Rede:
ID1312302000

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    Plenarprotokoll 13/123 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1996 Inhalt: Nachruf auf das frühere Mitglied des Deutschen Bundestages Willi Weiskirch 11061A Erweiterung der Tagesordnung 11061 C Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 11062 B b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 11062 B Karl Diller SPD 11062 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 11067D Ingrid Matthäus-Maier SPD 11069 D Joachim Poß SPD 11072 B Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11073A Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . . 11075C Dr. Christa Luft PDS 11077 D Dieter Pützhofen CDU/CSU . . 11079D, 11081B, 11082D, 11083C Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 11082A Joachim Poß SPD 11083 A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11083D Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 11084 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 11088A Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktion der SPD: Vorlage eines Ergänzungshaushalts zum Entwurf zum Bundeshaushaltsplan 1997 (Drucksache 13/5509) 11089 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Vereinbarte Debatte zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz, zum Gesetz zur Begrenzung der Bezügefortzahlung bei Krankheit, zum Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz, zum Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetz, zum Beitragsentlastungsgesetz und zum Achten Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch . 11089C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 11089D Rudolf Scharping SPD 11093D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11094 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 11096B Dr. Gregor Gysi PDS 11098D Ulla Schmidt (Aachen) SPD 11100B Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Ergänzung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (Wachstums- und Beschäftigungsförderungs-Ergänzungsgesetz) (Drucksachen 13/4611, 13/5089, 13/5108, 13/5327, 13/5446, 13/5528, 13/5536) 11102C Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Begren- zung der Bezügefortzahlung bei Krankheit (Drucksachen 13/4613, 13/5074, 13/5327, 13/5448, 13/5529, 13/5537) . . 11102C Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/5538) 11102D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. (Erklärung nach 31 GO) 11103B Namentliche Abstimmung 11104 A Ergebnis 11109B Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) (Drucksache 13/5539) 11102D Namentliche Abstimmung 11106D Ergebnis 11107A Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Gesetz zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz) (Drucksache 13/5540) , 11102D Namentliche Abstimmung 11109C Ergebnis 11109D Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruches des Bundesrates gegen das Achte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 13/5541) 11103A Namentliche Abstimmung 11112B Ergebnis 11112C Nächste Sitzung 11115C Berichtigung 11115 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11117 *A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11117* B 123. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 120. Sitzung, Seite 10805: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist einzufügen: „Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 10. 9. 1996". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 13.9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Dr. Däubler-Gmelin, SPD 13. 9. 96 Herta Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 13. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Graf von Einsiedel, PDS 13. 9. 96 Heinrich Graf (Friesoythe), SPD 13. 9. 96 Günter Dr. Jacob, Willibald PDS 13. 9. 96 Regenspurger, Otto CDU/CSU 13. 9. 96 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 701. Sitzung am 12. September 1996 beschlossen, gegen das nachfolgende Gesetz einen Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 des Grundgesetzes nicht einzulegen: Siebtes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Siebtes SGB V-Änderungsgesetz - 7. SGB V-ÄndG) Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 11. September 1996 ihren Antrag „Verbesserung des Jugendaustausches zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik" - Drucksache 13/5469 - zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EUVorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.15 Drucksache 13/4466 Nr. 2.10 Drucksache 13/4514 Nr. 2.25 Drucksache 13/4514 Nr. 2.47 Anlagen zum Stenographischen Bericht Drucksache 13/4636 Nr. 1.1 Drucksache 13/4678 Nr. 2.12 Innenausschuß Drucksache 13/1614 Nr. 2.14 Drucksache 13/3790 Nr. 2.3 Drucksache 13/3938 Nr. 2.13 Drucksache 13/3938 Nr. 2.17 Finanzausschuß Drucksache 13/4466 Nr. 2.44 Drucksache 13/4678 Nr. 2.42 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2306 Nr. 2.51 Drucksache 13/3668 Nr. 2.15 Drucksache 13/4137 Nr. 2.91 Drucksache 13/4137 Nr. 2.93 Drucksache 13/4137 Nr. 2.94 Drucksache 13/4137 Nr. 2.95 Drucksache 13/4137 Nr. 2.96 Drucksache 13/4678 Nr. 1.1 Drucksache 13/4678 Nr. 2.6 Drucksache 13/4678 Nr. 2.15 Drucksache 13/4678 Nr. 2.18 Drucksache 13/4678 Nr. 2.22 Drucksache 13/4678 Nr. 2.23 Drucksache 13/4678 Nr. 2.26 Drucksache 13/4678 Nr. 2.29 Drucksache 13/4678 Nr. 2.30 Drucksache 13/4678 Nr. 2.33 Drucksache 13/4678 Nr. 2.35 Drucksache 13/4678 Nr. 2.40 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.85 Drucksache 13/4466 Nr. 2.49 Drucksache 13/4466 Nr. 2.50 Drucksache 13/4514 Nr. 2.12 Drucksache 13/4514 Nr. 2.32 Drucksache 13/4514 Nr. 2.35 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/218 Nr. 85 Drucksache 13/218 Nr. 86 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/2674 Nr. 2.21 Drucksache 13/3938 Nr. 2.11 Drucksache 13/3938 Nr. 2.19 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1614 Nr. 1.7 Drucksache 13/3938 Nr. 2.30 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4678 Nr. 2.4 Drucksache 13/4678 Nr. 2.14 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4466 Nr. 2.36 Drucksache 13/4466 Nr. 2.40 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1799 Nr. 3.2
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    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der schwarze Bundesfinanzminister hat es inzwischen fertiggebracht, das ganze Land in Rot zu tauchen, vorerst in rote Zahlen.

