Rede von
Andrea
Lederer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht, Kollegen Büttner, Petzold, Uldall, ist Ihnen doch eines aufgefallen: das völlige Desinteresse Ihrer Koalition an diesem Thema. Von weit über 300 Abgeordneten sind gerade mal 15 erschienen,
überwiegend ein paar ostdeutsche Abgeordnete. Die große Mehrheit Ihrer Fraktion zeigt Ihnen, daß sie sich für dieses Thema nicht einmal interessiert, geschweige denn bereit ist, eine Lösung zu finden.
Ich verstehe auch nicht, Herr Bundesminister Rexrodt, weshalb Sie sich immer hier vorn hinstellen, obwohl doch eigentlich der Bundesfinanzminister für die BvS zuständig ist. Warum ist er eigentlich nie zu sehen, wenn es um die verfehlte Politik der Treuhandanstalt und der BvS geht?
Ich finde es ja ganz rührend von Ihnen, daß Sie sich immer die Dresche abholen, aber Sie sollten in der Bundesregierung irgendwann einmal die Frage stellen, wer eigentlich wofür zuständig ist.
Deshalb sind Sie ja offensichtlich auch nicht in der Lage, hier klare Garantieerklärungen abzugeben. Ich hätte zum Beispiel folgendes erwartet. Heute gibt es eine Agenturmeldung, daß Vietnam einen Auftrag von 100 Millionen DM an SKET erteilen will; aber es erwartet, daß die Bundesregierung dafür gegenzeichnet und eine Bürgschaft übernimmt. Bei einem Unternehmen in Gesamtvollstreckung ist das wohl auch nicht anders möglich. Warum erklären Sie heute nicht: Ja, wir werden das tun.
Sie, Herr Rexrodt, haben mir Luftblasen und Wunschdenken vorgeworfen. Ich will diesbezüglich
Dr. Gregor Cyst
mit Ihnen wirklich nicht in Konkurrenz treten; da verliere ich eindeutig.
Herr Kollege Uldall hat gesagt, der Staat könne keine Kunden und keine Märkte besorgen. Seit wann denn das? Der Kanzler fährt ständig mit Unternehmern und Bankern nach China und sonstwohin, besorgt ihnen Kunden, besorgt ihnen Märkte. Da hat er überhaupt keine Hemmungen.
Ich habe einmal ein Interview des Vorstandschefs eines großen Maschinenbauunternehmens in den alten Bundesländern gelesen, als wir noch zwei Staaten hatten. Er wurde gefragt, was für ihn die eigentliche Konkurrenz im Maschinenbau sei. Darauf hat er damals im „Spiegel" gesagt: „Ob Sie mir das glauben oder nicht, das ist SKET, das ist in dieser Hinsicht sogar die DDR. "
Nun ist klar, mit der Währungsunion waren die Preise, die künstlich waren, nicht zu halten. Das kann ich schon nachvollziehen; so ist es nicht, Herr Bundesminister. Aber genau an diesem Punkt hätte die Sanierung ansetzen müssen. So wie Sie auch bei Steinkohle, bei Stahl und bei anderen akzeptiert haben, daß mit diesen Kosten und den entsprechenden Preisen auf dem Weltmarkt nicht zu agieren ist, hätte hier ein Konzept hergemußt, das nicht über ein, zwei oder drei Jahre, sondern von vornherein über zehn, 15 Jahre angelegt worden wäre.
Das Problem ist nur: SKET war und ist auch eine Konkurrenz für Mannesmann und andere Unternehmen. Und die hatten immer ein Interesse daran, daß SKET eingeht. Das wurde umgesetzt.
Die Vertreter im Aufsichtsrat haben ja ganz selten nur Politik für SKET und ganz oft Politik für andere gemacht. Sie haben nicht die Interessen ihres Unternehmens, sondern anderer Unternehmen vertreten.
Es ist doch kein Zufall, daß bekanntermaßen gerade dieser Aufsichtsrat, gerade diese Geschäftsführung von SKET von einem großen deutschen Unternehmensberater beraten wurden, der rein zufällig einer großen deutschen Bank angehört, die wiederum rein zufällig an der SKET-Konkurrenz Mannesmann beteiligt ist. So wird eben Interessenklüngel hergestellt.
Dann imponieren mir auch Ihre Zahlen nicht, weil die Frage nicht lautet: Wieviel Geld? Sondern die Frage lautet: Wofür ist das Geld? Das meiste Geld wurde nämlich für den Abbau ausgegeben, nicht für die Sanierung. Das ist das eigentliche Problem, und zwar von Anfang an.
Sie sind der hier anwesenden Belegschaft und dem Oberbürgermeister der Stadt die notwendigen Antworten schuldig geblieben, die heute in dieser Aktuellen Stunde eigentlich hätten gegeben werden müssen.
Und dann kommt Herr Friedhoff und spricht hier von Geldverschwendung und von Schuld der IG-Metall. Das ist doch einfach nicht zu fassen.
Schuld sind der Eigentümer, sein Aufsichtsrat und seine Geschäftsleitung, die Konzeptionslosigkeit von Anfang an und der leider schon mit großem Erfolg durchgeführte Versuch, eine Konkurrenz für andere Unternehmen in den alten Bundesländern zu vernichten. Das sind die eigentlichen Ursachen. Schuld hat nicht die IG-Metall, die versucht hat, die Interessen der Beschäftigten wahrzunehmen.
Ich bin auch nicht von allem begeistert, was die Landesregierung gemacht hat. Ich finde schon, daß sie sich etwas Kritik gefallen lassen muß. Sie hätte durchaus in den Aufsichtsrat gehen können, auch wenn sie nicht Eigentümer ist, um zum Beispiel solche Beschlüsse wie jetzt bei der Gesamtvollstrekkung zu verhindern. Aber ebenso klar ist - das ist doch ein Spielchen, das Sie hier betreiben -: Die Hauptverantwortung liegt ganz eindeutig bei dem Eigentümer, und das ist die Bundesregierung und niemand anders.
Diese Verantwortung werden Sie nicht auf die Landesregierung und auf niemand anders abschieben können.
Ich habe erwartet, daß Sie sich wenigstens einmal bereit erklärt hätten, ein ähnliches regionales Denken zu entfalten, wie das in den alten Bundesländern ganz häufig geschehen ist, wenn dort eine ganze Region gefährdet war. Denken Sie einmal über die Fristen nach und über die Subventionen, die dort geflossen sind, um verträglichen Umbau zu ermöglichen. Nichts dergleichen haben Sie in Ostdeutschland und auch nicht in dieser Region praktiziert.
Ich glaube, es stört Sie sogar, daß ein Unternehmen wie SKET, das einmal Weltruf hatte, überhaupt noch existiert. Sie wollen so etwas gar nicht, auch aus ideologischen Gründen. Das ist das Idiotischste, was ich erkennen kann. Sie wissen ganz genau -