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ID1312108100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Graf Heinrich von Einsiedel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, daß die Bundesregierung auch im Verteidigungshaushalt zu einem gewissen Sparzwang gekommen ist - erst in diesem Jahr und leider nicht unter dem Druck der SPD, wie vorhin Herr Verheugen festgestellt hat.
    In dieser Haushaltsdebatte geht es also vornehmlich um das Sparen, um die nach unserer Meinung verfassungswidrige Demontage des angeblich unbezahlbar gewordenen Sozialstaates. Aber trotz dieses Sparzwanges leisten wir uns immer noch einen Verteidigungshaushalt, der nur wenig mehr als 10 Prozent unter dem der letzten Jahre des kalten Krieges liegt: 46,5 Milliarden DM. Nach NATO-Kriterien, wenn also alles das mitgerechnet wird, was sich in anderen Haushalten versteckt, in Wahrheit aber dem Verteidigungshaushalt zuzurechnen wäre, wären es fast 60 Milliarden DM, und das, obwohl der Personalbestand der Bundeswehr erheblich gesenkt wurde.
    Der Feind, gegen den sich diese gewaltige Rüstung gerichtet hatte, den man nach einer die breite Öffentlichkeit beherrschenden Meinung in einem gewaltigen Rüstungswettlauf erfolgreich totgerüstet hat, ist entgegen aller Wahrscheinlichkeit und geschichtlichen Erfahrung kampflos von der Weltbühne abgetreten. Die Bedrohung unmittelbar an unseren Grenzen, gegen die man zur Vorwärtsverteidigung, also zum Angriff, fähig sein wollte und mit der die Rüstung gerechtfertigt wurde, ist Ihnen abhanden gekommen. Ist es da ein Wunder, wenn sich die Bürger dieses Landes die Frage stellen, wozu wir in aller Welt noch eine so gewaltige Kampfmaschine wie die Bundeswehr brauchen? Ist es ein Wunder, daß sich jeder dritte Wehrpflichtige eines neuen Jahrgangs weigert, in dieser Bundeswehr zu dienen, obwohl ihm das hierzulande weiß Gott nicht zum Vorteil gereicht?
    Nun wird jeder Mensch, der etwas differenzierter und ohne ideologische Scheuklappen über diese Probleme nachdenkt, einsehen, daß es verdammt schwer ist, einen solch gigantischen Apparat wie die Bundeswehr, den man über Jahrzehnte aufgebaut hat - warum auch immer -, unter rechtsstaatlichen Bedingungen auf ein erträgliches Maß zurückzustutzen. Aber Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, machen ja nicht einmal den geringsten Versuch dazu.
    Es liegen verschiedene Überlegungen vor, wie eine schrittweise Umwandlung der Bundeswehr von einer Wehrpflichtigenarmee von 340 000 Mann in eine Freiwilligenarmee von höchstens 200 000 Mann möglich wäre, die allein schon eine Ersparnis von 13 bis 15 Milliarden DM im Verteidigungshaushalt ermöglichen würde. Aber selbst eine solch vorsichtige Anpassung der Bundeswehr an die neuen weltpolitischen Bedingungen würde einige Jahre beanspruchen.
    Es gibt in den Koalitionsparteien schon vereinzelte Stimmen, die eine Umstrukturierung der Bundeswehr in dieser Richtung befürworten. Trotzdem wehren sich die Regierungsparteien mit höchster Vehemenz gegen solche vernünftigen Einsichten, und das, obwohl sich auch mit einer solchen Armee alle sicherheitspolitischen Erfordernisse, mit denen die Regierung die jetzige Struktur der Bundeswehr verteidigt, befriedigen ließen. Denn auch mit einer solchen Armee wäre die Bundesrepublik ausreichend - ich meine sogar: besser - zu verteidigen, weil eben

