Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute hier mit Recht sehr intensiv über das Altschuldenhilfe-Gesetz gesprochen worden. Wer sich die Bedeutung dieses Gesetzes klarmacht, kann über die damit verbundenen auch emotionalen Argumente nicht hinwegsehen.
Obwohl ich - lassen Sie mich das hinzufügen - glaube, daß man, wenn man sehr, sehr wohlwollend ist, an vielen Stellen davon ausgehen kann, daß aus Unkenntnis falsch gesprochen wird, so wird in manchen Bereichen wirklich aus Kenntnis falsch gesprochen. Ich muß das wirklich einmal so ganz deutlich und klar sagen.
Worum handelt es sich denn beim Altschuldenhilfe-Gesetz? - Da sind mit der Zustimmung aller im Rahmen des föderalen Konsolidierungsprogramms Schulden der Wohnungswirtschaft in Höhe von 29,3 Milliarden DM in den Altschuldenhilfefonds übernommen worden.
Es sind darüber hinaus 5,4 Milliarden DM Zinshilfen in den Erblastentilgungsfonds übernommen worden. Das ist eine, wie ich meine, faszinierende und großartige Maßnahme, die die Kredit- und Handlungsfähigkeit der Wohnungswirtschaft in den neuen Ländern überhaupt erst hergestellt hat. Das ist doch der Hintergrund.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis besteht darin, daß die Fremdkapitalbelastung in der Wohnungswirtschaft der neuen Bundesländer auf 150 DM pro Quadratmeter zurückgeführt worden ist. Jeder, der sich in der Wohnungswirtschaft etwas auskennt, muß doch sagen: Suchen Sie bitte einmal im Westen Wohnungsunternehmen, die ihr Unternehmen mit
Fremdkapital von 150 DM pro Quadratmeter führen können.
- Ich komme ja sofort darauf.
Ich weiß natürlich, daß andere dafür gesorgt haben, daß diese Wohnungsbestände beste Beispiele für den Satz „Ruinen schaffen ohne Waffen" sind. Das ist wahr.
Also, es sind andere Bestände als die im Westen.
Um dort zu helfen, um die Maßnahmen der Sanierung und Modernisierung voranzubringen, ist in der Zwischenzeit ein 60-Milliarden-DM-Programm aufgelegt worden.
- Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, nicht für irgendwelche Spekulanten des Westens. Wahrscheinlich denken Sie, wenn Sie Wirtschaft hören, immer nur an Spekulanten. Versuchen Sie doch einmal, dieses Brett aus Ihrem Kopf herauszuziehen und zu verstehen, daß es in einer Marktwirtschaft auch Gewinne geben muß, wenn jemand etwas investieren soll. Das wäre doch faszinierend.
Diese Mittel sind eben nicht Spekulanten zugute gekommen, sondern diese 60 Milliarden DM, die Haushaltsmittel von rund 14 Milliarden DM erforderlich machen, sind für die Modernisierung der Wohnungswirtschaft, der Wohnungsunternehmen und der Genossenschaften in den neuen Bundesländern und kommen unmittelbar den Menschen dort zugute. Nichts mit Spekulanten, nichts damit! Das sollte man also ein bißchen objektiv darstellen.
Ich unterstelle Ihnen immer noch, daß Sie es besser wissen.
Um so ärgerlicher ist es, daß Sie es, obwohl Sie es besser wissen, jedesmal, wenn Sie an dieses Pult kommen, umgekehrt darstellen. Ich empfinde das als nicht gut; das finde ich wirklich nicht gut.
Ich muß Ihnen auch noch sagen - und ich meine, man sollte das insgesamt unterstreichen -: Ja, wir sind der Überzeugung, daß alles getan werden sollte, um die Privatisierung für die Mieter voranzubringen.
Es gab in der ehemaligen DDR einen Eigentumsanteil an Grund und Boden von 22 Prozent. Daher ist es eine Herausforderung, dieses jetzt aufzuarbeiten und durch eine wirklich nachhaltige Privatisierung in Mieterhand dazu beizutragen, daß dieser Anteil ansteigt.
In der Zwischenzeit sind wir bei 26 Prozent. Das ist immer noch viel zu wenig.
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
Damit wir da vorankommen, Frau Eichstädt-Bohlig, haben wir keine Zwangsprivatisierung durchgeführt. Man achte immer auf Begriffe; denn mit Begriffen, meine Damen und Herren, werden viel mehr Emotionen ausgelöst, als jeder von uns glaubt. Diejenigen, die diese Emotionen auslösen, müssen sich fragen, ob sie hinterher in der Lage sind, die damit verbundenen Ängste und Sorgen von Menschen wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen.
Auch Sie müssen sich das einmal fragen.
Was haben wir getan? Wir haben gesagt: Wenn diese Entlastung auf 150 DM Fremdkapital pro Quadratmeter vorgenommen wird, dann haben wir auch die Möglichkeit, 15 Prozent der Bestände zu privatisieren. Hochverehrte Frau Kollegin Gleicke, wenn man 15 Prozent privatisiert, werden 85 Prozent davon nicht betroffen.
Jetzt gehen wir einmal diesen Weg ein Stückchen weiter, in aller Ruhe, in aller Sachlichkeit. Da muß man sich fragen: Gibt es objektive Probleme, die Mieter jetzt daran hindern, diese Wohnungen zu kaufen? Eines dieser objektiven Probleme ist das Einkommen, ein anderes die Struktur derer, die dort wohnen. Da gibt es ältere Menschen; da gibt es Menschen, die auch mit Privateigentum noch nicht umzugehen gelernt haben, sage ich einmal ganz schlicht;
da gibt es Arbeitslose. Dabei muß man sich fragen, ob diese gerade die 15 Prozent ausmachen. Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage ist, ob wir alles darangesetzt haben, um denen zu helfen, die kaufen wollen.
Es wird überhaupt nicht gesagt, daß wir in der Zwischenzeit 320 Millionen DM Bundesmittel eingesetzt haben, um Erwerbern Zuschüsse zu zahlen. Glücklicherweise haben auch die Länder dies weiter unterstützt. Da ist also geholfen worden.
Heute wurde auch nicht einmal darauf hingewiesen, daß wir gemeinsam mit der SPD, Herr Kollege Großmann, eine neue Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums vorgenommen haben, so daß jede Familie mit zwei Kindern - ich nenne dieses Beispiel - bei dem Kauf aus den Beständen 44 000 DM Zuschuß bekommt. Das muß man doch einmal hervorheben, damit die Menschen es hören und dann möglicherweise sagen: Wenn das möglich ist, dann kaufe ich meine Wohnung auch.
Manchmal kommt mir das wirklich so vor - ich wundere mich auch darüber -, als wenn jemand mit dem Wasserschlauch im Garten steht, um seine Rosen zu begießen, und sich darüber ärgert, daß kein Wasser vorn aus dem Schlauch kommt, aber gar nicht merkt, daß er selber mit dem Fuß auf dem Schlauch steht.