Rede von
Hartmut
Schauerte
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es ist bei dieser Debatte, Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren, schon hochinteressant, unmittelbar nach Herrn Gysi reden zu dürfen. Herr Gysi, Sie sind der inhaltliche und der vermögensrechtliche Rechtsnachfolger der Politik, die letztlich die eigentliche Ursache für die Probleme gelegt hat, die wir heute hier diskutieren müssen.
Es gehört schon eine wahnsinnige Frechheit dazu, jede Ursächlichkeit und jede Verantwortung für diesen beklagenswerten Zustand überspielen zu wollen. Auch das muß gesagt werden.
Lieber verehrter Herr Dr. Küster, Sie haben in dem Zusammenhang, daß für dieses Unternehmen 1,3 Milliarden DM öffentliche Mittel und 950 Millionen DM Bürgschaften geliefert worden sind, von „Erbsenzählerei" gesprochen. Sie haben offensichtlich jedes Maß verloren.
Wissen Sie, wie diese Beträge, allein 1,3 Milliarden DM an wirklicher, konsequenter Steuerhilfe, zusammenkommen? Das ist die Steuerlast von 100 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland über vier Jahre. Da reden Sie von Erbsenzählerei.
Das war der Versuch, SKET zu helfen. Er hat viel Geld gekostet. Darüber, ob das Geld immer richtig angelegt worden ist, kann man wirklich nachdenken.
Wir haben hier ein paritätisch mitbestimmtes Unternehmen. Die Eigentümerseite hat dem Land angeboten, einen darüber hinausgehenden Aufsichtsratsitz zu übernehmen. Das hätte natürlich geheißen, daß das Land in besonderer Weise Verantwortung mit übernommen hätte. Deswegen hat Höppner bis heute abgelehnt. Wir hatten ihm nicht gesagt, er solle für den Aufsichtsratsitz bezahlen, sondern er sollte für den Aufsichtsratsitz Verantwortung, Ideen und konstruktives Mitmachen einbringen. Das hat er verweigert. Deswegen sind diese hier erfolgenden Schuldzuweisungen übel; sie helfen nicht weiter.
Sanierungskonzepte in solchen Situationen - das sagen wir hier in allem Ernst - scheitern bei uns nicht in erster Linie am Geld. Wir haben nicht gesagt: Es darf nur einen gewissen Betrag kosten. Macht ein Sanierungskonzept so, daß es paßt! - Wir haben vielmehr gesagt: Macht in dieser Situation ein Sanierungskonzept, das sich nach marktwirtschaftlichen Plausibilitätsgesichtspunkten rechnet, das zu einem guten Ende, zur Sicherung von Arbeitsplätzen, führt und mit dem wir eine stabile Basis finden.
Sie sollten ein Sanierungskonzept vorlegen, das diesen vernünftigen, einzig zulässigen Plausibilitätsgesichtspunkten entspricht.
Das, was jetzt vorgelegt worden ist, ist ein solcher, seriöser Versuch von allen beteiligten Seiten. Dem hat sich die Belegschaft einseitig verweigert.
Wir stehen weiterhin zu diesem Sanierungskonzept. Man kann sicherlich an der einen oder anderen Stelle überlegen, ob noch eine Optimierung drin ist. Wir müssen aber an den Tisch zurück, um darüber zu reden. Ansonsten machen wir den Leuten etwas vor. Wir können doch nicht von 18 000 ehemaligen Arbeitsplätzen reden. Es ist doch leider so, daß dieses Unternehmen mittlerweile auf eine mittelständische Größenstruktur zurückgefallen ist. Wir müssen uns jetzt damit beschäftigen, daß wenigstens diese Größenstruktur beibehalten werden kann, daß eine Basis gefunden wird.
Herr Schwanhold, zu dem Thema habe ich von der SPD nichts gehört außer der allgemeinen Aussage, der Bundeskanzler - Herr Dr. Küster war hier als Germanist tätig - hätte von Filetierung gesprochen. Herr Dr. Küster, der Bundeskanzler ist derjenige gewesen, der den Belegschaften und den Betriebsräten bei seinem Besuch erklärt hat, den Begriff der Filetierung halte er für unverantwortlich. Er hat Sie erst auf die Idee gebracht, sich darüber aufzuregen.
Dann machen Sie das aber doch bitte schön korrekt. Beschimpfen Sie nicht im allgemeinen!
Der Bundeskanzler ist seiner Verantwortung gerecht geworden: Er ist hingegangen. Er steht auch weiterhin zu dem Konzept. - Ludewig, der Kanzler und der Wirtschaftsminister sind an der einen oder anderen Stelle gesprächsbereit,
aber nur dann, wenn es sich um ein Konzept handelt, das am Ende steht.
Ich habe jetzt einen Brief von Lafontaine gelesen; den hat er, ich glaube, gestern losgelassen. Darin hat er erklärt, es sei völlig unverantwortlich, einen Sozialplan aufzustellen und 20 000 DM pro Arbeitsplatz anzubieten. Es sei besser, man würde dieses Geld in die Zukunft und die Sicherung von Arbeitsplätzen stecken.
Hartmut Schauerte
- Ja, richtig. Mit 20 000 DM pro Kopf könnten Sie ein halbes Jahr Löhne und Gehälter finanzieren. Aber wenn Sie nach dem halben Jahr kein Konzept haben, das auf den Märkten akzeptiert wird, dann haben Sie das nur vor sich hergeschoben. Der nächste Sozialplan wird die gleichen Konsequenzen nach sich ziehen.
Es geht doch darum: Können wir auf einer vernünftigen Zeitschiene das Geld so organisieren, daß es zu einer Stabilisierung und zu Ruhe führt und damit auch zu einer neuen Zukunft?
Darüber, daß jetzt ausgerechnet die Zukunftsabteilung, die Abteilung für technologische Entwicklung, geschlossen wird - Herr Schwanhold, ich glaube, auch Sie hatten das gesagt -, kann man natürlich nachdenken. Wissen Sie aber, was nach allen Regeln, die wir kennen, zunächst einmal erforderlich ist? Es ist erforderlich, daß man in seiner eigenen Kernkompetenz erfolgreich ist.
Wer in der eigenen Kernkompetenz noch keinen Boden unter den Füßen hat, was die Durchdringung im Markt betrifft, den kann ich natürlich jetzt nicht nach vorne schicken, um über die Zukunft zu reden; denn er kann, bei aller Begleitung durch öffentlichrechtliche Finanzierung, noch nicht einmal die Gegenwart sichern.
Ich denke, daß im Moment eine hohe Konzentration auf die Kernkapazität erforderlich ist. Nur dann helfen wir den Betroffenen.
Laßt die Schuldzuweisungen sein! Laßt uns konkret sagen: Wir wollen an den Tisch zurück und an Hand des vorhandenen Sanierungskonzepts die Gespräche wieder aufnehmen. Das ist die Botschaft, die wir brauchen.
Dazu steht die Bundesregierung.
Ich lade die Landesregierung und die SPD ein - auf die PDS mit ihrer Vergangenheit können wir verzichten -:
Laßt uns an dieser Stelle gemeinsam versuchen, das Konzept umzusetzen, sonst stiften wir noch größeren Schaden. Am Ende wird es dann nämlich -