    (Beifall bei der PDS)

    Der Haushaltsentwurf 1997 ist ein einziges Rotbuch, und ich finde, aus dem Bundesfinanzminister ist ein Finanzlochminister geworden.

    (Beifall bei der PDS)

    Das gesamte Papier strotzt von Kürzungen, von Streichungen, von Defiziten. Ich frage mich: Weshalb soll sich der Haushaltsausschuß in den nächsten Monaten mit einem Papier befassen und sich dann um 10 000 oder 100 000 DM streiten, wenn es Löcher in zweistelliger Milliardengröße gibt?
    Es ist schon erstaunlich, wenn die Koalition in dieser Debatte nichts anderes sagen kann, als daß sie mit Zähnen und Klauen diesen Etat verteidigen wird, und einen Ergänzungshaushalt verweigert. Sie vertrauen, meine Damen und Herren von der Koalition, einzig auf Ihre knappe arithmetische Mehrheit, und mit diesen vier Stimmen Mehrheit, die Sie haben, muten Sie Millionen Menschen in diesem Lande Unzumutbares zu.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie wollen sich mit diesem Etat an seelenlosen fiskalischen Kriterien für die Europäische Währungsunion orientieren, und Sie sind nicht bereit, sie durch ökonomische und soziale Kriterien zu ergänzen. Sie werden dieses Land wie einen Marathonläufer durch

    Dr. Christa Luft
    das Maastricht-Tor peitschen. Sie sollten sich aber vergegenwärtigen, daß am Ende dieser Marathonläufer im Ziel zusammenbrechen wird.
    Das Defizit bei der Bundesanstalt für Arbeit wird - das ist doch so sicher wie das Amen in der Kirche - wiederum ein riesiges Loch in den Etat reißen. Die sich weiter zuspitzende Arbeitsmarktlage läßt andere Annahmen überhaupt nicht zu. Blühende Landschaften lassen sich nun einmal mal nicht auf Haushaltskommando errichten. Sie aber bestehen darauf, mit diesem Nullzuschuß für die Bundesanstalt ins Rennen zu gehen.
    Nun sagen Sie es doch wenigstens noch mit Ihrem letzten Redner, der hier in der Beratung sprechen wird, daß Sie die scharfe Schere für weitere soziale Einschnitte schon parat liegen haben; denn das, was dieses Haus heute wahrscheinlich mit seiner knappen Mehrheit beschließen wird, ist doch nur die Spitze des Eisberges. Das dicke Ende kommt noch nach.
    Ja, es ist wahr: Die Sozialausgaben haben immer noch den höchsten Anteil am Gesamthaushalt. Aber das ist doch kein Gütesiegel für die Politik dieser Regierung, sondern inzwischen die Folge der Tatsache, daß bezahlte Arbeit in diesem Lande zu einer „Bückware", zu einem Privileg geworden ist und daß ein Großteil der Sozialleistungen leider der Finanzierung von Arbeitslosigkeit statt der Finanzierung von Arbeit dienen muß. Wer immer noch behauptet, mit diesem Sparpaket und mit diesem Haushaltsentwurf würde die Arbeitslosigkeit eingedämmt, treibt doch Schindluder mit den Hoffnungen von Millionen Erwerbslosen in diesem Lande. Und das wissen Sie auch ganz genau. Wann endlich nehmen Sie Ihre ideologischen Scheuklappen ab und reißen das Ruder herum? Nicht die Kürzung bei den Sozialausgaben bringt die Haushaltssanierung, sondern nur eine beschäftigungsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik.
    Die Zahl der Steuerpflichtigen muß endlich wieder wachsen. Das hat ja auch Herr Austermann gesagt; nur sind die Ansätze hier völlig unterschiedlich. Feiern Sie sich doch nicht ständig dafür, daß dieses Land sehr viele Millionen und Milliarden ausgibt, um Arbeitslose zu unterstützen. Betrachten Sie Massenarbeitslosigkeit doch nicht immer nur als einen kostentreibenden Faktor. Sie sollten Arbeitslosigkeit vor allen Dingen als entgangene Möglichkeit zur Wertschöpfung in diesem Lande sehen,

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    aber auch als Verlust der Möglichkeiten für menschliche Kreativität, als Preisgabe von Motivation und als Verlust der Lebenschancen für Millionen Menschen.
    Wann intensivieren Sie endlich die Betriebsprüfungen und die Steuerfahndung, um Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen? Wir wissen seit gestern, daß es im Oktober vom Bundesrechnungshof einen wahrscheinlich sehr aufschlußreichen Bericht geben wird. Wann ergreifen Sie die Initiative, um Spekulationsgewinne kräftig zu besteuern? Und
    wann ergreifen Sie die Initiative, durch internationale Verträge die Steueroasen im Ausland auszutrocknen? Dazu muß man doch nicht bis zu einer großen Steuerreform warten; das kann man sofort auf den Weg bringen.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    So groß wird ja die Steuerreform offenbar ohnehin nicht ausfallen. Ich habe schon die Befürchtung, sie wird auf die Schnapsidee, Renten zu besteuern, reduziert.
    Gehen Sie sparsamer mit Geldern für Sanierungsmaßnahmen bei Umzugsbauten in Berlin um. Wenn sich alle einschränken müssen, dann kann das auch von Regierungsmitgliedern und von Beamten erwartet werden, die dort sitzen sollen.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Wir haben eine Fülle von Vorschlägen auf den Weg gebracht - sie kann ich jetzt nicht vorstellen -, um weitere Kürzungsmöglichkeiten zu begründen. Warum erwarten Sie ständig von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Verständnis für soziale Einschnitte, mit denen der Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb attraktiver gemacht werden soll? Was die Banken, was Investmentfonds und Versicherungsunternehmen betrifft, habe ich von Ihnen noch nicht einmal den leisen Appell gehört, daß sie solidarisches Verhalten in einem gesellschaftlichen Umbruchprozeß üben sollen, obwohl die Gewinne der Geldinstitute auch in der Konjunkturflaute enorm eskalieren. Wäre es nicht an der Zeit, gerade die genannten Geldinstitute für eine befristete Anleihe mit Zeichnungspflicht zu einem Zinssatz in Höhe der Inflationsrate zu gewinnen? Dann könnten Sie ein ökologisch verträgliches öffentliches Investitionsprogramm auf den Weg bringen, Hunderttausenden heute arbeitsloser Menschen Arbeit geben. Wachstum würde hervorgerufen, zusätzliches Steueraufkommen würde geschaffen, und die Zinsen würden auf diese Weise nur unmerklich erhöht.
    Aber solche Überlegungen passen nicht in Ihr Konzept und Ihr ideologisches Weltbild. Die Staatsverschuldung nimmt seit Jahren rascher zu als das Wirtschaftswachstum. Wenn man die Ausgaben für den Schuldendienst vom jährlichen Zuwachs des Bruttoinlandprodukts subtrahiert, dann bleiben pro Jahr nur ganz wenige Milliarden für eine zusätzliche Verteilung übrig. Das ist das Ergebnis Ihrer Wirtschaftspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte.
    Ich frage Sie: Wann werden Sie endlich einen Obolus von jenen fordern, die seit Jahren und besonders seit 1990 die Profiteure der Schuldenaufnahme des Staates sind?

    (Beifall bei der PDS)

    Die Staatsschulden sind doch nichts anderes als eine wichtige Quelle für den sprunghaften Anstieg der Vermögenseinkommen in den letzten zwanzig Jahren. Die Staatsschulden waren und sind ein Instrument, um Teile der Arbeitseinkommen abhängig Beschäftigter in Vermögenseinkommen der Reichen

    Dr. Christa Luft
    und Wohlhabenden umzuwandeln. Sie wollen mit dem Wegfall der Vermögensteuer gerade diese nun auch noch schonen. Geldverleihung an den Staat ist doch eine ganz verläßliche melkbare Kuh für die Reichen und Vermögenden geworden. Da kann man endlich einmal auch eine Gegenleistung erwarten.

    (Beifall bei der PDS)

    Mit einem Feindbild hat das nichts zu tun, sondern das ist ein Gebot sozialer Gerechtigkeit.
    Seit Dienstag war in diesem Hause häufig die Rede von den Finanzlasten aus der Vergangenheit. Gemeint sind damit immer die Erblasten aus der DDR. Es ist doch eine erhebliche Irreführung, wenn Sie der Öffentlichkeit weismachen wollen, ohne die Osttransfers, die ich überhaupt nicht kleinreden will, hätte die Bundesrepublik kein Schuldenproblem.
    Dazu muß ich Ihnen erstens sagen: Sie vergessen die gewaltigen Hypotheken, die die alten Bundesländer in das vereinte Deutschland eingebracht haben. Ich meine die Massenarbeitslosigkeit seit Mitte der 70er Jahre, die ständig zu hohen Ausgaben geführt hat, um die Auswirkungen eben dieses Phänomens zu mildern. Ich meine den verantwortungslosen Aufschub einer Reform des öffentlichen Dienstes, als dessen Folge die Versorgungsleistungen heute überzuborden beginnen. Ich meine die Verschleppung der Steuerreform. Ich meine auch das nicht rechtzeitige Aufgreifen der notwendigen Reformen des deutschen Bilanzrechts. Man könnte diese Palette ergänzen.
    Tun Sie zweitens nicht so, als hätten Sie aus der verblichenen DDR nichts als Schulden übernommen. Ich erinnere nur daran, wie das angeblich durch und durch marode öffentliche Vermögen in privaten Taschen gelandet ist. Wenn Sie heute in die Zeitung schauen, dann sehen Sie, daß sich allein zwischen 1989 und 1992 die Zahl der Einkommensmillionäre in den alten Bundesländern um 40 Prozent erhöht hat. Dies fällt genau in diese Umbruchzeit, in der sich viele bedient haben - leider nicht die Masse der Bevölkerung in den alten Ländern, das will ich ausdrücklich sagen; das ist vielmehr eine ganz bestimmte Schicht gewesen.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie haben das Prinzip Rückgabe vor Entschädigung bis heute unverändert gelassen, was erhebliche Investitionshemmnisse darstellt. Sie haben die Einheit unverantwortlich teuer gestaltet, dem westdeutschen und dem ostdeutschen Steuerbürger unverantwortlich viele Lasten aufgehalst.

    (Beifall bei der PDS)

    Nun leiten Sie eine zweite Welle der Abwicklung in den neuen Bundesländern ein und wollen nicht einmal jenen Hunderttausenden von Menschen, die heute über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ein leidliches Auskommen haben, ihre Beschäftigung belassen. Aber Sie wollen beibehalten, was sich als Phänomen in der Wendezeit entwickelt hat, nämlich lebenslange Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zum Beispiel für Juristen, für Notare, für Sequester, für Liquidatoren, für Treuhänder. Das sind Erscheinungen,
    die hier angesprochen werden müssen. Die dafür Verantwortlichen müssen gefunden werden.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich komme zum Schluß. Der Kollege Adolf Roth meinte am Dienstag, der Haushalt von 1997 sei der fünfzehnte Etat in Folge, der von der Regierung Kohl erarbeitet und hier verteidigt werde. Ich meine aber, alle Kolleginnen und Kollegen von der Koalition sollten sich in Erinnerung rufen: Was wir hier debattieren, das ist der Etat für das siebente Jahr der deutschen Einheit. Der Volksmund weiß: Das siebente Jahr, das ist häufig ein verflixtes. Heute kann niemand sagen, wie dieses Land Ende 1997 aussehen wird, wenn der Etat bzw. dieses Sparpaket, das sich dann im Etat niederschlägt, beschlossen werden.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, leiten Sie Ihren Wahrheitsanspruch nicht von Ihrer knappen Vier-Stimmen-Mehrheit ab, sondern hören Sie auf die Stimmung der Menschen, die um ihren Arbeitsplatz zittern oder gar keinen mehr haben. Hören Sie auf die Stimmung der vielen, vielen in bedrohten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigten Frauen und der Jugendlichen, die auf einen Ausbildungsplatz hoffen. Noch ist es Zeit, daß Sie sich umstimmen lassen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt der Kollege Dieter Pützhofen.

