Rede von
Joachim
Günther
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil Frau Eichstädt-Bohlig so wenig Zeit für die Wohnungen hatte, möchte ich es umdrehen und mit den Wohnungen beginnen, damit dieses Thema nicht zu kurz kommt. Ich kann die Schlagworte, die Sie eben gebraucht haben, nachvollziehen, denn sie wurden in den letzten Jahren ständig genannt. Privatisierung oder - wie die Opposition sagt - Zwangsprivatisierung, Erblastentilgungsfonds, Abführung: all diese Schlagworte haben uns ständig begleitet. Sie haben darüber gesprochen, wir sollen nicht nur reden, wir sollen handeln. Ich glaube, es müssen andere vor Ort zu handeln beginnen und begreifen, wohin der ganze Weg führt und nicht eine Blockadehaltung einnehmen, die uns auf diesem Weg ständig behindert.
Nein, meine Damen und Herren, die Ausgangssituation sollten wir schon einmal nennen. Wir waren damals dafür, eine breite Eigentumsstreuung zu erreichen. Wir waren dafür, vernünftige Verkaufspreise zu erreichen, einen finanziellen Spielraum für die Wohnungsgesellschaften, für die Genossenschaften zu schaffen. Ich muß einfach sagen, wenn jetzt dargestellt wird, daß wir diese Privatisierung überhaupt nicht brauchen, so muß ich Ihnen sagen, daß wir die sozialistischen Eigentumsverhältnisse, wie sie im Osten bestanden, abschaffen. Wir wollten den Bürgern die Chance geben, mehr Eigentum zu erreichen. Deshalb sind wir diesen Weg gegangen, und er hat sich als der richtige bestätigt.
Meine Damen und Herren, das Hauptanliegen dieses Einigungsvertrages und auch des Altschuldenhilfe-Gesetzes war klar: Wir wollten mehr Privatisierung. Wir wollten, daß Bürger mehr Wohnungen kaufen. Daß es dort gescheitert ist - das muß man einmal sagen -, liegt daran, daß dort, wo die Privatisierung als politisch negativ hingestellt wurde, wo Ihre Agitatoren durchs Land gezogen sind, wo sie zum Kampf gegen die Privatisierung aufgerufen haben, ohne überhaupt örtliche Begebenheiten zu prüfen oder nachzuvollziehen, für den einzelnen Mieter die günstigeren Lösungen vergeben worden sind.
Verunsichert auch durch den ständigen Ruf, das Altschuldenhilfe-Gesetz weiter zu ändern und anzupas-
Joachim Günther
sen, haben viele Unternehmen erst einmal abgewartet, haben eine Lauerstellung eingenommen. Vielleicht kommt es unter dieser Auflage doch noch zum Erlaß der Privatisierung.
Die Koalition wollte und will gezielt, daß der Bürger zu günstigen Konditionen Eigentum erwerben kann. Weil viele Unternehmen nicht über den notwendigen Umfang für das Beratungs-Know-how, über finanzielle Möglichkeiten und über Flexibilität verfügen, wurden im Zuge des Altschuldenhilfe-Gesetzes weitere Formen eingeführt und zugelassen, wie die mieternahen Privatisierungsformen. Ja, auch die Abführung an den Erblastentilgungsfonds spielte dabei eine Rolle. Aber ökonomischer Zwang ist manchmal notwendig, wenn etwas bewegt werden soll. Wir kennen die Beispiele, wir kennen vor allem die Unterschiede, die es zwischen den Ländern und den Kommunen gibt, und sie sind extrem hoch.
In Sachsen ganz konkret sind 1995 8 083 Wohnungen direkt an die Mieter privatisiert worden und 18 115 Wohnungen an Zwischenerwerber gegangen. Ich glaube, das ist eine entwicklungsfähige Zahl. Der Verkauf an diese Zwischenerwerber hat dazu geführt, daß zirka 550 Millionen DM für die Unternehmen als finanzielle Mittel zur Verfügung stehen und daß durch die Vertragsgestaltung im Endeffekt für die nächsten zwei Jahre aus diesen Modernisierungsverträgen heraus rund 1 Milliarde DM an Investitionen im Baubereich getätigt werden können. Ein wichtiges Signal für die jetzige Baukonjunktur. Deshalb sollte dieser Weg konsequent weiter beschritten werden.
Sie haben vorhin gesagt, daß es den Zwischenerwerbern nur um Steuervorteile geht. Nein, keiner kann ausschließen, daß es auch in dieser Sparte schwarze Schafe gibt. Das will ich ganz deutlich sagen. Aber wir haben gestern zum Beispiel eine Runde durchgeführt, zu der wir alle Zwischenerwerber aus dem Freistaat Sachsen eingeladen hatten. In dieser Gesprächsrunde war der positive Eindruck eindeutig zu spüren, daß durch die Verträge, die wir uns angeschaut haben und die vorlagen, im Regelfall günstige Lösungen für den Mieter erreicht wurden. Von Verkaufspreisen zwischen 1 490 DM und 2 180 DM für Wohnungen im sanierten Zustand können Bürger in den alten Bundesländern nur träumen.
Wenn die Länder in dieser Frage auch noch die richtige Position einnehmen, wenn sie die Förderprogramme in dieser Richtung gestalten - so wie das zum Beispiel in Sachsen der Fall ist -, dann wird damit heutzutage eine günstige Fördermöglichkeit erreicht, die man über verschiedene Komponenten verstärken kann. Das bedeutet - es ist mir in der Zeit leider nicht möglich, diese Zahlen für einen Einzelfall anzuführen -, daß der Käufer einer solchen Wohnung weniger abzuzahlen hat, als er Miete für eine solche renovierte Wohnung zahlen müßte.