    Heinrich Graf von Einsiedel
    länger und damit besser ausgebildete Freiwillige auch die besser ausgebildete Truppe ergeben, die im schrecklichen Ernstfall erfolgreicher und mit erheblich geringeren Verlusten kämpfen könnte.
    Der Bundeskanzler hat heute morgen behauptet, die Opposition sei nicht fähig und nicht willens, sich auf die dramatischen, globalen Veränderungen der letzten Jahre einzustellen. Es ist nicht meine Aufgabe, darauf zu antworten. Unbestreitbar ist allerdings, daß in der Verteidigungspolitik und im Verteidigungshaushalt praktisch überhaupt nicht auf diese dramatischen Veränderungen reagiert wird. Riesige Beschaffungsprogramme werden auf den Weg gebracht. Der Um- und Aufrüstungsprozeß geht nur schwach gebremst weiter. Und im Jahre 2000 will man praktisch schon wieder bei den Ausgaben angelangt sein, die man im kalten Krieg für nötig hielt. Ich bezweifle, daß die überwältigende Mehrheit der Bürger dieses Landes noch lange dafür Verständnis aufbringt. Den Bürgern wird auf unabsehbare Zeit die Last einer Rüstung auferlegt, die der neuen Lage nach der Wende überhaupt nicht Rechnung trägt.
    Die Abschaffung der Wehrpflicht und damit des Zivildienstes würde übrigens einen sehr positiven Effekt für die demokratische Kultur dieses Landes haben.

    (Beifall bei der PDS)

    Ich, wir - meine Partei - sind, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, kompromißlose Verteidiger der Gewissensfreiheit. Und zur Gewissensfreiheit gehört eben auch die Freiheit, freiwillig als Soldat zu dienen, wenn diese Gesellschaft meint, Soldaten zu brauchen. Aber zur Gewissensfreiheit gehört eben auch die Freiheit, ein fundamentaler Pazifist zu sein.

    (Beifall bei der PDS)

    Der vor fast 70 Jahren geschriebene Satz „Soldaten sind Mörder", der zu den schrecklichen Diskussionen geführt hat, hatte damals seine völlige Berechtigung. Er umfaßte die schrecklichen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, der den Absturz Europas in barbarische Zustände herbeiführte. Er war eine leider nur allzu berechtigte Warnung vor einem - damals besonders auch in der Reichswehr gepflegten - Zeitgeist, der in die noch größere Katastrophe des Zweiten Weltkrieges führte.
    Wer will denn ernsthaft bestreiten, daß die Massenabschlachtungen von Feinden, unter welchem Titel auch immer - Juden, Kulaken, Polen, Russen, Deutsche, Armenier, Serben, Kroaten, Kommunisten, Pazifisten, Faschisten - erst durch den Krieg 1914/18 vorstellbar und damit realisierbar geworden sind und im Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt fanden?
    Ich wundere mich übrigens, daß in der hysterischen Diskussion über das Buch von Goldhagen dieser psychologische Aspekt, diese Voraussetzung, die dieses Massenabschlachten möglich gemacht hat, nie erwähnt wird.

    (Beifall bei der PDS)

    Also damals, Ende der 20er Jahre, hatte der grob vereinfachende Satz von Tucholsky seine volle Berechtigung. Aber inzwischen sind 70 Jahre vergangen. Wir leben nicht mehr in der Weimarer Demokratie, dieser Republik ohne Republikaner, sondern in einem Staat, in dem die demokratische Grundüberzeugung fest verankert ist und nur von unbedeutenden Randgruppen bestritten wird. In einem solchen Staat halte ich die generelle Ächtung des Soldaten, der der Verteidigung seines Landes dienen will, für genauso unangebracht wie die generelle Ächtung des Pazifisten, der überzeugt ist, daß jeder Krieg, auch der gerechteste, ein schlimmes Verbrechen an der Menschheit darstellt. Ächtung des Nächsten - unter welchem Vorwand auch immer - ist eben genau der Weg, der in Konflikte führte, die dann letztlich mit Gewalt, mit Krieg gelöst werden.

    (Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll [PDS])

    Meine Damen und Herren, wir sehen mit großer Sorge, welcher Aufwand jetzt wieder betrieben wird, um die „Gestalt des Soldaten" - dieser unsägliche Begriff von Ernst Jünger - wieder wie ein Denkmal auf die Plattform zu heben. Ich habe überhaupt etwas gegen Plattformen.

