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ID1312109300

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    5. Bundesverteidigungsminister: 1
    6. Rühe.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine etwas persönlichere Vorbemerkung. Wir sind noch in der Generaldebatte, stelle ich fest. Vielleicht ist es meine Überempfindlichkeit, wenn ich dann vermerke, daß in dieser Generaldebatte eines der existentiellen Themen der deutschen Politik eine beschämend geringe Rolle gespielt hat, nämlich die Probleme der sozialen, der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, des wirtschaftlichen Aufbaus im Osten Deutschlands.

    (Beifall bei der SPD)

    Weder bei Herrn Schäuble noch in der Rede des Bundeskanzlers hat das eine sonderliche Rolle gespielt. Ich bedaure das. Wenn Sie an Herrn Scharping und Herrn Lafontaine erinnern, dann kann ich nur sagen: Die wußten, daß ich hier in der Generaldebatte reden möchte.
    Auch das sei noch gesagt: Schauen Sie sich die Logik der Tagesordnung dieser Haushaltsdebatte an! Nirgendwo hat dieses Thema, von dem ich sage - ich glaube, Sie stimmen mir zu -, es sei ein existentielles Thema unserer Politik, einen wirklichen Platz, bestenfalls die Chance, in Nebensätzen vorzukommen. Ich finde das falsch.
    Nun stehe ich hier plötzlich zwischen einer Debatte über gewiß wichtige Fragen der Verteidigungs- und Außenpolitik einerseits und der Entwicklungspolitik andererseits. Wir haben kurz überlegt, ob ich nicht lieber dem Kollegen Eberhard Brecht das Wort geben sollte. Aber dann dachte ich, es muß in die Generaldebatte. Wir müssen ein paar Sätze darüber austauschen. Deswegen stelle ich mich diesem mißlichen Platz.

    (Ulrich Irmer [F.D.P.]: Ist es nicht vielleicht schon ein Zeichen für eine beginnende Normalität, daß das nicht ein eigener Block ist?)

    - Das ist kein Zeichen für beginnende Normalität. Normalität wäre, wenn wir Freundliches, Friedliches, Großartiges aus Ostdeutschland berichten könnten. Gerade darüber will ich reden.
    Ich will noch eine Bemerkung machen. Der geschätzte Kollege Geißler hat vorhin wörtlich gesagt - das hat mit unserem, mit meinem Thema zu tun -: Es war der Anfang der friedlichen Revolution in der DDR, daß die CDU nicht den SPD-Weg der Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft gegangen ist.

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Da hat er recht!)

    Ich halte das für eine sehr befremdliche Anmaßung.
    Sie sollten sich aus Gründen parteipolitischer Polemik diesen entscheidenden Vorgang, der Ursache unseres ostdeutschen Selbstbewußtseins ist - in 40 Jahren DDR gab es nicht ganz viele Anlässe, öffentliches Selbstbewußtsein zu erwerben - nicht als Leistung der eigenen, in diesem Fall westdeutschen Partei zurechnen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das nimmt uns etwas weg, was uns gehört. Ich hoffe, Sie werden das respektieren.
    Natürlich - um in der Sache ein Wort zu sagen - weiß ich, daß es einen Zusammenhang zwischen der Möglichkeit auszureisen und der, im Lande zu sagen: „Wir bleiben hier" und „Es geht nicht so weiter", gegeben hat.

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Das ist das, was Geißler gemeint hat!)

    Das weiß ich doch. Aber Sie wissen auch - ich habe mich da wirklich sachkundig gemacht; ich gehörte da ja noch nicht dazu -: Es war nie Linie der SPD, diese Staatsbürgerschaft anzuerkennen. Es gab Debatten in dieser Partei darüber, gewiß.
    Eine zweite Bemerkung, wenn Sie mir das erlauben. Wie lange noch wollen wir zwischen demokratischen Parteien dieses Spiel betreiben? Was auch immer wir Sozialdemokraten sagen und wenn wir die heiligsten Eide schwören, Sie werden mit der PDS kommen. Wie lange soll das noch gehen?

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Fragen Sie Herrn Ringstorff mal! Zuruf von der CDU/CSU: Solange das Spiel betrieben wird, wird euch das vorgehalten!)

    - Ein Satz zur Sache. Ich will auch noch einen zweiten Satz sagen.
    Das müssen Sie doch wissen: Das provoziert unsere Abwehr, die dann genauso heißen muß, daß es zutiefst verlogen und heuchlerisch ist, wenn uns Vertreter einer Partei Vorhaltungen machen wollen, die wirklich Blockparteien aufgenommen haben. Ich erlaube mir dazu eine persönliche Bemerkung, nur um es Ihnen etwas schwerer zu machen.
    Mein Vater war Mitglied der CDU im Osten Deutschlands. Ich werde ihn auch im nachhinein nicht dafür kritisieren. Aber ich könnte Ihnen die Gründe darlegen, warum ich auf keinen Fall in diese Ost-CDU eintreten wollte. Die habe ich noch im Gedächtnis, wenn mir vorgehalten wird, es sei etwas absolut anderes, ob man in der SED oder in der CDU gewesen sei. Die Unterschiede sind wahrnehmbar; aber an einem Punkt ist der Unterschied nicht sehr gering. Er heißt für mich: Wie lange wollen wir in Deutschland dieses unerträgliche und unanständige Spiel treiben, Leute auf ihre Vergangenheit zu fixieren? Ich halte das politisch und moralisch schlicht für unanständig. - Das vorweg.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Nun ein paar wenige Bemerkungen zum Thema. Wenn man diesen Haushaltsentwurf der Bundesregierung liest, dann sieht man, daß die Bundesregie-

    Wolfgang Thierse
    rung stillschweigend das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland beerdigt hat. Sie müssen doch wissen, daß die Wirkungen Ihres Sparpakets im Osten noch viel drastischer sind als im Westen angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten, in denen wir dort stecken.
    Der Abstand zwischen Ost und West - die Zahlen, die immerfort veröffentlicht werden, sind doch eindeutig - schrumpft nicht mehr. Er stagniert allenfalls. Seit der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sinken die Ausgaben des Bundes für Ostdeutschland. Die Kürzungen der Ausgaben im vorliegenden Haushalt betragen 9 Milliarden DM. Die Zahl stammt von Herrn Ludewig. Er muß es wissen; er ist dafür zuständig.
    Ich kann es noch im einzelnen sagen: 1,7 Milliarden DM weniger für ABM im Osten Deutschlands, 400 Millionen DM weniger für die Gemeinschaftsaufgabe Ost, 123 Millionen DM weniger für Eigenkapitalhilfe, 40 Millionen DM weniger für Forschungsförderung usw. - und das angesichts einer Situation, in der die Arbeitslosigkeit, die überall gleich schlimm ist, im Osten Deutschlands geradezu katastrophal ist. Aber Sie gehen mit Ihren ABM-Plänen darüber hinweg. Sie sparen auf Kosten der Menschen im Osten.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das werden wir morgen alles diskutieren!)

    Sie sparen auf Kosten der Arbeitslosen, der Frauen, der Wohngeldempfänger. Die Novellierung, die Veränderung des Wohngelds Ost ist nur noch der letzte Punkt. Sie sparen im Forschungsetat zu Lasten der Zukunft und der Wettbewerbsfähigkeit von morgen.
    Die Bundesregierung handelt, was die ostdeutsche Wirtschaft und den ostdeutschen Arbeitsmarkt betrifft, wider besseres Wissen. Sie wissen, was ein Einbruch bei der ABM-Förderung in dem Maße, wie Sie ihn vorbereiten, bedeutet. Das haben Ihnen Paul Krüger und andere ostdeutsche Landsleute der Regierungsfraktionen hinter verschlossenen Türen, aber auch öffentlich mitgeteilt.
    Nachdem der stellvertretende Parteivorsitzende und ranghöchste CDU-Ostdeutsche, Herr Bergner, beschwichtigt hat: „Ich habe mich noch nie mit jemanden aus der Bundesregierung gestritten", brauchten Sie die Kritik aus Ostdeutschland von der ostdeutschen CDU wohl nicht mehr ernst zu nehmen. Vielleicht hätten Sie wenigstens auf Rüdiger Pohl hören sollen. Der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle hat am 17. Juli wissen lassen, daß der ostdeutsche Arbeitsmarkt mit Sicherheit nicht reif für den massiven Abbau von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sei.
    Das Schicksal derjenigen, die auf Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen angewiesen sind, interessiert so wenig; so wenig, daß die Herren Weng und Roth bereits jetzt die nächsten Kürzungen genau in diesem Bereich einleiten. „An der Senkung der Ausgaben für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen führt kein Weg vorbei" sagen die haushaltspolitischen Sprecher von Union und F.D.P. Sie kündigen schon jetzt den nächsten Schritt an und demontieren schon jetzt, bevor
    die ostdeutschen CDU- und F.D.P.-Kollegen überhaupt ein wenig Erfolg haben, deren Bemühungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen jetzt eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Die Arbeitslosen sind weder Schuldige noch Verursacher der Massenarbeitslosigkeit. Sie sind Opfer; das wissen Sie. Deswegen brauchen wir auch so etwas wie einen Lastenausgleich zugunsten Ostdeutschlands.
    Ich will Ihnen noch sagen - damit hat meine Intervention ihr Ende -: Wir werden Sie daran messen - das ist unser Prüfstein -, inwiefern es Ihnen gelingt, die Kürzung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Ostdeutschland zurückzunehmen.
    Nicht das ständige Gerede über die PDS ist der angemessene Umgang mit Ostdeutschland.

    (Beifall bei der SPD)

    Ernstzunehmen, was Sie irgendwann einmal angekündigt haben, ist das beste Mittel, diese PDS so klein zu kriegen, wie sie es nach ihrer historischen Leistung verdient hat.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Bundesverteidigungsminister Rühe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Mitglied der Bundesregierung steht es mir zwar nicht zu, etwas zur Struktur dieser Debatte zu sagen. Aber ich möchte trotzdem zum Ausdruck bringen, daß wir den einzelnen Sachbereichen in dieser Form nicht gerecht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

    Die Organisation dieser Debatte erinnert mich ein wenig an die Geradlinigkeit des Kunstwerkes dort oben im Saal. Wir sollten vielleicht darüber nachdenken, wie wir den einzelnen Sachbereichen gerechter werden.
    Als Mitglied der Bundesregierung begehe ich jetzt einen zweiten Formverstoß, denn als Verteidigungsminister dürfte ich nicht auf das antworten, was der Kollege Thierse hier gesagt hat. Aber ich bin der Meinung, daß man in einer Debatte auf das eingehen sollte, was der Vorredner geäußert hat. Zunächst einmal möchte ich Ihnen zustimmen: In der Generaldebatte muß natürlich über die Situation der inneren Einheit, aber auch über jeden einzelnen Etat gesprochen werden.
    Was Sie über die Debatte SPD und PDS gesagt haben - ich habe als früherer Generalsekretär Erfahrungen aus dem Einheitsprozeß - beruht auf einem fundamentalen Mißverständnis. Sie haben gesagt, es könne nicht darum gehen, Leute auf ihre Vergangenheit zu fixieren. In diesem Punkt möchte ich Ihnen ausdrücklich zustimmen. Darum geht es auch nicht. Jemand, der früher Mitglied der SED war - und das waren über zwei Millionen - und der glaubwürdig den Weg in eine demokratische Partei - ob



    Bundesminister Volker Rühe
    nun SPD oder CDU - gefunden hat, der wird nicht auf die Vergangenheit fixiert. Die PDS ist aber keine Neugründung; sie hat sich nicht von der SED abgewandt. Sie wird nicht von uns künstlich auf ihre Vergangenheit fixiert; sie hat sich vielmehr selbst in der Vergangenheit eingeschlossen. Das muß in diesem Zusammenhang kritisiert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU Zuruf der Abg. Dr. Barbara Höll [PDSJ)

    Daß ich mich nicht daran beteilige - da bin ich schon wieder beim Verteidigungsminister -, Leute auf ihre Vergangenheit zu fixieren, können Sie daran sehen, daß ich - übrigens im Unterschied zu anderen - rund 10 000 Offiziere und Unteroffiziere übernommen habe. Ich habe heute Bataillonskommandeure der Bundeswehr im Westen, die in Moskau nach den Richtlinien des Warschauer Pakts ausgebildet worden sind, zu denen ich volles Vertrauen habe und denen ich die jungen Wehrpflichtigen aus Westdeutschland anvertraue. Sie sehen: keine Fixierung auf die Vergangenheit, sondern wir halten uns an die Gegenwart und an die Zukunft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Deswegen noch einmal: Wenn Sie sich mit der PDS zusammentun, die keine Neugründung ist und die niemals den Abstand zur SED gefunden hat,

    (Widerspruch bei der PDS)

    dann ist das etwas, was von uns kritisiert wird. Ich glaube, daß gerade diejenigen in Ihren Reihen, die sich um die Neugründung der SPD besondere Verdienste erworben haben und die mit den Leuten zusammengearbeitet haben, die im Widerstand standen, große Bauchschmerzen haben.
    Lassen Sie uns darin übereinstimmen, all denen eine Chance zu geben, die sich von der Vergangenheit lösen wollen und die mit uns in Gegenwart und Zukunft zusammenarbeiten wollen. Das genau ist bei der PDS nicht erkennbar, aber bei vielen, die in der Vergangenheit in der DDR häufig deshalb einen anderen Weg gegangen sind, weil sie gar keine anderen Möglichkeiten hatten. Ich glaube, das ist in diesem Zusammenhang die richtige Aussage.
    Das zweite. - Ich kann keine wirkliche verteidigungspolitische Debatte führen, sondern nur einige wenige Bemerkungen machen. - Wir haben in den letzten beiden Jahren die konzeptionellen Grundlagen für die künftigen Aufgaben unserer Streitkräfte, für die künftige Struktur der Bundeswehr, für den Personalumfang und für ihre Ausrüstung geschaffen. Zugleich - das ist vielleicht das Wichtigste - ist schrittweise ein breiter Konsens für den Einsatz unserer Soldaten herangereift. Ich freue mich über das, was eigentlich aus dem ganzen Deutschen Bundestag an Lob über unsere Soldaten gesagt worden ist. Sie haben das wirklich verdient.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dieser Konsens, Herr Kollege Verheugen, ist ein hohes Gut. Wir tun gut daran, damit verantwortungsvoll umzugehen. Ich werde das tun und auch für zukünftige Entscheidungen den Konsens suchen. Die Zeit des Grundsatzstreits ist vorbei.
    Nach IFOR gibt es eine Verantwortung. Das zeichnet sich ab. Ich werde zu gegebener Zeit für die Bundesregierung einen Vorschlag machen. Wir brauchen ein klares Mandat. Nach meiner festen Überzeugung brauchen wir auch eine zeitliche Begrenzung. Ich persönlich bin der Meinung, daß es eine gute Entscheidungsgrundlage für die Zukunft wäre, eine sich bietende Chance für eine enge deutsch-französische Zusammenarbeit, etwa mit Teilen der deutsch-französischen Brigade, zu nutzen; zum Beispiel könnten deutsche und französische Soldaten an demselben Ort in Bosnien und in derselben Form zusammenarbeiten. Darum geht es mir bei meinen Überlegungen, die wir in den nächsten Monaten miteinander austauschen werden.
    Herr Kollege Verheugen, Sie haben die Haushaltskürzungen im Etat beklagt. Das ist bei mir auf viel Sympathie gestoßen. Ihre finanzpolitische Sprecherin hat gestern gelobt, daß wir auf 1,8 Milliarden DM zu verzichten haben. Sie sehen, wie innerhalb einer Regierung, so gibt es natürlich auch in einer Fraktion unterschiedliche Akzente. Ich warne Sie aber davor, diese Tatsache schon als Regierungsfähigkeit anzusehen.

    (Heiterkeit)

    Natürlich stehen wir vor sehr schwierigen Entscheidungen. Aber ich habe Entscheidungen getroffen, während Sie sie in ihren Ausführungen noch offengelassen haben. Ich habe ganz eindeutig gesagt, daß es eine klare Grundregel gibt: Wir halten an der Struktur fest; es wird keine weiteren Eingriffe in die Struktur der Bundeswehr geben.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Das ist auch ganz wichtig für das Vertrauen der Soldaten in die Zukunft: keine Eingriffe in die Stationierung, keine Eingriffe in die Ausbildung, keine Eingriffe in den Übungsbetrieb.
    Meine Entscheidung ist ganz eindeutig, und mich würde interessieren, wie Sie das sehen: Das, was eingespart werden muß, muß bei den Beschaffungen eingespart werden. Einige Sachen müssen gestrichen werden, und andere Sachen müssen gestreckt werden. Darüber müssen wir uns unterhalten. Auch bei den Baumaßnahmen wird es Abstriche geben, wobei allerdings die entscheidenden Projekte im Osten geschont werden.
    Diese Entscheidung steht auf Grund der finanziellen Eingriffe. Ich würde mich freuen, wenn wir auch hierüber einen Konsens erzielen könnten.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit dem Jäger 90? Wer finanziert den denn jetzt?)