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    Rede von Dieter Pützhofen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Tagen im Rahmen dieser ersten Lesung des Haushalts 1997 von seiten der Opposition die Fortsetzung des Märchens gehört, die Politik der bösen Bundesregierung würde dazu führen, daß die Kommunen - wie man im rheinischen Gerundium sagt - am kaputt am gehen sind.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ina Albowitz [F.D.P.]: Das sagt man nur in Krefeld!)

    - Nein, das sagt man im gesamten Rheinland, Frau Albowitz.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerungen] [F.D.P.]: Rauf und runter!)

    Das ist schon deshalb vom Grunde her Unsinn, weil das, was für den Gesamtstaat richtig ist - Steuerlastsenkung für die Bürger und die Wirtschaft, Stärkung des Standortes Deutschland, Sicherung der Sozialhaushalte, Stärkung der Wettbewerbssituation Deutschlands, Schaffung von Arbeitsplätzen -, für die Kommunen nicht falsch sein kann.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn durch die Beschlüsse der Bundesregierung die inneren und äußeren Rahmenbedingungen für

    Dieter Pützhofen
    die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland stabilisiert und verbessert werden, kommt das auch den Kommunen zugute. Die Fragen lauten - sie sind auch richtig -: Wem wird welche Aufgabe zugeschoben, wieviel erhält man vom Gesamtsteueraufkommen, um die Aufgaben im Rahmen der Gesamtpalette erledigen zu können, was erhalten die Städte und Gemeinden bei dieser Verteilung?
    Um diese Fragen zu beantworten, hilft ein Blick auf die Entwicklung der Anteile der Gebietskörperschaften am Gesamtsteueraufkommen. Die Finanzberichte und die Steuerschätzung vom Mai 1996 dienen mir als Grundlage: Von 1991 bis 1996 nahm der Bundesanteil am Gesamtsteueraufkommen um 12,3 Prozent ab. Der Länderanteil nahm in derselben Zeit um über 20 Prozent zu, und der Kommunalanteil nahm in derselben Zeit um genau 8 Prozent ab.
    Ich weiß, daß wir die Frage der kommunalen Finanzausstattung nicht in der Form eines Verschiebebahnhofs klären sollten, indem immer dem anderen die Schuld zugeschoben wird. Aber an zwei Dingen besteht überhaupt kein Zweifel: Erstens. Die primäre Zuständigkeit für die Finanzausstattung der Gemeinden und Städte liegt bei den Ländern.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zweitens. Der Bund hat die Länder in einem überproportionalen Maße am Steueraufkommen beteiligt, und er hat mit den Ländern die Weiterleitung dieser Mittel an die Kommunen verabredet. Der Bund hat durch die Begrenzung von Leistungsgesetzen auch die Ausgabenseite der kommunalen Haushalte verbessert.
    Das zum Thema: Wer hat die Mittel? Wer zahlt die Zeche für die Aufgabenerledigung?
    Wenn wir uns hier im Bundestag mit der kommunalen Finanzausstattung und den Nöten der Städte und Gemeinden ernsthaft beschäftigen, wenn wir das ehrlich meinen, dann kann das Endergebnis nur ein gemeinsamer Appell aller Fraktionen an die Länder sein, sich dieser Aufgabe nicht länger zu verschließen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die finanzielle Lage unserer Städte und Gemeinden ist angespannt wie nie zuvor. Viele Städte können ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen, kaum eine Stadt kommt ohne ein Haushaltskonsolidierungskonzept aus, und das, obwohl die Städte in den Bereichen, in denen sie eigenen Spielraum haben, nämlich bei den Investitionen, nachhaltig sparen.
    Wir wissen, was das bedeutet: Einschränkungen bei den städtischen Investitionen bedeuten weniger Aufträge, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft, mit allen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt und möglicherweise auch für die Ausbildungsplatzsituation.
    Mir liegen die Zahlen aus den Städten vor: 1994 wurden die Sachinvestitionen bei den Städten und Gemeinden um 8 Prozent, 1995 noch einmal um
    6 Prozent gesenkt, und 1997 wird es voraussichtlich wieder eine Senkung um 7 Prozent geben.
    Aus diesem Grund ist verständlich, daß die Kommunen Beschlüsse der Bundesregierung und des Bundestages nicht, wie Sie von der Opposition glauben machen wollen, allesamt als bedrückende Last empfinden, sondern im Gegenteil ausdrücklich begrüßen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie begrüßen zum Beispiel die Beschlüsse zur Begrenzung des Zuwachses der Sozialhilfeleistungen. Alle kommunalen Spitzenverbände haben einvernehmlich den Beschlüssen zugestimmt. Sie begrüßen auch das neue Asylrecht, nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 1993 sich die Zugangszahlen voraussichtlich um bis zu zwei Drittel reduzieren werden, und das Asylbewerberleistungsgesetz, das mittelfristig zu einer spürbaren Entlastung der kommunalen Haushalte führen wird.
    Gleiches gilt übrigens für die Pflegeversicherung, es sei denn, die Länder zögen sich vollends aus der Investitionsförderung zurück. Wir erleben ja zur Zeit, daß gesagt wird: Aha, ihr habt jetzt Freiräume; nutzt doch bitte diese Freiräume für die Investitionen, und dann ziehen wir uns als Länder aus den Investitionen zurück. Das ist eine Gefahr, die zumindest in Nordrhein-Westfalen noch nicht endgültig gebannt ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Bundesminister Dr. Norbert Blüm: Richtig!)