    (Zuruf von CDU/CSU und der F.D.P.: Aha! Heinrich Lummer [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    In zahlreichen Veröffentlichungen aus dem Umfeld der Bundeswehr wird das Soldatentum an sich, die bedingungslose Bereitschaft zu kämpfen, zu töten und zu sterben, in der meine Generation so erfolgreich erzogen worden ist, wieder in unerträglicher Weise gefeiert und sozusagen als die höchste Bürgerpflicht gelobt.
    Die unbestreitbaren militärischen Leistungen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg werden als ein Wert an sich gefeiert, ohne auch nur einmal die Frage nach der Verantwortung des Soldaten zu stellen. Man kann die Wehrmacht nicht von der Mitverantwortung freisprechen für die Verbrechen hinter der Front. Die Wehrmacht hat den SS-Mördern den Weg durch ganz Europa freigeschossen.
    Es ist wahr: Die Wehrmacht hat unter fürchterlichen Verlusten zunächst für die Eroberung des angeblich dringend benötigten Lebensraums gekämpft und dann, als sie schon geschlagen war, noch jahrelang unter vielfachen Verlusten den verbrecherischen und obendrein längst verlorenen Krieg weitergeführt bis auf die Trümmer der Reichskanzlei.
    Und ich frage mich, wie man einerseits die Verschwörer des 20. Juli feiern kann und praktisch im gleichen Atemzug an anderen Stellen diese Verschwörung als die Tat verantwortungsloser Gesinnungsethiker hinstellt, die nur zum Zusammenbruch der Fronten geführt hätte. Ja, hätte sie mal! Wäre das gelungen, wären Deutschland an die 5 Millionen Tote erspart geblieben. Und hier rede ich nur von Deutschen, nicht von den Millionen, die noch auf anderer Seite gefallen sind, und von den Verbrechen, die in diesen letzten schrecklichen neun Monaten begangen worden sind. Aber das ist die Doppelzüngigkeit der Traditionspflege der Bundeswehr, die je-

    Heinrich Graf von Einsiedel
    den von Ihnen, meine Damen und Herren, in diesem Hause mit Sorge erfüllen müßte.
    Danke.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Dr. Riedl, CDU/CSU.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Riedl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gehört ja zu den seltenen, aber deshalb um so eindrucksvolleren Erlebnissen eines Haushaltspolitikers, in der Grundsatzdebatte, in der Elefantenrunde auch ein paar Worte zum schnöden Mammon zu sagen.
    Ich habe den ganzen Vormittag aufgepaßt: Es ist schon eindrucksvoll, wie Diplomaten, Außenpolitiker, Staatsmänner dieses große Thema gründlich behandeln, aber außerordentlich ungern über das Geld reden. Dabei ist Außenpolitk, ob man das will oder nicht, nach innen und nach außen leider Gottes, Herr Staatsminister, auch immer mit Geld verbunden.

    (Staatsminister Dr. Werner Hoyer: Gut angelegtes Geld!)

