Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anpassungsgeld und die Knappschaftsausgleichleistung haben eine lange Geschichte. Die Knappschaftsausgleichsleistung ist in den 60er Jahren geschaffen worden, nachdem seinerzeit die Abschmelzung der Steigerungssätze in der knappschaftlichen Versicherung von 2,5 auf 2 Prozent vorgenommen worden war, um das Rentenniveau nicht so in die Höhe zu treiben, daß es zu Schwierigkeiten hätte kommen können.
Man hat eine Knappschaftsausgleichsleistung geschaffen, um mit den Problemen im Zuge der Strukturveränderungen im Steinkohlenbergbau so fertigzuwerden, daß die betroffenen freigesetzten Arbeitnehmer abgesichert waren. Dies ist ausschließlich für den Steinkohlenbergbau, für den Braunkohlentiefbau und für den Braunkohlenbergbau im Wege des Stellvertreterprinzips gemacht worden.
Als seinerzeit darüber diskutiert worden ist, war völlig klar, daß man andere Bergbauzweige in der Bundesrepublik - damals West - nicht mit hineingenommen hat, selbst wenn sie unter strukturellen Schwierigkeiten zu leiden hatten oder gar geschlossen worden sind, beispielsweise im Kalibergbau in Baden-Württemberg. Diese soziale Flankierung bezog sich also ausschließlich auf den Steinkohlenbergbau.
Anpassungsgeld war dann notwendig, als sich die Krise noch verschärfte. Diese Dinge sind 1971/72 gemacht worden - das ist aber keine Rentenleistung, sondern eine Übergangsregelung -, um eine materielle Sicherung herbeizuführen. Diese Regelung ist damals in der sozialliberalen Koalition als ein Instru-
Hans-Eberhard Urbaniak
ment der sozialen Sicherung erdacht und realisiert worden.
Wenn also der Antragsteller sagt, er will Gleichbehandlung, so kann er das aus den Verhältnissen, die sich bei Knappschaftsausgleichsleistung und Anpassungsgeld ergeben, nicht ableiten; denn hier handelt es sich ausschließlich um den Steinkohlenbergbau. Und da sage ich, wenn er ähnliches verlangt, dann mag dies selbstverständlich gerechtfertigt sein, denn Arbeitnehmer werden ja von diesen Stillegungen getroffen, das ist überhaupt keine Frage: nur kann er sich auf diese Regelung nicht berufen, sondern müßte hier schon eine haushaltspolitische Absicherung mit eigenem Antrag und Kostenauswirkungen sowie möglicherweise mit Deckungsvorschlag vorlegen, was natürlich sehr schwer ist.
Daraus Knappschaftsausgleichsleistung und Anpassungsgeld für alle Bergleute abzuleiten würde aber nach der Rechtslage der Bundesrepublik Deutschland bedeuten, daß dies dann insgesamt für alle gelten müßte: in der Braunkohle, im Rheinland, im Bereich Peine/Salzgitter, also in diesem Komplex, möglicherweise haben wir noch ein bißchen von diesen Bergbauarten in Bayern, im Ölbereich - und was es da noch alles geben würde. Das hätte dann natürlich finanzielle Konsequenzen für die knappschaftliche Versicherung, die - was den Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben angeht - überhaupt nicht darstellbar sind.
Es ist auch gar nicht notwendig, das zu machen; denn ich sage es noch einmal ausdrücklich: Arbeit geht immer vor sozialer Flankierung. Und Arbeit muß geschaffen werden! Soziale Flankierung ist immer nur eine sekundäre Sache, um die betroffenen Arbeitnehmer zu sichern.
Deshalb sage ich hier sehr deutlich, damit das auch für die weitere Diskussion eine Rolle spielt: Die Bundesregierung muß sich gerade in diesen Gebieten besonders anstrengen, durch Industrie- und Strukturpolitik für die betroffenen Arbeitnehmer Arbeitsplätze zu schaffen, weil das das Wichtigste ist, denn die Leute wollen ja nicht aus dem Prozeß der Arbeit heraus, um dann ein Jahrzehnt oder noch länger überhaupt keine Beschäftigung zu haben. Das ist auch von der Finanzierbarkeit her eine ganz schwierige Geschichte. Da hat die Bundesregierung bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in diesen Bereichen sicherlich versagt.
Das muß man Ihnen natürlich vorhalten, meine Damen und Herren.
Daher sage ich hier ganz klar: Wir werden uns dem Antrag nicht anschließen können, weil wir diese Eingrenzung seinerzeit selbst herbeigeführt haben und sie natürlich auch beibehalten müssen; denn es drohen ja weitere erhebliche Einschnitte, soweit wir hören, im Steinkohlenbergbau. Und da benötigen wir diese sozialpolitischen Instrumente, die auch durch Gesetz oder Richtlinien noch weiter gelten. Soweit hier aber möglicherweise Massenentlassungen vor uns stehen, müssen auch diese flankiert werden.
Darum bitte ich für die Gespräche, die in der kommenden Woche mit der IG Bergbau und Energie, mit dem Unternehmensverband, mit der Bundesregierung und den Landesregierungen anstehen, diese Frage nicht als zweitrangig zu sehen. Sie ist besonders wichtig.
Dennoch sehen wir ein Problem, das mit diesem Antrag verbunden ist. Das sind die über 50jährigen, die aus einem knappschaftlichen Betrieb ausgeschieden sind. Wir werden im Ausschuß beraten müssen, welche Möglichkeiten der Hilfe wir anbieten können, wie weit uns da die Regierungskoalition entgegenkommen könnte. Aber es muß selbstverständlich erörtert werden.
Darum sage ich zum Schluß noch einmal ganz deutlich: Eine Ungleichbehandlung, wie in der Begründung dieses Antrages dargelegt, gibt es nicht, weil wir ausschließlich den Steinkohlenbergbau im Blick hatten. Es mag für den Antragsteller wünschenswert sein, diese Regelung zur Lösung der Problematik heranzuziehen. Er kann aber die Behauptung, daß eine Ungleichbehandlung erfolgt ist, nicht begründen. Das wäre ja das Schlimmste, was dieses Parlament machen könnte: in diesen Fragen ungerecht vorzugehen. Das ist bisher vermieden worden. Daher haben wir die großen Probleme des Steinkohlenbergbaus bisher meistern können.
Der Bundesregierung sage ich: Schaffen Sie in den betroffenen Regionen und Bergbauzweigen, die mit dem Antrag angesprochen sind, Arbeit und noch einmal Arbeit! Dann werden wir solche Probleme, wie sie hier aufgezeigt sind, nicht zu lösen haben. Aber das ist Ihre Bringschuld. Sie sollten hier den Vorschlägen der sozialdemokratischen Opposition folgen, die Sie bisher - ich sage: leider - immer abgelehnt haben.