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    Plenarprotokoll 13/104 (Zu diesem Plenarprotokoll folgt ein Nachtrag) Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . 9061A, 9118B Absetzung der Punkte 12 und 14 von der Tagesordnung 9062 A Begrüßung des Vorsitzenden des Finanzausschusses des australischen Parlaments, Heini Becker 9156 D Tagesordnungspunkt 2: a) Vereinbarte Debatte: Mahnmal für die ermordeten Juden Europas b) Antrag der Abgeordneten Otto Schily, Wolfgang Thierse, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Holocaust-Denkmal in Berlin (Drucksache 13/3723 [neu]) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Opfer des Nationalsozialismus gedenken - Das Holocaust-Denkmal errichten (Drucksache 13/4544) 9062B Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 9062 C Peter Conradi SPD 9063 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9066 D Dr. Burkhard Hirsch F D P. 9068 C Dr. Ludwig Elm PDS 9060D, 9079 B Anton Pfeifer, Staatsminister BK . . . 9071B Thomas Krüger SPD 9073 B Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . . 9075 D Peter Radunski, Senator (Berlin) . . . . 9076 D Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU 9077 D Tagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnbedarfsgesetz) (Drucksachen 13/2345, 13/3103) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Drucksachen 13/2346, 13/3104, 13/4527, 13/4528) . 9079 D b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr - zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Winfried Wolf und der Gruppe der PDS: Prüfung von Alternativen zur Magnetschwebebahn - zu dem Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stopp der Vorbereitungsmaßnahmen für den Transrapid und Planung einer ICE-Verbindung Hamburg-Berlin - zu dem Antrag der Abgeordneten Elke Ferner, Dr. Ulrich Böhme (Unna), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Hochgeschwindigkeitsschienenverbindung und Transrapid-Referenzstrecke Berlin-Hamburg (Drucksachen 13/2570, 13/2573, 13/ 3056, 13/4527) 9080A c) Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abschließende Beratung über die TransrapidStrecke Hamburg-Berlin nach einer Wirtschaftlichkeitsrechnung (Drucksache 13/4387) 9080B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . 9080 C Otto Schily SPD 9080 D Siegfried Scheffler SPD 9081 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9081 C Elke Ferner SPD . . 9084B, 9089A, 9090B, 9091B Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU . 9088 C Dr. Dionys Jobst CDU/CSU 9089 C Jürgen Koppelin F.D.P 9090 D Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9091 C Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . 9092 D Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 9094 A Dr. Dionys Jobst CDU/CSU . . 9094D, 9107 A Eckart Kuhlwein SPD 9095 B Jürgen Koppelin F.D.P 9095 C Horst Friedrich F.D.P. . . . 9097D, 9100D, 9101D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9100B Edelgard Bulmahn SPD 9101 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS 9102 A Werner Kuhn CDU/CSU 9103 D Klaus Hasenfratz SPD 9105 D Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 9108C Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . 9110B Renate Blank CDU/CSU 9111B Rudi Geil, Minister (Mecklenburg-Vorpommern) 9112B Werner Kuhn CDU/CSU 9113A Namentliche Abstimmungen . . . 9113 D, 9116 C Ergebnisse 9114A, 9121A Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mutterschutzrechts (Drucksache 13/2763) . . 9117B b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erblastentilgungsfonds-Gesetzes (Drucksache 13/4175) 9117 B c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Verwaltungskostengesetzes (Drucksache 13/4248) . . . 9117 B d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Europäische Betriebsräte (Europäische Betriebsräte-Gesetz) (Drucksache 13/4520) 9117 C e) Antrag der Abgeordneten Dr. Marliese Dobberthien, Christel Hanewinckel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gleichstellung von Hausangestellten im Mutterschutzgesetz (Drucksache 13/3533) 9117 C f) Antrag der Abgeordneten Christel Deichmann, Horst Sielaff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Förderung der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlämmen und Komposten (Drucksache 13/4449) . . 9117 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Antrag der Abgeordneten Dr. R. Werner Schuster, Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Systematische Erfolgskontrolle von Projekten und Programmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit (Drucksache 13/4120) 9117D b) Antrag der Abgeordneten Ernst Bahr, Ilse Janz sowie weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD: Künftige Ressortforschung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 13/4452) . . 9117D c) Antrag der Abgeordneten Maritta Böttcher, Dr. Ludwig Elm und der Gruppe der PDS: Zielgerichtete Ausbildungsförderung - Grundlegende Reform der Studienfinanzierung (Drucksache 13/4553) 9118A Zusatztagesordnungspunkt 16: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Wahlkreiskommission für die 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gemäß § 3 Bundeswahlgesetz (Drucksache 13/3804) . . 9118 B Zusatztagesordnungspunkt 17: Zwischenbericht der Reformkommission zur Größe des Deutschen Bundestages: Empfehlungen für die Wahl zum 14. Deutschen Bundestag und zu den wesentlichen Regelungen für die Verkleinerung des Deutschen Bundestages gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 29. Juni 1995 (Drucksachen 13/1803, 13/4560) . . . 9118B Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen" (Drucksachen 13/3867, 13/4477) . . . 9118C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 10. November 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinten Nationen über den Sitz des Freiwilligenprogramms der Vereinten Nationen (Drucksachen 13/3851, 13/4563) . . . 9118D c) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Erstattungsvorschriften im sozialen Entschädigungsrecht (Drucksachen 13/1777, 13/4472) 9119A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit - zu dem Antrag der Abgeordneten Werner Schulz (Berlin), Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jährliche Vorlage eines „Berichtes zur Entwicklung der deutschen Einheit" durch die Bundesregierung (Drucksachen 13/2586, 13/2572, 13/3643) 9119B e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament im Anschluß an die Schlußfolgerungen des unabhängigen Sachverständigenausschusses unter dem Vorsitz von Herrn Ruding über die Leitlinien für die Unternehmensbesteuerung im Rahmen der Vertiefung des Binnenmarktes (Drucksachen 13/725 Nr. 66, 13/4138) 9119C f) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Einführung von Sondermaßnahmen auf Grund des Beitritts Österreichs, Finnlands und Schwedens betreffend das endgültige Ausscheiden von Beamten der Europäischen Gemeinschaften aus dem Dienst; Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Einführung von Sondermaßnahmen betreffend das endgültige Ausscheiden von Bediensteten auf Zeit der Europäischen Gemeinschaften aus dem Dienst (Drucksachen 13/2674 Nr. 2.2, 13/4241) 9119 D g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur sechzehnten Änderung der Richtlinie 76/769/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Drucksachen 13/3668 Nr. 2.44, 13/4443) 9120A h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Festlegung gemeinsamer Regeln und Verfahren für die Verbringung bestimmter Arten von Abfällen in bestimmte nicht der OECD angehörende Länder (Drucksachen 13/2426 Nr. 1.7, 13/4451) 9120B i) Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu den Verfahren nach § 44 b Abgeordnetengesetz (Überprüfung auf Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik) (Drucksache 13/4478) 9120 C j) bis 1) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 117, 118 und 119 zu Petitionen (Drucksachen 13/4454, 13/4455, 13/4456) . . 9120 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. mögliche Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Rechtsstaat durch Atommülltransporte nach Gorleben Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9123 B Rudolf Seiters CDU/CSU 9124 D Monika Ganseforth SPD 9126 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . . 9127 B Rolf Köhne PDS 9128 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 9129A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 9130B Eckart von Klaeden CDU/CSU 9131 B Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9132B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 9133C Arne Fuhrmann SPD 9134 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 9135 C Wolfgang Behrendt SPD 9136 D Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 9138 A Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 30 GO) 9139C Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß und zur Neuregelung der Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien (Drucksache 13/4245) 9140B b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ladenschlußgesetzes (Drucksache 13/201) 9140 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 9140C Hans-Eberhard Urbaniak SPD 9141 D Renate Blank CDU/CSU 9142 C Jochen Feilcke CDU/CSU . . . 9143A, 9143 C Lilo Blunck SPD 9143 D, 9149 C Julius Louven CDU/CSU 9144 B Peter Dreßen SPD 9144 D Renate Blank CDU/CSU 9146B, 9152B Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9146D Ernst Schwanhold SPD 9147 C Dr. Günter Rexrodt F.D.P. . . . . 9148B, 9153A Sabine Kaspereit SPD 9148 C Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . . . 9149B Ernst Hinsken CDU/CSU 9149 D Ernst Hinsken CDU/CSU 9151 D Rolf Köhne PDS 9152 D Manfred Müller (Berlin) PDS 9153 C Beate Hübner, Senatorin (Berlin) . . . 9155B Ulrike Mascher SPD 9157 A Dr. Gisela Babel F.D.P 9158D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9160B Anke Eymer CDU/CSU 9161 D Lilo Blunck SPD 9163 B Editha Limbach CDU/CSU 9163 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 9164 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU 9165 C Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9166 C Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Rolf Schwanitz, Hans-Joachim Hacker, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungs- und häftlingshilferechtlicher Vorschriften (Rehabilitierungs- und häftlingshilferechtliches Verbesserungsgesetz [Drucksache 13/4162]) 9168 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Verbesserung der Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR (Drucksache 13/4568) 9168 B Rolf Schwanitz SPD 9168 C Dr. Michael Luther CDU/CSU 9170 A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9172B Dr. Rainer Ortleb F.D.P 9174 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 9174 C Dr. Dietrich Mahlo CDU/CSU 9175 C Hans-Joachim Hacker SPD 9176 B Rainer Funke, Parl. Staatssekretär BMJ . 9178A Tagesordnungspunkt 6: a) Bericht des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung - zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Kröning, Dieter Wiefelspütz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Unrechtsurteile wegen „Fahnenflucht/Desertion", „Wehrkraftzersetzung" oder „Wehrdienstverweigerung" während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 9179A - zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Winfried Nachtwei, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rehabilitierung, Entschädigung und Versorgung für die Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und „Wehrkraftzersetzer" unter dem NS-Regime (Drucksachen 13/354, 13/353, 13/4586) b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Angelika Beer, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entschädigung von Fahnenflüchtigen, Wehrkraftzersetzern und Wehrdienstverweigerern unter dem NS-Regime (Drucksache 13/4409) . . . 9179B Horst Eylmann CDU/CSU 9179B Volker Kröning SPD 9180 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9181A Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 9182 B Gerhard Zwerenz PDS 9182 C Norbert Geis CDU/CSU 9183A, 9184B Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9183D Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 9184 C Dr. Gregor Gysi PDS 9185A Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines .. . Strafrechtsänderungsgesetzes - §§ 177 bis 179 StGB (Drucksache 13/2463) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts (§§ 177 bis 179, 184 c StGB) (Drucksache 13/199) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts - §§ 177 bis 179, 184c StGB (Drucksache 13/323) Zweite und dritte Beratung des von der Abgeordneten Christina Schenk und den weiteren Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts (§§ 177 bis 179 StGB) und Regelungen der Strafprozeßordnung bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen (Drucksachen 13/536, 13/4543) 9185 C b) Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform des Sexualstrafrechts (§§ 177 bis 179 StGB) und strafprozessualer Regelungen zur Verwirklichung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung (Drucksachen 13/3026, 13/4543) 9185 D Horst Eylmann CDU/CSU 9186A Hanna Wolf (München) SPD 9187 D Erika Simm SPD 9188 C Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9190A Jörg van Essen F.D.P. 9191 B Christina Schenk PDS 9192 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 9193B, 9195B Dr. Edith Niehuis SPD 9194 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD 9196A Annie Brandt-Elsweier SPD 9196 C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 9198D Ilse Falk CDU/CSU 9199A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 9200 C Namentliche Abstimmungen . . . 9202D, 9205 B Ergebnisse 9203A, 9208 C Tagesordnungspunkt 8: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 24. November 1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Drucksachen 13/2477, 13/3954, 13/4311 [Berichtigung]) 9205 C Tagesordnungspunkt 9: a) Große Anfrage der Abgeordneten Amke Dietert-Scheuer, Dr. Helmut Lippelt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Iran-Politik der Bundesregierung (Drucksachen 13/1973, 13/3483) 9206A b) Antrag der Abgeordneten Dr. Winfried Wolf, Heinrich Graf von Einsiedel, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran (Drucksache 13/1827) 9206A c) Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Amke DietertScheuer, Angelika Beer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine HermesBürgschaften für Handelsgeschäfte mit dem Iran (Drucksachen 13/1620, 13/ 3525) 9206B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Deutsche und Europäische Iran-Politik (Drucksache 13/4545) . 9206 B Ruprecht Polenz CDU/CSU 9206 C Dr. Christoph Zöpel SPD 9211A Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9213 C Dr. Olaf Feldmann F.D.P 9215 C Steffen Tippach PDS 9216B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 9216D Norbert Gansel SPD 9218 C Tagesordnungspunkt 10: a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes Ratsdok.-Nr. 7073/94 in der Fassung des Geänderten Vorschlages für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes Ratsdok.-Nr. 531-8/95 (Drucksachen 13/725 Nr. 161, 13/2977) 9219A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Gila Altmann (Aurich) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ergänzende Kriterien zu den Leitlinien über die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN) (Drucksachen 13/1933, 13/4513) 9219A Tagesordnungspunkt 11: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Drucksache 13/4336) 9219C b) Antrag der Fraktion der SPD: Solidarität der Arbeitgeber einfordern: Bedingungen für Teilzeitarbeit im Alter und Vorruhestand (Drucksache 13/3747) 9219C Zusatztagesordnungspunkt 7: Große Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Bierstedt, Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Fünf Jahre deutsche Einheit - Nutzung von in den neuen Ländern vorhandenen Möglichkeiten zur Sicherung bzw. Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur Förderung einer umweltverträglichen Entwicklung (Drucksachen 13/1905, 13/3123) 9219D Rolf Kutzmutz PDS 9220 A Manfred Koslowski CDU/CSU 9221 A Sabine Kaspereit SPD 9222 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9224 B Jürgen Türk F.D.P 9225 A Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMWi 9226 A Nächste Sitzung 9227 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9229* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Rudolf Purps (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) 9229* B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gerhard Rübenkönig, Alfred Hartenbach, Joachim Tappe und Gerd Höfer (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) 9229 * D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jann-Peter Janssen und Reinhold Robbe (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) 9230 * B Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Eckart Kuhlwein, Antje-Marie Steen, Manfred Opel, Dr. Cornelie SonntagWolgast, Dr. Wolfgang Wodarg, Reinhold Hiller (Lübeck), Ulrike Mehl, Lilo Blunck und Franz Thönnes (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) 9230* D 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beer, Angelika BÜNDNIS 9. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Dr. Däubler-Gmelin, SPD 9. 5. 96 Herta Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 9. 5. 96 Francke (Hamburg), CDU/CSU 9. 5. 96 Klaus Gleicke, Iris SPD 9. 5. 96 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 9. 5. 96 Dr. Küster, Uwe SPD 9. 5. 96 Lederer, Andrea PDS 9. 5. 96 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 9. 5. 96 Erich Reichardt (Mannheim), CDU/CSU 9. 5. 96 Klaus Dieter Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 9. 5. 96 Schultz (Everswinkel), SPD 9. 5. 96 Reinhard Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 9. 5. 96 Tappe, Joachim SPD 9. 5. 96 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 9. 5. 96 Thierse, Wolfgang SPD 9. 5. 96 Vergin, Siegfried SPD 9. 5. 96 Vosen, Josef SPD 9. 5. 96 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 9. 5. 96 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Rudolf Purps (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) Der Unterzeichner dieser Erklärung wird dem Magnetschwebebahnbedarfsgesetz (MSbG) und dem Allgemeinen Schwebebahngesetz (AMbG) der Regierung zustimmen und den Entwurf der SPD-Bundestagsfraktion ablehnen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Begründung: Am Donnerstag dieser Woche ist im Plenum des Deutschen Bundestages die zweite und dritte Lesung eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Mangetschwebebahnen (Magnetschwebebahnbedarfsgesetz, MsbG) und die zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (AMbG) auf der Tagesordnung. Mittelfristig geht es dabei um ca. 18 000 Arbeitsplätze für den Bau der Strecke. Für den anschließenden Betrieb der Magnet-Schwebebahn stehen etwa 4 500 Dauerarbeitsplätze in Aussicht. Für Unsicherheit sorgten zwar in den Anhörungen und Diskussionen die im Zuge einer dynamischen Investitionskostenrechnung für das Jahr 2005 vorgelegten Zahlen. Es gibt dennoch keinen Anlaß, von höheren Investitionskosten für den Bund auszugehen. Es ist von Anfang an zwischen Bund und Industrie unstrittig gewesen, daß mit der Entscheidung über eine Vorzugstrasse für das Raumordnungsverfahren auch eine neue, auf aktuellen Daten basierende Wirtschaftlichkeitsrechnung für das Gesamtprojekt durchgeführt wird. Ich bin der festen Überzeugung, daß die umweltschonende und energiesparende Technik der Magnet-Schwebebahn für den Fern- und Nahverkehr die Zukunftstechnologie für das Jahr 2000 sein wird. Die Exportchancen sind trotz der asiatischen Konkurrenz auch langfristig sehr gut. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gerhard Rübenkönig, Alfred Hartenbach, Joachim Tappe und Gerd Höfer (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) Die Unterzeichner dieser Erklärung werden dem Magnetschwebebahnbedarfsgesetz (MsbG) und dem Allgemeinen Magnetschwebebahngesetz (AMbG) der Regierung zustimmen und den Entwurf der SPD-Bundestagsfraktion ablehnen. Begründung: Am Donnerstag dieser Woche ist im Plenum des Deutschen Bundestages die zweite und dritte Lesung eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnbedarfsgesetzes, MsbG) und die zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (AMbG) auf der Tagesordnung. Mittelfristig geht es dabei um ca. 18 000 Arbeitsplätze für den Bau der Strecke. Für den anschließen- den Betrieb der Magnet-Schwebebahn stehen etwa 4 500 Dauerarbeitsplätze in Aussicht. Der Transrapid wird in Kassel gebaut (Arbeitslosenquote 16 %). Das bedeutet 600 Arbeitsplätze. Davon werden 350 neu eingerichtet und 250 aus Gründen der Rüstungskonversion umgewandelt. Für Unsicherheit sorgten zwar in den Anhörungen und Diskussionen die im Zuge einer dynamischen Investitionskostenrechnung für das Jahr 2005 vorgelegten Zahlen. Es gibt dennoch keinen Anlaß, von höheren Investitionskosten für den Bund auszugehen. Es ist von Anfang an zwischen Bund und Industrie unstrittig gewesen, daß mit der Entscheidung über eine Vorzugstrasse für das Raumordnungsverfahren auch eine neue, auf aktuellen Daten basierende Wirtschaftlichkeitsrechnung für das Gesamtprojekt durchgeführt wird. Wir sind der festen Überzeugung, daß die umweltschonende und energiesparende Technik der Magnet-Schwebebahn für den Fern- und Nahverkehr die Zukunftstechnologie für das Jahr 2000 sein wird. Die Exportchancen sehen wir trotz der asiatischen Konkurrenz auch langfristig als sehr gut an. Damit wird ein großer Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung in Kassel und der gesamten Bundesrepublik geleistet. Wir nordhessischen SPD-Bundestagsabgeordneten unterstützen durch unser Abstimmungsverhalten die Erwartung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den nordhessischen Betrieben für eine positive Entscheidung zugunsten Transrapid. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Jann-Peter Janssen und Reinhold Robbe (SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) Dem Magnetschwebebahnbedarfsgesetz (MsbG) und dem Allgemeinen Magnetschwebebahngesetz (AMbG) der Regierung werden wir zustimmen und den Entwurf der SPD-Bundestagsfraktion ablehnen. Begründung: Am Donnerstag dieser Woche ist im Plenum des Deutschen Bundestages die zweite und dritte Lesung eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnbedarfsgesetzes, MsbG) und die zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (AMbG) auf der Tagesordnung. Mittelfristig geht es dabei um ca. 18 000 Arbeitsplätze für den Bau der Strecke und um den Fortbestand der Transrapid-Teststrecke und der damit verbundenen Arbeitsplätze im emsländischen Raum (Arbeitslosenquote 17 %). Für den anschließenden Betrieb der Magnet-Schwebebahn stehen etwa 4 500 Dauerarbeitsplätze in Aussicht. Der Transrapid wird in Kassel gebaut (Arbeitslosenquote 16 %). Das bedeutet 600 Arbeitsplätze. Davon werden 350 neu eingerichtet und 250 aus Gründen der Rüstungskonversion umgewandelt. Für Unsicherheit sorgten zwar in den Anhörungen und Diskussionen die im Zuge einer dynamischen Investitionskostenrechnung für das Jahr 2005 vorgelegten Zahlen. Es gibt dennoch keinen Anlaß, von höheren Investitionskosten für den Bund auszugehen. Es ist von Anfang an zwischen Bund und Industrie unstrittig gewesen, daß mit der Entscheidung über eine Vorzugstrasse für das Raumordnungsverfahren auch eine neue, auf aktuellen Daten basierende Wirtschaftlichkeitsrechnung für das Gesamtprojekt durchgeführt wird. Wir sind der festen Überzeugung, daß die umweltschonende und energiesparende Technik der Magnet-Schwebebahn für den Fern- und Nahverkehr die Zukunftstechnologie für das Jahr 2000 sein wird. Die Exportchancen sehen wir trotz der asiatischen Konkurrenz auch langfristig als sehr gut an. Damit wird ein großer Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung der gesamten Bundesrepublik geleistet. Wir unterstützen durch unser Abstimmungsverhalten die Erwartung der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für eine positive Entscheidung zugunsten Transrapid. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Eckart Kuhlwein, Antje-Marie Steen, Manfred Opel, Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Dr. Wolfgang Wodarg, Reinhold Hiller (Lübeck), Ulrike Mehl, Lilo Blunck und Franz Thönnes (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen und über den Entwurf eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Tagesordnungspunkt 3 a) Wir Abgeordnete der SPD aus Schleswig-Holstein, stimmen mit unserer Fraktion gegen die beiden Gesetze, die den Bau einer Transrapid-Strecke von Hamburg nach Berlin ermöglichen sollen. Dabei lassen wir uns von folgenden Gründen leiten. Erstens. Es gibt keinen Bedarf für diese Strecke, auch wenn sich die Mehrheit des Bundestages über die Feststellungen der meisten unabhängigen Sachverständigen und die Bedenken des Bundesrechnungshofes hinwegsetzt. Schwarz wird nicht weiß, auch wenn die Mehrheit des Bundestages dies in einem Gesetz beschließt. Zweitens. Die geplante Transrapid-Strecke ist mit dem deutschen und europäischen Eisenbahnnetz nicht kompatibel. Die beiden größten deutschen Städte werden zur Sackgasse im europäischen Hoch- geschwindigkeitsnetz in der Rad-Schiene-Technik. Dies hat auch für Schleswig-Holsteins Verbindungen nach Osten negative Folgen. Hamburg und Berlin brauchen keine Transrapid-Verbindung, sondern eine Strecke, auf der ein ICE verkehren kann. Der Transrapid wird auch den Luftverkehr zwischen Hamburg und Berlin nicht ersetzen. Drittens. Die Mehrheit dieses Hauses redet seit Monaten vom Sparen, vom Abbau von Subventionen und notwendigen Einschnitten ins soziale Netz. Sie will heute mit ihrer Entscheidung zu diesen beiden Gesetzen einen neuen Subventionstatbestand schaffen, mit dem die nächste Generation in unserem Land mit weiteren gewaltigen Schulden für ein unwirtschaftliches und damit unsinniges Projekt belastet wird. Viertens. Die Abwägung zwischen verkehrspolitischen Notwendigkeiten und der Erhaltung einer intakten Umwelt kann manchmal zum Ergebnis haben, daß Eingriffe in Natur und Landschaft hingenommen werden müssen. Bei einer TransrapidStecke, die verkehrspolitisch nicht gebraucht wird, lassen sich solche Eingriffe auch nicht durch Mehrheitsbeschluß des Bundestages begründen. Fünftens. Es handelt sich bei der TransrapidStrecke Hamburg-Berlin um eine Referenzstrecke und nicht um die erste Anwendungsstrecke. Erklärtes Ziel der Mehrheit dieses Hauses ist es, den Transrapid damit exportfähig zu machen. Für eine Maßnahme der Wirtschaftsförderung soll zwischen Hamburg und Berlin ein breiter Streifen Landschaft zerstört werden. Dabei gibt es bisher keinerlei schlüssigen Nachweis dafür, daß irgendein Land auf der Welt das System kaufen würde, um in Deutschland Arbeitsplätze zu sichern. Sechstens. Als Mitglieder dieses Parlaments sehen wir im heute zu verabschiedenden Text insbesondere des Magnetschwebebahnbedarfsgesetzes ein hohes verfassungsrechtliches Risiko. Da das Gesetz nichts über den Inhalt der geplanten Vereinbarung zwischen Bund und Privatwirtschaft sagt und nicht einmal die wesentlichen inhaltlichen Grundzüge festgeschrieben werden, wie das dem Bundestag in der Anhörung des Verkehrsausschusses vom 7. Februar 1996 empfohlen wurde, handelt es sich um einen Blanko-Scheck für die Regierung, der dieses Parlament und künftige Bundestage ohne Haushaltsvorbehalt in unzulässiger Weise mit gewaltigen Milliardensummen finanzpolitisch bindet. Wer dafür die Hand hebt, muß sich im klaren sein, daß er damit das Budgetrecht des Parlaments aufs Spiel setzt. Das letzte Wort dazu dürfte wahrscheinlich in Karlsruhe gesprochen werden. Wir jedenfalls fühlen uns durch die Mehrheit in unseren Rechten als Abgeordnete verletzt. Nachtrag zum Plenarprotokoll 13/104 Deutscher Bundestag Nachtrag zum Stenographischen Bericht 104. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. Mai 1996 Inhalt: Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 8 (Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 24. November 1983 über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten) Ronald Pofalla CDU/CSU 9233* A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 9234* C Jörg van Essen F.D.P 9235* D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9236* D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 9237* C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 9238* A Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes; Ergänzende Kriterien über die Transeuropäischen Verkehrsnetze) Claus-Peter Grotz CDU/CSU 9238* D Karin Rehbock-Zureich SPD 9240* B Lisa Peters F.D.P. 9241* C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9242* B Dr. Winfried Wolf PDS 9243* A Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär BMV 9243* D Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (a - Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand, b - Antrag: Solidarität der Arbeitgeber einfordern: Bedingungen für Teilzeitarbeit im Alter und Vorruhestand) Wolfgang Engelmann CDU/CSU . . . 9245* A Adolf Ostertag SPD 9246* A Dr. Gisela Babel F.D.P 9247* B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9248* B Petra Bläss PDS 9249* A Dr. Maria Böhmer CDU/CSU 9249* D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 9251* C Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 8 (Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 24. November 1983 über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten) Ronald Pofalla (CDU/CSU): Das vorliegende Vertragsgesetz betrifft ein Gebiet, das in letzter Zeit leider immer wieder an aktueller Bedeutung gewonnen hat; es geht um ausländische Opfer von Gewalttaten und deren Entschädigung bzw. die Umsetzung eines hierzu getroffenen europäischen Übereinkommens. Es gliedert sich in drei Bereiche, von denen Art. 1 zunächst die rein formale völkerrechtliche Zustimmung zu dem am 24. November 1983 von der Bundesrepublik unterzeichneten Europäischen Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten betrifft. Der zweite Bereich, geregelt in Art. 2, befaßt sich mit der Befugnis der Entgegennahme und Bearbeitung von Rechtshilfeersuchen, die vom zu ratifizierenden Übereinkommen erfaßt werden. Konkret wird diese Befugnis hier dem für das Opferentschädigungsgesetz fachlich zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung übertragen. Von besonderem Interesse für unsere innerstaatliche Gesetzgebung und damit auch von besonderem Interesse für diese Debatte ist schließlich Art. 3 des Vertragsgesetzes. Neben redaktionellen Folgeänderungen wird hierbei vor allem die Ergänzung des Opferentschädigungsgesetzes vorgenommen, die für die Ratifizierung des Übereinkommens erforderlich ist. Ich darf bereits in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß das in der Bundesrepublik geltende Opferentschädigungsgesetz den Anforderungen des Übereinkommens schon jetzt bezüglich eines Großteils des zu schützenden Personenkreises entspricht. Insoweit erklärt sich auch der Umstand, daß die im geltenden Opferentschädigungsgesetz aufgrund des Übereinkommens vorzunehmenden Änderungen nicht zahlreich sind. Die deutsche Gesetzgebung hat demnach bereits vorweggenommen, was nun europäischer Standard werden soll. Ergänzt werden konkret die in § 1 Opferentschädigungsgesetz normierten Anspruchsvoraussetzungen in bezug auf den persönlichen Geltungsbereich. Hier führt das vorliegende Vertragsgesetz zu einer Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten. Der Versorgungsanspruch in Form von einkommensunabhängigen Leistungen soll nunmehr über den bereits geltenden Bereich hinaus auch auf die übrigen Ausländer ausgedehnt werden, die Staatsangehörige eines Vertragsstaates des besagten Übereinkommens sind. Die Angehörigen dieser Staaten sollen dann einen Anspruch auf Entschädigung für hier erlittene Gewalttaten haben, wenn sie sich zwar rechtmäßig, aber nur kurzfristig bis zu sechs Monaten in der Bundesrepublik aufhalten und ihr Herkunftsstaat keine Vorbehalte zum Übereinkommen erklärt hat. Des weiteren muß eine eheliche Beziehung oder ein Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie zu einem der in § 1 Abs. 6 Opferentschädigungsgesetz näher bezeichneten Angehörigen vorliegen. Es gibt jedoch innerhalb der Oppositionsfraktionen Stimmen, denen diese Entschädigungsregelungen noch nicht weit genug gehen. So hat etwa die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Änderungsantrag gefordert, den Kreis der Berechtigten in bezug auf einen möglichen Versorgungsanspruch auszuweiten. Zu diesem Zwecke wurde die Streichung der Worte „nicht nur für einen vorübergehenden Aufenthalt von sechs Monaten" beantragt. Hierdurch sollen auf Ansinnen der Bündnisgrünen alle Ausländer generell gleichgestellt werden, unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik. Dies in die Realität umzusetzen wäre sicherlich grundsätzlich begrüßenswert. Eine Ausdehnung der Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz auf diese gesamte Personengruppe kommt aber gegenwärtig jedenfalls nicht in Betracht. Die bestehende Abgrenzung entspricht nämlich sozialrechtlichen Grundsätzen und ist angesichts der angespannten Haushaltslage sinnvoll und ausgewogen. Ähnlich verhält es sich mit dem Anknüpfungspunkt an die Verwandtschaft mit bevorrechtigten Ausländern, wie ihn § 1 Abs. 6 des Opferentschädigungsgesetzes in der geltenden Fassung als Anspruchsvoraussetzung vorsieht. Auch dieser soll nach Ansicht der Bündnisgrünen gestrichen werden, weil er in der Praxis zu unbilligen Ergebnissen führe. Hier muß sich die Opposition vorwerfen lassen, daß es sicher auch nicht besonders praxisnah ist, unter dem Vorwand, soziales Verhalten gepachtet zu haben, ausnahmslos jeden in alle zur Verfügung stehenden finanziellen Annehmlichkeiten einbeziehen zu wollen, ohne sich auch nur die geringsten Gedanken darüber zu machen, wo dieses Geld herkommen soll. Nennen Sie mir auch nur ein europäisches Land, in dem deutsche Opfer von Gewalttaten Gleiches zu erwarten hätten. Darüber hinaus ist dieses Begehren auch deshalb als unrealistisch einzustufen, weil der Kreis ausländischer Touristen im Bundesgebiet unüberschaubar ist. Entschädigungsleistungen sollten aus diesem Grunde bevorzugt an diejenigen Ausländer erbracht werden, die gerade aufgrund ihres nicht nur vorübergehenden Aufenthalts auch vermehrt Steuer- und Versicherungsleistungen erbringen und somit letztlich zur Bezahlbarkeit etwaiger Versorgungsleistungen beitragen. Wer der im Regierungsentwurf vorgenommenen Ausgestaltung des Opferentschädigungsgesetzes eine zu enge Fassung unterstellt, der verkennt, daß man sich grenzenlose Großzügigkeit gegenüber allen Bürgern und Belangen auch leisten können muß. Die letzten Wochen haben uns ja bereits wieder deutlich genug gezeigt, daß jegliche Überlegungen zu etwaigen Sparmaßnahmen stets unpopulär sind. Überall dort, wo Sparwille auch nur geäußert wird, meldet sich auch sogleich irgendein Interessenverband, der sich dies nach dem „St.-Florians-Prinzip" aufs schärfste verbittet. In Zeiten knapper Kassen, wie wir sie derzeit überall in Europa und anderswo erleben, kann sich - leider, ich betone: leider! - kein Staat leisten, es allen recht zu machen, sei die Sache dem Grunde nach auch noch so begrüßenswert. Wir sollten darüber hinaus auch nicht vergessen, daß wir hier nicht etwa über Ansprüche reden, die einem Opfer von Gewalteinwirkungen dem Täter gegenüber für etwaige ärztliche Behandlungen sowie auf Schmerzensgeld zustehen. Der vorliegende Gesetzentwurf betrifft lediglich die möglichen Ansprüche, die ein Gewaltopfer darüber hinaus in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes dem Staat gegenüber geltend machen kann. Unberührt hiervon bestehen selbstverständlich sämtliche Ansprüche gegen den Verursacher persönlich weiter. Ohne hierbei aufrechnen zu wollen, spielt auch das bereits angesprochene Prinzip der „Gegenseitigkeit" in diesem Zusammenhang eine weitere entscheidende Rolle. Die staatliche Zusatzleistung in Form der Opferentschädigung soll nämlich unter anderem in erster Linie den Ausländern zukommen, deren Heimatland eine vergleichbare Regelung für bundesdeutsche Opfer von Gewalttaten vorsieht. Auch dieses Gegenseitigkeitsprinzip ist in § 1 Opferentschädigungsgesetz bereits geregelt und soll beibehalten werden. Die generelle Zubilligung einer Entschädigung würde dieses Prinzip durchbrechen, dessen Einhaltung gerade der Fürsorgepflicht der Staaten für einen besseren Schutz der eigenen Staatsangehörigen im Ausland entspricht. Erledigt hat sich hingegen der ursprüngliche Änderungsantrag der Bündnisgrünen, der den Versorgungsanspruch in § 1 Abs. 1 Opferentschädigungsgesetz durch Einfügung der Worte „ab dem Tattage" vermeintlich nicht erst ab Antragstellung sicherstellen wollte. Die Versorgung des berechtigten Personenkreises bemißt sich jedoch auch ohne diesen Zusatz selbstverständlich ab dem Tatdatum und setzt wie alle anderen sozialrechtlichen Angelegenheiten das Antragserfordernis voraus. Insgesamt wird durch die angesprochenen Änderungsanträge der Bündnisgrünen nicht mehr Rechtssicherheit erreicht. Hieran kann auch der Appell nichts ändern, der sich angesichts unbezweifelt tragischer Ausschreitungen gegen Ausländer über jegliche ökonomische Argumentation hinwegsetzen und es einfach nur jedem recht machen will. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, dem hier besprochenen Regierungsentwurf ruhigen Gewissens zuzustimmen. Dieser Entwurf ist nämlich für sich genommen tauglich genug, ein weiteres Zeichen der Politik gegen Ausländerfeindlichkeit zu setzen, und muß sich in diesem Bemühen auf seinem eingeschlagenen Weg nicht hinter Änderungsanträgen verstecken. Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD): Die Opfer von Straftaten sind in den vergangenen 25 Jahren zunehmend in den Mittelpunkt der deutschen Strafrechtspflege gerückt. Es ist inzwischen geradezu ein Kennzeichen moderner Kriminalpolitik, sich nicht allein um die Verfolgung und Überführung von Straftätern, sondern auch um die Wiedergutmachung des den Opfern insbesondere durch Gewalttaten zugefügten Schadens zu bemühen. Insofern gilt: Die Rechtspflegeorgane haben sich nicht nur um die Täter, sondern auch um die Opfer zu kümmern. Auch das Strafverfahren selbst ist dadurch nicht mehr ausschließlich täterzentriert. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten von 1976, das die Handschrift eines sozialdemokratischen Justizministers trägt und heute novelliert werden soll. In der letzten Legislaturperiode hat meine Fraktion einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Sanktionensystems vorgelegt, in dessen Mittelpunkt der Täter-Opfer-Ausgleich stand. Diesen hat die Regierungskoalition leider nur in stark verwässerter Form übernommen, bezeichnenderweise als Bestandteil des sog. Verbrechensbekämpfungsgesetzes. Deshalb haben wir vor einigen Tagen erneut einen Gesetzentwurf eingebracht, der die notwendigen Nachbesserungen im Interesse der Verbrechensopfer vorsieht. Auch unser schon im vergangenen Jahr vorgelegter Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsstellung von Deliktsopfern im Strafverfahren, der den Opferanwalt und die Einführung der Videotechnik bei Zeugenvernehmungen vorsieht, ist in der 1. Lesung am 29. Februar nur auf mäßiges Interesse der Koalitionsfraktionen gestoßen. Ich frage Sie deshalb, auch aus Anlaß der heutigen Gesetzesberatungen: Wollen Sie eigentlich auch in dieser Legislaturperiode eine hoffnungslos veraltete Kriminalpolitik fortsetzen, die neue Erkenntnisse ignoriert, möglichst wenig verändert und auf Verbrechen, die öffentliche Erregung auslösen, mit dem wohlfeilen, aber erwiesenermaßen wirkungslosen Rezept erhöhter Strafdrohungen reagiert? Wir beraten heute über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten. Es ist alles andere als ein Leistungsnachweis dieser Bundesregierung, daß das Europäische Übereinkommen von 1983 heute endlich, mehr als 12 Jahre nach der Unterzeichnung, der Ratifizierung zugeführt werden soll. Warum eigentlich hat die Bundesregierung so lange gebraucht, um den dafür erforderlichen Gesetzentwurf vorzulegen? Sind ihr die notwendigen und heute ebenfalls zu beratenden Ergänzungen des Opferentschädigungsgesetzes so schwer gefallen, oder war das Interesse daran zu gering? Für letzteres spricht, daß die vorgeschlagenen Ergänzungen, die Verbesserungen für ausländische Opfer von Gewalttaten bringen sollen, nahezu nichts kosten. Zu den Kosten des Gesetzes teilt die Bundesregierung nämlich mit, daß es sich für den Bund im Jahre 1997 um ganze 36 000 DM und für die Länder um 108 000 DM handeln soll, mit einem leichten Anstieg in den folgenden Jahren. Man reibt sich erstaunt die Augen: Es geht also um angeblich bedeutende Verbesserungen bei der Entschädigung von Ausländern, die bei uns Opfer von Gewalttaten werden, aber kosten soll es fast nichts. In den Berichterstattergesprächen hat sich das Rätsel dahin gelöst, daß in Wirklichkeit alles beim alten bleiben soll und lediglich Schweizer Touristen in die längst bei uns geltende Regelung einbezogen werden sollen. Wie sieht diese Regelung aus? Sie ergibt sich aus dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 21. Juli 1993. In einer Broschüre des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom Oktober 1994 heißt es dazu auf Seite 2 wahrheitswidrig und mit Blümscher Vollmundigkeit, durch dieses Gesetz hätten nunmehr „rückwirkend ab dem 1. Juli 1990 auch alle Ausländer, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten, Ansprüche auf Entschädigungsleistungen" . Schön wär's! Gerechterweise muß man zunächst einmal feststellen, daß Art. 8 des Europäischen Übereinkommens gewisse Einschränkungen zuläßt. Diese können sich ergeben aus dem Verhalten des Opfers vor oder nach der Tat oder in bezug auf die Verletzungsfolgen, tragen also dem Gedanken der Billigkeit und des Mitverschuldens Rechnung. Etwas schwieriger ist es schon mit dem etwaigen Widerspruch einer teilweisen oder vollen Entschädigung zum Gerechtigkeitsempfinden oder zum ordre public. Aber auch insoweit ist die Konkretisierung in § 2 Abs. 2 des Opferentschädigungsgesetzes noch akzeptabel, daß nämlich der Geschädigte es unterlassen hat, unverzüglich Anzeige zu erstatten oder sonst zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung des Täters beizutragen. Was hat es aber mit den Blümschen Sprüchen zur Ausländerfreundlichkeit zu tun, daß nach wie vor ein Versorgungsanspruch entfällt, wenn nicht der Europäischen Union angehörende Ausländer sich zwar rechtmäßig, aber noch nicht länger als 6 Monate in Deutschland aufhalten und in dieser Zeit Opfer von Gewalttaten werden? Hat nicht jeder Ausländer, der sich rechtmäßig bei uns aufhält, auch Anspruch auf staatlichen Schutz oder, wenn dieser versagt, wenigstens auf angemessene Entschädigung, wenn er unverschuldet zum Opfer von Gewalttaten wird? Der in den Berichterstattergesprächen und einem Schreiben des Herrn Justizministers enthaltene Hinweis, die länger bei uns lebenden Ausländer hätten durch Steuer- und Versicherungszahlungen gewissermaßen ihre Entschädigung mit „erwirtschaftet", ist nicht nur krämerhaft und reichlich realitätsfern. Der Gedanke müßte außerdem, wenn_ er ernst gemeint wäre, zum Ausschluß aller Ausländer - warum nicht auch der Inländer? - führen, die derartige Zahlungen nicht geleistet haben. Wo bleibt hier der Gedanke der Solidarität mit den Opfern von Gewalttaten? Muß diese Solidarität erst durch entsprechende Zahlungen käuflich erworben werden? Eine Ausnahme soll dann gelten, wenn das Opfer mit einem länger bei uns lebenden Ausländer verheiratet oder in gerader Linie verwandt ist. Diese grandiose Regelung, wie sie nur Bürokratenhirne ausdenken können, hat dazu geführt, daß die Hinterbliebenen von zwei Mädchen, die bei den Brandanschlägen in Mölln und Solingen ums Leben gekommen sind, deshalb keine Entschädigung erhalten haben, weil sich die getöteten Mädchen zwar rechtmäßig als Besucherinnen bei den Opferfamilien aufhielten, aber nur Nichten und nicht Kinder dieser Familien waren. Ausländerfreundliche Bundesregierung? Die SPD beantragt gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der 2. Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes die Streichung dieser wenig ausländerfreundlichen Regelungen in § 1 Abs. 5 und 6 des Opferentschädigungsgesetzes. Wir beantragen auch die Streichung des Leistungsausschlusses nach § 2, der rechtmäßig in Deutschland lebende Asylberechtigte treffen kann, die aufgrund einer früheren politischen Betätigung im Heimatland bei uns Opfer einer gezielten Gewalttat werden. Wenn § 2 insoweit, wie die Bundesregierung behauptet, restriktiv angewandt wird, sollte man das zumindest durch eine gesetzliche Klarstellung verbindlich machen. Die gegenüber unseren Anträgen vorgetragene Berufung auf das Prinzip der Gegenseitigkeit, das nach Auffassung der Bundesregierung dem besseren Schutz der eigenen Staatsangehörigen im Ausland dienen soll, ist in Wirklichkeit nichts anderes als der Versuch, auf fremdes Unrecht selbst mit eigenem und einem Rechtsstaat nicht erlaubten Unrecht zu reagieren. Ich empfinde eine solche Argumentation, daß die Bundesrepublik nur dann zahlt, wenn auch die ärmsten Länder der Dritten Welt deutsche Touristen ebenso entschädigen, als beschämend. Es ist auch grotesk, daß die Bundesregierung bislang die erwähnten Änderungsvorschläge als zu kostspielig ablehnt, obwohl sie ausdrücklich einräumt, die entstehenden Kosten selbst nicht einmal schätzungsweise nennen zu können. Offenbar will man einfach nicht und sucht für die Ablehnung unserer Vorschläge mühsam nach Argumenten, gleich welcher Qualität. Sollten unsere Änderungsanträge, die wir gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellen, in 2. Lesung abgelehnt werden, werden wir uns bei der Schlußabstimmung der Stimme enthalten. Wer die Entschädigung unschuldiger Opfer von Gewalttaten will, muß auch zu entsprechenden Zahlungen bereit sein. Es ist eines Rechtsstaates nicht würdig, bestimmte Gruppen von Ausländern davon auszunehmen. Jörg van Essen (F.D.P.): Anlaß des vorliegenden Gesetzesentwurfes sind die Ratifikationen und die Übernahme des Europäischen Übereinkommens vom 24. November 1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten. Das Übereinkommen ist schon am 1. Februar 1988 in Kraft getreten. Es wird deshalb höchste Zeit, es zu ratifizieren und unser Recht anzupassen. Das europäische Übereinkommen zum Opferschutz stellt einen wichtigen Fortschritt im Bereich der 3. Säule des Maastricht-Vertrages, der gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik dar. Es weist die Pflicht zur finanziellen Entschädigung für Opfer von Gewalttaten demjenigen Staat zu, in dessen Hoheitsgebiet die Gewalttat begangen wurde. Das Übereinkommen leistet einen wertvollen Beitrag zur Anerkennung internationaler Verantwortlichkeit durch die Unterzeichnerstaaten. Ausländische Mitbürger haben bereits jetzt nach dem Opferentschädigungsgesetz grundsätzlich Anspruch auf staatliche Opferentschädigung, wenn sie länger als sechs Monate in Deutschland leben. Ausländer, die weniger als sechs Monate in Deutschland leben, haben einen solchen Anspruch nur, wenn sie einem Land der EU angehören, wenn ihr Heimatland Gegenseitigkeit gewährleistet und wenn sie mit einem berechtigten Ausländer verheiratet oder direkt verwandt sind. Nun kommt hinzu, daß das Opferentschädigungsgesetz auch dann gilt, wenn sie einem Vertragsstaat des Europäsichen Übereinkommens zum Opferschutz angehören. Die Opposition hat in den Beratungen des Rechtsausschusses beantragt, die Übernahme des Übereinkommens mit einer noch weitergehenden Reform der Entschädigung ausländischer Opfer von Straftaten zu verbinden. So soll nach der Vorstellung der Opposition die Bedingung generell wegfallen, derzufolge ein Ausländer sich für sechs Monate in Deutschland aufhalten muß, um sich für staatliche Opferentschädigung zu qualifizieren. Wir sind offen für alle Verbesserungen des Opferschutzes, sind aber gegenüber diesen Vorstellungen doch zurückhaltend. Die geltende Regelung koppelt die Entschädigungsleistung grundsätzlich an die Dauer des Aufenthalts und behandelt damit denjenigen besser, der mit seiner Arbeit und seinen Steuerzahlungen dazu beigetragen hat, die Mittel für die Entschädigung zu erwirtschaften. Diese Koppelung ist vertretbar. Eine Entschädigung für Ausländer, die für weniger als sechs Monate in Deutschland leben, ist im Wege der bestehenden Härtefallregelung in § 10b des Opferentschädigungsgesetzes angemessen und ausreichend. Die generelle Zubilligung einer Entschädigung würde das Prinzip der Gegenseitigkeit durchbrechen. Dieses Prinzip entspringt der Fürsorgepflicht der Staaten für einen besseren Schutz der eigenen Staatsangehörigen im Ausland. Insbesondere würde durch die von der Opposition vorgeschlagene Änderung die deutsche Verhandlungsposition bezüglich künftiger bilateraler oder multilateraler Abkommen erheblich geschwächt. Es sind schließlich nicht weniger als 39 Staaten Mitglied im Europarat. Allen diesen Staaten steht der Beitritt zu dem Übereinkommen offen. Auch Länder, die nicht dem Europarat angehören, können in einem bestimmten Verfahren dem Übereinkommen beitreten. Es besteht für viele Länder die Möglichkeit, ihren Staatsangehörigen einen dem Gegenseitigkeitsprinzip entsprechenden Schutz zu gewährleisten, auch wenn sie sich für weniger als sechs Monate in Deutschland aufhalten. Die Opposition hat in den Beratungen des Rechtsausschusses auch beantragt, § 2 Abs. 1 Satz 2 des Opferentschädigungsgesetzes zu streichen. Es sei mit dem Sinn der Asylgewährung unvereinbar, daß Asylberechtigte, die auf Grund ihrer früheren politischen Betätigung im Heimatland hier Opfer einer gezielten Gewalttat würden, von Leistungen ausgeschlossen seien. Wir können dem nicht folgen. Die juristische Praxis zeigt, daß jene Fälle, bei denen ein Leistungsausschluß unbillig erschiene, bei der gebotenen Auslegung bereits nach der gegenwärtigen Regelung nicht von Entschädigung ausgeschlossen sind. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist rechtssystematisch begrüßenswert, angemessen und vernünftig. Es wäre erfreulich, wenn dieses Haus das Gesetz einstimmig beschließen würde. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn es der staatlichen Gemeinschaft trotz ihrer Anstrengungen zur Verbrechensverhütung nicht gelingt, Gewalttaten völlig zu verhindern, so muß sie wenigstens für die Opfer dieser Straftaten einstehen. Diese Überlegung lag 1976 der Verabschiedung eines Opferentschädigungsgesetzes zugrunde. Dem werden wahrscheinlich noch heute alle in diesem Hause beipflichten. Für Ausländer gilt dieser Grundsatz bis heute nur eingeschränkt. Als in Mölln und Solingen die Häuser brannten, war die Bestürzung groß. Alle waren der Auffassung, daß den Opfern oder deren Hinterbliebenen zumindest eine gewisse staatliche Entschädigung zugebilligt werden sollte. Doch hierauf warten etwa die in der Türkei lebenden Hinterbliebenen der beiden Mädchen bis heute vergeblich. Die Mädchen besuchten hier in Deutschland ihre Onkel und Tanten, und wurden dabei Opfer des Brandanschlages. Sie waren nicht in gerader Linie mit ihren Gastgebern verwandt. Pech, also haben sie keinen Anspruch auf die Leistungen. (Siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 13/3654.) Derartige Auswirkungen sind auch der Bundesregierung bekannt. Doch hieran will sie auch in ihrem Entwurf - für dessen Umsetzung immerhin 13 Jahre verstreichen mußten - wenig ändern. Ich freue mich, daß sich zumindest die SPD den Argumenten meiner Fraktion angeschlossen hat und wir nun hier einen gemeinsamen Änderungsantrag vorlegen können. Die kurzzeitige Hoffnung auf ein Einsehen einiger Unionspolitiker im Rechtsausschuß hat sich ja leider als trügerisch erwiesen. Dabei kann man unsere Forderungen wahrhaftig nicht als revolutionär bezeichnen. Sie treiben die öffentlichen Haushalte sicher nicht in den Ruin. Über eine völlige Gleichstellung ausländischer Gewaltopfer mit Deutschen haben wir gar nicht erst verhandelt. Wir wollen hier lediglich die unsinnige Differenzierung zwischen Ausländern aufheben. Maßgebliches Kriterium für eine Entschädigung ausländischer Besucher, die Gewaltopfer werden - das heißt bei einem „rechtmäßig nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von längstens sechs Monaten" -, soll nicht mehr eine bestimmte Staatsangehörigkeit oder der Besuch der „richtigen" Verwandten sein. Wer als ausländischer Besucher in der Bundesrepublik Opfer einer Gewalttat wird, erhält nämlich gegenwärtig nur dann Ersatz für Heilbehandlungs- und Rehabilitationskosten, wenn er eine bevorrechtigte Staatsangehörigkeit besitzt oder mit einem Deutschen verheiratet oder in gerader Linie verwandt ist. Ich erinnere nochmals an die Opfer von Mölln und Solingen. Wir wollen, daß für Ausländer und Deutsche die gleichen Maßstäbe gelten, wenn es um eine Versagung von Leistungen nach dem OEG geht. Das geltende Recht führt dazu, daß Asylberechtigte, die aufgrund einer früheren politischen Betätigung im Heimatland im Bundesgebiet Opfer einer gezielten Gewalttat werden, von Leistungen ausgeschlossen sind. Dies widerstrebt dem Sinn der Asylgewährung. Bürgerkriegsopfern, die in Deutschland erneut Opfer einer Gewalttat werden, werden schwierige Beweislasten aufgebürdet. Den Nachweis, daß eine derartige humanere Lösung tatsächlich untragbare Belastungen für die öffentlichen Haushalte nach sich zöge, sind Sie schuldig geblieben, meine Damen und Herren aus der Regierungskoalition. Die Bundesregierung hat noch im Februar 1996 auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion (Drucksache 13/3654) eingeräumt, keinerlei Auskunft über den Kreis der Anspruchsteller nach dem OEG geben zu können, weil keine Statistik über das Herkunftsland der Berechtigten geführt wird. Wir reden hier wahrscheinlich allenfalls über sechsstellige Beträge. Denn glücklicherweise sind Gewalttaten, denen ausländische Besucher zum Opfer fallen, doch noch nicht so alltäglich geworden. Es liegt nicht am Geld, es mangelt am politischen Willen zu einer Reform. Wir haben heute die Gelegenheit, grobe Schieflagen im geltenden Opferentschädigungsrecht zu beseitigen. Wir sollten sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. Lassen Sie uns nicht erst handeln, wenn wieder Häuser brennen. Mit einer Einbeziehung aller Ausländer in das Opferentschädigungsgesetz bringen wir unsere Solidarität mit den Opfern rassistischer Gewalt zum Ausdruck. Dr. Uwe-Jens Heuer (PDS): Das Übereinkommen stammt vom 24. November 1983 und ist für andere europäische Staaten schon seit 1988 in Kraft. Die Regierung wird uns sicherlich noch erklären, warum es erst 13 Jahre nach Abschluß zur Ratifikation kommt. Es heißt in der Begründung, es solle ein Zeichen der Politik gegen zunehmende Ausländerfeindlichkeit gesetzt werden. Ein solches Zeichen wäre schon notwendig, auch wenn es reichlich spät kommt. Die in diesen Dingen nicht eben auskunftsfreudige Bundesregierung hat für 1993 bis 1995 397 fremdenfeindliche Brandanschläge, darunter der in Solingen mit fünf Todesopfern, sowie acht versuchte Tötungsdelikte gemeldet. Dazu kommen noch etwa 300 Angriffe auf Personen. Ich bezweifle allerdings, daß es überhaupt ein Zeichen wird. Die einschränkenden Klauseln des Opferentschädigungsgesetzes von 1993 werden nämlich nicht beseitigt. Das Übereinkommen enthält Mindestvorschriften, über die jeder Vertragspartner hinausgehen kann. Die Logik der Regierung ist: Wir haben schon alles bestens im Sinne des Übereinkommens innerstaatlich geregelt und brauchen jetzt nur eine winzige Änderung des Opferentschädigungsgesetzes vorzunehmen. Meine Logik ist: Man hätte die Gelegenheit nutzen sollen, das Gesetz so zu ändern, daß ausländische Opfer den deutschen Staatsangehörigen in jeder Hinsicht gleichgestellt werden. Das würde den Leitgedanken der „Gerechtigkeit und der sozialen Solidarität" in der Präambel des Übereinkommens am besten ausfüllen. Und das würde unserem Land gut zu Gesicht stehen. Ich bin für die Beseitigung aller auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit oder auf die Aufenthaltsdauer oder auf das Vorhandensein eines deutschen oder schon länger in Deutschland lebenden ausländischen Verwandten oder sonstwie auf den Ausländerstatus abstellenden Einschränkungen, die im Opferentschädigungsgesetz kasuistisch und für den Ausländer kaum verständlich aufgelistet sind. Es ist überhaupt nicht einzusehen, daß die Bewohner ein und desselben brandgeschatzten Hauses unterschiedliche Opferentschädigungen erhalten sollen in Abhängigkeit davon, ob sie schon drei Jahre ununterbrochen in Deutschland oder erst vor drei Tagen eingereist sind oder ob sie mit einem bzw. einer Deutschen verheiratet oder in gerader Linie verwandt sind oder ob der Heimatstaat des Opfers dem Übereinkommen beigetreten ist und keinen Vorbehalt erklärt hat usw. usf. Das ist doch typisch deutsche Kleinkariertheit, durch die ausländische Opfer in alle möglichen Sorten eingeteilt werden, um Entschädigungsgeld zu sparen. Eine Gewalttat ist ein Verbrechen, wer auch immer das Opfer ist. Der Schaden an Leib und Leben ist bei einem Ausländer nicht anders als bei einem Deutschen. Also muß auch die Entschädigungsregelung gleich sein. In Art. 8 des Übereinkommens heißt es, daß die Entschädigung wegen des Verhaltens des Opfers gekürzt oder versagt werden kann. Das Opferschutzgesetz schreibt vor, daß das Opfer leer ausgeht, wenn es zu Hause an einer kriegerischen Auseinanderset- zung beteiligt war und Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die Schädigung damit in Zusammenhang steht. Den Beweis, daß der Zusammenhang nicht besteht, muß der Geschädigte erbringen. Das ist doch grotesk und geht mit dem Anliegen der Übereinkunft nicht zusammen. Der Staat steht in der Pflicht, Ausländer - ob sie zeitweilig oder ständig, seit langem oder seit kurzem bei uns sind - genauso wie seine eigenen Bürger vor Verbrechen zu schützen. Das ist wohl unbestritten. Wenn er vor dieser Pflicht versagt, dann ergibt sich nach meiner Meinung die Pflicht, Ausländern dieselbe Entschädigung zu gewähren wie Deutschen. Diese Pflicht hätte man im Ratifizierungsgesetz - so wie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagen - festschreiben sollen. Ich halte es für eine schlechte Ausrede, wenn gesagt wird, man dürfe so ein Ratifizierungsgesetz nicht überfrachten. Es geht hier um Menschenwürde, Persönlichkeitsrecht und Gleichheit vor dem Gesetz. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister der Justiz: Das Europäische Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten setzt im Interesse der Ausländer im jeweiligen Vertragsstaat Mindeststandards für die Opferentschädigung fest: Staatsangehörige der Vertragsstaaten werden im Falle von Gewalttaten durch den Staat entschädigt, in dessen Hoheitsgebiet sie Schaden erleiden. Dasselbe gilt für Staatsangehörige der anderen Europaratsstaaten, die sich ständig in dem Staat aufhalten, in dem der Ort der Gewalttat liegt. Für die Höhe der Opferentschädigung sind Mindestgrenzen vorgesehen. Die Vertragsstaaten werden zu größtmöglicher wechselseitiger Unterstützung verpflichtet. Diese Vorgaben des Übereinkommens sind in Deutschland bereits weitgehend geltendes Recht. Das Opferentschädigungsgesetz, das Opfern von Gewalttaten wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Versorgungsansprüche zuerkennt, erfaßt schon heute nahezu den gesamten Personenkreis, für den das Übereinkommen Geltung hat. In einigen Punkten geht es sogar über die Minimalanforderungen des Übereinkommens hinaus. In einem Punkt blieb das deutsche Recht jedoch bisher gegenüber den Anforderungen des Übereinkommens zurück: Ausländer, die sich lediglich bis zu sechs Monaten legal in Deutschland aufhalten und Opfer einer Gewalttat geworden sind, konnten eine Entschädigung nur unter stark eingrenzenden Voraussetzungen erhalten. Die Entschädigungsberechtigung wird nunmehr auf alle Ausländer, die Angehörige eines Vertragsstaates des Übereinkommens und in Deutschland bei einem kurzfristigen Aufenthalt Opfer einer Gewalttat geworden sind, ausgedehnt. Dieses bedeutet im Gegenzug auch eine Verbesserung der Rechtsstellung von Deutschen, die in einem anderen Vertragsstaat Opfer einer Gewalttat geworden sind. Das Übereinkommen ist seit 1988 in Kraft. Es wurde bisher von Dänemark, Finnland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Schweden, der Schweiz und Großbritannien ratifiziert. Meine Damen und Herren, die Zustimmung zu dem Übereinkommen ist damit ein Beitrag zur Harmonisierung des Rechts in Europa. Sie fördert außerdem die europäische Zusammenarbeit. Sie ist schließlich und insbesondere ein weiteres deutliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit. Europa wächst zusammen. Die Bürger der verschiedenen Staaten haben untereinander zunehmend mehr Kontakt. Dies fördert grundsätzlich die gegenseitige Verständigung. Noch ruft es aber vereinzelt leider auch Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit hervor. Die Zustimmung zu dem Europäischen Übereinkommen bekräftigt einmal mehr, daß Deutschland solchen Tendenzen entschieden entgegentritt. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes; Ergänzende Kriterien über die Transeuropäischen Verkehrsnetze) Claus-Peter Grotz (SPD): Die transeuropäischen Netze gehören zu den großen und wichtigen Projekten, die zweifelsohne auf eine hohe Einsicht und Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern der Union stoßen. Denn ein leistungsfähiges, die 15 nationalen Netze verbindendes europäisches Verkehrsnetz ist längst überfällig. Der mittlerweile hohen Rechtsverbindlichkeit und Vorschriftendichte der EU steht in der Verkehrsinfrastruktur ein sehr lückenhaftes Netz gegenüber. Gerade im Aufbau eines grenzüberschreitenden Wegenetzes wird sich dem Bürger der Vorteil europäischer Zusammenarbeit gegenüber nationalstaatlicher „Eigenbrötelei" erweisen. Deshalb sind meines Erachtens die transeuropäischen Netze eines der wichtigsten laufenden Vorhaben, mit dem die zusammenwachsende Union konkret erfahr- und erlebbar wird. An der Notwendigkeit besteht kein Zweifel. Vorgestern, am Mittwoch, wurde im Verkehrsausschuß bei der Beratung des Berichtes der Kommission zur Europäischen Raumordnung („Europa 2000+") noch einmal deutlich, welch wichtige Rolle eine leistungsfähige, sichere, bezahlbare und umweltgerechte Verkehrsinfrastruktur beim wirtschaftlichen und sozialen Zusammenwachsen der Gemeinschaft hat. Dem Verkehrsnetz kommt eine mehrfache Bedeutung zu: - bei der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft durch eine entsprechende Infrastruktur gegenüber anderen Räumen auf der Welt und - bei in der Gemeinschaft notwendigem inneren Gleichgewicht durch eine Entwicklung aller, auch der peripheren Gebiete. Nicht zuletzt kommt einem europäischen Verkehrsnetz eine wichtige Brückenfunktion zu - bei der Schaffung von Verbindungen zum Mittelmeerraum und nach Mittel- und Osteuropa. Aus diesem Grund begrüßt meine Fraktion das ambitionierte Vorhaben, „gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes" aufzustellen. Mit dem „Bundesverkehrswegeplan" entscheidet der Bundestag jeweils über die „Magna Charta" der nationalen Verkehrswegeplanung. Deshalb halte ich auch bei den Transeuropäischen Netzen eine Beteiligung für wichtig. Im übrigen hat dieses Parlament schon vor vier Jahren in einer Entschließung zum Thema „Deutsche Verkehrspolitik im zusammenwachsenden Europa" den Aufbau einer vernetzten europäischen Verkehrsinfrastruktur gefordert. Ohne mich deshalb auch im einzelnen mit seiner Position zu den Netzen identifizieren zu müssen, ist auch das hier erstmals angewandte „Mitentscheidungsverfahren" des Europäischen Parlaments ein Fortschritt. Denn eine Stärkung des Parlaments heißt auch einen Schritt weiter zum „Europa der Bürger" . Seit fast vier Jahren diskutieren wir über die Aufstellung der Leitlinien eines transeuropäischen Verkehrsnetzes. Ich möchte nicht verhehlen, daß es häufig schwierig war, bei unseren Beratungen auch immer die aktuellste Brüsseler Vorlage zu haben. Bisweilen war es wie beim Hasen und beim Igel. Deshalb rege ich an, zu gegebener Zeit gerade am Beispiel der Beratung Transeuropäischer Netze über Verbesserungen im Beteiligungsverfahren des Bundestages in EU-Angelegenheiten nachzudenken. Mit der heutigen Debatte liegen wir allerdings genau richtig in der Zeit. Im Dezember hat das EP eine 116 Änderungspunkte umfassende Stellungnahme zum Ratsstandpunkt abgegeben. Seit April ist der Vermittlungsausschuß von Parlament, Rat und Kommission einberufen. Aus diesem Grund möchte ich nochmals die für meine Fraktion wichtigen Punkte herausstreichen. Erstens. Wir begrüßen den verkehrsträgerübergreifenden Ansatz der Leitlinien. Alles andere waren verkehrspolitische Einbahnstraßen, die in einer Sackgasse enden. Zweitens. Für die Aufstellung und Umsetzung der Leitlinien muß das Subsidiaritätsprinzip gelten. Dem entspricht, daß beispielsweise der deutsche Beitrag zu den 14 sogenannten „prioritären Projekten" - es handelt sich um vier Schienenverbindungen - auf unserer eigenen Verkehrswegeplanung basiert. Um es klar zu machen, mit uns wird es nicht zu machen sein, daß via Brüssel die nationale Verkehrsplanung ausgehebelt wird und der deutsche Steuerzahler die Zeche bezahlt. Deshalb haben wir auch den Wunschkatalog des Bundesrates und den üblichen Streichungskatalog der Grünen zurückgewiesen. Auch das Europäische Parlament kann den Bundestag bei unserer Verkehrswegeplanung nicht ersetzen. Wer zahlt, schafft an! Bei Gesamtkosten der 14 prioritären Verkehrsprojekte von 91 Milliarden ECU übernimmt die EU nämlich nur 1,9 Milliarden ECU - im wesentlichen als Zuschuß zur Planung. Deshalb treffen auch die Forderungen der Opposition in diesem Punkt nicht. 30 Prozent der europäischen TEN-Mittel kommen aus Deutschland, nur ca. 15 Prozent der TEN-Mittel fließen an Deutschland zurück. Ich halte auch nichts davon, daß Sie von der Opposition als schlechte Verlierer in Fortsetzung von heute vormittag die Transrapid-Debatte weiterfahren wollen. Daß wir uns hierbei vereinnahmen lassen, glauben Sie aber wahrscheinlich nicht mal selber, was ich Ihnen wiederum zugute halte. Ein dritter Punkt: Es besteht für uns kein Anlaß, die Transeuropäischen Netze zu Forderungen nach - ich betone, zusätzlichen - Umweltauflagen und -restriktionen zu nutzen. Die Berücksichtigung der Umweltbelange, die ja nun niemand mehr bei Verkehrsplanungen einfordern bzw. erfinden muß, soll durch die Anwendung der entsprechenden Umweltrichtlinien, die es schon gibt, erfolgen. Ein eigenes Umweltrecht für die transeuropäischen Netze lehnen wir ab. Ganz offen gesagt, bin ich mir bei der Opposition auch gar nicht sicher, ob es ihr um die Umwelt oder nur um die Verhinderung notwendiger Infrastruktur geht. Viertens. Wir gehen davon aus, daß die Bundesregierung auch weiterhin alles daransetzt, um den deutschen Baustein im Transeuropäischen Netz zügig zu verwirklichen. Gerade doch, weil die Transeuropäischen Netze nicht im luftleeren Raum gespannt wurden, sondern im deutschen Fall schon im Bundesverkehrswegeplan als „vordringlicher Bedarf" festgestellt sind, ist schon vieles umgesetzt und mit jährlichen Investitionsmitteln bereits im Drei-Jahres-Plan zum Schienenwegeausbaugesetz enthalten. Jedenfalls werden die vier prioritären Maßnahmen der Transeuropäischen Netze in Deutschland ganz bestimmt nicht schneller als laufende Maßnahmen aus dem DreiJahres-Plan beim Schienenwegeausbaugesetz umgesetzt. Dazu zähle ich Abschnitte aus der sogenannten Sachsen-Magistrale genauso wie den Abschnitt Erfurt-Halle/Leipzig-Berlin, wo teilweise schon gebaut wird oder in Kürze begonnen wird bzw. Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Hier brächte die Aufnahme zusätzlich zu den 14 prioritä- ren Projekten keine Beschleunigung, und die Planungen sind weitestgehend gelaufen. Eine Anmerkung noch zum Projekt Paris-Ostfrankreich-Südwestdeutschland. Bei dieser Magistrale von wahrhaft europäischer Bedeutung handelt es sich um das Herzstück eines zukünftigen europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Hier wird erstmals das deutsche und französische Hochgeschwindigkeitsnetz verbunden. Wir halten daran fest, daß die Anbindung über zwei Äste erfolgen soll: - einen nördlichen: Saarbrücken-Mannheim mit Perspektive Berlin und - einen südlichen: Kehl-Karlsruhe mit Anschluß Stuttgart-München. In beiden Fällen, dies ist mir wichtig - muß das Schienennetz bei uns neu- bzw. ausgebaut werden; Ersatzlösungen sind allenfalls befristet denkbar. Mit den Transeuropäischen Netzen übernimmt die Verkehrspolitik eine Schrittmacherfunktion. Allerdings handelt es sich weniger um Schritte, denn um Meilensteine. Wir werden der Beschlußempfehlung des Verkehrsausschusses folgen. Den SPD-Entschließungsantrag, der uns heute nochmals als Aufguß des alten, bereits zweimal im Ausschuß abgelehnten Antrages vorliegt, lehnen wir ab. Karin Rehbock-Zureich (SPD): Der Vertrag über die Europäische Union sieht neue Instrumente vor, um das Ziel einer marktorientierten, freien und dezentralisierten Wirtschaft in der Europäischen Union zu verwirklichen. Im Weißbuch der Kommission über Wachstum und Beschäftigung gilt die Schaffung von Infrastrukturnetzen als wichtiger Ansatzpunkt, die Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern. Heute, zwei Jahre nachdem die Kommission erstmals einen Vorschlag für die Transeuropäischen Netze unterbreitet hat, scheint der Traum einer gemeinschaftlichen Verkehrsinfrastruktur ausgeträumt zu sein. Der Ministerrat hat in seinem gemeinsamen Standpunkt wichtige Bestandteile der Vorschläge des Europaparlaments verworfen. Die Bemühungen zur Festlegung der „gemeinschaftlichen Leitlinien für den Ausbau eines Transeuropäischen Verkehrsnetzes" sind so zu einem Trauerspiel ersten Ranges verkommen und unterstreichen die mangelnde Transparenz und die undemokratischen Strukturen in den europäischen Verfahrensabläufen. Hier sollen am Deutschen Bundestag vorbei Weichen für eine europäische Verkehrspolitik gestellt werden. Der Deutsche Bundestag muß in die Willensbildung um die Verkehrsinfrastruktur in Europa einbezogen werden. Es wird allerhöchste Zeit. Nachdem das erste Vermittlungsgespräch ohne Ergebnis verlaufen ist, bleiben gerade mal sechs Wochen, um ein europäisches Verkehrschaos zu verhindern; denn das, was wir jetzt sehen, ist ein Scherbenhaufen. Erinnern wir uns: - Der Rat kippte den Umweltartikel des EP aus seinem Gemeinsamen Standpunkt. - Eine Aufteilung der Finanzen auf Schiene mit 40 Prozent, Straße mit 25 Prozent, Schiffahrt mit 20 Prozent und Kombiverkehr mit 15 Prozent wurde abgelehnt. - Der Rat verzichtete auf eine Prioritätenliste. Stattdessen werden 126 Straßenbauprojekte, 11 Eisenbahnverbindungen, 57 Kombiverkehrsverbindungen gleichwertig aufgezeigt. Die Folge dieser Handlungsweise ist fatal: Mit dem Wegfall von Prioritäten werden Finanzmittel nicht kanalisiert und die ohnehin hoffnungslos unterfinanzierten TEN haben so wohl kaum eine Aussicht auf Verwirklichung. Vom gesamten Investitionsvolumen von 750 Milliarden DM bis zum Jahr 2010 sind bis 1999 gerade 1,8 Milliarden DM bewilligt für knapp 200 Projekte. Die Transeuropäischen Netze verkommen zu einer Ansammlung von nationalen Verkehrsplänen. Dies rügte auch die Kommission in ihrem Bericht für den Gipfel in Madrid, indem sie das schleppende Verfahren und die großen Defizite bei der Finanzierung der vorrangigen Verkehrsvorhaben der Mitgliedstaaten beklagt. Auch vor diesem Hintergrund hat der Präsident der Europäischen Kommission, Jaques Santer, eine Umschichtung im EU-Haushalt zugunsten der TEN angeregt. 