    Meine Damen und Herren, mit Einsparungen allein - das zeigt die Entwicklung der letzten Jahre werden die kommunalen Finanzprobleme nicht gelöst werden. Notwendig ist auch eine Verbesserung der Einnahmeseite. Die im Jahressteuergesetz 1996 vorgesehene Gemeindesteuerreform wäre ein erster wichtiger Schritt auf dem Wege zu einer Konsolidierung.
    Der Wegfall der substanzverzehrenden Gewerbekapitalsteuer und im Gegenzug die Beteiligung an der Umsatzsteuer als stetige Einnahmequelle der Kommunen wird hier im Bundestag und im Bundesrat von der Opposition verhindert. Sie leisten damit - lassen Sie sich das sagen - den Städten und Gemeinden in unserem Land einen Bärendienst.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, da nützt auch kein Feldgeschrei: Alle kommunalen Spitzenverbände nehmen mittlerweile eine zustimmende Position zu den Vorschlägen der Regierung ein; alle Spitzenverbände wollen eine Grundgesetzänderung. Ich weiß als Mitglied des Präsidiums des Deutschen Städtetages, daß das keine einfache Geburt war. Ich weiß, daß es den sozialdemokratischen Städten schwergefallen ist, nicht weiter hinter ihren sogenannten Vorleuten im Bundestag herzulaufen. Aber die Vertreter der Städte und Gemeinden sind eben zu mehr Einsicht fähig als die Opposition im Deutschen Bundestag.

    Dieter Pützhofen
    Wem das noch nicht ausreicht, dem möchte ich etwas aus einer Beschlußfassung der sozialdemokratischen Städte vorlesen. Es heißt in einem Papier der Bundes-SGK, der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in der Bundesrepublik, unter den Überschriften „Es ist höchste Zeit, Herr Finanzminister" und „Bürgerschaftliche Verantwortung in starken Städten" unter 1 c:
    Die Kommunalpolitiker der SPD fordern eine schnelle und umfassende Gemeindefinanzreform.
    Weiterhin ist dort zu lesen:
    Bei Wegfall der Gewerbekapitalsteuer ist als Ersatz eine unmittelbare Umsatzsteuerbeteiligung der Städte und Gemeinden unter folgenden Voraussetzungen sicherzustellen . . .
    Herr Kollege Diller, ist es nicht schön, daß die sozialdemokratischen Kommunalpolitiker in diesen Städten mehr Einsicht zeigen als ihre Kollegen im Deutschen Bundestag?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren von der SPD, sich hier im Bundestag als Bremser und im Bundesrat als Hilfsbremser zu betätigen und dann draußen in den Städten so zu tun, als sei man die Lichtgestalt bei der Rettung der Städte und Gemeinden, das wird Ihnen nicht gelingen; das wird Ihnen draußen keiner abnehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Beteiligung der Städte und Gemeinden an der Umsatzsteuer würde insbesondere in den neuen Ländern positive Auswirkungen haben. Der Konsolidierungsbedarf ist in den neuen Bundesländern bekanntermaßen noch erheblich gewaltiger als im Westen. Die Einnahmeschwäche bei der Gewerbesteuer wird dort in den nächsten Jahren nur ganz allmählich abgebaut werden. Eine gewinnunabhängige, konjunkturstabile Steuerquelle bedeutet für die Kommunen in den neuen Ländern eine erhebliche Verbesserung.