    - Darüber zu sprechen, werden wir im Laufe der Haushaltsberatungen noch Gelegenheit haben. Sie sehen ja im Haushaltsentwurf, wie knapp die Mittel sind. Aber ich hoffe, daß wir bis zur zweiten und dritten Lesung im November Klarheit haben werden. Für uns steht jedenfalls fest: Struktur und Umfang

    Bundesminister Volker Rühe
    der Bundeswehr stehen nicht zur Diskussion. Ich hoffe, daß es auch darüber einen Konsens gibt.
    Das zweite: Die Wehrpflicht steht nicht zur Diskussion. Die Wehrpflicht in Deutschland ist nach unserer festen Überzeugung ein Kernfaktor für Stabilität in Europa. Auch hier würde ich mich freuen, wenn dieser Konsens halten würde; denn das ist ganz wichtig für die Bundeswehr.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Satz diskutieren wir nächstes Jahr noch einmal!)

    Letztlich kommt es darauf an, daß wir uns fragen, was wir eigentlich in erster Linie von unseren Streitkräften erwarten. Da gibt es einige, die völlig fahrlässig davon gesprochen haben, es sei die Aufgabe der Bundeswehr, sich ständig in Somalia und anderswo aufzuhalten. Das ist ein gewaltiger Irrtum. Die Kernaufgabe der deutschen Soldaten ist und bleibt es, hier in der Mitte Europas Stabilität zu schaffen. Deswegen ist die Kernaufgabe die Landes- und Bündnisverteidigung. Dabei bleibt es und das kann man am besten mit einer Mischung aus Berufssoldaten und Wehrpflichtigen erreichen, so wie es die erfolgreiche Formel der Bundeswehr in den letzten Jahrzehnten gezeigt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Nur eine Teilfähigkeit, nämlich bis zu 50 000 in allen Teilstreitkräften, bilden wir als überwiegend professionalisierte Einheiten für Einsätze aus, die darüber hinausgehen. Ich halte schon den Vorschlag für einigermaßen abenteuerlich, daß die gesamten deutschen Streitkräfte für eine solche Aufgabe jenseits des Bündniseinsatzes ausgebildet und vorbereitet werden sollten.

    (Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer tut denn das?)

    Das müssen diejenigen sehen, die die Wehrpflicht kritisieren und für die Berufsarmee eintreten. Bei den Grünen ist das ganz besonders verquer.
    Welche Aufgaben haben eigentlich die deutschen Streitkräfte? Ich sehe sie in der Mitte Europas für Stabilität sorgen. Wir haben keine Feinde mehr. Gott sei Dank. Aber die NATO ist ein Bündnis gegen Instabilität. Sie ist ein Bündnis gegen Gefahren, nicht gegen Feinde und Gegner. Die Hauptaufgabe der deutschen Streitkräfte ist es, in der Mitte Europas in der Landes- und Bündnisverteidigung für Stabilität zu sorgen. Dem entspricht die Struktur unserer Streitkräfte.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das dritte, was nicht zur Diskussion steht, ist die Armee der Einheit. Auch hier werden wir planmäßig vorangehen, trotz aller Schwierigkeiten. Wir müssen natürlich bei wichtigen Großvorhaben strecken. Darüber werden wir im einzelnen bei den Haushaltsberatungen zu sprechen haben. Als letztes möchte ich sagen: Der Bundeskanzler hat in seinem Sommerinterview im August, und ich zitiere ihn, zu Recht gesagt:
    Wir sind so weit gegangen bei der Bundeswehr, daß auf gar keinen Fall jetzt noch mehr bei der Bundeswehr weggenommen werden kann, wenn sie ihre Funktion erhalten will.
    Ich glaube, daß ist ein Satz, den das ganze deutsche Parlament unterschreiben kann. So habe ich auch Ihren Redebeitrag, Herr Kollege Verheugen, als eine Unterstützung für diese Linie verstanden.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wenn hier mal kein bewußtes Mißverständnis vorliegt!)

    So wie wir die Bundeswehr im Augenblick im Einsatz, aber auch bei den in Deutschland wahrgenommenen Aufgaben erleben, hat sie verdient, daß sich das ganze deutsche Parlament hinter sie stellt. Das gilt für die Aufgaben, für den Einsatz und für die Finanzierung auf der Grundlage des Niveaus, das jetzt erreicht ist. Darum möchte ich Sie ganz herzlich bitten.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)