1 Milliarde ECU zusätzlich für TEN sollten auch ein Anstoß zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sein. 20 Millionen arbeitslose Menschen in der EU sprechen für sich. Trotz eigener hoher Arbeitslosigkeit lehnt die Bundesregierung dies ab. Stattdessen werden 7,4 Milliarden DM für das Prestigeobjekt Transrapid gebunden, obwohl der Bundeshaushalt unter Finanznot leidet, 7,4 Milliarden DM für eine Insellösung, die weder Harmonisierung noch Interoperabilität der Verkehrsträger bewirkt. Schon jetzt werden die Projekte der TEN in Deutschland stufenweise mit Zeitverzögerung realisiert. Das Ziel der Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger kann nur erreicht werden durch eine Mittelaufteilung zugunsten der Schiene. Deutschland als wichtiges Transitland der EU muß Wert auf einen leistungsfähigen Ausbau der Schienenverbindungen nach Mittel-Ost-Europa legen - auch im Rahmen der prioritär festzulegenden Projekte. An dieser Stelle sei auch angemerkt, daß bedauerlicherweise im Gegensatz zur Vereinbarung von La Rochelle - von der Ost-West-Verbindung Paris-OstFrankreich-Frankfurt-Berlin der Teilabschnitt Frankfurt-Erfurt-Halle-Leipzig von der Bundesregierung nicht für die prioritären Projekte angemeldet wurde. Holen Sie diese Anmeldung nach! Die europäische Verkehrspolitik muß sich an den Zielen der Verkehrsvermeidung, Verlagerung und der umweltverträglichen Verkehrsabwicklung orientieren. Ohne die Festlegung von vordringlichen Projekten sind weder großräumige europarelevante Verkehrskorridore zu erkennen noch Prioritäten im Sinne des notwendigen Lückenschlusses wichtiger Netzteile. Hierfür sollte sich die Bundesregierung einsetzen, statt lediglich in wohlgesetzten Sonntagsreden von Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung zu sprechen. Mit den Ankündigungen zur Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene muß endlich ernst gemacht werden. Denn die Perspektiven sind alles andere als rosig: Nach Einschätzung des EU-Kommissars Neil Kinnock wird das Volumen des Güterverkehrs bis zum Jahre 2010 um voraussichtlich 70 Prozent zunehmen und zwar „zugunsten" der Straße. Der Eisenbahntransport wird von 10 auf 5 Prozent zurückgehen. Hier müssen schnellstens die Weichen gestellt werden, um dieser Katastrophe für Mensch und Umwelt entgegenzuwirken. Wenn selbst die europäischen Verkehrsminister darauf hinweisen, daß die Lage der Eisenbahnen verbessert werden muß und hierzu sogar ein Weißbuch der Kommission zur Eisenbahnpolitik vorgelegt wird, so hätte Herr Wissmann jetzt die beste Gelegenheit, einen Einstieg bei der Mittelaufteilung im Rahmen der Transeuropäischen Netze zu tätigen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Leitlinien um Aussagen zu den umweltfreundlichen Verkehrsträgern Küsten- und Binnenschiffahrt zu ergänzen. Ebenso wie die Schiene bietet die Küstenschiffahrt eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Verlagerung von Transportgütern. Aus diesem Grund sollten neben Rotterdam auch deutsche Häfen eine hervorragende Anbindung an die Transeuropäischen Netze erhalten. Hinsichtlich der Binnenschiffahrt ist zu beachten, daß Flüsse in erster Linie komplexe Ökosysteme und erst in zweiter Linie Verkehrswege sind. Im Zweifelsfall müssen die Schiffsgrößen den Flüssen angepaßt werden und nicht umgekehrt. Generell gilt es festzuhalten, daß beim künftigen Ausbau des Verkehrsnetzes Untersuchungen über die langfristigen Umweltauswirkungen vorgenommen werden. Diese Studien sind von elementarer Bedeutung, wenn die Umweltpolitik ein integraler Bestandteil der Verkehrspolitik werden soll. Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, sich einzusetzen: 1. für einen ausgewiesenen Artikel über den Umweltschutz, der beinhaltet, daß Projekte hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt bewertet und darüber hinaus eine Umweltrisikoeinschätzung wie auch eine verkehrsübergreifende Korridoranalyse durchgeführt werden, 2. für die Wiedereinsetzung der Prioritätenliste innerhalb der Leitlinien, um eine effiziente Kanalisierung der finanziellen Mittel zu gewährleisten, 3. für die Rückkehr zur Finanzmittelaufteilung Schiene-Straße-Schiff, wie vom EU-Parlament gefordert, um eine effektive Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung voranzubringen und 4. für die Herausnahme des Transrapid aus den Verhandlungen über die TEN. Erkennen Sie die Zeichen der Zukunft, Verkehrsströme in Europa auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu lenken, Verkehre zu verknüpfen und zu vermeiden - zum Wohle kommender Generationen. Lisa Peters (F.D.P.): Schon in der Überschrift kommt es deutlich zum Ausdruck: Es handelt sich bei der heutigen Beratung um einen Vorschlag für gemeinschaftliche Leitlinien zum transeuropäischen Verkehrsnetz. Gemeinsam in einer Gemeinschaft von 15 Staaten etwas vorschlagen, ergänzen, beraten und zu Empfehlungen zu kommen scheint mir das Wesentliche zu sein. Sich an einen Tisch zu setzen, nicht die Sprache des anderen sprechen zu können, sie doch verstehen zu wollen und auch zu müssen, das sind nach meiner Ansicht die wenigsten Elemente der Europäischen Gemeinschaft. Seit 1994 gibt es nun einen Vorschlag der Kommission zum Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes. Es kann nur ein erster Versuch, eine erste Beschreibung zum Thema „Netzleitlinien" sein. Diese wollen vermitteln, wie ein Verkehrsnetz im Jahre 2010 aussehen könnte. Ich denke, man muß diese Vorschläge sehr sorgfältig prüfen, auch fördern. Es sind nicht nur Träume, die hier zu Papier gebracht worden sind. Ich denke auch, daß wir die Bedeutung dieser Pläne und deren Realisierung sowie die positiven Auswirkungen auf Wirtschaft, Beschäftigung und Arbeitsplätze nicht unterschätzen dürfen. Wir kennen die finanzielle Situation aller Beteiligten, wissen, daß Vorhaben nur schrittweise ausgeführt werden können, und bedauern gleichzeitig, daß wir uns vorrangig auf 14 Vorhaben beschränken müssen. Deshalb müssen wir in der Bundesrepublik diese gesamten Vorhaben auf deutschem Gebiet vorrangig fördern. Wir wollen einen Entwicklungsprozeß in Gang setzen und fördern, der zur Folge hat, daß die Verkehrsträger in Europa nicht weiter nebeneinander herlaufen, herrollen oder -schwimmen, nein, sie sollen sinnvoll vernetzt werden. Die Straßen sind überlastet, doch ohne Verkehr auf der Straße findet keine Beförderung von Gütern statt. Man darf den Lkw nicht verteufeln! Wir müssen Straßen entlasten, mehr Güter auf die Bahn bringen und das Schiff, das im Seeverkehr 90 Prozent aller Güter befördert - hier das Binnenschiff und Küstenschiff -, besser einbinden. Das heißt, daß wir unsere Netzpläne bis zum Jahre 2010 fortschreiben müssen, daß leistungsfähigen Verkehrswegen Priorität gegeben wird und die Verkehrsdienste umwelt- und sozialverträglich ausgestaltet werden müssen. Die Zukunft wird dem kombinierten Verkehr gehören. Es wird sehr auf ein gutes Verkehrsmanagementsystem ankommen. Nur so können unnötige Verkehre vermieden werden. Straße und Eisenbahn, Bundeswasserstraßennetz, Flughäfen und ÖPNV - in Kombination bieten alle Verkehrsträger ihre Vorteile! Ob Ballungsgebiet oder ländlicher Raum, man kann nicht alles über einen Kamm scheren. In jeder Region können unterschiedliche Verkehrsträger vorteilhaft, günstig und zweckmäßig sein. Das erfordert aber Planen und Mitdenken. Manchmal muß man sich dabei auch von eingefahrenen Gleisen lösen und zu anderen Verkehrsträgern kommen. Wir werden dabei selbstverständlich aber auch zu prüfen haben, wieweit man private Finanzierungen mit in Anspruch nehmen kann. Denn die Finanzierung dieser Ideen, Vorschläge und Pläne soll 40 Milliarden ECU erfordern - eine kaum vorstellbare Summe! Für die Liberalen gilt allerdings, daß alles nur innerhalb eines fairen Wettbewerbs stattfinden kann. Subventionen, die nur dem eigenen Land und dem eigenen nationalen Vorteil dienen, dürfen in Europa in Zukunft keinen Platz mehr haben. Es muß nach unserer Meinung sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr einen offenen und wettbewerbsorientierten Markt geben. Dort sind alle zu beteiligen, die Bürger und Bürgerinnen, die Unternehmen und auch die Gebietskörperschaften. Dabei erwarten wir, daß sich die Gremien in der EU nur mit den Angelegenheiten befassen, für die sie auch zuständig sind. Das Subsidiaritätsprinzip muß strikt eingehalten werden. In dieser kurzen Rede konnte ich nur auf wenige Punkte eingehen. Festhalten möchte ich, daß wir der Beschlußempfehlung des Verkehrsausschusses zustimmen. Die Anträge der SPD und der Grünen lehnen wir deshalb ab. Ich denke, daß der Verkehr und die unterschiedlichen Verkehrsverbindungen ein wesentliches Kommunikationsmittel in Europa sind, da wir nicht alle Orte zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können. Deshalb werden die Mitglieder der F.D.P.-Fraktion mit Engagement, mit offenen Augen und ohne Scheuklappen dieses Vorhaben „Transeuropäische Netze " unterstützen und fördern. Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit 1993/94 gibt es in Brüssel und Straßburg den Konflikt um die Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN). Auf der einen Seite steht der Vorschlag des Ministerrates und der Kommission, der jedoch große Schwachstellen und Defizite aufweist, auf der anderen Seite die Position des EP, das mit seinem Ergänzungsvorschlägen z. T. genau an diesen Schwachstellen ansetzt und Novellierungsvorschläge gemacht hat. Dies ist insofern bedeutsam, als das EP hier ein echtes Mitentscheidungsrecht hat. Das heißt, im bevorstehenden Vermittlungsverfahren mit dem Rat bzw. der Kommission wird das EP nicht einfach überstimmt werden können. Wir wollen Ihnen dafür, Herr Minister Wissmann, gerne konkrete Verbesserungsvorschläge aus dem Deutschen Bundestag mitgeben; deshalb unser Antrag und diese Debatte. Die wichtigsten Schwachstellen und die Ergänzungen, die wir von daher in unserem Antrag vorschlagen: Erstens. Die TEN-Pläne wurden in ihren Kosten unterschätzt bzw. in ihrer Wirtschaftlichkeit überschätzt, d. h. sie sind - trotz Prioritätenliste - einfach nicht bezahlbar, nicht aus den nationalen und schon gar nicht aus den europäischen Kassen. Daran ändern auch Jacques Santers neueste Rechenkünste und Umschichtungsideen nichts. Dies liegt u. a. daran, daß viele Projekte nicht wirklich von europäischem Interesse sind, sondern nur über die schlichte Addition der nationalen Verkehrswegepläne Eingang gefunden haben. Daher unsere Forderung nach neuen Kosten-Nutzen-Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf aktuellem Preisstand unter Einbeziehung der externen Kosten und nach Streichung offenkundig unsinniger Projekte wie Donauausbau, A 20, A 71/73, Transrapid und Brenner-Basistunnel. Zweitens. Die TEN-Pläne wurden aber auch unterschätzt im Hinblick auf ihre Umweltauswirkungen. Nach neueren Abschätzungen sind über den bis 2010 prognostizierten Trend eines verkehrsbedingten CO2-Anstiegs von 42 % hinaus durch die TEN zusätzliche CO2-Emissionen von 18 % zu erwarten, insgesamt also 60 % CO2-Anstieg allein im Verkehrssektor. Dies steht im krassen Widerspruch zu den Klimaschutzzielen der Mitgliedstaaten. Daher unsere Forderung und die Forderung des EP nach Einführung einer strategischen UVP für das Gesamtnetz, die u. a. in vergleichenden Korridoranalysen die mittelfristigen regionalen und globalen Umweltauswirkungen untersucht und deren Ergebnisse bindend für die Revision der weiteren Planungen sein müssen. Drittens. Es fehlt eine klare Prioritätensetzung zugunsten der umweltverträglichen Verkehrsträger: den 126 Straßen- stehen nur 11 Schienenverbindungen, 57 Kombieinrichtungen und 26 Binnenwasserstraßenprojekte gegenüber. Deshalb unsere Forderungen, daß 85 % der Investitionen in die umweltverträglichen Verkehrsträger und Schnittstellen, höchstens 15 % in die Straßenprojekte fließen sollen und daß das Leitziel der Verkehrsvermeidung und Beschränkung der Verkehrsmenge wirksam verankert werden muß. 1995 wurde „Europa 2000 +" , das Konzept einer europäischen Zusammenarbeit bei der Raumordnung, vorgelegt. Darin kritisiert die Kommission selbst erstmals klar und deutlich die TEN, indem sie deren nachteilige Wirkungen auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang der Regionen beschreibt: Es gebe zwar „unbestreitbare Vorteile für die zentralen Gemeinschaftsgebiete", aber eben auch „eindeutige Nachteile" für die peripheren Gebiete (S. 64). Nur die Magistralen auszubauen bedeutet, die Region dazwischen veröden zu lassen, wirtschaftlich zu schwächen und ökologisch zu belasten. Im Januar d. J. wurde das Grünbuch „Bürgernetz" zum ÖPNV vorgelegt. Auch darin macht die Kommission deutlich: Europa braucht die Trendwende zum 0V, den Vorrang für die öffentlichen Verkehrsträger. Ohne die massive Entwicklung der regionalen und Nahverkehrsnetze - Stichwort Flächenbahn statt Tempowahn! - taugt auch der Ausbau der Hauptachsen nicht für eine zukunftsfähige Organisation von Mobilität in Europa. Solche Aussagen aus der Kommission sind sehr bemerkenswert. Sie bestätigen den Tenor unseres und des SPD-Antrages sowie der Vorschläge des EP: Es gibt keinen Anlaß zur TEN-Euphorie, sondern allen Grund zur Umorientierung. Ich bitte Sie deshalb darum, die falsche Mehrheitsentscheidung unseres Verkehrsausschusses hier im Plenum zu korrigieren und den Verkehrsminister mit einem zeitgemäßen Votum ins Vermittlungsverfahren zu schikken. Dr. Winfried Wolf (PDS): Manchmal spricht die Prosa von Texten dieses Parlaments ungewollt eine deutliche Sprache. Da heißt es in der „Beschlußempfehlung" zum Antrag der Grünen: Problem: Die Antragsteller fordern, in den Leitlinien über die Transeuropäischen Netze ... ergänzend ... Verkehrsvermeidung ... Lösung: Der (Verkehrs-) Ausschuß empfiehlt Ablehnung des Antrags. Dabei sind die Forderungen der Grünen, die von der PDS unterstützt werden, der Wortwahl nach identisch mit der Lyrik der offiziellen Verkehrspolitik. Richtig ist: Diese Worte stehen im Gegensatz zu den Taten. Bei den TEN handelt es sich um eine erneute Konzentration auf Straßenbau, auf Flughafenausbau, auf Hochgeschwindigkeitszüge. 90 Prozent der Verkehre der EU-Bürger finden jedoch im Nahbereich statt. Die Mehrheit der erwachsenen Bürgerinnen und Bürger der Union, so stellte jüngst die Kommission fest, verfügt über kein Auto. Sie pendelt nicht mit Spitzengeschwindigkeit von Paris nach Köln. Sie benötigt aufeinander abgestimmte Nah-, Regional- und Fernverbindungen. Die TEN bringen jedoch eine Konzentration von EU-Geldern auf das kleine Segment von 10 Prozent der motorisierten Verkehre. Sie orientieren sich an einer Minderheit, und sie erhöhen die Konzentration auf bereits enorm verdichtete Zentren. Da ist die Rede von „grenzüberschreitenden Verkehren" . Nun, zwischen Deutschland und Frankreich gibt es gerade mal vier grenzüberschreitende Bahnverbindungen. Es gab aber einmal ein Dutzend. Doch bei den TEN: Fehlanzeige, diese wiederherzustellen. Unter den TEN befinden sich vergleichbar unsinnige Projekte, wie wir dies heute bereits beim Transrapid dokumentieren konnten. Nur zwei Beispiele: der Brenner-Basis-Tunnel, versteckt im mit rund 40 Milliarden DM teuersten Projekt Nr. 1, „Hochgeschwindigkeitsverbindung NordSüd " : ein Milliardengrab, verkehrlich völlig unnütz, weil die bestehende Brennerbahnstrecke heute nur zu 60 Prozent ausgelastet wird und bei Ausbau fast die doppelte Kapazität haben könnte. Beispiel 2: Hochgeschwindigkeitsstrecken auf der iberischen Halbinsel: Diese Strecken sollen mit europäischer Normalspur gebaut werden. Sie sind damit unkompatibel mit dem bestehenden Netz der spanischen und der portugiesischen Bahn, die mit Breitspur betrieben werden. Dabei fährt doch ein durchgehender Talgo-Zug Paris-Madrid, der umgespurt wird. Ich zitiere aus einem Reisebericht: „Zwischen Hendaye und Irun an der französisch-spanischen Grenze erwachen wir nicht einmal, spüren nichts, nicht einmal den Halt, der nur 14 Minuten dauert, in denen die Räder der Achse nach außen bewegt werden, von der französischen Normalspur zur breiteren spanischen Spur." Doch nein: Mit den TEN werden allein hier zwei Dutzend Milliarden ausgegeben, nur um diese bestehende Umspurtechnik zu verneinen und nicht kompatible Netze auf der iberischen Halbinsel zu erzwingen. TEN buchstabiert sich hier als „Trans European Nonsense"; oder, auf gut schwäbisch: O Herr, schmeiß Hirn ra! Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Beim Zusammenwachsen Europas kommt einer leistungsfähigen europäischen Verkehrsinfrastruktur eine wichtige Rolle zu. Grundvoraussetzung für das Zusammenwachsen von Staaten ist neben der politischen insbesondere auch die wirtschaftliche Öffnung und das Entstehen reger Handelsbeziehungen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn leistungsfähige Verkehrswege für einen reibungslosen Transport von Menschen und Gütern zur Verfügung stehen. Daher war es nur konsequent, mit dem Vertrag von Maastricht 1993 erstmals auch eine Grundlage für eine gemeinsame europäische Verkehrsinfrastrukturplanung zu schaffen. Daß die Nutzung dieser neuen Möglichkeiten zu einem schwierigen Abwägungsprozeß zwischen Gemeinschaftszuständigkeit und nationaler Planungshoheit werden würde, war angesichts des anzuwendenden Mitentscheidungsverfahrens zwischen Euro- päischem Rat und Europäischem Parlament durchaus abzusehen und bewahrheitet sich bei den langwierigen Beratungen des Kommissionsvorschlags über „Gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines Transeuropäischen Verkehrsnetzes". Die Bundesregierung hat es sich bei diesen Beratungen angesichts der großen Bedeutung, die sie dem Subsidiaritätsprinzip insbesondere bei der Infrastrukturplanung beimißt, nicht leichtgemacht. Sie begrüßt jedoch das mit dem gemeinsamen Standpunkt des Rates verfolgte Ziel, einen bis zum Jahr 2010 gültigen Orientierungsrahmen für den Auf- und Ausbau einer europäischen Verkehrsinfrastruktur zu schaffen. Wir brauchen eine Zusammenführung der nationalen Wegenetze auf europäischer Ebene. Wir brauchen auch einen Planungsrahmen, um die Beteiligung privaten Kapitals bei Bau und Betrieb von Verkehrsinfrastruktur zu erleichtern. Demgegenüber weist die bisher eher national orientierte Verkehrsplanung einige Schwächen auf. So ist bislang der Ausbau wichtiger internationaler Achsen insbesondere im Eisenbahnhochgeschwindigkeitsnetz unzureichend. Vor allem in den Grenzräumen bestehen Engpässe, die Verkehrsinfrastruktur ist nur mangelhaft verknüpft. Fehlende Kompatibilität und Interoperabilität machen sich insbesondere im Schienenverkehr erschwerend bemerkbar. Zahlreiche Abstimmungsprobleme und Finanzierungsengpässe erschweren den grenzüberschreitenden Infrastrukturausbau teilweise selbst dort, wo er zu einer erheblichen Verbesserung der Verkehrssituation beitragen könnte. Vorbehaltlich einer endgültigen Einigung zwischen dem EP und dem Rat werden die Leitlinien für das Transeuropäische Verkehrsnetz die Netze aller Verkehrsträger beschreiben und dabei auch Knotenpunkte und moderne Verkehrsmanagementsysteme berücksichtigen. Sie werden Festlegungen darüber treffen, die die Gemeinschaft den Auf- und Ausbau der Infrastruktur unterstützen kann und wie eine Anbindung der peripheren Gebiete der Gemeinschaft verbessert werden kann. Schließlich werden sie Vorschläge für die Verknüpfung des Netzes der EU mit Drittstaaten, insbesondere nach Mittel- und Osteuropa, auf der Grundlage der 1994 beschlossenen neun paneuropäischen Korridore enthalten. Insgesamt gehen die Schätzungen von einem Investitionsbedarf von rund 800 Milliarden DM aus. Allein 200 Milliarden DM entfallen auf 14 Vorhaben, deren vorrangige Realisierung die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten im Dezember 1994 beschlossen haben. Sie betreffen überwiegend den Aus- und Neubau von Eisenbahnhochgeschwindigkeitsverbindungen, die die europäischen Zentren enger zusammenbringen werden. Deutschland ist mit vier Teilvorhaben und einem Anteil von rund 20 Milliarden DM beteiligt. Was nun die Umsetzung aller Projekte anbetrifft, so hängt sie im wesentlichen davon ab, wie ausgereift die Planungen in den Mitgliedstaaten sind und inwieweit Finanzmittel im Rahmen der nationalen Haushalte zur Verfügung stehen. Dies dürfte sich als das Haupthindernis bei der Realisierung eines Transeuropäischen Verkehrsnetzes erweisen. Die Leitlinien sind kein Finanzierungsplan, und die finanzielle Unterstützung durch die Gemeinschaft ist bescheiden: Für die Jahre 1995 bis 1999 stehen nur rund 1,8 Milliarden ECU zur Verfügung. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings, daß die Aufnahme von Verkehrsinfrastrukturprojekten in die Leitlinien deren Finanzierung durch internationale Finanzinstitutionen wie die Europäische Investitionsbank und den Europäischen Investitionsfonds durchaus erleichtern kann. Grundsätzlich müssen künftig Modelle entwickelt werden, die den Einsatz solcher Mittel im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften ermöglichen. Deutschland wird durch die Verabschiedung der Leitlinien vor keine großen Probleme gestellt. Zum einen werden wesentliche deutsche Interessen gewahrt: Die Leitlinien haben lediglich indikativen Charakter, alle wesentlichen Neu- und Ausbauvorhaben zur Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans 1992 sind in den Leitlinien enthalten, und auch umgekehrt sind die vier prioritär zu realisierenden Vorhaben im Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes und mit Ansätzen im Dreijahresplan enthalten. Schließlich wird auch die Zukunftstechnologie Magnetschwebebahn mit einer Ausweisung der ersten Anwendungsstrecke Hamburg-Berlin in den Leitlinien Berücksichtigung finden. Auch hinsichtlich der Kernpunkte, die zwischen Rat und EP derzeit strittig sind und im Vermittlungsverfahren behandelt werden, das noch im ersten Halbjahr 1996 beendet werden soll, ist die Bundesregierung kompromißbereit. Zum einen geht es um die Aufnahme gesonderter Umweltschutzbestimmungen, wobei die Bundesregierung deutlich gemacht hat, daß im Rahmen dieser Leitlinien kein Umweltrecht geschaffen werden kann, das über die derzeitigen rechtlichen und administrativen Vorschriften der Gemeinschaft hinausgeht. Zum anderen sollen nach Vorstellungen des EP prioritäre Projekte in einem gesonderten Anhang ausgewiesen werden. Dies ist für uns dann akzeptabel, wenn diese Projekte der nationalen Beschlußlage entsprechen, denn dem Europäischen Parlament können auf Grund des Subsidiaritätsprinzips nicht mehr Rechte eingeräumt werden als den nationalen Parlamenten. Die Bundesregierung ist jedenfalls bemüht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Schaffung konsensfähiger Lösungen beizutragen und eine Verabschiedung der Leitlinien unter weitestgehender Wahrung der deutschen Position noch im ersten Halbjahr dieses Jahres sicherzustellen. - Sie hält dies als deutliches Signal für das Zusammenwachsen der Europäischen Gemeinschaft und für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Rat und Europäischem Parlament für dringend erforderlich. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 11 (a - Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand, b - Antrag: Solidarität der Arbeitgeber einfordern: Bedingungen für Teilzeitarbeit im Alter und Vorruhestand) Wolfgang Engelmann (CDU/CSU): Heute ist ein historischer Tag für die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir haben zur bisherigen Frühverrentungspraxis eine Alternative des sozialverträglichen, gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand geschaffen. Anlaß für die neuen Regelungen ist die überdurchschnittliche Anwendung der Frühverrentung in den vergangenen Jahren. Letzendlich auf Kosten aller Beitragszahler in der Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung lösten viele Betriebe ihre Personalprobleme. Wenn wir von sachfremden Leistungen der Sozialkassen sprechen, dann müssen wir die Frühverrentungspraxis ganz deutlich beim Namen nennen! Es besteht die Gefahr, daß die eigentlichen Aufgaben nicht mehr gelöst werden. Deshalb ist der heutige Tag ein guter Tag, auch für mich; sehe ich doch heute die Bestätigung meines jahrelangen Bemühens, gemeinsam mit meinen ostdeutschen CDU-Kollegen (vornehmlich der sächsischen aus dem Freistaat), einen Teilvorruhestand Ost als Alternative für das Altersübergangsgeld (ALÜG genannt) einzuführen. Kurz zur Geschichte: Durch den Zusammenbruch des sozialistischen DDR-Regimes und den daraus resultierenden massiven Einbruch der Planwirtschaft vollzog sich ein rasanter Abbau von Arbeitsplätzen, der nur dank der Hilfe der Bundesregierung mit dem Einsatz der Instrumente der Arbeitsmarktpolitik in großem Maße sozialverträglich aufgefangen werden konnte. Eine der herausragendsten Leistungen für die ostdeutsche Bevölkerung war die Einführung des Altersübergangsgelds (ALÜG) und der Vorruhestandsregelung. Im Dezember 1995 bezogen noch 626 000 Personen Altersübergangsgeld. Außerdem gab es etwa 80 000 Empfänger von Vorruhestandsgeld. Zeitweilig bezogen fast 900 000 Arbeitnehmer Vorruhestandsleistungen. Diese Maßnahmen haben sich als wirkungsvolles Instrument erwiesen, um älteren Arbeitslosen den Übergang zur Rente zu erleichtern und den Arbeitsmarkt beträchtlich zu entlasten. Diese sozialpolitischen Maßnahmen wurden natürlich nur durch einen hohen Transfer ermöglicht. Allein die Bundesregierung zahlte von 1991 bis 1996 36,1 Milliarden DM. Die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit, die ja in den ersten 32 Monaten des Fünfjahreszeitraums die Kosten übernahm, belaufen sich ebenfalls auf zirka 30 Milliarden DM. Auf Grund dieser hohen finanziellen Belastungen - auch der Rentenkassen - war es nicht möglich, dieses ALÜG-Programm unbefristet fortzuführen. Dies hat aber zur Folge, daß alle Arbeitnehmer über 55 Jahren, die nach dem 1. Januar 1993 arbeitslos wurden, kaum Möglichkeiten hatten, unter sozialverträglicher Absicherung die Rente zu erhalten. Unbenommen haben es die über 50jährigen Arbeitnehmer - Ost wie West - äußerst schwer, noch einen festen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Deshalb habe ich damals als Ausgleich den Teilvorruhestand vorgeschlagen: halbe Arbeitszeit, 20 Zuschuß vom Arbeitsamt, Zuzahlung zur Rentenversicherung, Absicherung bei vorheriger Arbeitslosigkeit und anderes. Leider habe ich damals keine Mehrheit gefunden. Die Tarifpartner waren nicht bereit, dies mitzutragen. Ich glaube, die Zeit war damals noch nicht reif für solche klugen Ideen. Nun bin ich dankbar, daß mein damaliger Vorschlag, der auch der Vorschlag der sächsischen und der anderen Ostabgeordneten der CDU ist, im wesentlichen aufgegriffen wurde, unterstützt von den Tarifpartnern. Meine Damen und Herren! Wir schaffen mit diesem Gesetz eine Möglichkeit, den abrupten Fall in die Arbeitslosigkeit, in die Arbeitslosenhilfe und gar in die Sozialhilfe zu verhindern. Der ältere Bürger mit seinen Erfahrungen und Kenntnissen wird noch gebraucht. Er kann sein Wissen den Jüngeren vermitteln und schafft mit seiner Teilarbeit Voraussetzungen, daß seine Kinder einen festen Arbeitsplatz erhalten. Unsere älteren Mitbürger werden das Gefühl haben, daß sie aus der Gesellschaft nicht ausgestoßen werden. Damit wir dieses humane Ziel erreichen, fordere ich alle Tarifpartner auf, dieses Modell mitzutragen. Die Unternehmen sollen ihre Bereitschaft zur Mitarbeit in Fakten umsetzen; die Gewerkschaften und Betriebsräte sollen Unterstützung gewähren. Die öffentlichen Arbeitgeber sind aufgerufen, mit gutem Beispiel voranzugehen und Teilzeitarbeitsplätze besonders für über 55jährige Arbeitnehmer anzubieten. Gefragt sind intelligente Lösungen. Alle in Politik und Wirtschaft Verantwortlichen sind aufgefordert, die Möglichkeiten dieses Gesetzes zu realisieren, damit die überhöhten Ausgaben der Sozialkassen reduziert und die dringend benötigten Arbeitsplätze geschaffen werden. Deutschland muß erneuerungsfreudig sein. Ich bin gewiß, daß das zu beratende Gesetz nicht alle Probleme der älteren Arbeitslosen lösen kann. Deshalb benötigen wir noch auf längere Sicht die Instrumente des zweiten Arbeitsmarktes. Auch wenn die Arbeitslosigkeit in den westlichen Bundesländern bedrohlich angestiegen ist, so sind die negativen Zahlen in den neuen Ländern noch gravierender, so daß wir eine Angleichung des Förderniveaus zum Jahre 2000 nicht verkraften werden; Rückführungen und Einsparungen: ja, aber nur unter Beachtung der realen Arbeitslosenentwicklung in den neuen Ländern bei „gleitendem" Übergang in das nächte Jahrzehnt. Ich bin zuversichtlich, daß wir mit dem Teilvorruhestand einen Baustein im „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung" setzen. Danke. Adolf Ostertag (SPD): Das heute zu beratende Vorruhestandsgesetz der Regierung geht auf den Kompromiß zurück, den sie mit Gewerkschaften und Arbeitgebern am 14. Februar 1996 gefunden hat. Dieser Gesetzentwurf muß heute vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung bewertet werden, denn die Bundesregierung hat den Konsens mit den Gewerkschaften durch ihr Spargesetz aufgekündigt. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung heute noch aufrecht erhält, was sie gestern verkündete. Das Wort des Bundeskanzlers ist nichts mehr wert. Was er vor den Landtagswahlen millionenfach in Briefen an Rentnerinnen und Rentner geschrieben hat, ist Makulatur. Der schon gebetsmühlenhaft vorgetragene Satz „Die Renten sind sicher" hat sich spätestens seit dem letzten Wochenende als rhetorische Floskel entpuppt. Waigel und Seehofer, die „schwarzen Rentenkiller" aus Bayern, machen deutlich: Das Bundesarbeitsministerium ist bestenfalls noch eine Unterabteilung des Streichkabinetts. Vorbei sind die Zeiten des sorgsamen Umgangs mit dem sozialen Fundament unserer Demokratie, dem sich alle politischen Parteien verpflichtet fühlten. Was die Bundesregierung jetzt sozialpolitisch mit dem „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung" vorhat, ist ein Horrorkatalog, durch den der soziale Konsens und das Sozialstaatsgebot auf gekündigt werden. Dieses Programm schafft keinen einzigen Arbeitsplatz, es ist ungerecht und bietet keine Perspektive für die Zukunft. Deshalb begrüße ich, daß sich gestern Gewerkschaften, Kirchen und Sozialverbände zu einer großen gesellschaftlichen Initiative zusammengefunden haben, um ihren Widerstand gegen die Abbruchpolitik dieser Bundesregierung deutlich zu machen und Alternativen zu entwickeln. Die in Köln verabschiedete „Sozialstaatscharta" findet unsere ausdrückliche Zustimmung. Immer mehr Menschen verlieren ihre Arbeit. Die aktuellen Mai-Zahlen belegen: Mit 3,96 Millionen offiziellen Arbeitslosen haben wir 362 000 mehr als vor einem Jahr. Die Massenarbeitslosigkeit zwingt uns mehr denn je, die Möglichkeiten der Lebensarbeitszeitverkürzung zu nutzen. Immer mehr Betriebe entlassen ihre älteren Arbeitnehmer über Sozialpläne und/oder Abfindungsregelungen in sogenannte „abgesicherte" Arbeitslosigkeit mit anschließendem nahtlosen Übergang in die Rente. 1995 waren es rund 300 000 Neuzugänge an Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit, 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Zigtausende ältere Arbeitnehmer sind ohne entsprechende Rückendeckung durch Sozialpläne oder Abfindungen arbeitslos geworden. So zum Beispiel durch Betriebsstillegungen oder auch in Kleinbetrieben. Deshalb ist für die betroffenen Arbeitnehmer die Altersgrenze 60 unverzichtbar. Angesichts der verheerenden Arbeitsmarktlage haben sie nämlich nicht die Entscheidungsmöglichkeit, bis zum 63. oder 65. Jahr weiterzuarbeiten. Wir müssen durch eine gesetzliche Regelung verhindern, daß die Sozialversicherung durch betriebliche Personalpolitik übermäßig belastet wird. Vor allem Großbetriebe und Konzerne haben Personalpolitik zu Lasten der Sozialkassen betrieben. An den Kosten waren sie mit 7,6 Prozent beteiligt, die Renten- und Arbeitslosenversicherung war mit über 90 Prozent beteiligt (Zahlen des BMA). Diese Regelung darf andererseits aber nicht eine sozialverträgliche Lösung für einen Personalabbau blockieren. Sozialpläne für Ältere sind besser als Massenentlassung für Jüngere. Genau aus diesem Grund haben wir Sozialdemokraten bereits 1992 eine solidarische Umlagefinanzierung durch die Arbeitgeber mit Ausnahme der Kleinbetriebe vorgeschlagen. Die zu erwartenden Einnahmen aus der Umlage von 3,2 Milliarden DM wären zur Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik dringend notwendig gewesen. Die Bundesregierung hat jedoch dieses Konzept für eine Neugestaltung des § 128 AFG kompromißlos abgelehnt. Jetzt legt die Regierung einen Gesetzentwurf mit schweren Mängeln vor. Auf Grund des massiven Widerstandes der Gewerkschaften, insbesondere der Stahlarbeiter, enthält der hier vorliegende Gesetzesvorschlag einen Bestandsschutz für Personen, die am Stichtag 14. Februar 1996 bereits 55 Jahre alt und arbeitslos waren. Das ist zu begrüßen. Aber außer dem Bestandsschutz, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müßte, gibt es nur Verschlechterungen. Die Personengruppe der älteren Arbeitnehmer wird von zwei Seiten einem massiven Druck ausgesetzt. Es ist zu befürchten, daß die Altersteilzeit den Abbau des Vorruhestandes nicht kompensieren wird. Denn es liegt bei den Arbeitgebern, ob sie genügend Teilzeitplätze schaffen. Ihr bisheriges Verhalten kann niemanden ermutigen. Unter dem Strich kommt es dann zu vermehrten Entlassungen jüngerer Beschäftigter und zu höherer Arbeitslosigkeit. Dies bedeutet noch mehr Ausgaben beim Arbeitslosengeld, bei der Arbeitslosenhilfe und bei der Sozialhilfe. Vor diesem Hintergrund ist es unverzichtbar, die Möglichkeiten der Lebensarbeitszeit- und Wochen- arbeitszeitverkürzung verstärkt zu nutzen. Das darf allerdings nicht auf Kosten der Schwächeren geschehen. Deshalb wollen wir Sozialdemokraten die Verantwortung der Arbeitgeber einfordern. In dem von uns erarbeiteten Antrag haben wir die Bedingungen für die Teilzeit im Alter und Vorruhestand genannt. Sie soll die pauschale Frühverrentung ersetzen. Erstens. Wir wollen keine vorgezogene Anhebung der Altersgrenze ab 1997. Wir stehen zum Rentenreformgesetz, wonach die Erhöhung im Jahr 2001 erfolgt. Zweitens. Besonderes Augenmerk richten wir auf die älteren Arbeitslosen, für die keine Sozialplanregelungen oder die neue Altersteilzeitregelung infrage kommen. Dies gilt vor allem für Betroffene aus Klein- und Mittelbetrieben. Drittens. Wir wollen die Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen für die Kosten der Vorruhestands- und Altersteilzeitregelung. Gleichzeitig soll die Erstattungspflicht nach dem heutigen § 128 des AFG entfallen. Grundsätzlich muß die Möglichkeit bestehen, Klein- und Mittelbetriebe von der finanziellen Belastung zu befreien. Die Forderung nach Beteiligung der Arbeitgeber ist in unserem Arbeits- und Strukturförderungsgesetz formuliert, das wir bereits am 18. Mai 1995 in den Bundestag eingebracht haben. Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung werden wir entsprechende Änderungsanträge in die Beratung einbringen. Wir alle wissen, daß die Massenarbeitslosigkeit das zentrale Problem ist. In dem Maße, wie die Bundesregierung endlich eine grundlegende politische Kurskorrektur vornimmt und der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen absoluten Vorrang einräumt, wird sich auch die Vorruhestandsproblematik entschärfen. Wir Sozialdemokraten haben ein „Sofortprogramm zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit" vorgelegt. Es geht von der Erkenntnis aus, daß nur über mehr Beschäftigung die Stabilisierung unserer sozialen Sicherungssysteme möglich ist. Die Bundesregierung sollte sich dieser Erkenntnis anschließen, anstatt die Leistungen weiter zurechtzustutzen und noch mehr Menschen auszugrenzen. Dr. Gisela Babel (F.D.P.): Wir debattieren heute über den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des gleitenden Übergangs in den Ruhestand, mit dem die Rentenversicherung von arbeitsmarktpolitischen Risiken und Lasten befreit werden soll. Die bisherige Praxis der Frühverrentung war für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bequem. Sie hatte den zusätzlichen Vorteil, daß der Arbeitsmarkt zugunsten jüngerer Arbeitnehmer entlastet wurde. Im Ergebnis führte dies dazu, daß das Instrument der Frühverrentung massenhaft in Anspruch genommen wurde. Gingen 1992 noch 50 000 Menschen in den vorgezogenen Ruhestand, waren es 1995 schon 300 000 - mit weiter steigender Tendenz. Diese Art des Vorruhestandes kommt die sozialen Sicherungssysteme teuer zu stehen. 100 000 Arbeitnehmer, die mit 58 Jahren zwei Jahre Arbeitslosengeld und ab 60 Jahren Rente wegen Arbeitslosigkeit kriegen, kosten die Bundesanstalt für Arbeit 9,2 Milliarden DM und vor allem die Rentenversicherung zusätzliche 12,7 Milliarden DM. Die Arbeitslosigkeit der älteren Arbeitnehmer haben wir auf diese Art und Weise bislang in die gesetzliche Rentenversicherung geschoben und dort versteckt. Konsequenterweise steigen die Beiträge zur Rentenversicherung, die eben nicht darauf ausgelegt ist, daß das Alter 60 bei voller Rente zur Regelaltersgrenze wird. Änderungen waren daher überfällig. Kern der nunmehr vorgesehenen Neuregelung ist die Heraufsetzung der Altersgrenze für Renten wegen Arbeitslosigkeit von 60 auf 63 Jahre. Flankierend hierzu wird eine Altersteilzeit eingeführt, die dem Arbeitnehmer ein stufenweises Gleiten in den Ruhestand ohne Abschläge von der Rente ermöglichen soll. Diese Altersteilzeit wird auch von der SPD als Instrument zur Eindämmung des Vorruhestands akzeptiert, allerdings ohne die Einführung eines Abschlags bei frühzeitiger Rente. Die Gewerkschaften sind in diesem Punkt offenbar weiter als Sie. Sie haben eingesehen, daß Altersteilzeit allein die Rentenversicherung nicht retten kann, sondern daß parallel hierzu die Altersgrenzen angehoben werden müssen. Ohnehin ist fraglich, ob die Altersteilzeit tatsächlich im gewünschten Maß akzeptiert wird. Die Teilrente gibt es ja heute schon. Sie wird kaum in Anspruch genommen, weil sie in der Praxis nur schwer umsetzbar ist. Ich hoffe, die Tarifparteien finden Wege, um die Möglichkeiten des Regierungsentwurfes auch wirklich zu nutzen. Die Eindämmung des Vorruhestandes ist auch ein Schritt zur Entlastung kleinerer und mittlerer Unternehmen. Das bisherige System der Frühverrentung funktioniert nur im Zusammenspiel mit einem Sozialplan der Unternehmen. Solche Sozialpläne kann sich ein kleineres oder mittleres Unternehmen in der Regel aber gar nicht leisten. Das bleibt der Großindustrie vorbehalten. Die steigenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung werden allerdings von allen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt, vor allem eben von den personalintensiven Klein- und Mittelbetrieben. So werden diese Unternehmen mittelbar zur Finanzierung der Sozialpläne der großen Unternehmen herangezogen. Schon deswegen wird es allerhöchste Zeit, diese Form des Vorruhestandes abzuschaffen. Ich weiß, daß dem Mittelstand die Übergangsvorschriften in dem Gesetzentwurf ein Dorn im Auge sind. Sie sind wegen bestehender Vertrauensschutztatbestände nach meiner Auffassung aber notwendig. Sie sind ein Gebot des Rechtsstaates. Allerdings sind die Übergangsvorschriften in der Tat recht großzügig ausgefallen, gehen sie doch in Einzelfällen bis auf das Alter 52 zurück. Dennoch trägt die F.D.P. diese Übergangsvorschriften - ein bißchen notgedrungen - mit. Kabinettsbeschluß und Stichtagsregelung entfalten nach meiner Überzeu- gung juristische Bindungswirkung, von der wir uns nicht einseitig lösen können. Die Vertrauensschutzregelungen machen aber auch deutlich, was für ein schwerfälliger Tanker die gesetzliche Rentenversicherung ist. Änderungen sind nur sehr langfristig möglich, um nicht unzumutbar in konkrete Lebensplanungen oder gar Anwartschaften einzugreifen. Rentenpolitik muß mit Weitblick und Augenmaß betrieben werden. Das Beispiel Frührente macht noch einmal deutlich, daß wir jetzt rechtzeitig handeln müssen, um das Rentenversicherungssystem für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfest zu machen. Wer diese Notwendigkeit leugnet und seine Mitarbeit an weiteren Reformschritten versagt, handelt nach meiner Auffassung verantwortungslos. Der heute zur Debatte stehende Gesetzentwurf stellt meines Erachtens das Minimum dessen dar, was zur Entlastung der Rentenversicherung durch Zurückdrängen des Vorruhestands notwendig ist. So halten wir es nicht für hinnehmbar, daß Altersteilzeit schon dann gefördert wird, wenn nur Entlassungen vermieden werden. Wir werden daran festhalten, daß es bei Neueinstellungen als Tatbestandsvorraussetzung für die Förderung bleibt. Ich wüßte auch nicht, wie in der Praxis in einem große Unternehmen überhaupt festgestellt werden sollte, ob und inweiweit durch die Altersteilzeit konkrete Entlassungen vermieden worden sind. Die finanziellen Auswirkungen einer solchen Änderung wären im übrigen kaum absehbar. Der vorliegende Entwurf wird weitere Gesetze nach sich ziehen. Parallel muß die Altersgrenze 60 für Frauen angehoben werden, um auch dort die derzeitige Frühverrentungspraxis zu druchbrechen. Ein gespaltenes Recht für Männer und Frauen kann ich mir auf Dauer jedenfalls nicht vorstellen. Gleichzeitig müssen wir den Komplex der EU/BU-Renten konkret angehen. Die bisherige Praxis bei EU/BU würde ansonsten die Fortsetzung des Ruhestandes durch die Hintertür bedeuten. Mit dem Programm für Wachstum und Beschäftigung hat die Koalition die notwendigen konkreten Schritte in diesem Sinne eingeleitet. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das heute von der Bundesregierung eingebrachte Altersteilzeitgesetz beschreitet auf den ersten Blick einen einleuchtenden Weg. Altersteilzeit ist ein Baustein in der unverzichtbaren Umverteilung von Erwerbsarbeit. Altersteilzeit ist eine Antwort auf die schiere Unmöglichkeit, 6 Millionen neue Arbeitsplätze bei mehr oder weniger gleichbleibendem Arbeitsvolumen zu schaffen. Mit der Einführung der Förderung von Altersteilzeit geben die Koalitionsfraktionen wieder einmal zu, daß ohne Umverteilung von Arbeit das Ziel der Verminderung von Erwerbslosigkeit nicht erreicht werden kann. Doch wie immer liegt der Teufel im Detail. Was bedeutet dieses Gesetz in der Konsequenz für die älteren Beschäftigten, auf die es zielt? Der Vorläufer des uns heute vorliegenden Gesetzes, das bis 1992 gültige Altersteilzeitgesetz von 1989, erwies sich als völliger Mißerfolg: Die BA zählte damals ganze 650 Erstattungsfälle. Dieses Gesetz war eine Nullnummer. Haben Sie aus diesem Mißerfolg eine Lehre gezogen? Wir wissen, daß die Akzeptanz von Teilzeitarbeit kein Selbstläufer ist. So bescheinigt McKinsey den deutschen Unternehmen in dieser Hinsicht extremen Strukturkonservatismus. Die Arbeitgeber verweigern sich überwiegend einer Umgestaltung von Arbeitsprozessen und Arbeitsplätzen, wie sie zur Durchsetzung neuer Arbeitszeitmodelle erforderlich wäre. Es gibt auch Zurückhaltung auf seiten der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Ältere Menschen, wenn sie sich denn auf Teilzeitarbeit einlassen, müssen fürchten, in die Dequalifizierungsfalle zu geraten und in der nächsten Kündigungsrunde die ersten zu sein. Ob es Teilzeitarbeitsplätze geben wird oder nicht, das bleibt in diesem Entwurf ins Ermessen der Unternehmen gestellt. Dazu paßt übrigens ein pikantes Detail des Gesetzentwurfes: daß die BA die Bezuschussung eines Altersteilzeitplatzes auch dann fünf Jahre lang zu leisten hat, wenn der neugeschaffene Zusatzarbeitsplatz nach drei Jahren wieder gestrichen wird. Nein, meine Damen und Herren, wenn Sie nicht den Mut haben, einen Rechtsanspruch auf Teilzeit in dieses Gesetz einzubauen, der zugleich auch als Schutzrecht fungiert, wird in der Konsequenz nur Art. 2 dieses Gesetzes greifen - und der ist in seinen Konsequenzen allerdings mehr als happig. In diesem Artikel geht es um die rentenrechtlichen Bedingungen bei Erwerbslosigkeit, bei Entlassungen vor dem gesetzlich festgelegten Rentenalter. Sie machen folgendes: Die Möglichkeit, ohne namhafte Rentenminderung vorzeitig in Rente zu gehen, wird verschlossen. Sie bieten statt dessen ein Modell der Altersteilzeit an, das in dieser Form wenig attraktiv ist und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit kaum angenommen werden wird. Das heißt in der Konsequenz: Da die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen nicht in Sicht ist, werden die Betriebe entweder Jüngere entlassen, um die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu halten, oder sie werden den Älteren kündigen, die dann zunächst mit - natürlich gleichfalls kräftig geschmälerten - Lohnersatzleistungen zu leben haben, um dann schließlich mit erheblich verminderter Rente in den Ruhestand zu gehen. Sie selbst skizzieren in ihrem Entwurf die Folgen einer solchen Politik, wenn Sie - als Konsequenz dieses Gesetzes - von einem erheblichen Mehrbedarf bei den Ausgaben für die Arbeitslosenhilfe ausgehen. Von den Mehrausgaben bei der Sozialhilfe ganz zu schweigen. Ihr Modell bestraft die Betroffenen doppelt: einmal über ein erheblich gemindertes Erwerbseinkommen im zwangsweise verkürzten Arbeitsleben, ein zweites Mal über eine verminderte Rente. Meine Damen und Herren, dieses Gesetz scheint im Windschaffen des großen Sparpaketes relativ unbemerkt durchzusegeln. Es ist aber durchaus wieder ein Klotz aus Ihrer Baukastenstrategie, nach der die Schwächeren die Zeche zahlen sollen, weil Sie sich an wirklich strukturelle Reformen nicht heranwagen. Petra Blass (PDS): Von der Sache her sind Arbeitsmöglichkeiten für Ältere und die hohe Arbeitslosigkeit von Frauen und Männern im höheren Lebensalter ein ernstes, dringend zu lösendes Problem der Bundesrepublik. Die Bundesregierung legt heute einen Gesetzentwurf (der übrigens in den Grundzügen dem Antrag der SPD folgt) zur „Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand" vor. Doch dieses Gesetz mit dem wohlklingenden Namen verkommt leider zu einer profanen Sparmaßnahme für die Rentenkassen zu Lasten der Betroffenen. Bereits das Lostreten der Diskussion um die Problematik im Herbst letzten Jahres war demagogisch. Der Vorwurf, daß Unternehmen die Vorruhestandsregelung mißbrauchten, um sich explosionsartig ihrer älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem goldenen Handschlag zu Lasten der Rentenkassen zu entledigen, ist total überzogen. Den Boom der Frühverrentung hat Bundesminister Blüm selbst produziert. Mehr als zwei Drittel derer, die im letzten Jahr, wo die Rate so hochschnellte, in Frührente gingen, sind Altersübergangsgeldempfängerinnen und -empfänger aus den neuen Bundesländern. Gemäß den Festlegungen des vorhergehenden Sparpakets, des SKWPG, müssen diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente gehen. Sie werden also „zwangsverrentet" , egal ob der Anspruch auf Altersübergangsgeld aus der Bundesanstalt für Arbeit abgegolten ist oder nicht. Ein weiterer Beleg, daß auch in den alten Bundesländern nicht überproportional Ältere entlassen wurden, ist, daß 1994 von insgesamt 390 000 Entlassungen von Älteren die Arbeitgeber nur für 7 500 Fälle zur Erstattung herangezogen wurden. Mittlerweile wird auf Nachfrage eingestanden, daß nur ca. die Hälfte Älterer überhaupt mit irgendeiner Art von Sozialplänen ausscheiden. Ein verschwindend geringer Teil davon hat komfortable Sozialpläne, wie sie sich Großbetriebe leisten. Der überwiegende Teil sind also chancenlose ältere Arbeitslose aus Klein- und Mittelbetrieben, für die die vorgezogene Rente tatsächlich der letzte soziale Rettungsanker ist. Und der soll nun beseitigt werden. Denn unseres Erachtens erfüllen die einzelnen Vorschläge nicht die vorgegebenen Ziele. So sollen Unternehmen „Einfallsreichtum und Phantasie" (so Bundesminister Blüm) für Teilzeitarbeitsplätze entwickeln. Die Realität zeigt doch aber, daß Teilzeitarbeit massenhaft nur in typischen Frauenberufen - zumeist ungeschützt - existiert und ausgeweitet wird. In traditionellen, zumeist von Männern besetzten Vollzeitjobs werden Teilzeitarbeitsplätze kaum geschaffen. Sie wissen doch selbst, daß das ersatzlos gestrichene Teilzeitgesetz von 1989 bis 1992 in der gesamten Bundesrepublik nur ganze 650 bis 850 Teilzeitarbeitsplätze hervorgebracht hat. Und im Juni letzten Jahres hat die Bundesregierung folgerichtig zu einem von der Altersteilzeit her ähnlichen Gesetzentwurf der Länder Brandenburg, Hamburg und Sachsen-Anhalt schwerwiegende Bedenken zur beschäftigungspolitischen Wirksamkeit geäußert. Was ist heute anders? Außerdem greifen die fördernden Maßnahmen - wie Aufstockung des Entgelts auf 70 % und der Beiträge auf 90 % - nur, wenn für die verkürzte Zeit Ausgelernte oder Arbeitslose übernommen werden. Natürlich brauchen junge Menschen in unserem Lande dringend mehr Arbeitsmöglichkeiten. Doch wie ist die Realität? Eindeutiger Trend ist doch, daß Unternehmen ihr Personal absolut abbauen bzw. Verwaltungen angesichts der leeren öffentlichen Kassen dazu gezwungen werden. Das Gesetz fördert aber nicht die Verkleinerung, sondern bestenfalls die Verjüngung von Unternehmen. Die stufenweise heraufgesetzte Altersgrenze für die Rente bräuchte schätzungsweise ein Volumen an Arbeitsplätzen von 1 Million - das ist wohl illusorisch. Daß in gleichem Maße mehr ältere Arbeitslose hinzukommen bzw. Rentnerinnen und Rentner mit Abschlägen konfrontiert werden, ist wohl realistischer. So leitet dieses Gesetz einen „Paradigmenwechsel" ein. Das Arbeits- und Sozialministerium begründet das Vorhaben als systemgerechte Risikoaufteilung im Rahmen der Arbeitsteilung der Sozialversicherungsträger. Tatsächlich sollen aber die „Schotten" der Rentenkassen gegenüber den Auswirkungen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungskrise „dichtgemacht" werden. Tatsächlich gibt die Rentenversicherung nicht das Risiko an die Arbeitslosenversicherung zurück, sondern an die älteren Arbeitslosen weiter. Und das „Paket der sozialen Grausamkeiten" will noch eins draufgeben, nämlich die Grenze für den frühestmöglichen abschlagfreien Bezug einer Rente vom 63. auf das 65. Lebensjahr hinaufsetzen. Das Sparpaket, das in der nächsten Sitzungswoche beraten wird, soll also dieses heute einzuführende Gesetz bereits wieder verändern, weiter verschärfen. Wir fordern die Bundesregierung auf, dieses Gesetz wegen Untauglichkeit zur Lösung der anstehenden Probleme zurückzunehmen. Dr. Maria Böhmer (CDU/CSU): Eines mußte jedem klar werden, der die gestrige Aktuelle Stunde verfolgte: Den Regierungsfraktionen geht es um eine solide Arbeit zur Sicherung der Renten heute und in Zukunft. Der SPD ging es in der Aktuellen Stunde in erster Linie um eine Politshow. Wer den Menschen Angst macht, indem er von „Betrug" an den Rentnern spricht, wie der Fraktionsvorsitzende der SPD das getan hat, handelt nicht verantwortlich. So darf man nicht mit den Sorgen tausender und abertausender Menschen umspringen. Wo Handlungsbedarf im Rentenbereich besteht, müssen wir zügig zu konstruktiven Lösungen kommen. Deshalb beginnen wir heute mit dem, was der Kollege Oswald gestern nachmittag angekündigt hat: Mit der Beratung des Regierungsentwurfs zur Altersteilzeit widmen wir uns mit Nachdruck der notwendigen Sacharbeit. Bei dem Gespräch des Bundeskanzlers mit den Sozialpartnern am 12. Februar 1996 - also vor den Landtagswahlen - wurde im Konsens eine Lösung gefunden, die von den Arbeitgebern und den Gewerkschaften gemeinsam mitgetragen wird. Den Fehlentwicklungen in der Frühverrentungspraxis soll damit ein Riegel vorgeschoben werden. Zugleich soll die Möglichkeit des gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Erwerbsleben in den Ruhestand neu gestaltet werden. Die Bundesregierung hat also auch in diesem Punkt ihre bewährte Strategie weiterverfolgt, Reformvorhaben zur Rentenversicherung im breiten Konsens der Beteiligten zu beraten und voranzutreiben. Daß die SPD diesen Pfad jetzt verlassen will, bedauere ich sehr. Wenn Sie sich nicht an der Rentenkommission beteiligen wollen, kündigen Sie die gemeinsame Verantwortung auf. Es ist doch ganz unstrittig - und da weiß ich mich auch mit Ihnen von der SPD einig: An einer Änderung der Frühverrentungspraxis kommen wir nicht vorbei. Das zeigt doch auch der Antrag, den Sie hier eingebracht haben. Lassen Sie uns gründlich darüber reden, worum es geht und welche Veränderungen notwendig und sinnvoll sind. Das Instrument der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ist in den letzten Jahren zu einem Instrument des betrieblichen Personalabbaus auf Kosten der Rentenkassen und der Bundesanstalt für Arbeit degeneriert. 1995 wurde fast jede vierte Versichertenrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt. In den Jahren 1992 bis 1995 hat sich die Zahl der neubewilligten Frühverrentungen mehr als verfünffacht, nämlich von 54 000 auf 290 000. Die immensen Kosten - 100 000 Frührentner belasten die Rentenkassen mit 12,7 Milliarden DM und die Bundesanstalt für Arbeit mit 9,2 Milliarden DM - haben nicht nur die Rentenversicherer alarmiert. Diese Entwicklung hat sogar den Bundesrechnungshof auf den Plan gerufen, der im Januar den Abbau der Anreize zur Frühverrentung forderte. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer seien an den Folgekosten der Frühverrentung stärker zu beteiligen. Über die Kostenfrage hinaus spielen für das Stoppen der Frühverrentung grundsätzliche Erwägungen eine Rolle. Das durchschnittliche Rentenzugangsalter liegt derzeit bereits unter 60 Jahren. Die Lebenserwartung nimmt zu. Beides hat zur Folge, daß die durchschnittliche Bezugsdauer der Rente steigt. Bereits jetzt liegt die Rentenlaufzeit im Schnitt um 60 % über der von 1960. Nicht die Höhe der Renten ist also das Problem, sondern der längere Rentenbezug. Verschärft wird die Lage der Rentenkassen zusätzlich durch die hohe Arbeitslosigkeit: Wenn immer weniger Menschen Beiträge zahlen, aber immer mehr Renten ausgezahlt werden, dann wird es zunehmend schwieriger, die Beitragssätze zur Rentenversicherung unter 20 % zu halten. Dies wollen wir aber unbedingt erreichen. Die Lohnnebenkosten müssen sinken und nicht steigen! Also: Ziel ist es, die Rentenkassen einerseits schnell zu entlasten und andererseits Strukturen zu schaffen, die auch künftig tragfähig sind. Konkret heißt das: Erstens. Diejenigen, die Kosten verursachen, müssen auch die Lasten tragen. Zweitens. Der veränderten Altersstruktur der Bevölkerung muß Rechnung getragen werden. Drittens. Wir brauchen mehr Beschäftigung. Hier liegt der Schlüssel für die Lösung der Probleme im Bereich der Sozialversicherungen. Deshalb haben wir jetzt das Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung auf den Weg gebracht. Ich habe bereits die Kosten erwähnt, die der Bundesanstalt für Arbeit und den Rentenkassen aufgrund der Frühverrentungsregelung entstehen: insgesamt 21,9 Milliarden DM. Das sind 92 Prozent aller anfallenden Kosten. Lediglich 8 Prozent der Kosten werden von den Unternehmen getragen. Dabei sind sie es, die dieses Instrument ausgiebig genutzt haben, um Personal abzubauen. Ich bin tagtäglich mit den Folgen der Frühverrentung in meinem Wahlkreis konfrontiert. Allein die BASF in Ludwigshafen hat seit 1991 8 500 Arbeitnehmer auf diese Weise vorzeitig aufs Altenteil geschickt. Dies ist ein Gesundschrumpfen auf dem Rücken der älteren Arbeitnehmer. Denn nicht jeder geht begeistert mit Ende 50 nach Hause. Junge Menschen haben dadurch nicht einen zusätzlichen Arbeitsplatz erhalten. - So kann es nicht weitergehen! Wenn jemand um die 60 ist, dann ist er in aller Regel noch gesund und leistungsfähig. Die Altersforschung hat in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen, daß ältere Menschen nicht von heute auf morgen von Full-Power auf Null-Arbeit gesetzt werden möchten. Sie möchten sich nach wie vor einbringen. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit kommt diesem Anliegen Älterer geradezu entgegen. Im Beruf bleiben, aber die Arbeitszeit reduzieren, das könnte für viele eine attraktive Lösung bedeuten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Ein deutliches Indiz dafür sind die zahlreichen Rentner, die noch im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig sind. Die Unternehmen zeigen mit der Beschäftigung von Rentnern indirekt, daß sie die Erfahrung und die Leistung der Älteren schätzen. Wenn das so ist, dann ist aber der saubere Weg nicht der, die Menschen erst in Rente zu schicken, um sie dann auf 590-DM-Basis wieder einzustellen. Richtiger ist dann der Weg der Altersteilzeit. Nun gibt es die Möglichkeit der begünstigten Altersteilzeit schon länger; leider wurde sie bislang bundesweit nur in rund 2 000 Fällen in Anspruch genommen. Das hat verschiedene Ursachen. Ein ganz entscheidender Grund ist aber, daß es eben bisher sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer günstiger ist, die Frühverrentung anzustreben und dann geringfügig weiterbeschäftigt zu werden. Das soll und kann sich jetzt ändern. Damit das neue Konzept des gleitenden Übergangs in den Ruhestand auch tragfähig ist, müssen mögliche Schlupflöcher gestopft werden. Es sollte sich künftig niemand durch die Herbeiführung von Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten an dieser Regelung vorbeimogeln können. Ich werde aber immer wieder gefragt, ob die Eindämmung der Frühverrentungen nicht letztlich dazu führe, daß noch weniger junge Leute einen Arbeitsplatz finden. - Diese Sorgen nehme ich sehr ernst. Sowenig es angehen kann, ältere Mitarbeiter im Betrieb einfach auszumustern, so sehr ist darauf zu achten, daß jeder einen Ausbildungsplatz und anschließend einen Arbeitsplatz findet! Wenn man das Problem kurzfristig betrachtet, ergibt sich hier ein echter Zielkonflikt. Mittel- und langfristig meine ich aber, daß wir wegen der bereits angesprochenen Problematik der Arbeitskosten, insbesondere der hohen Lohnnebenkosten, und der gestiegenen Lebenserwartung nicht darum herumkommen, das durchschnittliche Renteneintrittsalter anzuheben. Denn weiter steigende Lohnnebenkosten gefährden den Standort Deutschland und kosten Arbeitsplätze, die wir dringend benötigen. Es ist auch kritisch zu fragen: Wurden denn tatsächlich für diejenigen, die vorzeitig in den Ruhestand gegangen sind, neue Mitarbeiter eingestellt? Dafür kann ich in nennenswertem Umfang kaum Hinweise finden. Wenn ich noch einmal auf das Beispiel der BASF zurückkommen darf: Dort ist es zwar erfreulicherweise üblich, daß alle Auszubildenden nach der Lehre übernommen werden. Aber Ersatz für die 8 500 Frührentnerinnen und Frührentner wurde nicht eingestellt. Genau hier setzt der Gesetzentwurf der Bundesregierung an: Es werden Anreize geschaffen, arbeitslose Menschen einzustellen. Arbeitgeber, die Altersteilzeitarbeit für Altere realisieren und zugleich den freiwerdenden Arbeitsplatz durch die Übernahme eines Ausgebildeten oder die Einstellung eines Arbeitslosen wieder besetzen, sollen aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit folgende Leistungen erstattet bekommen: die Aufstockung des Arbeitsentgelts des Teilzeitbeschäftigten in Höhe von 20 Prozent und die Aufstockung des Rentenversicherungsbeitrags auf der Basis von mindestens 90 Prozent des Vollzeitarbeitsentgelts. Sicherlich werden wir sehr darauf achten müssen, daß wirklich nur Wiederbesetzungen gefördert werden. Mitnahmeeffekte und Mißbrauch müssen möglichst gering gehalten werden. Aber vom Grundsatz her liegt in diesem Ansatz die Chance, sowohl kurz- als auch mittel- und langfristige Zielsetzungen zu verwirklichen. Deshalb bitte ich Sie, sich in den kommenden Wochen in den Ausschüssen konstruktiv an der Beratung der Vorlage und damit an der Aufgabe der Sicherung der Renten zu beteiligen. Dr. Norbert Blüm, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und der darin enthaltenen Stichtagsregelung soll die in den letzten Jahren stark ausufernde Frühverrentungspraxis zu Lasten der Sozialversicherungen beendet und durch eine neue sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand abgelöst werden. Die Entwicklung bei der Frühverrentung in den letzten Jahren war dramatisch. In vielen Großunternehmen war es gängige Praxis, daß ältere Beschäftigte weit vor Erreichen der regulären Altersgrenze in den Ruhestand versetzt wurden, um auf diese Weise die Belegschaft der Betriebe zu verkleinern oder zu verjüngen. Wie der Trend lief, wird deutlich an den Zahlen über die Zugänge an Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit, die fast explodiert sind: 1992 54 000, 1993 112 000, 1994 204 000, 1995 290 000., Für die Jahre 1992 bis 1995 hat die Frühverrentungspraxis der Unternehmen die Sozialversicherungssysteme fast 145 Milliarden DM gekostet. Das kann keine Versicherung der Welt schultern. Ich denke, wir sind uns einig darin, daß es zwingend erforderlich ist, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu erhalten. Neben hoher Qualität, technischem Know-how, Flexibilität und sozialem Frieden ist auch die Höhe der Lohn- und Lohnnebenkosten von entscheidender Bedeutung dafür, ob unsere Produkte auf dem Weltmarkt absetzbar sind. Deshalb müssen die Lohnnebenkosten in Schach und Proportion gehalten werden. Um dies zu erreichen, müssen wir vermeiden, daß die Beiträge in den Sozialversicherungen weiter ansteigen, weil immer mehr Lasten auf diesen Versicherungen „abgeladen" werden. Hier sind wir alle in der Verantwortung. Auch die Arbeitgeber selber. Lob gebührt den Sozialpartnern. Die Bedeutung des im Februar erzielten Konsenses kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Die Einigung bei der Frühverrentung war ein wichtiger Schritt beim Bündnis für Arbeit. Die Eini- gung hat doch gezeigt, daß die Sozialpartner konsensfähig sind, auch in schwierigen Fragen. Ich glaube weiterhin an das Bündnis und an die Vernunft der Beteiligten. Jeder, der vom Bündnistisch aufsteht und nicht wiederkommt, schadet jedem einzelnen Arbeitslosen im Lande. Unser Gesetzentwurf besteht aus zwei Teilen: einem arbeitsmarktpolitischen Teil und einem rentenrechtlichen Teil. Ein Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist die Förderung der Teilzeitbeschäftigung älterer Arbeitnehmer. Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, warum jemand bis 60 volle Pulle arbeiten muß, um dann mit einem Schlag zu Hause zu sitzen. Darum haben wir eine zeitlich unbefristete Rahmenregelung zur Förderung der Teilzeitbeschäftigung älterer Arbeitnehmer nach Vollendung des 55. Lebensjahres geschaffen. Für diejenigen älteren Arbeitnehmer, die bis zum Jahr 2001 in die Altersteilzeit eintreten, gewährt das Arbeitsamt für die nächsten fünf Jahre - also bis spätestens 2006 - Förderleistungen, wenn der durch die Altersteilzeit freiwerdende Arbeitsplatz wiederbesetzt wird. Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers um mindestens 20 % aufstockt und für ihn zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge auf der Basis von mindestens 90 % des Vollzeitarbeitsentgelts entrichtet, erhält er diese Beiträge erstattet. Voraussetzungen für die Erstattung dieser Leistungen an den Arbeitgeber sind, daß der ältere Arbeitnehmer seine Arbeitszeit auf die Hälfte der Vollzeitbeschäftigung reduziert und, wie gesagt, daß der freiwerdende Arbeitsplatz durch einen Arbeitslosen oder durch die Übernahme eines Ausgebildeten wiederbesetzt wird. Durch dieses Wiederbesetzungserfordernis sind die finanziellen Fördermaßnahmen durch die Bundesanstalt für Arbeit insgesamt kostenneutral. Jetzt kommt es darauf an, daß die Unternehmen sich unverzüglich in ihrer Personalpolitik und Planung auf die Neuregelung einstellen. Ein Wandel der bisherigen Frühverrentungspraxis setzt einen Mentalitätenwechsel voraus. Die Betriebe brauchen ältere Arbeitnehmer. Ihr Wissen, ihr Können und ihre Erfahrung sind wertvoll und nützlich. Jetzt sind Einfallsreichtum und Phantasie bei Unternehmensleitungen und Betriebsräten gefragt, Altersteilzeit gegen Frühverrentung zu setzen. Dies kommt dem Wunsch der älteren Arbeitnehmer entgegen, erhöht die Chancen jüngerer auf einen Arbeitsplatz und ist ein Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung. Im rentenrechtlichen Teil wird die bisherige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, die ab dem 60. Lebensjahr ohne Abschläge bezogen werden konnte, in eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit umgestaltet. Die Altersgrenze für diese Rente wird in den Jahren 1997 bis 1999 stufenweise von 60 auf 63 Jahre angehoben. Mit der schrittweisen Anhebung dieser Altersgrenze wird jedoch auch mit Blick auf die betrieblichen Notwendigkeiten und mit Blick auf die Situation am Arbeitsmarkt nicht generell die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente ab dem 60. Lebensjahr verschlossen. Allerdings müssen Abschläge in Kauf genommen werden: in Höhe von 0,3 Prozent monatlich oder 3,6 Prozent jährlich. Diese Minderung kann jedoch vom Arbeitnehmer oder seinem Arbeitgeber beispielsweise im Rahmen einer Neuverwendung von Sozialplangeldern ausgeglichen werden. Für einen Arbeitnehmer mit einem früheren Bruttoverdienst von 4 000 DM wäre eine einmalige Zahlung in Höhe von zirka 46 300 DM notwendig, um einen Ausgleich vorzunehmen. Bei einem früheren Bruttoverdienst von 3 000 DM läge der erforderliche Ausgleichsbetrag bei zirka 34 700 DM, bei einem früheren Bruttoverdienst von 5 000 DM wären rund 57 800 DM erforderlich. Eine Stichprobenuntersuchung des Bundesrechnungshofs hat gezeigt, daß Arbeitnehmer, die im Alter von 55 Jahren aus einem Betrieb einvernehmlich ausscheiden, im Durchschnitt Abfindungen in Höhe von 75 000 DM erhalten. Wenn ein Teil dieser Abfindungen in Zukunft für den Ausgleich der Rentenminderung eingesetzt würde, wäre damit den Interessen der betroffenen Arbeitnehmer und den Interessen der Rentenversicherung gedient. Dem Vertrauensschutz kam von Anfang an eine hohe Bedeutung zu. Danach gibt es Vertrauensschutz, das heißt, es bleibt bei der alten Regelung, für Versicherte, die vor dem 14. Februar das 55. Lebensjahr erreicht haben, bereits arbeitslos waren oder deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem Stichtag erfolgt ist, beendet wird und die daran anschließend arbeitslos werden. Durch die vorgesehenen Maßnahmen wird im Zeitraum bis zum Jahre 2003 die Rentenversicherung um zirka 17 Milliarden DM entlastet, die Bundesanstalt für Arbeit um rund 2,1 Milliarden DM entlastet. Der Bund wird in diesem Zeitraum durch niedrigere Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung um 3,4 Milliarden DM entlastet. Damit werden die eintretenden Mehrbelastungen bei der Arbeitslosenhilfe bis auf einen Betrag von 200 Millionen DM ausgeglichen. Es zeichnet sich schon heute ein deutliches Interesse an Teilzeitmodellen ab. Im März haben sich die Tarifpartner in der chemischen Industrie in einem „Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit" ausdrücklich zur Teilzeitarbeit im Alter bekannt. Von diesem Tarifabschluß wird eine Signalwirkung für alle anderen Wirtschaftsbereiche ausgehen - da bin ich ganz sicher. Mit der Vereinbarung in der Chemie haben die Tarifpartner den Gesetzgeber überholt. Dies sollte Anlaß für uns sein, das Gesetzgebungsverfahren schnell abzuschließen. Außerdem muß den Tarifvertragsparteien, den Unternehmen und den Arbeitnehmern so bald wie möglich eine verbindliche Grundlage für die praktische Umsetzung der Altersteilzeit an die Hand gegeben werden. Deshalb appelliere ich an Sie alle, die Chance zu nutzen und dem zuzustimmen, was im Rahmen der Gespräche zur Zukunftssicherung des Standortes Deutschland zwischen Bundesregierung und den Tarifpartnern einvernehmlich erarbeitet wurde. Hauptgewinner sind die älteren Menschen, die nicht von heute auf morgen nach Hause geschickt werden. Hauptgewinner sind die Arbeitslosen und Auszubildenden, die eine neue Chance haben, Arbeit zu finden. Hauptgewinner sind unsere Sozialversicherungssysteme, deren Netze wieder ausreichend stabil werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ilse Falk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ebenso wie ich werden viele - wir haben davon gehört - in den letzten Tagen Protestschreiben gegen diese Widerspruchsregelung aus Frauenhäusern und Beratungsstellen erhalten haben. Ausgerechnet jene Institutionen, die die größte Chance haben, betroffene Frauen bei der Durchsetzung ihrer Anzeige gegen den Ehemann zu unterstützen, unterstellen nun, der Widerspruch würde zum Regelfall. Sehr geehrte Briefschreiberinnen, glauben Sie nicht auch, daß eine Staatsanwältin oder Richterin ein Interesse daran hat, herauszufinden, ob der Widerspruch unter Druck zustande gekommen ist und ob nicht nach wie vor alles, was zur Begründung der Strafanzeige vorgetragen wurde, Gültigkeit hat und sehr wohl Anlaß gibt, die Tat aus besonderem öffentlichem Interesse zu verfolgen?

