Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gehört ja zu den seltenen, aber deshalb um so eindrucksvolleren Erlebnissen eines Haushaltspolitikers, in der Grundsatzdebatte, in der Elefantenrunde auch ein paar Worte zum schnöden Mammon zu sagen.
Ich habe den ganzen Vormittag aufgepaßt: Es ist schon eindrucksvoll, wie Diplomaten, Außenpolitiker, Staatsmänner dieses große Thema gründlich behandeln, aber außerordentlich ungern über das Geld reden. Dabei ist Außenpolitk, ob man das will oder nicht, nach innen und nach außen leider Gottes, Herr Staatsminister, auch immer mit Geld verbunden.
- Es ist gut angelegtes Geld.
Es ist ja nicht der größte Etatposten. Eigentlich ist der Haushalt des Auswärtigen Amtes, gemessen am Gesamthaushalt des Bundes, sehr bescheiden. Er macht nur 0,83 Prozent des Gesamthaushaltes aus. Dennoch ist auch dieser Haushalt des Außenministeriums, der Einzelplan 05, wieder ein Sparhaushalt, weil er trotz gewachsener internationaler Auf gaben gegenüber 1996, gemessen am Finanzplan, 180 Millionen DM weniger bzw., gemessen am Soll des letzten Jahres, 150 Millionen DM weniger ausweist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran mögen Sie erkennen, wie schwer es uns im Haushaltsausschuß werden wird, außerordentlich berechtigte Anliegen von allen Seiten des Hauses finanziell zu etatisieren. Ich denke nur an das Problem der Minenräumung, daran, daß wir mit der 1,5prozentigen Stellenkürzung beim Auswärtigen Amt fertig werden müssen, obwohl die Aufgaben, gerade in unseren Auslandsvertretungen, ständig zunehmen.
Ich denke zum Beispiel an die im Zusammenhang mit der Diskussion um den Standort Deutschland als notwendig erachtete Verstärkung unserer Auslandsvertretungen, um der deutschen Wirtschaft zu helfen. Es ist ja schon manchmal erschütternd, wenn man draußen in der Welt feststellt, daß zum Beispiel die USA, Großbritannien und Frankreich - die USA hebe ich jetzt ganz deutlich hervor - manchmal zehn- bis zwanzigmal mehr Personal nur in den Wirtschaftsabteilungen ihrer Auslandsvertretungen zur Verfügung haben und daß wir mit zwei, drei Leuten in der Wirtschaftsabteilung der großen Botschaften herumkrebsen. Ganz davon zu schweigen, daß auch Persönlichkeiten der amerikanischen Staatsführung bis hinauf zum Präsidenten und zum Vizepräsidenten bei der Akquirierung für amerikanische Unternehmen behilflich sind.
Als Haushälter gehe ich mit der Sparlinie der Koalition absolut konform. Aber wir sollten uns schon einmal gemeinsam überlegen, ob wir nicht bei diesem Haushalt damit beginnen sollten, wenigstens diejenigen Auslandsvertretungen, die mit Konsularangelegenheiten, mit Wirtschaftsangelegenheiten, mit Angelegenheiten der Bekämpfung der internationalen Kriminalität befaßt sind, von dieser Kürzung auszunehmen. Angesichts dieses kleiner werdenden Haushalts müßte das im Prinzip auch möglich sein.
Ich habe mir diesmal vorgenommen - darüber habe ich mir Gedanken gemacht -, ein paar Worte über die Finanzierung der internationalen Organisationen zu verlieren. Dieses Thema beschäftigt ja nicht nur den Deutschen Bundestag verstärkt. Wir müssen uns allmählich Gedanken machen über die aufgeblähten, teilweise finanziell zu üppig ausgestatteten Personal- und Organisationskörper in fast allen internationalen Organisationen.
Denn wenn wir schon bei uns in Deutschland Haushaltskonsolidierung auch für den Bereich des Auswärtigen Amtes betreiben, dann muß es doch erlaubt sein, wenigstens nachzufragen, ob nicht auch die Haushalte der großen internationalen Organisationen - Europäische Union, Vereinte Nationen, WTO, die Nachfolgeorganisation des Welthandelsabkommens, und natürlich auch die NATO - entsprechend behandelt werden können. Ich möchte sagen - ich merke das ja auch im Haushaltsausschuß, wo die Kollegen von der Opposition dazu einen eigenen Antrag eingebracht haben -, daß wir uns mit diesem Thema alsbald befassen müssen, weil unsere eigene Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird, wenn wir im Inland sparen wollen und im Ausland nicht.
Ich will es jetzt ein wenig quantifizieren. Deutschland ist Beitragszahler - wenn ich eine Quizsendung mitmachen würde, würde ich die beiden Tassen, die es im „Morgenmagazin" des ZDF zu gewinnen gibt, mit Sicherheit nicht bekommen, wenn man eine diesbezügliche Frage stellt - in 369 internationalen Organisationen. Wir werden im Jahre 1996 dorthin Pflichtbeiträge in Höhe von 6,6 Milliarden DM überweisen.
