Rede von
Dr.
Uwe-Jens
Rössel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Herr Kollege Pützhofen, da Sie in der Ihnen eigenen Art eine Zwischenfrage leider nicht zugelassen haben, bin ich veranlaßt, eine Kurzintervention zu machen.
Sie haben ein sehr rosiges Bild von den Leistungen der Bundesregierung in bezug auf die kommunale Finanzautonomie und die kommunale Selbstverwaltung gemalt. Diese Einschätzung können wir nicht teilen. Ich zitiere die gestrige Aussage der Konferenz der Oberbürgermeister der ostdeutschen Großstädte in Weimar. In der Erklärung zum Sparpaket der Bundesregierung wird formuliert, daß es mit der Übernahme des Sparpakets eine Explosion der Soziallasten für die ostdeutschen Gemeinden geben wird, deren Finanzausstattung schon jetzt außerordentlich dramatisch ist.
Weiter heißt es: Würde das Sparpaket angenommen werden, so kommen weitere sehr dunkle Wolken auf die Kommunen zu, und die kommunale Finanzausstattung droht umzukippen. Überhaupt droht die kommunale Selbstverwaltung verlustig zu gehen.
Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister in Ostdeutschland haben diese Einschätzung über die Parteigrenzen hinweg getroffen. Es waren also auch Parteifreunde der CDU darunter.
Es ist eine Tatsache, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß durch die Steuerrechtsänderungen der letzten Jahre, die von diesem Deutschen Bundestag beschlossen worden sind, der Bund im Gegensatz zu den Aussagen des Kollegen Pützhofen ganz erhebliche Mehreinnahmen erzielt hat, während andererseits die Kommunen zu den deutlichen Verlierern gehören. Das ist nicht meine Einschätzung, sondern das Ergebnis einer Recherche des RheinischWestfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen, das festgestellt hat, daß im Zeitraum 1991 bis 1995 der Bund durch diese Steuerrechtsänderungen Mehreinnahmen in Höhe von etwa 100 Milliarden DM erzielt hat. Auch die Länder haben von diesen Steuerrechtsänderungen in erheblichem Maße profitiert. Andererseits sind den Kommunen durch diese Steuerrechtsänderungen - ich betone: Das ist eine Einschätzung des RWI in Essen - insgesamt Einnahmeausfälle in Höhe von etwa 5 Milliarden DM entstanden.
Zudem - das ist eine weitere Folge - verlagert der Bund in zunehmendem Maße die Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit auf die Kommunen. Das zeigen auch die Zahlen zur Sozialhilfe aus dem Jahre 1995, wonach die Zuwächse auf diesem Gebiet bereits dramatisch sind.
Was die Gewerbekapitalsteuer betrifft: Jawohl, sie ist eine substanzverzehrende Steuer. Aber die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer würde von den kommunalen Spitzenverbänden nur dann akzeptiert, wenn in der Tat solche Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind, die zu einem Mehr an Einnahmen der Kommunen führen, und wenn zudem eine Ausgleichslösung geschaffen wird, die im Interesse der Kommunen liegt.