Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der „Spiegel" überschrieb einen Artikel bereits am 7. Oktober 1996 wie folgt:
Das größte selbständige Ostunternehmen steht vor dem Aus, vom einstigen Schwermaschinenbaukombinat Sket werden nur noch minimale Reste bleiben. Und das ist vor allem die Schuld des Eigentümers - des Staats.
Staat heißt in diesem Falle die unter Waigelscher Aufsicht stehende BvS; eine Einschätzung, die die PDS-Bundestagsgruppe vollauf teilt. Ich werde Ihnen auch sagen, weshalb wir dies so sehen.
Falls Sie sich - vielleicht ungern - daran erinnern: Wir haben dieses Fiasko bereits in der Aktuellen Stunde am 8. Dezember 1995 in diesem Hause vorhergesagt und wurden seitens der Koalition mit der ihr eigenen Arroganz und Überheblichkeit abgekanzelt. Falls es Sie interessiert: Ich habe hier eine Reihe von interessanten Zitaten aus dieser schon damals sehr erregt geführten Debatte: Von Austermann über Hollerith bis Schulz schwebten alle noch in einem CDU/CSU-eingefärbten Wolkenkuckucksheim. Sie würden es schon richten - so Ihre damalige Einschätzung. Was Sie mit Ihrer fehlerhaften Einschätzung angerichtet haben, sehen wir hier und heute. Wir sind beileibe nicht stolz darauf, mit unserer damaligen Prognose recht gehabt zu haben.
Es gibt sicherlich unterschiedliche Auffassungen darüber, wem denn nun der Schwarze Peter gebührt. Für uns ist es eindeutig die Bundesregierung mit ihrem unsäglichen Ableger BvS, wobei die Landesregierung Mitverantwortung trägt, weil sie ihre Spielräume nicht ausreichend ausgenutzt hat.
Wir teilen auch die Auffassung des Betriebsrates und der IG Metall, die da vermuten, daß der Konkurs des SKET von langer Hand vorbereitet wurde. Fakt ist in jedem Fall: Die Belegschaft und die Region sind, in schlichtem Deutsch gesagt - ich zitiere wegen der vereinbarten Parlamentskultur nur unvollständig -, „die Angeschi ..."
„Wie nun weiter?" ist die eigentlich wesentliche Fragestellung. Ein Unternehmen realisiert sich ausschließlich über seine innovativen Produkte, die qualitativ hochwertig sein sollten, am Markt. Dazu gehört aber auch ein solider und stabiler Ruf und ein cleveres Management, welches vorbehaltlos die Interessen des Unternehmens vertritt und nicht fremdgesteuert wirkt. Professor Hickel, zur Zeit Berater des Betriebsrates von SKET, brachte es auf den Punkt: „Diese Manager sind keine Unternehmer, sondern statische Penner. "
Ein Herr Kirchgässer, zur Zeit Sprecher der Geschäftsführung im SKET, verfügt fast ausschließlich über Erfahrung im Personalabbau. Können, wie man gewichtige Aufträge akquiriert, hat er unseres Wissens in den letzten Jahren nicht nachgewiesen. Freilich ist der Markt, in welchem SKET zu agieren hat, ein außerordentlich schwieriger. Herr Kirchgässer hätte seine Rigorositäten besser auf den Markt als auf die Personalabteilung konzentrieren sollen.
Wichtig ist natürlich auch der Ruf eines Unternehmens: Mangelnde Unterstützung der Bundesregierung, sowohl bei der Europäischen Union als auch bei der Klärung der Eigentumsverhältnisse - die vormaligen Geschäftsführer Borchert und Oestmann, Unternehmer mit durchaus hoher Risikofreude und konzeptionellen Überlegungen, wurden erst ewig hingehalten und dann herausgedrängt -, oder die schlampig ausgeführten Gutachten und Vermutungen der Rechtsabteilung der BvS können den Ruf eines Unternehmens so grundsätzlich zerstören, daß es
Wolfgang Bierstedt
zwangsläufig auf die „schwarze Liste" potentieller Kunden gerät.
So richtig weiß auch ich nicht, was wir davon halten sollen, daß der Bundeskanzler, der zur Tatzeit in Magdeburg weilte, es nur um Minuten verpaßt haben soll - wie es zuerst hieß -, dem bereits tagenden Aufsichtsrat seine auch von uns zu unterstützende Auffassung „SKET muß als Gesamtheit leben" mitteilen zu lassen, und dann später erklärt wurde, der Aufsichtsrat habe den Kanzler zwar gehört, aber ihn nicht erhört.
Wird hier Politik von Schwarz-Gelb gegen RosaGrün mit roter Tolerierung auf dem Rücken der Menschen ausgetragen? Das wäre mehr als schäbig, aber nicht verwunderlich. Was die Menschen von SKET brauchen, ist vorbehaltlose Rückendeckung seitens der Politik, ein Management mit Ideen und Durchsetzungsvermögen und einen Aufsichtsrat, der nicht fremde Interessen vertritt.
Solide Produkte und hohe Qualifikation bringen die SKETler von Hause aus ohnehin mit ein.
Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich im Interesse der Beschäftigten von SKET, der Beschäftigten von Zulieferunternehmen von SKET, der Menschen in der gesamten Region und nicht im Interesse der potentiellen Konkurrenten zu handeln und vor diesem Parlament und den hier anwesenden Vertretern von SKET eine Garantieerklärung für SKET Magdeburg abzugeben.
Legen Sie hier endlich Rechenschaft ab! Was haben Bundesregierung und BvS getan, um Märkte zu erhalten und neue zu erschließen? Welche Anstrengungen hat es gegeben, Aufträge für die Instandhaltung von Walzwerken in Osteuropa, die früher von SKET ausgerüstet wurden, oder für die Errichtung neuer Walzwerke zu erhalten? Was tut die Bundesregierung gegenwärtig, um den Export von bei SKET produzierten Ausrüstungen zum Gegenstand der Verhandlungen mit der russischen Regierung zu machen, die Projektlisten für den Kauf von Waren unter anderem in Ostdeutschland im Rahmen des Millionenkredits vorzulegen hat, den die Bundesregierung Rußland gewährt hat und für den sie sich verbürgt hat? Wann wird die BvS gegenüber der Bundesregierung aktiv und fordert für die Sanierung von SKET den Einsatz eines Teiles der Mittel, die sie 1996 über ihre eigenen Erwartungen hinaus aus Unternehmensliquidationen im Osten erzielt hat?
Ich denke, Sie müssen sich diese Fragen gefallen lassen. Wir fordern Sie auf, diese Fragen hier konsequent zu beantworten.
Danke.