Natürlich kommt Deutschland damit seinen auch nach der Wiedervereinigung gewachsenen internationalen Verpflichtungen - vielleicht wie kaum ein anderes Land in der Welt - nach; mit den Amerikanern will ich uns gar nicht vergleichen. Aber ungeprüft kann das in Zukunft so nicht bleiben, wenn wir in unserem eigenen Land unsere eigenen Ministerien und unsere eigenen Behörden so stringent wie möglich auf Sparsamkeit überprüfen. Wir müssen -ob es dem einen oder anderen Partner paßt oder nicht - vor allen Dingen auch einmal das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag bei diesen Organisationen überprüfen. Evaluierung nennt man das.
Meine Damen und Herren, ich habe mir in diesen Tagen die Unterlagen über die Besoldung der Beschäftigten bei der Europäischen Kommission be-
Dr. Erich Riedl
sorgt. Das Bundesbesoldungsgesetz in Deutschland kenne ich. Das ist ziemlich dick.
Aber das mir übergebene Gesamtwerk der Besoldung der Bediensteten der Europäischen Kommission - die Ministerien haben mir gesagt, sie konnten mir noch nicht alles zusammenstellen - ist noch dikker.
- Vielen Dank für den Hinweis. Die restlichen Unterlagen habe ich angefordert. Die weitgehende Steuerfreiheit dieser Bezüge ist einmalig.
- Da wir im Prinzip alle etwas von Fußball verstehen, kenne ich den Vergleich brutto gleich netto aus meiner früheren Zeit als Präsident von 1860 München.
Ich weiß nur, verehrter Herr Kollege, daß mir dies auch gewisse Nachfragen des Münchener Finanzamts eingebracht hat, die ich dann Gott sei Dank in Abwendung größeren Schadens relativ schnell klären konnte. Ich bin für den Hinweis dankbar, weil wir uns im Zusammenhang mit der Steuerreform auch einmal mit dieser Thematik befassen müssen.
Ich will das Problem der Europäischen Union ein bißchen näher beleuchten. Richtig ist, daß Deutschland seit Jahren mit Abstand größter Nettozahler in der Europäischen Union ist. Mit dem berühmten Eigenmittelbeschluß der Europäischen Union vom 31. Oktober 1994 ist die Finanzausstattung der Europäischen Union bis 1999 festgelegt. Daraus lassen sich die deutschen Beitragszahlungen ableiten. Sie wissen: 1995 waren es 41 Milliarden DM, 1996 sind es 44 Milliarden DM, und, wenn ich es noch richtig im Kopf habe, werden wir Ende 1999 bei fast 90 Milliarden DM Beitragszahlungen ankommen.
Auf Grund der geringeren Zahlungen aus dem EUBereich nach Deutschland ergibt sich der berühmte Nettobetrag, der 1995 26 Milliarden DM betrug, wobei Rückerstattungen in Höhe von rund 5 Milliarden DM, über die gestern schon der Kollege Seibel gesprochen hat, nicht berücksichtigt sind.
Aber eines muß doch für alle in diesem Haus klar sein: Dieser Nettobetrag ist viel zu hoch; denn Deutschland trägt über die Hälfte des Nettoressourcentransfers innerhalb der EU. Dies fördert bei der derzeitigen übermäßigen finanziellen Belastung in Deutschland draußen in der Bevölkerung - und da braucht man sich gar nicht zu wundern - mit Sicherheit nicht die Akzeptanz der europäischen Integration und auch nicht die Diskussionen über die Europäische Währungsunion. Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir uns als Parlamentarier nicht endlich
einmal gründlich mit dieser Thematik auseinandersetzen.
Dieser Zustand kann mittelfristig auch nicht im Interesse der anderen Mitgliedstaaten sein, weil dieser nämlich dem Solidaritätsgedanken der Gemeinschaft widerspricht. Vor diesem Hintergrund haben Bundestag und Bundesrat - wenn ich das richtig im Kopf habe, gab es im Bundestag nicht einmal Gegenstimmen - die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, künftig für eine gerechtere Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten der EU zu sorgen.
Ein erster Erfolg ist bereits zu verzeichnen. Leider ist er in der deutschen Öffentlichkeit bisher eigentlich nur bei den Fachleuten bekanntgeworden. Der sogenannte Budgetrat der Europäischen Union hat nämlich am 25. Juli dieses Jahres nach außerordentlich schwierigen Verhandlungen und auf massiven Druck des deutschen Finanzministers mit qualifizierter Mehrheit den Haushaltsentwurf der Europäischen Union für nächstes Jahr in Höhe von 81,6 Milliarden ECU aufgestellt und damit zum erstenmal in der Geschichte der Europäischen Vereinigung - von Anbeginn - einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der um 0,3 Prozent unter dem Volumen des Vorjahres liegt. Die Kommission selbst - ihr Sparwille scheint nicht so sehr ausgeprägt zu sein - hatte einen Entwurf vorgelegt, der ein Plus von 3,2 Prozent vorsah. Meine Damen und Herren in der Kommission, so können Sie künftig keine Haushalte mehr vorlegen.
Es ist erstmals eine Trendwende im Haushalt der Europäischen Union eingeleitet. Auch wenn Sie nicht der CSU angehören, ist es sicherlich angebracht, dem deutschen Finanzminister, Dr. Theo Waigel, für diesen Kraftakt in diesem Hohen Haus ein herzliches Dankeschön zu sagen.