Rede:
ID1312103300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 9
    1. Herr: 1
    2. Ministerpräsident,: 1
    3. gestatten: 1
    4. Sie: 1
    5. eine: 1
    6. Zwischenfrage: 1
    7. des: 1
    8. Kollegen: 1
    9. Schäuble?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/121 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 10807 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 10807 B, 10894 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen . 10807 C Begrüßung einer Delegation des Sozialausschusses des niederländischen Parlaments 10864 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10807 D b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10808A Rudolf Scharping SPD 10808A, 10865 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . 10815 A Otto Schily SPD 10821 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10824 D Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 10831 A Dr. Christa Luft PDS 10834 A Dr. Gregor Gysi PDS 10837A, 10858 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . . 10840A Rudolf Scharping SPD 10843 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 10850 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 10852 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . 10858C, 10864 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 10860 A Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 10863B, C Ingrid Matthäus-Maier SPD 10864 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10865 C Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 10867 C, 10872 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10871 D Günter Verheugen SPD 10872 D Ulrich Irmer F.D.P 10878 C Rudolf Seiters CDU/CSU 10879 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 10881 B Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 10883 A Ulrich Irmer F.D.P 10884 D Wolfgang Thierse SPD 10886 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 10887 C Willibald Jacob PDS 10889 D Dr. Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 10890 D, 10893 C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10892 B Dr. R. Werner Schuster SPD 10892 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 10896 C Fritz Rudolf Körper SPD 10899 B Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 10902 D Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10905 A Ina Albowitz F.D.P. 10907 C Ulla Jelpke PDS 10910 B Uta Titze-Stecher SPD 10911 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 10913 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . 10915 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 10916A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 10918 A Norbert Geis CDU/CSU 10921 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10923 C, 10925 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig 10925 A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 10925 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 10927 A Manfred Kolbe CDU/CSU 10928 C Tagesordnungspunkt 2: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 8. September 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern (Drucksache 13/4995) 10894 A b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Naturkautschuk-Übereinkommen von 1995 (Drucksache 13/5019) 10894 A c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze (Drucksache 13/5020) . 10894 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Juli 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Zusammenschluß der deutschen Autobahn A 6 und der tschechischen Autobahn D 5 an der gemeinsamen Staatsgrenze durch Errichtung einer Grenzbrücke (Drucksache 13/5049) 10894 B e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 (Drucksache 13/5359) 10894 B f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Altschuldenhilfen für Kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (AHG-Änderungs-Gesetz) (Drucksache 13/5417) . 10894 C g) Antrag der Abgeordneten Antje Hermenau, Kristin Heyne, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mögliche zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern durch die Förderung eines Berufsbildungsprojektes in Montevideo (Uruguay) (Drucksache 13/5008) 10894 C h) Antrag der Abgeordneten Dr. Gerald Thalheim, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Milchquotenregelung in den neuen Ländern (Drucksache 13/4905) . . . 10894 D i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung eines Grundstücks in Berlin-Mitte (Drucksache 13/5039) . . 10894 D j) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56a der Geschäftsordnung: Technikfolgenabschätzung hier: Umwelttechnik und wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache 13/5050) 10895 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes und des Waffengesetzes (Drucksache 13/5493) 10895 A b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (Drucksache 13/5504) . . . . 10895 B Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 14. Juni 1994 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (Drucksachen 13/4174, 13/5031) 10895 C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 9. Februar 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Kirgisistan andererseits (Drucksachen 13/4173, 13/5032) 10895 D c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit vom 6. März 1995 zwischen den Europäischen Gemeinschaften sowie ihren Mitgliedstaaten einerseits und Weißrußland andererseits (Drucksachen 13/4172, 13/5033) 10895 D e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses 10896 A - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung von öffentlichen Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen - zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht über die Mißbrauchsbekämpfung und Anpassung öffentlicher Leistungen an veränderte Rahmenbedingungen (Drucksachen 12/8246, 13/725 Nr. 63, 13/3412, 13/3930 Nr. 1, 13/5294) . . . 10896A Zusatztagesordnungspunkt 2: Weitere abschließende Beratung ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungbedürftige Verordnung zur Einführung des Europäischen Abfallkatalogs (Drucksachen 13/5416, 13/5520) 10896 B Nächste Sitzung 10929 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10930*A 121. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 11. 9. 96 Bachmaier, Hermann SPD 11. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 11. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 11. 9. 96 * Borchert, Jochen CDU/CSU 11. 9. 96 Duve, Freimut SPD 11. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 11. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 11. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 11. 9. 96 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 11. 9. 96 Karl-Hans Dr. Lucyga, Christine SPD 11. 9. 96 * Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 11. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 11. 9. 96 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 11. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 11. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Thieser, Dietmar SPD 11. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 11. 9. 96 Karsten D. Vosen, Josef SPD 11. 9. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 11.9.96 Heidemarie Dr. Zöpel, Christoph SPD 11. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Oskar Lafontaine


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Programm, das im Mittelpunkt der Debatte des heutigen Tages steht, heißt - so will es die Regierung - „Programm für Wachstum und Beschäftigung". Interessant ist, daß in der Öffentlichkeit dieses Programm nicht so genannt wird, sondern daß die Öffentlichkeit immer nur vom „Sparpaket der Koalition" spricht. Dies ist nicht zufällig so. Dies ist nicht zuletzt darin begründet, daß viele in der Öffentlichkeit - auch in Ihren eigenen Reihen - nicht glauben, daß das „Programm für Wachstum und Beschäftigung", das Sie so genannt haben, tatsächlich für Wachstum und Beschäftigung sorgen wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn einer der wirtschaftspolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen, nämlich Graf Lambsdorff, dieses Programm dadurch qualifiziert, daß er sagt, wir näherten uns nicht den avisierten zwei Millionen Arbeitslosen, sondern eher fünf Millionen, dann ist das ein Beweis dafür, daß selbst große Teile der Koalition nicht an den beschäftigungspolitischen Erfolg dieses Programmes glauben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Natürlich, Herr Bundeskanzler, ist es in dieser Situation verständlich, wenn Sie sich zur Weltpolitik äußern und wenn Sie auch im Zusammenhang mit den globalen Tendenzen der Wirtschaft davon reden, daß die Welt sich verändert habe. Trotz dieser Betrachtungsweise bleibt es uns aber nicht erspart, zunächst darüber zu reden, daß sich vieles bei uns hier in diesem Lande verändert hat, daß wir einen Rekord haben an Arbeitslosigkeit, an Staatsschulden und an Steuer- und Abgabenlast. Darüber müssen wir reden, auch wenn die Weltpolitik noch so interessant sein mag.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Bevor ich zu den ökonomischen Perspektiven der nächsten Jahre komme, möchte ich einige Berner-kungen machen zu dem, was Sie glaubten polemisch an den Anfang Ihrer Ausführungen stellen zu müssen.
    Sie haben sich zunächst - das hat mich bei dem Thema „Wie bekämpfen wir die Arbeitslosigkeit?"
    etwas verwundert - wieder einmal geäußert zu einer Gefahr, die da drohe, wenn Rot und Grün in Bonn eine Mehrheit hätten und sich eventuell auch noch auf die PDS stützen könnten. Verehrter Herr Bundeskanzler, ich nehme die Gelegenheit gerne wahr, Ihnen noch einmal hier vor dem Plenum des Deutschen Bundestages zu sagen: Sie haben kein Recht zu einer solchen heuchlerischen, verlogenen Debatte.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie sind als Bundeskanzler gewählt von den Abgeordneten der ehemaligen Ost-CDU, die Mauer und Stacheldraht befürwortet hat, und von den Abgeordneten der rein kommunistischen Bauernpartei. Es ist eine Unverfrorenheit, die deutsche Öffentlichkeit immer wieder mit solchen verlogenen Debatten zu konfrontieren.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Dieses Ausmaß an Unehrlichkeit stößt den Menschen in unserem Lande immer mehr auf. So war es auch von Interesse, daß Sie meinten, sich zur Koalition in Nordrhein-Westfalen äußern zu müssen.
    Es ist richtig, daß es in dieser Koalition über verschiedene Investitionsprojekte Streit gibt. Wer wollte das leugnen? Aber wenn der Bundeskanzler hier ans Pult tritt, dann wäre es ratsamer, sich mit dem Zustand der eigenen Koalition zu beschäftigen, denn in der gibt es auch Streit und keine Übereinstimmung über den Weg in die nächsten Jahre.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ein gutes Beispiel dafür ist die Frage: Wann kommt die Erklärung mit Tschechien, und wann machen wir den notwendigen Schritt der Aussöhnung? Der F.D.P.-Vorsitzende hat sich hier überdeutlich geäußert. Wer zwischen den Zeilen lesen kann oder hören kann, der weiß, daß Ihr Koalitionspartner an dieser Stelle Ihre Politik nicht für akzeptabel hält.
    Ich unterstreiche es, wenn Joschka Fischer hier gesagt hat: Wir sind dem Bundespräsidenten zum Dank verpflichtet, daß er die gebotene Zurückhaltung des Staatsoberhauptes an dieser Stelle aufgegeben hat und angemahnt hat, daß Sie den Knoten endlich durchschlagen, Herr Bundeskanzler.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Sie haben in diesem Zusammenhang noch einmal die Diskussion um die polnische Westgrenze bemüht und dabei das Buch von François Mitterrand zitiert. An dieser Stelle, Herr Bundeskanzler, ist er sehr deutlich geworden, anders als Sie hier den Eindruck zu erwecken versucht haben. Aber Sie brauchen gar nicht das Buch von François Mitterrand zu lesen. Es genügt, wenn Sie sich die Memoiren Ihres eigenen Außenministers Hans Dietrich Genscher oder die von Gorbatschow oder Thatcher oder von Baker einmal anschauen, um darauf zu stoßen, daß Ihr Taktieren

    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    um die polnische Westgrenze eher abgelehnt und als kontraproduktiv verstanden worden ist.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das gleiche gilt jetzt auch für die Frage, wann endlich die deutsch-tschechische Erklärung kommt.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Er hat es noch nicht kapiert! Das kommt davon, wenn man nicht richtig zuhört!)

    An der Stelle war es auch nicht ganz richtig, zur Begründung der Einheit die Pershing II zu erwähnen. Ich will die Debatte um die atomare Aufrüstung hier nicht mehr aufgreifen. Sie haben da eine andere Position, und die respektiere ich. Ich sehe es als eines der historischen Verdienste von Michail Gorbatschow an, daß er diese Spirale von Vor- und Nachrüstung im atomaren Bereich durchbrochen hat und erkannt hat, daß es nicht mehr wichtig ist, ob man 20 000 oder 30 000 atomare Sprengköpfe hat. Aber Sie mögen das anders sehen. Ich wollte es nur noch einmal in Erinnerung gerufen haben.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Aber eines dürfte doch klar sein: Die deutsche Einheit haben wir nicht nur diesem Stationierungsbeschluß zu verdanken, sondern noch mehr der polnischen Solidarnosc, den Bürgerrechtlern von Prag und den Menschen, die in Leipzig auf die Straße gegangen sind. Deshalb brauchen wir jetzt die Versöhnung mit Tschechien, weil ein Bürgerrechtler Präsident dieser Republik ist.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Ein ehemaliger Bürgerrechtler ist Präsident der Republik, weltweit geachtet. Deshalb fordere ich Sie als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf: Machen Sie diesem Spiel ein Ende. Sorgen Sie dafür, daß auch die bayerische CSU einlenkt und daß es endlich zu dieser Erklärung kommt. Es ist schon zuviel verspielt worden. Es ist höchste Zeit, diese Erklärung jetzt abzuschließen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie haben in diesem Zusammenhang auch eine polemische Bemerkung an die Adresse der deutschen Gewerkschaften gemacht, indem Sie meinten, daß Feldgeschrei keine Probleme löse. Ich weiß nicht, ob das der richtige Ton ist, den ein Bundeskanzler ergreifen sollte, wenn Tausende von Arbeitnehmern auf die Straße gehen, um für ihre Rechte zu demonstrieren. Ich bin auf jeden Fall der Auffassung, daß Selbstgefälligkeit noch viel weniger Probleme löst, sehr verehrter Herr Bundeskanzler.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Damit kommen wir dann zu Ihren ungelösten Hausaufgaben, die ich nur teilweise ansprechen kann; meine Redezeit ist begrenzt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)

