Rede von
Horst
Friedrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Verkehrsminister von der falschen Seite des Hauses Beifall bekommt, dann kann man natürlich erstaunt sein. Der Beitrag des Kollegen Schmidt hat das Ganze, glaube ich, wieder etwas zurechtgerückt. Denn wenn man sich die Anträge der Grünen und der SPD anschaut, erkennt man, daß dort der Geist des technischen Fortschritts der beiden Parteien nach dem verkehrspolitischen Dreisatz weht: Tempolimit, Verteuerung des Straßenverkehrs und - wenn das alles noch nichts nützt - Verbote. Das kommt auch auf der zweiten Seite des SPD-Antrags deutlich zum Ausdruck.
Eigentlich wollen Sie die Telematik überhaupt nicht. Sie haben das Ganze deswegen zunächst auf den Bereich „road pricing" reduziert und nehmen jetzt einen Versuch zum Nachweis, ob so etwas funktioniert, ob Erfassung funktionieren kann - es ist tatsächlich nachgewiesen, daß das klappen kann -, um das ganze System in Frage zu stellen.
Tatsächlich ist es so, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß der Bundestag in der letzten Legislaturperiode ein Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz beschlossen hat, das die Möglichkeit eröffnet, Maut zu kassieren, allerdings aus europarechtlichen Gründen beschränkt und reduziert. Deswegen muß man die Aussage sehr wohl wichten, was mit diesem Gesetz möglich ist und was nicht. Aber es soll hier keiner so tun, als wäre es überraschend und neu. Das
Horst Friedrich
Gesetz liegt nun dem Bundestag vor und kann unter Umständen zum Tragen kommen.
Was ist die Situation jetzt? Wir haben 47 Millionen zugelassene Fahrzeuge, über 900 Milliarden Personenkilometer, 400 Milliarden Tonnenkilometer im Jahr 1995, 1,6 Millionen Hektar Verkehrsfläche. Das sind - um gleich Vorwürfen entgegenzutreten und nicht wieder den Vorwurf eines gigantischen Flächenversiegelungsprogrammes zu hören - knapp 5 Prozent der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland. Die können wir allein mit dem Weiterbau von Infrastruktur oder mit Ausweitung sicher nicht lösen. Deswegen hat diese Koalition und die F.D.P.-Fraktion in dieser Koalition in der letzten Legislaturperiode bereits begonnen, eine Verkehrspolitik vorzulegen, die aus mehreren Teilen besteht.
Wir haben, was die Gemeindeverkehrsfinanzierung angeht, die Etats deutlich erhöht. Wir haben Hindernisse abgebaut. Wir haben den Katalog erweitert. Wir haben im steuerlichen Bereich, was das Jobticket und andere Bereiche angeht, die Stellung des öffentlichen Personennahverkehrs deutlich verbessert. Wir haben das Personenbeförderungsgesetz auf Bereiche ausgeweitet, die Sie damals noch gar nicht gekannt haben.
Wir haben das gesamte Instrumentarium durch eine aktive Politik ergänzt und erweitert,
zum Beispiel durch den Einsatz von neuer Technik, die durch mehr Informationen und durch mehr Hilfen dazu beiträgt, den Verkehr flüssiger zu machen.
Es ist eine bekannte Tatsache, daß jeder Deutsche im Schnitt 65 Stunden pro Jahr im Stau verbringt. Wenn es uns gelingt, davon auch nur einen Tag wegzunehmen, dann hat das umweltpolitisch deutlich mehr Wirkungen als alle anderen bisher beschlossenen Gesetze. Das muß man endlich einmal zur Kenntnis nehmen.
Hier ist ein weiterer Aspekt schon genannt worden. Es gibt welt- und europaweit einen Bedarf an Nachrüstung für solche Systeme von schätzungsweise 200 Milliarden DM. Telematik als Ganzes ist wieder einmal eine Technik, in der Deutschland führend ist.
Das bedeutet nicht nur Aufträge, sondern auch Arbeitsplätze, aber eben nur so lange, wie wir in der Lage sind, diese führende Position zu halten. Das heißt, wir müssen in Europa einheitliche Standards setzen. Man kann nämlich eine europäische Lkw- streckenbezogene Gebühr nur abverlangen, lieber Kollege Schmidt, wenn die anderen Europäer mitmachen. Es nützt nichts, nur die deutschen Fahrzeuge entsprechend auszurüsten. Wir brauchen einheitliche europäische Regeln. Diese können wir nur definieren, wenn wir an der Spitze der Bewegung bleiben und die bei uns vorhandenen Technikfolgen nach vorne ziehen. Dazu gehört auch der Einsatz von
Satellitennavigation. Dazu gehört die entsprechende Umsetzung. Dazu gehört die entsprechende Verknüpfung. Die Diskussion in der Koalition und in der F.D.P. war nie nur auf die Straße verengt. Das sind schlicht und ergreifend Märchen.
Der Einsatz von Technik auch im Bereich der Schiene ist nun einmal eine ergänzende und vornherein geplante Maßnahme. Ich will jetzt nicht auf SchleswigHolstein eingehen. Ich glaube, das ist das Bundesland, in dem auch die letzten Strecken endlich elektrifiziert werden, was die Schiene angeht.
Das Ganze ist eigentlich als ein Hilfsangebot gedacht, die vorhandenen Mittel zum reibungslosen Verkehrsablauf zu nutzen. Denn die Arbeitszeitverkürzungen sind mittlerweile durch die staubedingten Aufenthalte aufgesogen worden.
Das alles ändert nichts daran, daß wir aus unserer Sicht eine Verkehrspolitik betreiben müssen, die Technik anbietet, um solche Nachteile zu beseitigen. Man muß diese Möglichkeiten dann aber auch nutzen und nutzen dürfen. Eine Politik, die nach wie vor darauf vertraut, daß ein starres Tempolimit, daß Beschränkungen oder die Verteuerung der Nutzung der Verkehrsinfrastruktur auf die Dauer zur Lösung der Probleme führt, wird scheitern. Ein Weg zurück in das System, Deutschland zu einem Volk von Jägern, Sammlern und Fallenstellern zu machen, was die Technologie betrifft, ist mit Sicherheit der falsche Weg, um Antworten für die Zukunft zu geben. Das Ganze wird dann noch ergänzt durch eine Technik, die die Emissionsbezogenheit der Motoren betrifft, und durch ergänzende Gesetzgebung.
Das alles wird sehr sorgfältig vorbereitet und bietet sich dann als ganzheitliches Programm an, wobei die Telematik einen wichtigen, aber nicht den ausschlaggebenden Anteil hat. Deswegen ist auch der Vorwurf falsch, wir würden das als alleinseligmachendes Mittel ansehen. Diesen Vorwurf kann ich Ihnen zurückgeben. Sie haben für jede verkehrspolitische Problematik nur eine Lösung, das Tempolimit. Das reicht auch nicht aus.
- Ja, das kommt auch noch dazu. Das heißt im Endeffekt: intelligente Verkehrslenkung, Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung eingeschlossen. Das bedeutet weniger staubedingte Zeit, weniger Ressourcenverluste, weniger Emissionen und - das ist wohl das Wichtigste und hat sich schon bewiesen - einen Rückgang von Unfallzahlen. Es gehört ein bißchen mehr als solche Anträge dazu, das umzusetzen. Deswegen werden wir auf diesem Weg weitermachen.
Danke sehr.