weit wollen Sie sich noch von ihnen entfernen?
    Der Bauminister hat vor ein paar Tagen erklärt, die Mieter in den neuen Bundesländern würden unter anderem auch auf Grund von Einkommenszuwächsen aus den Einkommensgrenzen für das Wohngeld herauswachsen.

    Iris Gleicke
    Hören Sie doch endlich damit auf, sich Ihre Statistiken schönzurechnen! Hören Sie doch endlich damit auf, die Leute für dumm zu verkaufen!

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Die Einkommensgrenzen, von denen Sie reden, sind seit sechs Jahren nicht mehr angepaßt worden. Dagegen sind die Mieten und die allgemeinen Lebenshaltungskosten gestiegen; was steigt und steigt und steigt, ist die Arbeitslosigkeit.

    (Hildebrecht Braun [Augsburg] [F.D.P.]: Die Einkommen sind nicht gestiegen?)

    Was diese Bundesregierung treibt, hat System und folgt einer wohldurchdachten Strategie: Zuerst macht man großartige Versprechungen und feste Zusagen. Dann entdeckt man neue Haushaltslöcher in der Kasse, von denen man angeblich vorher nichts gewußt hat und für die man dann irgend jemanden verantwortlich macht. Zum Opfer dieser Heuchelei kann fast jeder werden: die Gewerkschaften, die angeblich zu hohe Lohnforderungen stellen, die Arbeitslosen, die angeblich gar nicht arbeiten wollen, oder am besten gleich dieser ganze lästige Sozialstaat, der den Standort Deutschland gefährdet. Das Muster ist immer dasselbe.
    Man stellt also fest, daß man wieder einmal sparen muß, und bastelt eine sogenannte Wohngeldnovelle zusammen, die aber keinen Pfennig zusätzlich kosten darf. Das ist ja auch logisch: Irgendwie muß man die Steuergeschenke an die Superreichen ja finanzieren.

    (Herbert Frankenhauser [CDU/CSU]: Diese alte Leier!)

    Nachdem man der Öffentlichkeit lange genug eingehämmert hat, daß man eigentlich überhaupt kein Geld für eine Wohngeldreform hat, nimmt man diese Ankündigung nach einiger Zeit zumindest teilweise zurück. Man gibt sich großzügig und tut wenigstens etwas für die Wohngeldempfänger im Osten. Auf diese Weise will man das eigene Versagen in Erfolg ummünzen. So haben es die Herrschaften von der Bundesregierung bei der Erhöhung des Rentenalters für Frauen gemacht; so versuchen sie es derzeit bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Ostdeutschland; so soll es auch beim Wohngeld laufen. Das machen wir Sozialdemokraten nicht mit.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden hier kein Gesetz ablehnen, das den Mietern in Ostdeutschland weiterhilft. Wir werden aber auch nicht einem offenen Wortbruch der Bundesregierung unseren Segen geben, indem wir diesem Gesetz zustimmen. Deshalb werden wir uns heute hier enthalten.
    Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD)