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ID1312116000

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    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Uwe-Jens Heuer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Ich warne davor, den Zugang des einzelnen zum Bundesverfassungsgericht zu beschneiden, auch aus den Erfahrungen in der DDR, wo es bekanntlich keine Verfassungsgerichtbarkeit gab und der Bürger seine Grundrechte nicht einklagen konnte. Ich denke auch, daß die Zahl der Verfassungsbeschwerden aus dem Osten erst richtig anschwellen wird, wenn die Instanzenzüge absolviert sind. Diesem Problem wird man nicht durch Verfahrensfinessen beikommen. Man muß dort die Diskriminierung beenden. Ich meine, daß das ernste Fragen sind.
    Herr Scholz hat heute von Verfassungsverstößen der Länder gesprochen. Ich finde, wir sollten auch von Verfassungsverstößen des Bundes reden. Herr Geis hat, so möchte ich sagen, eine etwas beunruhigende Terminologie angewandt. Er sprach nun zum wiederholten Male von Gangsterwohnungen, die jetzt überwacht werden sollten. Er meint den großen Lauschangriff. Aber ob es Gangster sind, weiß man eben noch nicht. Diese etwas vereinfachende Terminologie halte ich für nicht besonders. Auch seinen Satz, wir sollten nicht allzusehr rechtsstaatlichen Maßstäben widersprechen, finde ich etwas seltsam. Man kann, wie wir alle wissen, nicht ein bißchen schwanger sein, und entweder hat man die rechtsstaatlichen Maßstäbe verletzt oder nicht. Aber sie nicht allzusehr zu verletzen, finde ich seltsam.
    Ich komme zum Sozialstaatsprinzip, das bekanntlich in den Art. 20 und 28 des Grundgesetzes verankert ist. Ich meine, daß dieses Prinzip gegenwärtig

    Dr. Uwe-Jens Heuer
    wenig beachtet wird. Kaum jemand aus der Regierung spricht noch vom Sozialstaatsprinzip. Der Aufsichtsratsvorsitzende der BMW AG, Eberhard von Kuenheim, erklärte:
    Jeder von uns weiß, daß das überalimentierte Sozialsystem sich wandeln muß. Wegen aus ideologischen Gründen bestehender Tabus wagen wir aber höchstens, vom Umbau zu sprechen, obwohl wir hier alle wissen: Nur der Abbau steht zur Diskussion.
    Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen, zum Beispiel im 22. Band, erklärt, der Staat habe die Pflicht, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen.
    In dem KPD-Urteil, das zur Schande dieses Staates immer noch rechtskräftig ist, wird - offenbar, um die bittere Pille etwas zu versüßen - erklärt:
    ... annähernd gleichmäßige Förderung des Wohles aller Bürger und annähernd gleichmäßige Verteilung der Lasten wird grundsätzlich erstrebt . . .
    Jetzt möchte ich fragen, ob, an diesen Kriterien gemessen, die jetzige Entwicklung verfassungsmäßig ist. Die Bundesregierung beschwört die Sachzwänge. Aber Herr Benda hat vor zehn Jahren geschrieben:
    Der Verteilungskampf wird um so schärfer werden ... Am ehesten werden sich dann die starken sozialen Gruppen mit ihren Forderungen durchsetzen können, während die besonders hilfsbedürftigen, schwach vertretenen Gruppen sich nicht oder nur mit Mühe behaupten können. Dies wäre die entscheidende Probe auf den Sozialstaat und sein wirklicher Ernstfall . . .
    Normen sind immer erst dann interessant, wenn es Interessen gibt, sie zu verletzen. Sonst ist es kein Problem, das Recht einzuhalten. Das gilt auch für die Verfassung.
    Die „FAZ" - das soll mein letztes sein - vom 9. September hat geschrieben, die Gewerkschaften machten manchen Fehler, „ein Verfassungsrisiko sind sie nicht" . Diese Würdigung von konservativer Seite ist vielleicht etwas fragwürdig. Aber der Aussage, daß die Gewerkschaften kein Verfassungsrisiko sind, kann man mit Sicherheit zustimmen.
    Zu einem wirklichen Verfassungsrisiko scheint sich mir die F.D.P. zu entwickeln. Ihr Vorsitzender, Herr Gerhardt, hat heute vormittag erklärt, es könne nicht darum gehen, Marktwirtschaft und Sozialpolitik zu addieren. Die Marktwirtschaft selbst sei völlig hinreichend. Diese Feststellung steht in meinen Augen in eindeutigem Widerspruch zum Grundgesetz.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das haben Sie falsch verstanden!)

    Der verfassungspolitische Kompromiß von 1949 wird nicht von den Gewerkschaften, sondern von der F.D.P. aufgekündigt. Das müßte den Bundesjustizminister, der dankenswerterweise noch anwesend ist, beunruhigen.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Kollege Manfred Kolbe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Kolbe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluß der Haushaltsdebatte des heutigen Tages kann man, die letzten beiden Tage zusammenfassend, sagen, daß diese Haushaltsdebatte ganz im Zeichen des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung der Bundesregierung stand. Bei allem Streit um diese Maßnahmen im einzelnen ist unstreitig, daß die Bundesrepublik Deutschland vor der Aufgabe steht, sich auf die dramatischen Veränderungen im internationalen Wettbewerb einzustellen und den Standort Deutschland für das 21. Jahrhundert vorzubereiten.
    Für den engeren staatlichen Bereich, den wir heute abend behandeln, bedeutet die Standortdebatte eine Überprüfung der Zuständigkeiten und Verfahren in Verwaltung und Justiz gegenüber vielfältigen Verkrustungen, Effizienzmängeln und übersteigerten Ansprüchen an den Staat. Nur ein effektiv organisierter staatlicher Bereich und ein entsprechend effizienter öffentlicher Dienst sichern die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Dies, Herr Bundesjustizminister - Sie haben das dankenswerterweise in Ihrer Rede ausgeführt -, gilt auch für die Justiz.
    Die verantwortlichen Rechtspolitiker müssen dem steuerzahlenden Bürger Rechenschaft über die Kosten des Rechtsstaates und der Justiz ablegen. Da muß man mit einem gewissen Erstaunen registrieren - ich habe mich um das Thema in den letzten Monaten etwas gekümmert -, daß wir offenbar keinen Überblick über die Kosten unserer Justiz haben.
    Wir beraten heute den Bundeshaushalt, Einzelplan 07. In ihm haben wir aber auch justizfremde Kapitel wie das gesamte Patentwesen und anderes. Wir haben die Etats der Länder mit 16 Milliarden DM. Aber die Länderetats enthalten weder die Pensionslasten noch die Gebäudekosten. Ich glaube, Herr Bundesjustizminister, es ist einmal an der Zeit, festzustellen, was uns eigentlich unsere Justiz effektiv mit allen damit zusammenhängenden Lasten kostet. Damit möchte ich anregen, daß Sie dazu in Ihrem Hause einmal einen Überblick erstellen lassen, nicht um der Erbsenzählerei Vorschub zu leisten, sondern um Transparenz zu gewinnen und der Öffentlichkeit einen Überblick zu geben.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Aber die gesamten Einkommensteuererklärungen der Rechtsanwälte wollen Sie nicht?)

    Im Zuge der Globalisierung sollten wir auch einen Blick über unsere Grenzen werfen. Ich nenne einmal ein paar Zahlen. Wir haben in Deutschland 75 000 zugelassene Rechtsanwälte, 20 600 Richter, 5 000 Staatsanwälte und 12 500 Rechtspfleger. Ich nehme einen vergleichbaren Industriestaat wie Japan, der bei 120 Millionen Einwohnern mit 14 000 zugelassenen Rechtsanwälten, mit 2 800 Richtern und 1 200 Staatsanwälten auskommt, ohne daß Japan deswegen ein Hort des Verbrechens ist oder

    Manfred Kolbe
    seine Wirtschaft nicht funktioniert. Dieses Thema, Herr Bundesjustizminister, sollten wir einmal angehen. Hier besteht Untersuchungsbedarf, wenn nicht gar Handlungsbedarf.
    Lassen Sie mich nun zum Haushalt selber kommen, zum Einzelplan Justiz. Mit 702 Millionen DM umfaßt er 0,16 Prozent des Bundeshaushalts. Der Bundesfinanzminister wird hier nicht die Milliarden finden, die er zum Haushaltsausgleich braucht. Ich möchte mich deshalb auf drei Einzelpunkte beschränken.
    Zunächst beruhen die geringfügigen Ausgabensteigerungen 1997 um 0,5 Prozent allein auf der Umsetzung der Beschlüsse der Föderalismuskommission. Das ist sehr erfreulich. Kein anderer Geschäftsbereich, Herr Minister, hat sich wie die Justiz um eine der wichtigsten Voraussetzungen für die innere Einheit Deutschlands gekümmert, nämlich die Verlegung des Sitzes von Bundesgerichten und Bundesbehörden in den östlichen Teil Deutschlands. Dafür habe ich schon Ihrer Vorgängerin gedankt; ich möchte das auch Ihnen gegenüber tun.
    Das Bundesverwaltungsgericht kommt nach Leipzig. Zu den beiden Wehrdienstsenaten haben Sie schon das Notwendige gesagt, Herr Kleinert.

    (Detlef Kleinert [Hannover] [F.D.P.]: Sehr leise!)

    Das Bundesarbeitsgericht kommt nach Erfurt. Am schnellsten aber kommt die Verlegung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs von Berlin nach Leipzig in Gang. Bereits 1997 - das ist nächstes Jahr - wird der 5. Strafsenat dort sein neues Domizil beziehen. Es wird die erste oberste Bundeseinrichtung sein, die außerhalb Berlins im Osten Deutschlands ihre Arbeit aufnimmt. Ich glaube, das ist ein gutes Ereignis für die Justiz im Jahre 1997.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das haben auch die Berichterstatter bewirkt!)

    In diesem Zusammenhang, Herr Bundesjustizminister, möchte ich auch eine leidige Problematik erwähnen, die wir in den nächsten Monaten einmal engagiert angehen sollten, nämlich die Problematik um die Bibliothek des ehemaligen Reichsgerichts. Diese Bibliothek wurde nach der Einheit unter heute nicht mehr ganz nachvollziehbaren Umständen nach Karlsruhe verbracht, ohne daß in Sachsen oder Leipzig - es handelt sich im wesentlichen um Kunstgegenstände - irgend jemand gefragt wurde. Um hier nicht irgendwelche Vergleiche aufkommen zu lassen, sollten wir uns gemeinsam um eine Lösung dieser Standortfrage bemühen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen sie mich abschließend noch auf ein ernstes Thema kommen. Das ist der Vollzug des Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes. Dieses Zweite SED-Unrechtsbereinigungsgesetz betrifft die verwaltungsrechtliche und berufsrechtliche Rehabilitierung der Opfer der SED-Diktatur. Obwohl hier nach Jahrzehnten der SED-Herrschaft Zehntausende von Opfern auf Rehabilitierung hoffen - jede Woche habe ich in meiner Bürgersprechstunde solche Menschen am Tisch sitzen - sinken die Veranschlagungen im Bundeshaushalt: 1995 waren es 36 Millionen DM, 1996 20 Millionen DM, und 1997 sind gar nur 12 Millionen DM im Einzelplan 60 Kapitel 03 veranschlagt. Die Zahlungen der Rentenversicherung lasse ich hier mal außer Betracht, Herr Minister.
    Ein echter Skandal sind dann aber die tatsächlichen Abflüsse: 1995 wurden von den veranschlagten 36 Millionen DM ganze 28 000 DM ausbezahlt! 1996 wurden bis Anfang September von den veranschlagten 20 Millionen DM ganze 52 000 DM ausbezahlt! In eindreiviertel Jahren, also zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes, sind außerhalb der Zahlungen der Rentenversicherung ganze 80 000 DM an alle SED-Opfer ausbezahlt worden! Dies ist etwa so viel, wie die ehemalige Treuhandpräsidentin, Frau Breuel, heute jeden Monat den Steuerzahler kostet.
    Dieser Vollzug des zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes kann uns alle nicht befriedigen. Hier besteht Handlungsbedarf. Ich darf deshalb alle Seiten des Hauses bitten, hier mitzuwirken. Die entsprechenden Initiativen liegen schon vor, damit wir diesen Menschen helfen, und zwar schnell helfen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU)