Rede von
Dieter
Pützhofen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das ist deshalb nicht möglich, weil sich der Kollege hier anhören muß, welch wirklich wichtige Dinge es in den Kommunen gibt. Das ist für ihn wichtiger, als wenn er möglicherweise unkonzentriert Fragen stellt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn wir über finanzielle Planungssicherheit für die Kommunen reden, muß es meines Erachtens unter ganz bestimmten Umständen möglich sein, auch über die Gewerbesteuer nach Ertrag im Rahmen einer Gesamtsteuerreform zu reden. Unabhängig von der grundsätzlichen Frage, ob die Gewerbesteuer nach
Ertrag überhaupt noch in die politische Landschaft paßt, zeigt die kommunale Erfahrung, daß es nicht nur bei Monostrukturen ganz plötzlich auftretende rauschende gewerbesteuerliche Erfolge und kurze Zeit darauf bedrückende Defizite geben kann, die selbst die Erledigung von Pflichtaufgaben in den Kommunen nicht mehr möglich machen.
Wenn man diese Entwicklung ohne Scheuklappen betrachtet, wenn man in dieser Frage nicht hinter Popanzen herläuft, wenn man nicht mit Schlagworten diskutiert, die allesamt keine verstandesfördernde Wirkung haben, kann ich mir vorstellen, daß es die Kommunen selbst sein werden, die die Gewerbeertragsteuer gegen zum Beispiel eine weitere Umsatzsteuerbeteiligung ins Gespräch bringen werden.
Ich weiß, daß ich da bei meinen Kollegen in den Städten einen empfindlichen Nerv berühre. Ich weiß auch, daß ich da nicht im Konsens mit meinen Kollegen im Städtetagspräsidium bin und sofort die Frage gestellt wird: Wie sieht das denn eigentlich mit der kommunalen Freiheit aus, wie sieht das mit der Hebesatzfreiheit aus, wie sieht das mit der kommunalen Selbstverwaltung aus?
Ich meine, daß die kommunale Praxis einen Teil dieser Fragen heute bereits so oder so beantwortet. Erstens. Die Hebesätze sind weitgehend ausgereizt. Ich kann mir allenfalls noch, Herr Kollege Buwitt, vorstellen, daß man in Berlin in der Frage der Hebesätze noch Freiheiten besitzt. Ansonsten sind die Hebesätze ausgereizt.
Zweitens. Wenn in einer monostrukturierten automobil-, chemie-, textil- oder exportorientierten Stadt auf Grund weltwirtschaftlicher Zyklen die Gewerbesteuer wegbricht, dann ist die kommunale Selbstverwaltung am Ende. Wenn in einer Chemiestadt wie Dormagen - ich wünsche es den Dormagenern weiß Gott nicht - die Großchemie einmal keinen Gewinn macht, dann kann die Stadtverwaltung nach Hause gehen.
Ich will Ihnen das am Beispiel meiner Stadt einmal deutlich machen; da kenne ich mich sehr gut aus. In einer Stadt wie Krefeld, die weitgehend mittelständisch strukturiert ist und über einen beachtlichen Branchenmix verfügt, zahlen - hören Sie bitte genau zu! - 2,75 Prozent der Betriebe 80 Prozent der Gewerbesteuer. Nun können Sie sich vorstellen, wie das aussieht, wenn 2,75 Prozent der Betriebe eine Erkältung bekommen. Der Stadtkämmerer hat dann eine Lungenentzündung. Dies macht die ungeheure Abhängigkeit unserer Kommunen von einigen wenigen Betrieben deutlich. Was nützt hier die kommunale Selbstverwaltung, frage ich Sie, wenn es keine Handlungsfähigkeit mehr gibt?
Ein Ausgleich für den Wegfall der Gewerbeertragsteuer, der zum Beispiel an der Wirtschaftskraft, der Gewerbestruktur, der Zahl der Betriebe, der Zahl der Arbeitsplätze orientiert wäre, also auch Raum für kommunale Freiheit bieten würde, wäre für die Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft und damit staatspolitisch, finanzpolitisch richtig, und er
Dieter Pützhofen
gäbe den Kommunen ein höheres Maß an finanzieller Planungssicherheit.
Ich weiß, daß das jetzt nicht ansteht. Aber wenn man über eine Steuerreform redet, wenn man das Wohl der Städte und Gemeinden wirklich im Sinn hat, wenn die Klammer zwischen unseren Städten und der Wirtschaft erhalten bleibt, dann muß das in der nächsten Zeit diskutierbar sein.
Meine Damen und Herren, die Regierungskoalition ist bereit, die Voraussetzungen für eine Stärkung der kommunalen Finanzen zu schaffen.
Herzlichen Dank.