Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer der Bundesregierung vorwirft, sie sei ihrer Verantwortung bei der Sicherung des industriellen Kerns SKET nicht nachgekommen, bei dem muß die Wahrnehmungsfähigkeit ein bißchen getrübt sein.
Wir müssen einmal ein paar Fakten zur Kenntnis nehmen.
- Sie sollten sich diese Fakten einmal in Ruhe anhören, weil sie wahrscheinlich bei Ihnen nicht bekannt sind. Anderenfalls würden Sie nämlich hier nicht solche Reden halten und solche Zwischenrufe machen.
Wenn man sich die betriebswirtschaftlichen Daten ansieht, dann stellt man fest, daß die Zahlen bei SKET für jedes Unternehmen Horrorzahlen wären, die auch nicht durch Anträge, Debatten und Demonstrationen wegdiskutiert werden können. Das ist nur durch harte Arbeit aller am Betrieb Beteiligten möglich.
- Es ist mir völlig klar, daß Sie nicht verstehen, daß das in den Betrieben passiert. Sie wollen das dem politischen Bereich zuordnen, Sie wollen, daß der Staat das organisiert. Wir aber haben in der Zwischenzeit längst herausgefunden, daß Arbeitsplätze nicht hier, sondern in den Betrieben entstehen und dort mit den verantwortlichen Menschen gemeinsam geschaffen werden müssen.
Die zirka 1 600 Mitarbeiter von SKET erreichen in diesem Jahr voraussichtlich einen Umsatz von 122 Millionen DM. Selbst ein Laie kann sich relativ leicht ausrechnen, daß ein Umsatz von 76 000 DM je Mitarbeiter nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führen kann. Neben Lohnkosten, die bereits 90 Prozent des Umsatzes wegnehmen, müssen noch weitere 80 Prozent in Höhe des Umsatzes für Material ausgegeben werden. Hinzu kommen die Fixkosten. Das führt zu Verlusten in Höhe von 190 Millionen DM im Jahre 1996. Anders ausgedrückt: Ein Arbeitsplatz bei SKET kostet die Steuerzahler in diesem Jahr über 118 000 DM. Das wird eigentlich nur noch von der deutschen Steinkohle übertroffen. Das sind Belastungen, für die der Steuerzahler aufkommen muß. Das sind die Fakten, die auch für die Arbeitsplätze von entscheidender Bedeutung sind.
Paul K. Friedboff
Wir müssen feststellen, daß es seit 1990 nicht gelungen ist, SKET am Markt zu etablieren, obwohl zirka 1,2 Milliarden DM oder,
bezogen auf die 1 600 Arbeitsplätze, 750 000 DM je Arbeitsplatz vom Steuerzahler aufgewandt worden sind.
All diese Gelder des Steuerzahlers wurden über die Treuhandanstalt bzw. die BvS gezahlt, kommen also aus dem Bundeshaushalt. Dafür, daß die Gelder, diese hohen Zuschüsse zur Verfügung gestellt worden sind, trägt die Bundesregierung, tragen die Regierungsfraktionen die Verantwortung; denn sie haben das letztendlich beschlossen. Wenn Sie das bemängeln, dann haben Sie die Tatsachen bislang nicht richtig wahrgenommen.
Die Zahlen belegen, daß es zumindest nicht am Geld gemangelt hat. Man muß sich einmal überlegen, wie viele Arbeitsplätze man mit dem Geld im Mittelstand hätte schaffen können. Man muß sich fragen, wie viele Arbeitsplätze mit wesentlich weniger Geld von fleißigen Mitarbeitern und Unternehmern geschaffen worden sind, die in den neuen Bundesländern - -
- Es ist ja ganz prima, daß Sie mir sagen, daß ich keine Ahnung von den Dingen habe. Das ist in Ordnung. Ich weiß, daß Sie die ganz große Ahnung und den Durchblick haben.
Durch den Beschluß des Aufsichtsrates, die Gesamtvollstreckung einzuleiten, hat zumindest die Geldverschwendung zunächst einmal ein Ende gefunden; zumindest ist ein Ende abzusehen. Jetzt ist es an der Zeit, über ein wirklich realistisches Konzept nachzudenken und - das ist noch wichtiger - es umzusetzen.
Warum mußte es so weit kommen? Die Geschichte des SKET seit 1990 ist eine Geschichte der Konfrontation zwischen den Eigentümern und der IG Metall. Alle Konzepte der Eigentümer, sich den Realitäten des Marktes anzupassen und die Belegschaft entsprechend zu reduzieren - das gilt selbst für die Aufteilung der Kombinatsstrukturen -, führten zu erbitterten Widerständen innerhalb der IG Metall, innerhalb des Betriebsrates.
Damals wurden die entscheidenden Chancen vertan, damals wurden unrealistische Konzepte erzwungen, und diese holen Sie, die Sie das unterstützen, heute ein. Wer sich so permanent den Realitäten widersetzt, wer den Klassenkampf probt, statt sich um den Markt zu kümmern, darf sich nicht über Mißerfolge wundern.
Ich möchte darauf hinweisen, daß Mitbestimmung - sie findet im Aufsichtsrat statt - immer auch Mitverantwortung bedeutet. Ein Unternehmen hält es auf Dauer nicht aus, wenn unter Mitbestimmung verstanden wird, den notwendigen Strukturwandel zu verhindern. Genau das ist bei SKET geschehen. Wenn jetzt der Schwarze Peter nach Bonn geschoben werden soll, dann erinnert mich das an die Parole: „Haltet den Dieb! "
Wie geht es nun weiter?