Rede von
Ulrich
Petzold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den Mitgliedern dieses Hohen Hauses bin ich wohl der einzige, der jemals bei SKET Magdeburg tätig war. Um so mehr machen mich die Nachrichten der letzten Tage betroffen.
Hier geht es nicht um irgendeinen Betrieb. SKET ist symbolträchtig. Es ist ein industrieller Kern, dem das Aus droht. Aber waren die Schwierigkeiten, die
Ulrich Petzold
heute von allen Seiten beklagt werden, nicht schon lange abzusehen?
Als ich Mitte der 70er Jahre in Halle 16, einer der modernsten Hallen des Schwermaschinenbaukombinates Ernst Thälmann, die praktischen Versuche zu meiner Diplomarbeit machte, wurde dort teilweise mit Uraltmaschinen gearbeitet. Ich kann mich noch sehr gut an eine Langbetthobelmaschine aus dem Jahre 1910 erinnern.
Wenn man heute von SKET als einem Vorzeigeunternehmen der DDR spricht, möchte ich dahinter ein ganz großes Fragezeichen setzen. SKET hatte bis 1989 einen fein säuberlich abgeschotteten Markt, auf dem es unangefochten agieren konnte. Innerhalb eines Jahres fielen diese Umgrenzungen, und viele Märkte brachen einfach zusammen. Auf den neuen Märkten konnte nur schwer Fuß gefaßt werden. Die Weltmärkte fragten nach Systemführern. Als solcher konnte sich ein Betrieb, dessen West-Außenhandel nur über einen ministeriellen Außenhandelsbetrieb lief, nie profilieren.
Nach der Wende waren Kooperationspartner für Großaufträge mindestens genauso schwer zu bekommen wie die Aufträge selbst. Dies alles erfolgte vor dem Hintergrund einer weltweit drastisch gesunkenen Nachfrage im Bereich des Maschinenbaus.
Dadurch stellt sich automatisch die Frage: Waren die Sanierungskonzepte, die in großer Zahl und mit großem Aufwand erarbeitet wurden, immer die richtigen? Eine gefährliche Mischung aus wechselnden Interessen, Einflußnahmen, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten führte zu immer neuen Sanierungsmodellen. Wurde je ein Modell mit Strenge und Geduld wirklich durchgesetzt und durchgehalten? Unterschiedliche unternehmerische, gewerkschaftliche, aber gerade auch politische Interessen führten immer wieder zum Schnippeln statt zu scharfen Schnitten, so daß stets aufs neue geschnitten werden mußte und Betrieb und Belegschaft nie zur Ruhe kamen.
Wie heilsam scharfe Schnitte sein können, sehe ich am Beispiel des Stickstoffwerkes Piesteritz in meinem Wahlkreis: Fast schockartig von 9 000 auf 750 Arbeitnehmer heruntergeschnitten, erholt es sich seit 1994 und beschäftigt heute auf seinem Territorium wieder fast 3 000 Arbeitnehmer.
Ausschlaggebend dafür ist ein klares Betriebskonzept, das Belegschaft und Investoren eine Perspektive bietet.
Systemführer oder Spezialanbieter - für eine von diesen beiden Unternehmensvarianten muß jetzt eine deutliche Entscheidung im SKET fallen, wobei die Entscheidung für eine Systemführerschaft wohl immer nur eine Vision war.
Sorge beschleicht mich, wenn ich daran denke, daß vom Arbeitsgericht Magdeburg ein Rechtsanwalt mit der Geschäftsführung beauftragt wurde, der nach Auskünften noch nie eine größere Gesamtvollstreckung leitete.
Es bleibt die Frage: Konnte eine staatliche Institution wie die Treuhand und die BvS, die immer auch ein Spielball der öffentlichen Meinung ist, dem Ziel einer Betriebssanierung überhaupt gerecht werden? Ist das SKET nicht ein Beispiel, daß der Weg, schnell und sorgfältig zu privatisieren und dann gemeinsam mit dem Investor zu sanieren, zwar umstritten, aber doch der richtige ist?
Entscheidend wird sein, daß das SKET in den nächsten Tagen und Wochen nicht zum politischen Spielball wird, sondern daß alle gemeinsam für das SKET stehen und kämpfen. Das wäre ein gutes Zeichen für den Markt und für die zukünftigen Kunden des SKET Magdeburg.
Danke schön.