    Sie haben sich zur Steuerreform geäußert und haben versucht, für die Bürgerinnen und Bürger in Aussicht zu stellen, daß es demnächst doch ein verbindliches Gesetz geben wird, in dem verläßliche Steuerermäßigungen - wie gegenfinanziert wird, haben Sie nicht gesagt, ebensowenig etwas zur Mehrwertsteuer - beschlossen werden sollen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Dagegen können Sie doch wohl nichts haben!)

    Nur, das Ganze ist einfach nicht mehr akzeptabel, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, auch nicht Ihr Angebot, mit dem Bundesrat zusammenarbeiten zu wollen. Das gilt auch für Herrn Schäuble. Es ist rührend, wenn Sie das hier immer wieder anbieten.
    Wir haben zusammen beschlossen, die Familien durch eine Erhöhung des Kindergeldes besserzustellen. Das ist Gesetz. Wir haben beschlossen, die Arbeitnehmer durch die Erhöhung des Grundfreibetrages besserzustellen. Das ist Gesetz. Dieses Gesetz wollen Sie wieder rückgängig machen und reden zum gleichen Zeitpunkt über Steuerermäßigung. Das ist doch wirklich nicht mehr zu akzeptieren. Das ist doch unglaublich.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ehe Sie also darüber reden, was Sie eventuell vielleicht einmal machen wollten, um Wachstum und Beschäftigung in diesem Land zu unterstützen, sorgen Sie dafür, daß das gemacht wird, was gemeinsam zwischen Bundestag und Bundesrat beschlossen worden ist, worauf sich Arbeitnehmer und Familien eingestellt haben. Unterlassen Sie es, mit irgendwelchen Steuersenkungsversprechungen für die Zukunft von dieser Notwendigkeit abzulenken. Um nichts anderes geht es im Moment.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Den Familien geht es derzeit in unserem Lande auf Grund der extremen Steuer- und Abgabenlast nicht gut. Deshalb hat das Verfassungsgericht eingegriffen. Es hat überhaupt keinen Sinn, immer wieder von Familienpolitik zu reden, wenn das nicht materielle Folgen hat. Deswegen wiederhole ich: Wer die Vermögensteuer abschaffen und das Kindergeld nicht erhöhen will, der gehört abgewählt, dem gehört im Grunde genommen das Vertrauen entzogen.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Es ist überheblich, wie Sie auf die Einwendung des Kollegen Scharping reagiert haben, der schlicht und einfach eine OECD-Statistik zitiert hat. Sie zeigt, daß der Staat Mexiko der Familie eines Arbeitnehmers mit zwei Kindern eben nur 15 Prozent von seinem

    Ministerpräsident Oskar Lafontaine (Saarland)

    Bruttoeinkommen wegnimmt, während Sie 22 Prozent verlangen.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    - Das mögen Sie vielleicht nicht begreifen, weil Sie in Prozentrechnung nie besonders stark waren.
    Aber die deutschen Familien wären froh darüber, wenn sie sagen könnten: Uns werden nur 15 Prozent vom Bruttoeinkommen an Steuern weggenommen. Das wollte der Kollege Scharping sagen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schäuble?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oskar Lafontaine


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Bitte, Herr Kollege Schäuble, eine Zwischenfrage, und dann machen wir es so, wie das vorhin gehandhabt worden ist. Bitte schön.