Rede von
Dr.
Günter
Rexrodt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 18 000 Beschäftigte bei SKET zur Zeit der Wende, 1 800 Beschäftigte heute und möglicherweise bald noch weniger - jeder weiß, das ist ein dramatischer Niedergang. Wir sind uns auch als Bundesregierung sehr wohl bewußt, was das für die Arbeitnehmer in dieser Region und darüber hinaus bedeutet: tiefe Umbrüche in der Lebenssituation und hohe persönliche Anpassungsleistungen im Negativen. Das ist die Tatsache.
- Die wird man doch einmal beschreiben können. Darauf setzen Sie doch immer.
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
- Schreien Sie doch nicht! Hören Sie doch erst einmal zu, und dann können Sie schreien!
Wer aus diesem wirtschaftlichen Niedergang nun politisches Kapital zu schlagen versucht, der verkennt die Ursachen der Entwicklung. Wer die Schuld der Bundesregierung in die Schuhe schieben will, sollte sich vor Augen halten: Seit 1991 hat der Bund über die Treuhandanstalt und die BvS für Betriebsmittel, Investitionen und Sozialpläne 1 126 Millionen DM aufgewendet. Hinzu kommen die Hermes-Bürgschaften in gleicher Größenordnung, insbesondere für die Exporte in die Ostmärkte. Gegenüber der Brüsseler Kommission habe ich alle Kraft aufwenden müssen, um zu verhindern, daß von daher Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Das ist verhindert worden.
Wir brauchen von der PDS keine Belehrungen. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der SKET - keiner kann das bezweifeln - haben ihre Wurzeln letztlich in der DDR-Staatswirtschaft.
- So ist das. Hören Sie doch erst einmal zu! - Ein solches Kombinat, ein solches Mammutunternehmen hat auf dem Weltmarkt nur so lange operieren können, wie Kosten und Rentabilität keine Rolle spielten,
wie es darauf ankam, Verrechnungseinheiten oder Devisen einzuspielen, und auf nichts anderes.
- Ich komme noch auf die Chance. - Die Tatsache, daß keine Aufträge zu kostendeckenden Preisen da sind, hat auch die Schwierigkeiten bei der Privatisierung mit sich gebracht.
Meine Damen und Herren, noch im April 1996 hat die BvS ihre Bereitschaft erklärt, das damals vorliegende Sanierungskonzept mit 352 Millionen DM zu finanzieren. Diesem Konzept lagen Auftrags- und Umsatzerwartungen zugrunde, die nicht annähernd erfüllt werden konnten. Das sind die Erkenntnisse des Septembers 1996. Die Aufträge kamen nicht, sie kamen nicht zu rentablen Preisen. Dann muß eine Geschäftsführung - das können Sie nicht wissen, das verstehe ich, Frau Enkelmann - schon aus rechtlichen Gründen die Konsequenzen ziehen. Wir alle wissen, daß das dann so gekommen ist, um eine Gesamtvollstreckung wenigstens so anlegen zu können, daß daraus eine Chance für einen Neubeginn entsteht.
Die Bundesregierung hat sich immer dafür ausgesprochen, daß ein vertrauenswürdiger Investor gefunden wird.
Dies hat auch der Bundeskanzler, der sich im Gegensatz zu vielen anderen vor Ort um SKET bemüht hat,
kürzlich in einem Gespräch mit den Betriebsräten unmißverständlich gesagt.
Angesichts der schwierigen Auftragslage und angesichts der gescheiterten Privatisierungsversuche bei SKET war allen Beteiligten klar: Die Privatisierung als Ganzes kann nur gelingen, wenn ein neues Konzept da ist. Wir können doch nicht blind ohne Konzept finanzieren. Dann würden Sie uns mit vollem Recht vorführen. Es muß ein Konzept da sein. Dieses Konzept kann nur realisiert werden, wenn es auf breiter Basis mitgetragen wird. Das müssen eben auch die Betriebsräte, das muß auch der Arbeitnehmerteil des Aufsichtsrates mittragen. Interessenwahrung und politisches Engagement sind das eine - sie sind auch berechtigt -, aber die harten Fakten, die wir alle beklagen, sind nun einmal das andere.
Es gab Wunschdenken auf beiden Seiten, auch bei den Betriebsräten, die sich sehr gekümmert haben. Dies hat in der letzten Phase, weil das neue Konzept nicht mitgetragen wurde, zur Gesamtvollstreckung geführt.
An einem Neukonzept ging kein Weg vorbei. Die Bundesregierung - das sage ich mit großem Ernst - wird die Anstrengungen der BvS um Auffanglösungen tatkräftig unterstützen.
Wir erwarten aber auch, daß IG-Metall und Betriebsrat diese Lösungen konstruktiv begleiten. Nur dann gibt eine Auffanglösung, die erarbeitet werden muß, eine Chance zu einem Neubeginn.
- Sprechblasen, Herr Gysi, können wir alle ablassen, aber es geht darum, ein Konzept zu erarbeiten.
Das erarbeitete Konzept ist nicht aufgegangen, weil Sie dem Wunschdenken nachgehen, daß Aufträge hereinkommen, wenn man es nur will. Sie kommen aber nur dann herein, wenn man Absatzmärkte hat und kostendeckend arbeiten kann. Wenn die Produktivität nicht stimmt und die Märkte weggebrochen sind, geht das nicht mehr.
- Sie können da so viel reden, wie Sie wollen. Das sind politische Luftblasen, die Sie ablassen.
Wir wollen einen Neubeginn auf der Basis eines neuen Konzeptes. Das liegt im Interesse der Beschäftigten bei SKET und im Interesse der Menschen in
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
der Region. Die Bundesregierung hat zu SKET gestanden und wird es auch weiterhin tun.
Schönen Dank.