Rede von
Ernst
Schwanhold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine erste Bemerkung. Herr Kollege Uldall, es ist richtig, daß nicht der Staat die Unternehmenskonzepte zu schreiben hat. Ebenso richtig ist aber, daß der Staat verunsichert, wenn er ein Unternehmenskonzept nicht befördert und dieses nicht langfristig absichert.
Wer im Bereich der Anlagen verunsichert, verunsichert Kunden. Man wird keinen Käufer finden, wenn man nicht sagt: Du wirst auch noch in fünf Jahren den Auftrag für das, was du heute geliefert hast, bezüglich Wartung und Zulieferung bekommen.
Ernst Schwanhold
Insofern ist von Ihnen der Verkauf dieser Waren auf den Märkten leichtfertig aufs Spiel gesetzt worden.
Zweite Bemerkung. Ich wundere mich schon: Sie sind Eigentümer. Sie haben Ihre Leute im Aufsichtsrat. Sie haben den Geschäftsführer bestellt. Jetzt verhalten Sie sich nach dem Motto: Haltet den Dieb. Jeder andere ist am mangelnden Unternehmens- und Umstrukturierungskonzept schuld, nur nicht diejenigen, die Eigentümer sind und den Geschäftsführer bestellt haben. Verlogenheit hoch drei!
Ich glaube aber, daß diese Haltung, Herr Kollege Uldall, uns angesichts der Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben, nicht weiterhilft. Es handelt sich nicht um 1 800 Menschen, sondern um einige 10 000 Menschen aus den Zuliefererbetrieben der Region um Magdeburg, um die wir uns zu kümmern haben.
Ostdeutschland ist eben anders und mit anderen Maßstäben zu messen, als das die einen oder anderen in Hamburg wahrgenommen haben. Das ist einmal ganz deutlich zu sagen. Es gibt da eine etwas unterschiedliche Basis.
Vielleicht fahren Sie einmal dorthin und schauen sich das an. Nach der Wiedervereinigung hat es nämlich lange Zeit nur Liquiditätshilfen gegeben, um dieses Unternehmen über Wasser zu halten, statt Hilfen, um zukunftsweisende Unternehmenskonzepte zu entwickeln.
Dritte Bemerkung. Die Privatisierung war nicht durchdacht. Sie trug schon im Keim das Scheitern in sich. Es ist kein Wunder, daß diese schwierige Situation heute noch immer besteht.
Vierte Bemerkung. Das Sanierungskonzept vom Frühjahr 1996 war offensichtlich ebenso fragwürdig: nach vier Monaten bereits Makulatur, statt dem Unternehmen eine langfristige Perspektive zu eröffnen. SKET ist übrigens nur vordergründig ein Faß ohne Boden. Mit 1,2 Milliarden DM ist wirklich genug geflossen. Herr Minister Rexrodt, das ist richtig. Im Grunde genommen müßte man Sie eigentlich fragen, wo Ihre Leute im Aufsichtsrat gewesen sind, die diese 1,2 Milliarden DM und die Tatsache, wie wenig daraus entstanden ist, zu verantworten haben.
Aber auch bei der Bremer Vulkan und bei anderen Werften haben wir schon einmal die Situation erlebt, daß dort viel Geld hingeflossen ist und daß das Finanzministerium, das dafür verantwortlich ist, zu überwachen, wo dieses Geld denn geblieben ist, die Augen zugemacht und gesagt hat: Mich geht es überhaupt nichts an.
Wie ist es denn sonst zu erklären, daß niemand weiß, wo dieses Geld geblieben ist? Entschuldigung, aber es gibt doch eine Verantwortung der Ministerien.
Unternehmenskonzepte im Zusammenhang mit der beantragten Gesamtvollstreckung sind nur dann zu halten, wenn man den Versuch unternimmt, in diesem Unternehmen auch die Herstellung von Zukunftstechnologien unterzubringen. Es ist nicht erkennbar, daß dies bei der Aufteilung - man kann es ja nun wirklich nicht Filetierung nennen - tatsächlich der Hintergrund ist. Nach meiner festen Überzeugung ist folgendes der Hintergrund: Sie wollen so kleine Einheiten schaffen, damit viele von diesen auch noch vom Markt verschwinden können, ohne daß dies in der Öffentlichkeit Auseinandersetzungen nach sich zieht.
Ein Sanierungskonzept muß insbesondere dann, wenn die gesamte Volkswirtschaft umgestellt werden soll, so aussehen, daß Marktflauten abgefangen werden und neue Geschäftsfelder entstehen können. Ein Konzept für die Holding oder ein Privatisierungskonzept für das Unternehmen und seine Teile muß so aussehen, daß der Maschinenbaustandort Magdeburg erhalten bleibt, daß die Zulieferunternehmen ihre Chancen bekommen und daß sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Fähigkeiten einbringen und daran mitwirken können, das zweite Mal nach dem Krieg etwas aufzubauen und nicht wieder nur zu den alleinigen Verlierern zu gehören.
Am Ende wird es bei SKET möglicherweise genauso gehen wie an anderen Stellen: Diejenigen, die für den Abbau von Arbeitsplätzen und für die Verschleuderung von Steuergeldern Verantwortung tragen, werden dann, wenn es nicht gelingt, Arbeitsplätze zu schaffen, ungeschoren davonkommen.
Und Sie stellen sich hierher und sagen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien selbst schuld daran und hätten sich nicht darum gekümmert. Das ist kein würdiger Umgang mit den Sorgen und Nöten der Menschen.