Rede von
Dr. h.c.
Jürgen
Koppelin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Vorrednerin, ich glaube, Ihre Rede kann man so einfach zu den Akten tun; denn eine Rede, die Sie halten, ohne die Namen Teichmüller oder Hennemann zu erwähnen, gehört einfach so zu den Akten gelegt.
Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man im Zusammenhang mit der Krise um den Bremer Vulkan auch über die Zukunft der maritimen Wirtschaft sprechen, wie vom Bündnis 90/Die Grünen gefordert. Nur, wir sollten einen Fehler nicht begehen, nämlich die Krise beim Vulkan zu einer Krise beim deutschen Schiffbau zu machen oder sie herbeizureden. Das ist nämlich nicht der Fall.
Es gibt viele Unternehmen und Werften im Schiffbau, die vernünftig wirtschaften und nicht in Schwierigkeiten sind wie der Bremer Vulkan. Ich bin gerne bereit, Ihnen alle Namen zu nennen, Herr Kollege Gysi.
Wir Freien Demokraten halten eine Diskussion um die Zukunft der maritimen Wirtschaft durchaus für angebracht. Deshalb haben wir aus der Koalition heraus in diesen Tagen eine Große Anfrage eingereicht und die Bundesregierung um Beantwortung gebeten. Auf die Diskussion freue ich mich sehr. Wir wollen einmal sehen, wer in diesem Hause wirklich zur maritimen Wirtschaft und zu den Zukunftschancen der Werften steht.
Aber ich bitte noch einmal: Keine Diskussion um den Vulkan, um dann vielleicht noch die Krise der gesamten deutschen Werften herbeizureden! Das in einen Topf zu werfen, paßt einfach nicht.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bremer Vulkan ist daran gescheitert, daß die Genossen Hennemann und Teichmüller Visionen von einem Riesenschiffbauverbund hatten. Der Bremer Vulkan ist daran gescheitert, daß es keine Visionen, sondern Illusionen waren. Das habe ich bereits in meiner letzten Rede gesagt.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist, so meine ich, mit sehr heißer Nadel gestrickt worden - darauf werde ich gleich einmal eingehen -; denn er hat erhebliche Mängel. Er fordert zum einen die Bundesregierung auf, zusammen mit den Landesregierungen und den Hausbanken ein Sanierungskonzept für den Bremer Vulkan vorzulegen. Da sage ich Ihnen nur: Das ist nicht die Aufgabe der Bundesregierung.
Ich begrüße jedoch ausdrücklich, daß die Bundesregierung bereit ist - auch Wirtschaftsminister Rexrodt hat es in der Debatte kürzlich gesagt -, zu hellen und alles zu unternehmen, um Arbeitsplätze zu retten. Es ist unser Wille - der ist in der letzten Diskussion, die wir hier geführt haben, deutlich geworden -, daß der Ausbau der ostdeutschen Werften weiter vorangehen muß und daß es dort leistungsfähige Werften geben muß.
Wenn die Grünen jedoch in ihrem Antrag schreiben, es solle auch dafür Sorge getragen werden, daß die westdeutschen Standorte des Vulkan-Verbundes in ihrem Kern erhalten bleiben und modernisiert werden, dann hat man den Eindruck, die Grünen haben sich überhaupt nicht mit dem Vulkan und seinem Unternehmen beschäftigt.
Ich nenne einmal ein Beispiel:
Zum Vulkan gehört auch das wehrtechnische Unternehmen STN. Es wäre mir allerdings neu, Herr Kollege Fischer, daß Bündnis 90/Die Grünen dieses Unternehmen stärken wollen. Ich würde es von seiten der F.D.P. begrüßen. Dann bekennen Sie sich aber auch dazu.
Sie haben auch noch eine weitere Gelegenheit: Morgen tagt der Bewilligungsausschuß, bei dem es um drei Fregatten für die Bundeswehr geht. Ich kann nur sagen: Ich erwarte dann von den Grünen, wenn Sie sich schon dafür aussprechen - das hat nämlich etwas mit Vulkan zu tun -, daß Sie morgen dieser Vorlage zustimmen. Dann haben Sie etwas für die Arbeiter auf der Werft und für den Vulkan getan.
Die PDS fordert in ihrem Antrag sofortige politische Konsequenzen aus dem Umgang mit Subventionsmitteln beim Bremer Vulkan-Verbund. Wer das fordert, muß natürlich auch bereit sein, über die Ursachen der Schwierigkeiten beim Vulkan zu sprechen.
Dazu habe ich bisher zuwenig gehört. Deswegen erlauben Sie mir einmal mit Genehmigung des Präsidenten ein Zitat, das etwas länger ist. Ich bitte dafür aber um Verständnis. Ich zitiere wörtlich:
Jahrelang wurden mit der Rückendeckung des Vorstandes, Teilen des Aufsichtsrates und des IG Metall-Bezirksleiters Frank Teichmüller Hunderte von Millionen der öffentlichen Hand in die Kassen des Vulkan geleitet ...
Die Ahnungslosigkeit der Bankenvertreter im Aufsichtsrat über die Risiken im Schiffbau wird nur noch überboten durch den Einfluß, den die IG Metall und der Bremer Senat auf die Unternehmenspolitik ausgeübt haben.
Weiter heißt es im Zitat:
Der Vulkan setzte die Politik unter Druck, Geld zu beschaffen, und war gleichzeitig zu einem fatalen Abhängigkeitsverhältnis zur IG Metall im Bündnis mit der Stadtpolitik. Die Behauptung der IG Metall . . ., die Aufsichtsräte hätten zuwenig Einfluß, wird durch den herausragenden Einfluß des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden
Jürgen Koppeln
- Frank Teichmüller -
auf die Unternehmenspolitik widerlegt. Es ist der Versuch, sich nicht zur maßgeblichen Verantwortung der IG Metall und ihres zuständigen Bezirksleiters zu bekennen.
Weiter heißt es im Zitat:
Das Konzept war im Ergebnis gegen die Werftbelegschaften in Mecklenburg-Vorpommern gerichtet. Es war der Versuch, einen „Gegenkonzern" zu den der IG Metall nicht willfährigen Werften aufzubauen, der so groß ist, daß die Politik ihn stützen mußte.
Das, was ich hier zitiert habe, stammt vom Staatssekretär Alfred Tacke, SPD, in einem Papier an die SPD-Landesregierung in Niedersachsen, im „Spiegel" vor einer Woche nachzulesen.