    - Es ist gut angelegtes Geld.
    Es ist ja nicht der größte Etatposten. Eigentlich ist der Haushalt des Auswärtigen Amtes, gemessen am Gesamthaushalt des Bundes, sehr bescheiden. Er macht nur 0,83 Prozent des Gesamthaushaltes aus. Dennoch ist auch dieser Haushalt des Außenministeriums, der Einzelplan 05, wieder ein Sparhaushalt, weil er trotz gewachsener internationaler Auf gaben gegenüber 1996, gemessen am Finanzplan, 180 Millionen DM weniger bzw., gemessen am Soll des letzten Jahres, 150 Millionen DM weniger ausweist.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran mögen Sie erkennen, wie schwer es uns im Haushaltsausschuß werden wird, außerordentlich berechtigte Anliegen von allen Seiten des Hauses finanziell zu etatisieren. Ich denke nur an das Problem der Minenräumung, daran, daß wir mit der 1,5prozentigen Stellenkürzung beim Auswärtigen Amt fertig werden müssen, obwohl die Aufgaben, gerade in unseren Auslandsvertretungen, ständig zunehmen.
    Ich denke zum Beispiel an die im Zusammenhang mit der Diskussion um den Standort Deutschland als notwendig erachtete Verstärkung unserer Auslandsvertretungen, um der deutschen Wirtschaft zu helfen. Es ist ja schon manchmal erschütternd, wenn man draußen in der Welt feststellt, daß zum Beispiel die USA, Großbritannien und Frankreich - die USA hebe ich jetzt ganz deutlich hervor - manchmal zehn- bis zwanzigmal mehr Personal nur in den Wirtschaftsabteilungen ihrer Auslandsvertretungen zur Verfügung haben und daß wir mit zwei, drei Leuten in der Wirtschaftsabteilung der großen Botschaften herumkrebsen. Ganz davon zu schweigen, daß auch Persönlichkeiten der amerikanischen Staatsführung bis hinauf zum Präsidenten und zum Vizepräsidenten bei der Akquirierung für amerikanische Unternehmen behilflich sind.
    Als Haushälter gehe ich mit der Sparlinie der Koalition absolut konform. Aber wir sollten uns schon einmal gemeinsam überlegen, ob wir nicht bei diesem Haushalt damit beginnen sollten, wenigstens diejenigen Auslandsvertretungen, die mit Konsularangelegenheiten, mit Wirtschaftsangelegenheiten, mit Angelegenheiten der Bekämpfung der internationalen Kriminalität befaßt sind, von dieser Kürzung auszunehmen. Angesichts dieses kleiner werdenden Haushalts müßte das im Prinzip auch möglich sein.
    Ich habe mir diesmal vorgenommen - darüber habe ich mir Gedanken gemacht -, ein paar Worte über die Finanzierung der internationalen Organisationen zu verlieren. Dieses Thema beschäftigt ja nicht nur den Deutschen Bundestag verstärkt. Wir müssen uns allmählich Gedanken machen über die aufgeblähten, teilweise finanziell zu üppig ausgestatteten Personal- und Organisationskörper in fast allen internationalen Organisationen.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Denn wenn wir schon bei uns in Deutschland Haushaltskonsolidierung auch für den Bereich des Auswärtigen Amtes betreiben, dann muß es doch erlaubt sein, wenigstens nachzufragen, ob nicht auch die Haushalte der großen internationalen Organisationen - Europäische Union, Vereinte Nationen, WTO, die Nachfolgeorganisation des Welthandelsabkommens, und natürlich auch die NATO - entsprechend behandelt werden können. Ich möchte sagen - ich merke das ja auch im Haushaltsausschuß, wo die Kollegen von der Opposition dazu einen eigenen Antrag eingebracht haben -, daß wir uns mit diesem Thema alsbald befassen müssen, weil unsere eigene Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird, wenn wir im Inland sparen wollen und im Ausland nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich will es jetzt ein wenig quantifizieren. Deutschland ist Beitragszahler - wenn ich eine Quizsendung mitmachen würde, würde ich die beiden Tassen, die es im „Morgenmagazin" des ZDF zu gewinnen gibt, mit Sicherheit nicht bekommen, wenn man eine diesbezügliche Frage stellt - in 369 internationalen Organisationen. Wir werden im Jahre 1996 dorthin Pflichtbeiträge in Höhe von 6,6 Milliarden DM überweisen.
    Natürlich kommt Deutschland damit seinen auch nach der Wiedervereinigung gewachsenen internationalen Verpflichtungen - vielleicht wie kaum ein anderes Land in der Welt - nach; mit den Amerikanern will ich uns gar nicht vergleichen. Aber ungeprüft kann das in Zukunft so nicht bleiben, wenn wir in unserem eigenen Land unsere eigenen Ministerien und unsere eigenen Behörden so stringent wie möglich auf Sparsamkeit überprüfen. Wir müssen -ob es dem einen oder anderen Partner paßt oder nicht - vor allen Dingen auch einmal das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag bei diesen Organisationen überprüfen. Evaluierung nennt man das.
    Meine Damen und Herren, ich habe mir in diesen Tagen die Unterlagen über die Besoldung der Beschäftigten bei der Europäischen Kommission be-

    Dr. Erich Riedl (München)

    sorgt. Das Bundesbesoldungsgesetz in Deutschland kenne ich. Das ist ziemlich dick.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Davon können wir alle träumen!)

    Aber das mir übergebene Gesamtwerk der Besoldung der Bediensteten der Europäischen Kommission - die Ministerien haben mir gesagt, sie konnten mir noch nicht alles zusammenstellen - ist noch dikker.

    (Dr. Willfried Penner [SPD]: Erich, du vergißt die Steuer! Die ist so dünn!)

    - Vielen Dank für den Hinweis. Die restlichen Unterlagen habe ich angefordert. Die weitgehende Steuerfreiheit dieser Bezüge ist einmalig.

    (Dr. Willfried Penner [SPD]: Das ist der Herzenswunsch: brutto für netto! Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Da wir im Prinzip alle etwas von Fußball verstehen, kenne ich den Vergleich brutto gleich netto aus meiner früheren Zeit als Präsident von 1860 München.

    (Dr. Willfried Penner [SPD]: Das wollen wir nicht vertiefen!)

    Ich weiß nur, verehrter Herr Kollege, daß mir dies auch gewisse Nachfragen des Münchener Finanzamts eingebracht hat, die ich dann Gott sei Dank in Abwendung größeren Schadens relativ schnell klären konnte. Ich bin für den Hinweis dankbar, weil wir uns im Zusammenhang mit der Steuerreform auch einmal mit dieser Thematik befassen müssen.
    Ich will das Problem der Europäischen Union ein bißchen näher beleuchten. Richtig ist, daß Deutschland seit Jahren mit Abstand größter Nettozahler in der Europäischen Union ist. Mit dem berühmten Eigenmittelbeschluß der Europäischen Union vom 31. Oktober 1994 ist die Finanzausstattung der Europäischen Union bis 1999 festgelegt. Daraus lassen sich die deutschen Beitragszahlungen ableiten. Sie wissen: 1995 waren es 41 Milliarden DM, 1996 sind es 44 Milliarden DM, und, wenn ich es noch richtig im Kopf habe, werden wir Ende 1999 bei fast 90 Milliarden DM Beitragszahlungen ankommen.
    Auf Grund der geringeren Zahlungen aus dem EUBereich nach Deutschland ergibt sich der berühmte Nettobetrag, der 1995 26 Milliarden DM betrug, wobei Rückerstattungen in Höhe von rund 5 Milliarden DM, über die gestern schon der Kollege Seibel gesprochen hat, nicht berücksichtigt sind.
    Aber eines muß doch für alle in diesem Haus klar sein: Dieser Nettobetrag ist viel zu hoch; denn Deutschland trägt über die Hälfte des Nettoressourcentransfers innerhalb der EU. Dies fördert bei der derzeitigen übermäßigen finanziellen Belastung in Deutschland draußen in der Bevölkerung - und da braucht man sich gar nicht zu wundern - mit Sicherheit nicht die Akzeptanz der europäischen Integration und auch nicht die Diskussionen über die Europäische Währungsunion. Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir uns als Parlamentarier nicht endlich
    einmal gründlich mit dieser Thematik auseinandersetzen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Dieser Zustand kann mittelfristig auch nicht im Interesse der anderen Mitgliedstaaten sein, weil dieser nämlich dem Solidaritätsgedanken der Gemeinschaft widerspricht. Vor diesem Hintergrund haben Bundestag und Bundesrat - wenn ich das richtig im Kopf habe, gab es im Bundestag nicht einmal Gegenstimmen - die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, künftig für eine gerechtere Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten der EU zu sorgen.
    Ein erster Erfolg ist bereits zu verzeichnen. Leider ist er in der deutschen Öffentlichkeit bisher eigentlich nur bei den Fachleuten bekanntgeworden. Der sogenannte Budgetrat der Europäischen Union hat nämlich am 25. Juli dieses Jahres nach außerordentlich schwierigen Verhandlungen und auf massiven Druck des deutschen Finanzministers mit qualifizierter Mehrheit den Haushaltsentwurf der Europäischen Union für nächstes Jahr in Höhe von 81,6 Milliarden ECU aufgestellt und damit zum erstenmal in der Geschichte der Europäischen Vereinigung - von Anbeginn - einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der um 0,3 Prozent unter dem Volumen des Vorjahres liegt. Die Kommission selbst - ihr Sparwille scheint nicht so sehr ausgeprägt zu sein - hatte einen Entwurf vorgelegt, der ein Plus von 3,2 Prozent vorsah. Meine Damen und Herren in der Kommission, so können Sie künftig keine Haushalte mehr vorlegen.
    Es ist erstmals eine Trendwende im Haushalt der Europäischen Union eingeleitet. Auch wenn Sie nicht der CSU angehören, ist es sicherlich angebracht, dem deutschen Finanzminister, Dr. Theo Waigel, für diesen Kraftakt in diesem Hohen Haus ein herzliches Dankeschön zu sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)