    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Aber natürlich!)

    Was für ein Bild von Richtern und Staatsanwälten haben Sie eigentlich? Von denen haben doch mehrere hier selbst vorgetragen. Sind sie denn so unachtsam mit ihren Pflichten umgegangen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Daß die Frau im übrigen auch erpreßt werden könnte, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, wurde hier schon erwähnt; deswegen will ich das nicht weiter ausführen. Ein Freispruch hätte garantiert schlimmere seelische Konsequenzen, als wenn das Verfahren gar nicht stattfände.

    (Anhaltende Unruhe)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    (Glocke der Vizepräsidentin)

    wir sollten ganz besonders bei diesem Thema nicht nachlassen, darüber aufzuklären, was Gewalt in der Familie, Gewalt gegen Frauen an unerträglichem Leid bedeutet. Unterstützen wir diejenigen, die sich nicht aus eigener Kraft aus ihrer Situation befreien können, weil Angst, Scham oder Sorge um ihre Kinder sie daran hindern, wirksame Mittel zu ergreifen. Sorgen wir doch dafür, daß diejenigen, die von Amts wegen mit solchen Taten zu tun haben, in besonderer Weise für ihre Aufgabe ausgebildet und sensibilisiert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir sollten uns in dem gemeinsamen Bemühen nicht entmutigen lassen, Menschen zu helfen, die der Gewalt ausgeliefert sind. Gerade dabei kann uns die vorgesehene Gesetzesregelung der §§ 177 bis 179 in der Fassung des Koalitionsentwurfs - mit Widerspruchsregelung - helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt Frau Ministerin Claudia Nolte.

(Unruhe)

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Ruhe, damit man die Rednerin auch verstehen kann. Vielleicht kann man auch das Mikrofon etwas lauter stellen; es schien mir eben etwas zu leise eingestellt zu sein.

(Zustimmung)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Claudia Nolte


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute den Straftatbestand der Vergewaltigung in der Ehe in das Strafgesetzbuch aufnehmen, schließen wir endlich eine große Gesetzeslücke.
    Ich möchte es noch einmal ganz klar hervorheben, um deutlich zu machen, worin wir uns einig sind: Das Recht von Frauen auf sexuelle Selbstbestimmung endet nicht mit der Eheschließung. Auch verheiratete Frauen sollen nach neuem Recht strafrechtlichen Schutz vor Vergewaltigungen haben. Jeder Mann, der die Heirat als Freibrief für sexuelle Gewalt gegen seine Ehefrau mißbraucht, macht sich nunmehr der Vergewaltigung strafbar.
    Das ändert nichts am verfassungsrechtlich garantierten besonderen Schutz der Ehe. Gerade weil wir die Ehe schützen wollen, haben wir uns für diese gesetzliche Regelung stark gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Die Ehe ist nicht ein Ort minderen Schutzes.

    Ein von meinem Haus in Auftrag gegebener Forschungsbericht des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen stellte fest, daß jede siebte der befragten Frauen im Alter von 20 bis 50 Jahren mindestens einmal in ihrem Leben Opfer einer Vergewaltigung oder einer sexuellen Nötigung wurde, davon ein Drittel im sozialen Nahraum. Wer als gewalttätiger Ehemann das Vertrauen zerstört, auf das eine Ehe baut, verdient keinen Schutz. Er muß bestraft werden.
    Damit das in Zukunft möglich ist, haben die Koalitionsfraktionen diesen Gesetzentwurf eingebracht. Ich werbe dafür, ihn heute auch so zu beschließen.
    Wir haben lange genug um dieses Gesetz gerungen. Die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe findet in der Bevölkerung breite Akzeptanz.

    Bundesministerin Claudia Nolte
    77 Prozent der Männer und 88,9 Prozent der Frauen sprechen sich in dem schon genannten Forschungsbericht für eine Gesetzesänderung aus.

    (Zuruf von der SPD: Ohne Widerspruchsklausel!)

    Sie wissen, daß ich dafür gekämpft habe - und es gehörte schon einige Überzeugungsarbeit dazu -, zu diesem Gesetzentwurf zu kommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. Christina Schenk [PDS]: Hört! Hört!)

    Der vorliegende Gesetzentwurf ist ausgereift und trägt den Bedenken und Erfordernissen Rechnung, die ein Gesetz mit sich bringt, das derart in den persönlichen Nahbereich einer Ehe eingreift. Ich denke, wir müssen uns darüber im klaren sein, daß wir uns hier in einem Grenzbereich befinden.
    Es ist nun so, daß mancher hier im Plenum und darüber hinaus mit dem im Koalitionsentwurf vorgesehenen Widerspruchsrecht der Frau nicht einverstanden ist. Ich nehme die Einwendungen sehr ernst.
    Ich habe mir mein Urteil bezüglich dieses Punktes nicht leicht gemacht, da das Argument, daß der Mann auf die Frau Druck ausüben könnte, nicht so einfach von der Hand zu weisen ist. Deshalb habe ich mich sehr dafür eingesetzt, daß es nicht ausreicht, wenn die betroffene Frau schriftlich ihren Widerspruch mitteilt. Sie muß ihn gegenüber der Staatsanwaltschaft oder dem Vorsitzenden des Gerichts mündlich vortragen und begründen.

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch Kosmetik, was Sie da machen!)

    In einem ausführlichen Gespräch kann sich die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht ein Bild von den Gründen machen, die die Frau zum Widerspruch bewogen haben.

    (Zuruf von der SPD: Das hätten Sie hineinschreiben müssen!)

    Danach wird die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob das Verfahren fortgeführt werden soll oder nicht. Wenn die Frau unter Druck handelt und deshalb Widerspruch einlegt, muß die Staatsanwaltschaft das Verfahren fortführen.

    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Genau!)

    Damit das klar ist: Ein nur auf Druck des Ehemanns eingelegter Widerspruch ist unwirksam. Das Verfahren geht weiter.

    (Jörg van Essen [F.D.P.]: Es muß weitergehen!)

    Selbst wenn ein Widerspruch ohne äußeren Druck eingelegt worden ist, behält die Staatsanwaltschaft das Letztentscheidungsrecht über den Fortgang des
    Verfahrens; denn sie vertritt das öffentliche Interesse. Das Verfahren muß zum Beispiel fortgeführt werden, wenn der Mann schon öfter als gewalttätig aufgefallen ist, wenn es Wiederholungstaten sind, oder wenn er mit besonderer Brutalität vorgegangen ist.

    (Zuruf von der SPD: Wo steht das?)

    Für mich stand immer die Frage im Mittelpunkt: Welche Regelung entspricht dem Interesse der betroffenen Frau? Einerseits ist wichtig, daß sich das Widerspruchsrecht nicht gegen sie selber wenden kann. Andererseits ist aber auch wichtig, daß es nicht gegen den Willen der Ehefrau zu einem Strafverfahren kommt. Deshalb macht dieser Gesetzentwurf Sinn.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Für die Gesetzesänderung halte ich ebenfalls für wesentlich, daß neben der Vergewaltigung nun auch andere besonders erniedrigende Sexualpraktiken erfaßt werden und daß mit der Tatbestandserweiterung „unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist" der Gewaltbegriff eine Ausdehnung erfährt. Damit wird die derzeitige sehr restriktive Auslegung des Gewaltbegriffs verhindert.
    Ich verspreche mir darüber hinaus, daß die neue Gesetzesnormierung Bewußtsein dafür schafft, daß die Ehe kein rechtsfreier Raum ist. Nach meiner festen Überzeugung reicht aber das Strafrecht allein nicht aus. Unsere Verantwortung reicht weiter.
    Schon seit einigen Jahren arbeitet mein Ministerium daran, Polizei und Staatsanwälte für dieses Thema zu sensibilisieren. Inzwischen verwenden Polizeischulen eine von uns entwickelte Lehrgangskonzeption für Polizeibeamte zu männlicher Gewalt gegen Frauen. Zur stärkeren Sensibilisierung trägt auch die seit 1993 erfolgreich durchgeführte Kampagne „Keine Gewalt gegen Frauen" bei.
    Darüber hinaus müssen die Hilfsangebote für die betroffenen Frauen verbessert werden. Zu diesem Zweck werden wir in diesem Jahr einen Beratungsleitfaden zur Gewalt in Beziehungen veröffentlichen, der Beratungseinrichtungen dient, die mit dem Thema „Gewalt gegen Frauen" zu tun haben. In Freiburg im Breisgau haben wir eine Anlauf- und Beratungsstelle für Frauen gefördert, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind. Ich kann nur dafür werben, daß solche Projekte auch in anderen Orten Nachahmung finden.
    Gemeinsam mit dem Land Berlin führen wir ein Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt durch. Ziel ist ein umfassendes und für Deutschland neues Konzept der Zusammenarbeit von Polizei, Justiz, Senatsverwaltung sowie Beratungs- und Schutzeinrichtungen, um Gewalt gegen Frauen wirksamer bekämpfen zu können; denn wo Frauen Opfer von Gewalt werden, brauchen sie wirksame Hilfe.

    Bundesministerin Claudia Nolte
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns alles tun, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern. Dem dient der nun vorliegende Gesetzentwurf, und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)